Bergkristall - St. Georgen a.d. Gusen, KZ Gusen I und II

josef

Administrator
Mitarbeiter
Der vergessene Mauthausen-Zwilling
Im Mai des Vorjahrs verkündete die Republik den Ankauf zentraler Lagerbereiche des ehemaligen KZ Gusen. Jetzt beginnt der eigentliche Gestaltungsprozess

Das KZ Gusen kurz nach der Befreiung. Am 5. Mai 1945 stießen amerikanische Truppen bei einer Patrouillenfahrt auf das Lager.
Foto: Mauthausen Memorial

Die kleine Mühlviertler Marktgemeinde St. Georgen an der Gusen zählt 4000 Einwohner, 2502 Einwohner leben in dem Nachbarort Langenstein. Zwei Orte, die eines eint: Man lebt hier auf geschichtlich schwer belastetem Boden. Zentrale Teile des ehemaligen KZ Gusen befanden sich dort, wo heute schmucke Einfamilienhäuser stehen.


Obwohl das KZ Gusen ein Nebenlager von Mauthausen war, war es zeitweise sogar größer als das Stammlager. Mindestens 71.000 Menschen wurden allein in Gusen gefangen gehalten, rund die Hälfte von ihnen wurde ermordet. Unter enormem Blutzoll mussten Häftlinge eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen "Bergkristall" eine geheime Rüstungsproduktion betrieben. Gusen war neben dem Stammlager Mauthausen das einzige Lager im großdeutschen Reich der "Lagerstufe III". Für die Häftlinge bedeutete das "Vernichtung durch Arbeit" in den Steinbrüchen und in den unterirdischen Stollenanlagen.

Polnischer Druck
Ein großer Teil der Opfer kam dabei aus Polen. Dort wird Gusen auch nicht als reines Nebenlager, sondern vielmehr als Zwillingslager von Mauthausen gesehen – womit sich auch der Druck der polnischen Regierung und der polnischen Opferverbände in Richtung einer adäquaten Gedenkkultur erklärt.

Doch auf österreichischer Seite passierte lange nichts. Zwar wurde mit der Neugestaltung der Ausstellung im ehemaligen KZ Mauthausen das blutige Geschehen von Gusen deutlich mehr in das Erinnerungskonzept eingebunden, an dem über die beiden Ortschaften verstreuten Gedenk-Fleckerlteppich änderte dies freilich nichts. Auch eine 2018 angefertigte Machbarkeitsstudie verschwand rasch in der Regierungsschublade. 2019 kündigte dann der polnische Premier Mateusz Morawiecki an, dass sein Land Interesse am Kauf der Überreste des Lagers habe, um es in einen würdigen Gedenkort zu verwandeln.

Die polnischen Kaufabsichten sorgten für einen Motivationsschub an der heimischen Staatsspitze. Am 4. Mai des Vorjahres kündigte der damalige Innenminister Karl Nehammer den Ankauf des Eingangsbereichs zum Stollensystem Bergkristall in St. Georgen, zweier SS-Verwaltungsbaracken, des Steinbrechers und von Teilen des Appellplatzes in Langenstein an.


Am sogenannten Steinbrecher mussten Häftlinge Schwerstarbeit leisten.
Foto: Bernhard Mühleder

Gedenkpark
Offiziell unterzeichnet wurden die Kaufverträge aber erst am 24. Dezember des Vorjahres bei einem Linzer Notar. Grund für die zeitliche Verzögerung waren unter anderem Neuvermessungen der Grundstücke. Vor allem aber galt es die Frage zu klären, welche weiteren Grundstückskäufe noch nötig waren, um die ehemaligen KZ-Flächen, etwa zwischen dem Appellplatz und dem oberhalb liegenden Steinbrecher, künftig miteinander verbinden zu können.

In den Reihen der örtlichen Gedenkorganisationen hat man jedenfalls bereits eine klare Vorstellung, wie die Erinnerungskultur künftig in den beiden Orten aussehen soll. Martha Gammer, Vorsitzende des Gedenkdienstkomitees Gusen, schlägt im STANDARD-Gespräch einen "Gedenkpark" vor. Gammer: "Von den einstigen SS-Baracken im Osten über den Appellplatz zum Steinbrecher weiter über eine öffentliche Straße zum Gusen Memorial. Einen audiovisuellen Weg durch die einzelnen Bereiche. Mit erklärenden Informationstafeln und den Stimmen der Überlebenden."
Was es für Gammer jedenfalls nicht braucht, sind "große Neubauten". Man wolle weder ein neues Besucherzentrum noch ein Bildungshaus oder gar ein Hotel. Gammer: "Wir brauchen nicht den großen Betrieb samt Bustourismus wie in der Gedenkstätte Mauthausen. Das will auch die örtliche Bevölkerung sicher nicht."

Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und auch für das Areal in Gusen verantwortlich, kündigt im STANDARD-Gespräch an, dass die Vorbereitungen so weit abgeschlossen seien und "der eigentliche Gestaltungsprozess in Kürze losgeht". Und da werde man alle Beteiligten einbinden. Glück: "Da ist die regionale Bevölkerung genauso wichtig wie internationale Vertretungen. Wir werden alle an einen Tisch holen, um gemeinsam zu erörtern, was es in Gusen braucht." Glück rechnet mit einer "rund zweijährigen Planungszeit".

Gedenkarbeit sei auch immer Vermittlungsarbeit. Glück: "Es geht darum, Sehhilfen zu schaffen, um an diesem Ort zu vermitteln, was damals passiert ist." Gleichzeitig gelte es, einen Prozess zu meistern, bei dem es am Schluss für die Bevölkerung und die Region "völlig selbstverständlich ist, dass das zum Leben, zum Alltag dazugehört". Es sei das Ziel, eine "nachhaltige Gedenkarbeit" zu leisten. Glück: "Ich bin davon überzeugt, dass der Prozess genauso wichtig ist wie das Ergebnis."
(Markus Rohrhofer, 27.1.2022)
Der vergessene Mauthausen-Zwilling
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
...und im DERSTANDARD dazu:

KZ-Gedenkstätte Gusen: Gedenkwarteschleife
Jahrzehntelang hat die Republik das offizielle Gedenken nach Mauthausen verlagert und die Gräueltaten im nahen Gusen negiert
Es sind Worte, die nachdenklich stimmen. "Wenn ich das heute so sehe, frage ich mich, ob das alles so passiert ist. Oder war es doch nur ein langer, schrecklicher Traum?" Doch man muss Dušan Stefančič, der als 17-Jähriger in das KZ Gusen deportiert worden ist und die "Hölle der Höllen" überlebt hat, recht geben. Wenn man durch die kleinen Orte St. Georgen oder die Nachbargemeinde Langenstein geht, erinnert wenig an das unvorstellbare Grauen, die Mordmaschinerie des NS.


Die Erinnerungskultur in Gusen wurde lange von Privatpersonen hochgehalten.
Foto: APA/AFP/JOE KLAMAR

Jahrzehntelang hat die Republik das offizielle Gedenken nach Mauthausen verlagert und die Gräueltaten im nahen Gusen negiert. Die Erinnerungskultur wurde lange von Privatpersonen hochgehalten, der von der damaligen Landesregierung 1958 angeregte Abriss des Krematoriums etwa wurde nur durch den Protest der Opferschutzverbände verhindert. Ebenso ist es Privatinitiativen zu verdanken, dass der einstige "Bergkristall"-Stollen 2002 vonseiten der Republik nicht "aus Sicherheitsgründen" vollends zugeschüttet worden ist und ein kleiner Teil heute zumindest einmal jährlich begehbar ist.

Der staatliche Ankauf von Bereichen des ehemaligen KZ Gusen bedeutet einen Wendepunkt. Es ist die späte Möglichkeit, einen Schandfleck auf der heimischen Gedenklandkarte zu beseitigen. Nach Jahren des Wegschauens braucht es jetzt aber eine rasche Umsetzung eines würdigen Konzepts. Überlebende und Angehörige haben lange genug gewartet.
(Markus Rohrhofer, 27.1.2022)
KZ-Gedenkstätte Gusen: Gedenkwarteschleife
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Ehemaliges KZ-Gusen gehört jetzt Republik
1646736460989.png

Die Republik hat weitere Grundstücke auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen angekauft. Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen soll für das Gelände ein Konzept erarbeiten, das auf Überlebende ebenso Rücksicht nimmt wie auf Anrainer.
Online seit heute, 9.52 Uhr
Teilen
Einem würdigen Gedenken steht auf dem Areal des ehemaligen Konzentrationslagers Gusen nun nichts mehr im Weg. Die Republik ist jetzt Eigentümer wichtiger Teile des Geländes. „Die Weiterentwicklung der Gedenkstätte Gusen wird einen wichtigen Beitrag zu einer zeitgemäßen und modernen Gedenk- und Erinnerungskultur leisten“, so Innenminister Gerhard Karner.

Ankauf ein „Meilenstein“
Auf den nun angekauften Grundstücken befinden sich bedeutende bauliche Überreste des KZ Gusen, darunter der Appellplatz, der Schotterbrecher und zwei SS-Verwaltungsgebäude. „Bei dem Ankauf handelt es sich um einen Meilenstein für die Sichtbarmachung und Aufarbeitung unserer Geschichte“, so Karner. Das „Jourhaus“, das frühere Eingangstor zum Lagerkomplex Gusen I, bleibt in Privathand.

ORF
Gusen war ein Außenlager des KZ Mauthausen, das am 5. Mai von US-Truppen befreit wurde.

Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen soll nun einen Beteiligungsprozess zur Einbindung von Interessensgruppen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene starten. Vor allem Polen, Frankreich und Luxemburg haben besonderes Interesse an der Gedenkstätte, da aus diesen Ländern einige Menschen in Gusen ermordet wurden. Das erarbeitete Konzept solle ihre Anliegen, sowie die der Überlebenden und Angehörigen von Opfern und den Anrainer der Gedenkstätte berücksichtigen. Dies ist im Fall der KZ-Gedenkstätte Gusen von besonderer Bedeutung, da sie mit der später auf KZ-Gelände errichteten Siedlung in besonderem Maße verwoben ist.

Einbeziehung aller Beteiligten
„Gemeinsames Ziel aller Beteiligten ist es, ein würdiges Gedenken an die Opfer des NS-Regimes zu bewahren. Mit der Sicherstellung des Erhalts für die zukünftige Nutzung als Gedenkstätte und dem Ankauf durch das Wirtschaftsministerium wurde ein bedeutender Schritt in diesem Prozess vorwärts gemacht“, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP).

ORF
Schautafel zur Erinnerung an das ehemalige Konzentrationslager Gusen.

„Als nächster Schritt sind die Grundstücke nun baulich und rechtlich für ein würdiges Gedenken zu adaptieren“, erklärte der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn. Bei einem regionalen Auftakt wird die Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen Barbara Glück gemeinsam mit dem Bürgermeister der Gemeinde Langenstein Christian Aufreiter die weiteren Vorhaben der interessierten Öffentlichkeit vorstellen. „Der Prozess an sich ist in diesem Fall genauso wichtig wie das Ergebnis. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Erweiterung der Gedenkstätte Gusen von allen Beteiligten mitgetragen wird“, so Glück.

Teil des Regierunngsprogramms
Peschorn hat als damaliger Innenminister der Regierung Bierlein die Grundstücke von einem Sachverständigen schätzen lassen. Auf Basis dessen wurde in der Ministerschaft von Karl Nehammer im Jahr 2020 entschieden, die Grundstücke zu kaufen. Dass die Republik das Areal ankaufen möchte, steht auch im Türkis-Grünen Regierungsprogramm. „Mit dem Ankauf soll sichergestellt werden, dass diese historisch belasteten Grundstücke nicht für andere Zwecke verwendet werden“, so Peschorn.

Das KZ Gusen wurde ab Dezember 1939 errichtet. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangenen aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht.
08.03.2022, red, ooe.ORF.at/Agenturen

Ehemaliges KZ-Gusen gehört jetzt Republik
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Staatsspitze gedenkt am KZ-Areal in Gusen
1651660822527.png

Am Areal des ehemaligen KZ Gusen in Oberösterreich gedenkt am Mittwoch, die Staatsspitze der Befreiung des Lagers im Mai 1945. Allein in Gusen wurden 71.000 Menschen aus fast 30 Nationen gefangen gehalten. Sie mussten dort eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis eine geheime Rüstungsproduktion betrieben.
Online seit heute, 12.29 Uhr
Teilen
Neben Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) werden zahlreiche weitere Mitglieder der Bundesregierung sowie der Parlamentsklubs von SPÖ, Grünen und NEOS erwartet.

Republik kaufte Teile des Areals
Die Republik hat Teile des Areals heuer gekauft, darunter den ehemaligen Appellplatz, den Schotterbrecher und zwei SS-Verwaltungsgebäude. In den kommenden Jahren sollen sie in die bestehende Gedenkstätte Gusen integriert werden. Mittwochabend ist ein feierliches Gedenken am ehemaligen Appellplatz geplant. Wenn es dunkel wird, projiziert zudem die Lichtinstallation #eachnamematters in Zusammenarbeit mit dem Linzer Ars Electronica Center die Namen der Opfer an die Außenmauer des Memorial Gusen.

Während das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen 1947 der Republik Österreich mit der Auflage übergeben wurde, eine Gedenkstätte zu errichten, und sich das Gedenken seither auf diesen Ort konzentriert, geriet das Nebenlager Gusen zunehmend in Vergessenheit. Nur eine kleine Gedenkstätte erinnerte an die Opfer, was zuletzt immer wieder für Diskussionen gesorgt hatte. Vor allem Polen – Heimatland vieler Opfer – machte Druck für ein würdigeres Gedenken und wollte das Areal sogar selbst kaufen.

71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen
In Mauthausen, das am 5. Mai 1945 von US-Truppen befreit worden ist, und seinen 49 Nebenlagern waren an die 200.000 Menschen inhaftiert, etwa die Hälfte davon überlebte nicht. Allein in Gusen wurden 71.000 Menschen aus fast 30 Nationen gefangen gehalten. Sie mussten dort unter enormem Blutzoll eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen „Bergkristall“ eine geheime Rüstungsproduktion betrieben.
04.05.2022, red, ooe.ORF.at/Agenturen

Staatsspitze gedenkt am KZ-Areal in Gusen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Neue Website zur KZ-Gedenkstätte Gusen
Einen umfassenden Überblick über die Geschichte des KZ Gusen vermittelt eine neue Website. Dort kann man sich über alle Aktivitäten der Gedenkstätte, wie etwa kommende Veranstaltungen, informieren.
Online seit gestern, 17.27 Uhr
Teilen
Durch die eigene Website hebt die Gedenkstätte Mauthausen erneut die Bedeutung des Memorials Gusen und seiner Weiterentwicklung hervor.

Zweiglager des Konzentrationslagers Mauthausen
Das Konzentrationslager Gusen wurde von Häftlingen des KZ Mauthausen errichtet und existierte ab Mai 1940 als Zweiglager des Konzentrationslagers Mauthausen. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht.

Heute weisen nur noch wenige physische Überreste auf seine Existenz hin und große Teile des ehemaligen Lagergeländes sind mit einer Wohnsiedlung überbaut.
20.10.2022, red, ooe.ORF.at

Link:
Neue Website zur KZ-Gedenkstätte Gusen
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
Ich freu mich schon auf den Moment, wenn nach Abschluss der Arbeiten ein neuer zeitgeschichtlicher Gedenk- und Museumsort entstanden sein wird.

Räumungsarbeiten am ehemaligen Appellplatz Gusen

08.11.2022

Schutt wird abtransportiert


Foto: © Mauthausen Memorial / Bernhard Mühleder

Über viele Jahre hinweg waren Teile des ehemaligen Appellplatzes des KZ-Gusen mit Schutt bedeckt. Wie unter anderem historische Luftaufnahmen belegen, wurde dieser im Zuge der wirtschaftlichen Nachnutzung des Areals frühestens ab Ende 1950er Jahre dort abgelagert. Kürzlich wurde der Schutt noch einmal archäologisch begutachtet. Da keinerlei lagerzeitlichen Materialien darin nachgewiesen werden konnten, lässt die Burghauptmannschaft Österreich den Großteil des Schutts nun abtransportieren. In Absprache mit dem Bundesdenkmalamt der Republik Österreich wird eine mehrere Zentimeter dicke Schutzschicht belassen, um allfällige noch im Boden erhaltene Reste des Appellplatzes nicht zu beschädigen.

Der Abtransport des Schutts ist neben den baulichen Sicherungsmaßnahmen ein weiterer Schritt in Richtung eines würdigen Gedenkortes. Die Grundlagen für die weitere Gestaltung sollen im parallel laufenden Beteiligungsprozess erarbeitet werden.
Quelle: Räumungsarbeiten am ehemaligen Appellplatz Gusen - Aktuell - KZ-Gedenkstätte Mauthausen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
BÜRGERBETEILIGUNG
KZ Gusen: Denkwürdige Beteiligung
Für die Häftlinge war das KZ Gusen die "Hölle aller Höllen". Ein großangelegter Bürgerbeteiligungsprozess soll der Grundstein für eine völlig neue Art des Gedenkens legen.


Der ehemalige Appellplatz des KZ Gusen wurde bereits vom Schutt befreit.
Foto: Mauthausen Memorial


Ein historisches Bild der Lagermauer des KZ Gusen.
Foto: Diözese Linz

Die kleine Mühlviertler Marktgemeinde St. Georgen an der Gusen zählt 4000 Einwohner, 2502 Einwohner leben in dem Nachbarort Langenstein. Zwei Orte, die eines eint: Man lebt hier auf geschichtlich schwer belastetem Boden. Zentrale Teile des ehemaligen KZ Gusen befanden sich dort, wo heute schmucke Einfamilienhäuser stehen.

Neue Gedenkwege
Im Nachkriegsösterreich wurde das Gedenken zentral nach Mauthausen verlegt. Die Schauplätze der Nazi-Gräuel in St. Georgen und Langenstein schienen Jahrzehnte auf der Gedenklandkarte kaum auf. Viele der Gründe und Gebäude wanderten in private Hände. Und das, obwohl das KZ Gusen, offiziell ein Nebenlager von Mauthausen, zeitweise sogar größer war als das Stammlager.

Vor diesem dramatischen Hintergrund entschied die Republik, das Gedenken an diesem Ort zu überdenken – und verkündete im Mai 2021 den Ankauf des Eingangsbereichs zum Stollensystem Bergkristall in St. Georgen, zweier SS-Verwaltungsbaracken, des Steinbrechers und von Teilen des Appellplatzes in Langenstein.

Bürgerbeteiligung
Spannend dabei ist, dass man in der Entwicklungsphase einen in der heimischen Gedenkkultur völlig neuen Weg geht. Bewusst wird darauf verzichtet, ein quasi fertiges Konzept über die beiden Orte zu stülpen und ein zweites Mauthausen-Memorial zu eröffnen. Vielmehr setzt man in dem Prozess ganz intensiv auf Bürgerbeteiligung. Geschuldet ist dies wohl auch zu einem großen Teil der Situation vor Ort. Anders als die Gedenkstätte Mauthausen, die weit abseits des eigentlichen Ortes liegt, ist auf dem blutgetränkten Boden in St. Georgen und Langenstein eben neues Leben gewachsen. Die Gusen-Überreste werden heute zu einem großen Teil von gewachsenen Siedlungs- und Gewerbestrukturen überlagert. Einige Wege und Kanalführungen folgen heute noch dem historischen Verlauf der Wege im Lager. Wo einst Gefangene ermordet wurden, leben heute Menschen und gehen ihrem Alltag nach.

Für Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und auch für das Areal in Gusen verantwortlich, gehe es letztlich darum, "Sehhilfen zu schaffen, um an diesem Ort zu vermitteln, was damals passiert ist". Gleichzeitig gelte es, einen Prozess zu meistern, bei dem es am Schluss für die Bevölkerung und die Region "völlig selbstverständlich ist, dass das zum Leben, zum Alltag dazugehört", erläutert Glück im STANDARD-Gespräch.

Erste Phase beendet
Im Sommer des Vorjahres wurde dann der Beteiligungsprozess offiziell gestartet. Unter der Federführung der beauftragten Arbeitsgemeinschaft Art:phalanx Kultur & Urbanität und Heri&Salli Architekten bat man im letzten halben Jahr Vertreter aller relevanten Gruppen an den Besprechungstisch. "Wir sind jetzt am Ende der ersten Phase. In dieser waren bereits alle relevanten Player dabei. In unterschiedlichen Formaten – Workshops, Interviews, offenen Gesprächen, Infoabenden – wurden dabei unmittelbare Anrainer, Bürgermeister, Vertreter der nationalen und internationalen Opferverbände gefragt, was ihre Bedürfnisse sind." Konkret seien die Bedürfnisse jeder einzelnen Gruppe erfragt worden. Glück: "Die entscheidende Frage ist: Was ist diesen Menschen wichtig für diesen Ort?" Und natürlich gehe es auch um eine entsprechende Wertschätzung, zu zeigen, dass man das Projekt nicht "über die Köpfe der Menschen hinweg" realisiere.

Glück: "Ich kann das gar nicht oft genug betonen, dass dieser Prozess genauso wichtig ist wie das Ergebnis selbst. Weil dieser Prozess wird uns garantieren, ganz egal wie das Ergebnis selbst dann sein wird, dass es nachhaltig und von allen mitgetragen wird."

In einer zweiten Phase des großangelegten Beteiligungsprozesses sollen nun, so Glück, "die einzelnen Gruppen, die bis dato einzeln befragt wurden, zusammengeführt und durchmischt werden". Die unterschiedlichen Perspektiven würden dann auf den Tisch gelegt werden: "Dann werden die Schnittmengen gesucht." In einem nächsten Schritt würden diese dann in einen Masterplan eingearbeitet werden.

Masterplan im Frühjahr
Vor Ort scheint man jedenfalls von dem Konzept durchaus überzeugt zu sein. "Es ist in der Bevölkerung extrem gut angenommen worden. Da wird auf Augenhöhe miteinander gesprochen", erläutert Christian Aufreiter, Bürgermeister der Gemeinde Langenstein. Vier Treffen habe es bereits gegeben. Aufreiter: "Im Februar soll es nun einen ersten Zwischenbericht geben. Nach einer weiteren Runde sollte dann der Masterplan stehen."

Die durchaus vorhandene Skepsis im Ort gegenüber einer neuen Gedenkstätte sieht der Ortschef schwinden: "Ich glaube, dass es leichter geworden ist, weil man offen miteinander redet."

Doch bei aller Beteiligungsfreude gibt es immer noch manch große Hürde zu nehmen. Durchaus schwierig gestalten sich etwa die Kaufverhandlungen rund um das heute im Privatbesitz befindliche "Jourhaus", das als Eingang zum KZ diente. Hier konnte bislang noch keine Einigung zwischen den Besitzern und der Republik erzielt werden. Doch die Gespräche laufen zumindest aktuell noch.
(Markus Rohrhofer, 5.1.2023)

WISSEN
Der vergessene Mauthausen-Zwilling

Das KZ Gusen wurde ab Dezember 1939 von Häftlingen des KZ Mauthausen errichtet. Ab Mai 1940 existierte es als Zweiglager. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht. Unter enormem Blutzoll mussten Häftlinge im KZ Gusen II in St. Georgen eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen "Bergkristall" eine geheime Rüstungsproduktion betrieben. Gusen war neben Mauthausen das einzige Lager im Großdeutschen Reich der "Lagerstufe III". Für die Häftlinge bedeutete das "Vernichtung durch Arbeit" in den Steinbrüchen und in den unterirdischen Stollenanlagen.

KZ Gusen: Denkwürdige Beteiligung
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
Rundgänge auf den neu erworbenen Geländeteilen des ehemaligen KZ Gusen.

Begleitete Rundgänge an den neu angekauften Grundstücken des ehemaligen KZ Gusen:
Am 6. und 7. Mai 2023 bietet die KZ-Gedenkstätte Mauthausen wieder kostenlos zweistündige Rundgänge über die neu angekauften Areale an. Die Expert*innen geben einen Einblick in die Historie des Orts und gleichzeitig einen Ausblick über die geplanten Weiterentwicklungen.
Treffpunkt ist beim Memorial Gusen (Georgestraße 7, 4222 Langenstein).
Um Anmeldung wird gebeten unter: rupert.pilsl@mauthausen-memorial.org
Termine:
6. Mai um 9:00, 11:00 und 13:00 Uhr
7. Mai um 14:00, 15:00 und 16:00 Uhr
Das KZ Gusen wurde ab Dezember 1939 von Häftlingen des KZ Mauthausen errichtet. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht.
Auf den nun von der Republik neu angekauften Grundstücken befinden sich bedeutende bauliche Überreste des KZ Gusen, darunter der Appellplatz, der Schotterbrecher und zwei SS-Verwaltungsgebäude.
Wer sich selbst ein Bild von Gusen – damals und heute – machen möchte, dem empfehlen wir unseren Virtuellen Guide und den Audioweg Gusen: Mauthausen Tour Guide.
Quelle: Mauthausen Memorial / KZ-Gedenkstätte
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
GEDENKSTÄTTE
Neues Gedenklicht im ehemaligen KZ Gusen, einem vergessenen Ort des Grauens
Überlebender Zalewski sagte bei Gedenkfeier am ehemaligen Appellplatz: "Gusen soll resistent gegen die Winde der Geschichte werden."

Im Nachkriegsösterreich wurde das Gedenken zentral nach Mauthausen verlegt. Die Schauplätze der Nazi-Gräuel in St. Georgen und Langenstein schienen Jahrzehnte auf der Gedenklandkarte kaum auf. Was sich nun ändern soll.
FOTOKERSCHI/SIMON BRANDSTÄTTER

Langenstein – Der schmale Weg führt vorbei an schmucken Einfamilienhäusern. In den Gärten wird an diesem, heute noch so raren, lauen Frühlingabend noch fleißig gearbeitet. Da brummen die Rasenmäher, dort dröhnt der Kärcher und irgendwo dazwischen bekommt eine Tujenhecke ihren Sommerschnitt verpasst. Die Topografie des Terrors ist heute eine ländliche Idylle. Nichts deutet auf den ersten Blick darauf hin, dass dieser Boden blutgetränkt ist. Und doch lebt man in der kleinen Mühlviertler Marktgemeinde St. Georgen an der Gusen und dem Nachbarort Langenstein auf geschichtlich schwer belastetem Terrain.

Enormer Blutzoll
Zentrale Teile des ehemaligen KZs Gusen befanden sich dort, wo heute Wohnsiedlungen stehen. Und mit deutlicher Verspätung und erst auf massiven diplomatischen Druck hin hat hier das Gedenken an die tausenden Opfer der NS-Mordmaschinerie begonnen. Es ist ein Ort, der sinnbildlich für den Umgang Österreichs mit den dunkelsten Kapiteln der eigenen Geschichte steht: verdrängen, vergessen – sprichwörtlich Gras über die Sache wachsen lassen. Im Ort gibt es aktuell zwar eine Gedenkstätte, die aber dem Grauen nicht gerecht wird.

Allein im KZ Gusen wurden 71.000 Menschen aus fast 30 Nationen gefangengehalten. Sie mussten dort unter enormem Blutzoll eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen "Bergkristall" eine geheime Rüstungsproduktion betrieben. Mehr als die Hälfte überlebte die Haft nicht.

Breite Beteiligung an neuem Gedenken
Doch die Zeiten des Wegschauens scheinen nun endgültig vorbei. Mit dem Ankauf zentraler Teile des ehemaligen Lagers – des Appellplatzes, des Schotterbrechers und zweier SS-Verwaltungsgebäude – machte sich die Republik 2021 auf den Weg, ihrer historischen Verantwortung nachzukommen.

Aktuell läuft ein großer Beteiligungsprozesses zur Erweiterung der KZ-Gedenkstätte Gusen. Mit einem großen Ziel: Das Gedenken neu zu denken. "Es soll ein Ort der internationalen Verständigung und der nationalen Verantwortung werden", erläutert Barbara Glück, Direktorin der Gedenkstätte Mauthausen.

Rückkehr an den Ort des Grauens
Am Donnerstagabend, dem Vorabend des 78. Jahrestags der Befreiung, wurden dann zum zweiten Mal auch ganz offiziell die Scheinwerfer auf das dunkle Kapitel österreichischer Zeitgeschichte gerichtet. Auf dem ehemaligen Appellplatz fand sich die versammelte Staatsspitze zu einem offiziellen Gedenken ein.

Für manche war es der erste Besuch am Ort der einstigen "Hölle aller Höllen", wie Überlebende das Lager Gusen II nannten. Für einen war es eine tief emotionale Rückkehr an einen Ort, an dem er unfassbares Grauen Erfahren musste. Stanislaw Zalewski (97), der 545 Tage hier gefangen war. Er war im Warschauer Ghetto im Widerstand gewesen und wurde zuerst nach Auschwitz gebracht, danach nach Gusen, wo er im Steinbruch und im Stollensystem arbeiten musste. Nach der Befreiung durch die Amerikaner am 5. Mai 1945 wurde Zalewski zwischenzeitlich in die US-Armee aufgenommen. Heim nach Warschau ging er schließlich zu Fuß, 78 Tage lang.

Wie er den Umgang mit dem ehemaligen KZ-Areal, auf dem heute teilweise Wohnhäuser stehen, bewertet? Er sei kein Richter, meint er, aber als er 38 Jahre nach der Befreiung mit seinem Sohn – zum ersten Mal – wieder hierherkam, habe diese gesagt:" Wo ist der Stollen?". Jeder, der in eine Gedenkstätte kommt, solle sich nach einer gewissen Zeit so fühlen, als wäre er selbst Insasse. Deshalb solle auch die Infrastruktur so bleiben, wie sie zur Zeit des Lager-Betriebes gewesen sei, und es solle vor Ort geforscht werden. Sein Wunsch für Gusen: Es solle "resistent gegen die Winde der Geschichte" werden.

Politische Unterstützung
Bundeskanzler Karl Nehammer versprach dann in seiner Ansprache, dass "die Unterstützung der Bundesregierung sichergestellt ist". Nehammer: "Antisemitismus, Rassismus, Totalitarismus, Diktatur, Abschaffung der Meinungsfreiheit und Abschaffung der Demokratie führen zu dem, was wir hier sehen." Innenminister Gerhard Karner betonte zudem, dass "die laufende Neugestaltung der Gedenkstätte Gusen einen Ort der Erinnerung und der Begegnung für die nächsten Generationen ermöglichen soll".

Mit dem Einsetzen der Dunkelheit startete dann vor dem Eingang in des einstigen NS-Stollensystems "Bergkristall" – auch hier hat die Republik Areale erworben – die Licht- und Klanginstallation #eachnamematters. Die Namen von Zehntausenden Opfern des KZ-Systems Mauthausen-Gusen wurden breitflächig projiziert, während sie gleichzeitig zu hören waren. Die Installation wird auch in den Folgetagen, am 5. Mai, dem Tag der Befreiung, und am 6. Mai von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr vor dem "Bergkristall"-Stollen zu sehen sein.
(Markus Rohrhofer; 05. 05. 2023)
Neues Gedenklicht im ehemaligen KZ Gusen, einem vergessenen Ort des Grauens
 
Am Gelände des KZ Gusen wird munter weitergebaut. Aktuell entsteht der dritte Wohnblock innerhalb der letzten 2 Jahre. Auch ein neues Privathaus wird aktuell neu gebaut. Die letzten unverbauten Flächen und was noch im Boden liegt gehen verloren. Alles im Umkreis von 200m von der jetzigen Gedenkstätte. Screenshot_20230506_212752_Maps.jpg
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
Neugestaltung der NS-Gedenkstätte Gusen ab 2026
Online seit heute, 15.06 Uhr
Teilen

Nach einem entsprechenden Beschluss gestern im Ministerrat ist heute der Plan für die Neugestaltung der NS-Gedenkstätte Gusen auch offiziell präsentiert worden. Ab 2026 wird man in die Umsetzung gehen. Acht Jahre soll es bis zur Fertigstellung dauern. Die lokale Politik zeigte sich heute überzeugt von dem Projekt.

Innenminister Gerhard Karner sprach neuerlich von einem historischen Beschluss für die Gedenkkultur. Es habe sich schon bisher um einen einzigartigen Beteiligungsprozess gehandelt, der im Bereich der Gedenkarbeit einen neuen Maßstab gesetzt habe. Auch die zuständige Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Barbara Glück, sah eine neue Form des Gedenkens.

Sie erinnerte daran, dass in früheren Jahren die Lager abseits Mauthausens bewusst vergessen worden seien. Der Vorsitzende des Internationalen Mauthausen Komitees (CIM), Guy Dockendorf, verwies darauf, dass in den 1960er Jahren nur mit Geldern aus Frankreich, Italien, Luxemburg und Belgien das örtliche Memorial habe errichtet werden können.

Opfervereinigungen eingebunden
Bei der Neugestaltung sind nun nationale wie internationale Opfervereinigungen ebenso eingebunden wie die diplomatischen Vertretungen der Opferstaaten und die örtliche Bevölkerung inklusive der Gemeinden und der Anrainer.

Das hat zumindest nach Angaben der Bürgermeister gut geklappt. Andreas Derntl, Ortschef von St. Georgen an der Gusen, erkennt eine „Stimmung des Aufbruchs“. Sein Kollege Christian Aufreiter aus Langenstein meinte, es sei am Anfang nicht leicht gewesen. Der Prozess sei von der Bevölkerung aber sehr gut aufgenommen worden.

Das vom Staat aufgekaufte Gelände erstreckt sich über 70.000 Quadratmeter. Wie viel davon für Ausstellungen genutzt wird, soll sich erst im Laufe der Umsetzung entscheiden. In einem der nächsten Schritte muss ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden.
12.10.2023, red, ORF.at/Agenturen

Neugestaltung der NS-Gedenkstätte Gusen ab 2026
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
EHEMALIGES KONZENTRATIONSLAGER
Masterplan zur Erweiterung der KZ-Gedenkstätte Gusen fertig
Künftig gibt es drei zentrale Bereiche, die Fertigstellung ist in acht Jahren geplant
Wien – Das Veranstaltungszentrum Aktivpark im oberösterreichischen St. Georgen an der Gusen ist an diesem Abend gut gefüllt. Doch weder stehen Kultur- noch Sportgenuss auf dem Plan. Vielmehr haben sich die Bürger der kleinen Gemeinde rund um große Tische positioniert – und im Fokus steht eine detailreiche Planzeichnung. Oder präziser: der Masterplan.

Erfolgreiche Bürgerbeteiligung
Dieser ist das Ergebnis eines rund zweijährigen Projekts, dessen Triebfeder es war, Gedenken neu zu denken. Die Basis für die Neugestaltung einer Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Gusen war ein großangelegter Bürgerbeteiligungsprozess.

Geschuldet war dies wohl zu einem großen Teil auch der Situation vor Ort. Anders als die Gedenkstätte Mauthausen, die weit abseits des eigentlichen Ortes liegt, ist auf dem blutgetränkten Boden in St. Georgen und Langenstein eben neues Leben gewachsen. Die Gusen-Überreste werden heute zu einem großen Teil von gewachsenen Siedlungs- und Gewerbestrukturen überlagert. Einige Wege und Kanalführungen folgen heute noch dem historischen Verlauf der Wege im Lager. Wo einst Gefangene ermordet wurden, leben heute Menschen und gehen ihrem Alltag nach.


Neues Gedenken auf dem ehemaligen Appellplatz.
APA/Bernhard Mühleder

Unter Federführung der beauftragten Arbeitsgemeinschaft Art:phalanx Kultur & Urbanität und Heri & Salli Architekten bat man Vertreter aller relevanten Gruppen – Bürger, Opferverbände, Wissenschafter – an den Besprechungstisch. Mittels Stakeholder-Interviews, Infoveranstaltungen und Workshops wurden relevante Details zusammengetragen und letztlich gebündelt.

Der nun vorgelegte Masterplan – das ehemalige KZ-Areal umfasst 68.000 Quadratmeter – sieht künftig drei zentrale Bereiche vor: Für das Areal "Appellplatz" ist ein zentraler Ankunftsbereich angedacht. Dafür wird ein neues Gebäude im Bereich des ehemaligen "Ziergartens" vorgeschlagen, für die ehemaligen und noch bestehenden SS-Baracken werden orts- und themenspezifische Vermittlungsangebote empfohlen, es solle aber auch "Platz für Leere" bleiben. Beim sogenannten Schotterbrecher gibt es die Überlegung, Teile im Erdgeschoß und im Keller zugänglich zu machen. Auf dem Gelände unmittelbar vor dem "Schotterbrecher" sieht der Masterplan einen "Raum der Stille" als Neubau vor.

Öffnung der Stollenanlage geplant
Das bereits bestehende Memorial soll eine neue Zugangssituation bekommen, die Ausstellung neu kuratiert werden. Zudem soll der bestehende Parkplatz verlegt werden und die Wiese vor der Gedenkstätte künftig als Begegnungszone fungieren.

Ein dritter Bereich ist die ehemalige Stollenanlage "Bergkristall". Der einstige unterirdische NS-Rüstungsbetrieb ist heute nur zu speziellen Anlässe, etwa an den Gedenktagen, für ein breites Publikum geöffnet. Geschaffen werden soll hier ein neues Eingangsportal und die Möglichkeit einer dauerhaften Begehung zumindest eines Teils der Anlage.


Die Mitsprache am neuen Konzept war ausdrücklich erwünscht.
KZ-Gedenkstätte Mauthausen/markushechenberger.net/Holly Kellner

Eine planerische Herausforderung dürfte es jedenfalls werden, den Gedenkbogen über das gesamte weitläufige Areal zu spannen. Neben einer rein verkehrstechnischen Lösung braucht es wohl für Besucher einen roten Faden auf dem Weg durch das ehemalige KZ-Gelände. Konkret gibt es Überlegungen, die Trasse der Schleppbahn, die zwischen Lager und Stollen verkehrte, durch eine Ausstellung oder Intervention sichtbar zu machen – und so eine Verbindung zwischen den Gedenkarealen zu schaffen.

Das Gedenken konzentrierte sich nach dem Krieg auf das ehemaligen Hauptlager Mauthausen. Gusen geriet zunehmend in Vergessenheit. Doch speziell in den letzten Jahren wurde die Kritik an diesem zentrierten Gedenken immer lauter. Vor allem Polen – Heimat vieler Opfer – machte Druck für ein würdigeres Gedenken.

Im Mai 2021 entschied die Republik dann, den Eingangsbereich zum Stollensystem Bergkristall in St. Georgen, zwei SS-Verwaltungsbaracken, den Steinbrecher und Teile des Appellplatzes in Langenstein zu kaufen. Ab 2024 sollen diese Bereiche offiziell in die Zuständigkeit der Gedenkstätte Mauthausen übergehen, erläutert deren Leiterin Barbara Glück. Ab 2026 sollen dann die landschaftsgestalterischen und baulichen Maßnahmen auf Basis eines Gestaltungswettbewerbs erfolgen.

Glück rechnet damit, dass die Umsetzung acht Jahre dauern wird, allerdings sollen Teilbereiche bereits vorher fertig sein. Als wichtigster Punkt habe sich in dem Beteiligungsprozess herauskristallisiert, dass man "ein gutes Miteinander zwischen der Bevölkerung und den Gedenkstättenbesuchern" sicherstellen müsse, erklärten die Verantwortlichen bei der Präsentation. Man wolle bewusst kein "Mauthausen II" schaffen: Gusen solle zu einem internationalen Gedenkort werden und als Ergänzung zur Gedenkstätte Mauthausen gesehen werden. Der künftige Gedenkort solle alle Opfergruppen gleichwertig repräsentieren. Vor allem junge Menschen sehe man als wichtige Zielgruppe. "Wir sind noch lange nicht am Ende des Weges, jetzt geht es erst richtig los. Wir gehen in die Umsetzung. Aber es ist wohl eines der größten gedenkpolitischen Projekte in Österreich", ist Gedenkstätten-Leiterin Glück überzeugt.

Der vergessene Mauthausen-Zwilling
Das KZ Gusen wurde ab Dezember 1939 von Häftlingen des KZ Mauthausen errichtet. Ab Mai 1940 existierte es als Zweiglager. Bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurden dort 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen inhaftiert. Mehr als die Hälfte überlebten die Haft nicht. Unter enormem Blutzoll mussten Häftlinge im KZ Gusen II in St. Georgen eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen "Bergkristall" eine geheime Rüstungsproduktion betrieben.

Gusen war neben Mauthausen das einzige Lager im Großdeutschen Reich der "Lagerstufe III". Für die Häftlinge bedeutete das "Vernichtung durch Arbeit" in den Steinbrüchen und in den unterirdischen Stollenanlagen.
(Markus Rohrhofer, 12.10.2023)
Masterplan zur Erweiterung der KZ-Gedenkstätte Gusen fertig
 

Kann natürlich jeder davon halten, was er will. Der Herr ist ja nicht unbekannt ;)

Interessant aber eher kurz ist das Interview mit dem ehemaligen Bürgermeister von Gusen.

Nicht vergessen, Aluhut aufsetzen und viel Spaß beim anschauen.
 
Screenshot_20240122_011446_Chrome.jpg

Ein Lüftungsrohr ist im oberen Bereich wo die Löcher beginnen.Ein zugeschütteter Eg mit eckiger Mauererhöhung und wo die Löcher Enden ist ein Bunkereingang vermutlich schräg nach unten verlaufend aber auch komplett verschüttet. Also es war definitiv was dort.
 
Gefällt mir: peer
Der 3 Stöckige Bereich ist weiter im N/o , dort ist sogar noch ein Eingang der vom Förster überwacht wird, vermutlich mit Tierkameras.Poschacherstr.
Dort sind mehrere Personen unabhängig voneinander als Kinder in mehreren Stöcken herumgelaufen...
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
Es wäre in höchstem Maße dumm, an der tiefsten Stelle einer Gegend unter Feldern einen Stollen anzulegen, der nur lockeres Erdreich als Überdeckung hätte. Dort steht das Grundwasser drei Meter unter der Oberfläche.

Die Bedeutung dieser Linie aus Löchern wurde längst erklärt. Es sind sogenannte Deckungslöcher, in denen sich ein bis zwei Personen bei anfliegenden Tieffliegern in Deckung bringen konnten.

Bitte verschone das Forum mit alten unbelegbaren Theorien, die entweder bereits widerlegt oder von Haus aus im Reich der feuchten Träume entstanden sind.
 
Man kann ja halten von dem Herrn was man will und jeder soll und kann sich ja seine eigene Meinung bilden, was mich aber interessieren würde, mal abgesehen was, wieviel und warum er das Interview mit dem Altbürgermeister geschnitten hat, was weiß oder glaubt der zu wissen. Oder besser von was redet der Herr Bürgermeister. Ebenso würde mich interessieren wo die Daten der Geologin herkommen oder entstanden sind. Sollte das ganze Video an den Haaren herbeigezogen sein oder auch der Standort nicht stimmen frage ich mich warum lassen gezeigte Personen dies zu. Davon mal abgesehen das ich den Hintergrund nicht verstehen würde warum man versucht eine Region etwas anzudichten was absolut nicht stimmt. Die Frage ist also, ist das ganze Video nur an den Aussagen des Altbürgermeister entstanden und einfach Geologische Daten aus einem ganz anderen Objekt hinzugefügt worden oder liegt eine Verwechslung des Videoproduzenten mit einer ganz anderen Anlage vor.
 
Oben