Die Donauwiese ist sozusagen der Vorgänger der Donauinsel, sagt Matthias Marschik. „Die Donauwiese war ein begleitendes Überschwemmungsgebiet, das sich insgesamt zwölf Kilometer durch den Stadtraum von Wien neben der Donau erstreckt hat." Neben einem Freizeitparadis wurde die Donauwiese auch für andere Aktivitäten genutzt: Für ungefähr ein Jahr nahm ein Flugplatz auf der Wiese seinen Betrieb auf. In der kalten Jahreszeit kühlten sich die sogenannten „Eisschwimmer“ in der Donau ab.
Wiener Stadt- und Landesarchiv
Das nächste große Hochwasser in Wien folgte im Juni 1959. Diesmal hielt der Hubertusdamm auch in Floridsdorf den Wassermassen nicht überall stand, Teile der Schwarzlackenau wurden überschwemmt und mussten evakuiert werden
Bezirksmuseum Floridsdorf
Um welche Veranstaltung es sich gehandelt hat, kann leider nicht mehr eruiert werden. Auf jeden Fall stammt die Szene aus den späten 1940er Jahren und halb Wien schien unterwegs. Vielleicht war es eine der Tombolas, die „die Russen“ auf der Donauwiese veranstalteten oder aber eine von einer Tageszeitung ausgeschriebene „Schatzsuche“
Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
Wer hingegen nicht direkt betroffen war, für den war die Überschwemmung ein Spektakel: viele fuhren mit der Straßenbahn oder dem Autobus zur Reichsbrücke zum „Hochwasser schauen“
Bezirksmuseum Floridsdorf
„Verkühle Dich täglich!“ war das Motto der Eisschwimmer. Sogar beim großen Eisstoß im Jahr 1929 traf man sich am Donauufer zum gemeinsamen Vergnügen. Das lockte nicht nur etliche Schaulustige an, sondern rief auch die Polizei auf den Plan
Bezirksmuseum Floridsdorf
Ein Abfertigungsgebäude, eine Waage, ein Windsack und eine Junkers F 13. Ab dem Mai 1923 wurde das Überschwemmungsgebiet nahe Jedlesee zum Standort der Österreichischen Luftverkehrs-AG. Bei guten Wetterbedingungen gab es tägliche Flüge nach München und Budapest
Bezirksmuseum Floridsdorf
Anfangs wurde das aus München kommende Flugzeug in Jedlesee mit Schwimmern versehen, bei einem hölzernen Floß zu Wasser gebracht und startete von dort aus nach Budapest. Die Passagiere reisten meist mit der Fähre von Nußdorf an
Bezirksmuseum Floridsdorf
Beim großen Eisstoß vom März 1929 war die Donau von der Wachau bis Bratislava zugefroren. Die Eismassen verbanden die Grünlandschaften von Prater und Inundationsgebiet, von Cis- und Transdanubien für kurze Zeit zu einem einheitlichen „Wiener Becken“
Hochwasser als Attraktion
Um die Stadt vor Überflutungen zu schützen, wurde vor 144 Jahren der Wiesenstreifen zum Schutz vor Hochwasser angelegt. In trockenen Zeiten wurde die Wiese für Freizeitaktivitäten in Besitz genommen. Das Erholungsgebiet war bereits damals zum Spazieren gehen oder als Ziel für Ausflüge beliebt. Bei Hochwasser versammelten sich Schaulustige an sicheren Orten, etwa Brücken, um das Spektakel mitanzusehen.
Manche Wienerinnen und Wiener „sind dann mit der Straßenbahn zum Beispiel auf die Reichsbrücke gefahren und haben dann von dieser Reichsbrücke aus sich diese Wassermassen angeschaut.“ Die Bewohner der umliegenden Gebiete fürchteten sich vor Überschwemmungen, weil die Wiese ihre Zweck nicht vollständig erfüllte: Überschwemmungen gab es trotzdem immer wieder.
Donau mit Eisstoß
„Die attraktivsten Geschichten waren sicherlich im Winter diese Überschwemmungen bzw. dann auch diese Eisstöße, wo sich auf der Donau ja dann Eisschollen oft mehrere Meter hoch getürmt haben", sagt Marschik. Dadurch konnte die Bevölkerung über die dicken Eisschollen ein bis zwei Wochen lang „ohne eine Brücke zu benutzen zum Beispiel vom 20. Bezirk nach Kaisermühlen marschieren“.
Unter dem Namen „Verkühle dich täglich!“ nutzte ein Verein die zugefrorene Donau für sich. Die sogenannten „Eisschwimmer“ sind in der vereisten Donau schwimmen gegangen. Die Eismassen stellten für die Brücken eine Gefahr da, weil die Eisschollen die Brückenpfeiler angegriffen haben. Nachdem das Eis geschmolzen war mussten die Brücken auf eventuell entstandene Schäden kontrolliert werden.
Wiese als Flugplatz
Auf der Donauwiese hat die österreichische Zivilluftfahrt ihre Ursprünge gehabt, so Marschik. Der österreichischen Luftverkehrs-AG waren die Kosten für Landungen und Start am Flughafen in Aspern zu teuer. Aus diesem Grund errichteten sie am nördlichen Ende der Donauwiese einen eigenen Flugplatz. "Der Flughafen bestand eigentlich aus nichts mehr als einer Holzhütte von ungefähr zweimal drei Metern, einer großen Waage und einem Windsack. Mehr war es nicht. Also es hat nicht einmal ein Telefon gegeben“, so Marschik.
Die Flugstrecke von Wien nach München und zurück wurde mit Landflugzeugen absolviert. Die Flugzeuge flogen auch weiter nach Budapest: Die von München kommenden Flugzeuge sind „mit Schwimmern versehen worden“: Die Räder wurden abmontiert und stattdessen wurden Schwimmer montiert.
Dann wurden die Flugzeuge ins Wasser gelassen und flogen nach Budapest weiter. Bei von Budapest kommenden Flugzeuge sind die Schwimmer der Flugzeuge wieder durch Räder ersetzt worden und dann flogen sie nach München weiter. Nach ungefähr einem Jahr wurde die Start- und Landestelle zur Reichsbrücke verlegt. Von dort gingen ungefähr noch halbes Jahr Flüge. Trotz der hohen Kosten übersiedelte man nach Aspern, weil der Flughafen zu behelfsmäßig war.
Publiziert am 24.03.2019
Buchhinweis
Matthias Marschik:
„Die Donauwiese. Das Inundationsgebiet – Ein verschwundenes Wiener Wahrzeichen“. Edition Winkler-Hermaden, 120 Seiten, 21,90 Euro