Wanderausstellung „Am Rande des Wienerwalds – Der Lebensborn in Feichtenbach“

josef

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Ausstellung über „Lebensborn“ Feichtenbach
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Ein bisher kaum aufgearbeitetes Kapitel der NS-Geschichte steht als gesperrte Hotelruine in Feichtenbach (Bz. Wr. Neustadt). 1938 wurde das Haus arisiert und zum SS-Geburtenhaus „Lebensborn“ umgebaut. Eine Schau im „Haus der Geschichte“ in St.Pölten erinnert an das Schicksal der dort Geborenen.
Online seit gestern 14.11.2024, 20.03 Uhr
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„Am Rande des Wienerwalds – Der Lebensborn in Feichtenbach“ so lautet die aktuelle Sonderausstellung, die das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung gemeinsam mit dem Institut für Geschichte der Universität Graz gestaltet hat.

„Am Rande des Wienerwalds“ wurde als Titel gewählt, einerseits um anzuzeigen, dass der Schauplatz nicht im Zentrum des Wienerwalds liegt, andererseits um anklingen zu lassen, dass hier ein ein wichtiges Thema bisher am Rand des wissenschaftlichen Interesses lag.

Wie im Brennglas der österreichischen Geschichte
„Was sich hier ereignet hat, lässt sich wie im Brennglas der österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts lesen“, erklärte Barbara Stelzl-Marx, die Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung. Vor 120 Jahren wurde in Feichtenbach von den beiden Pulmologen Hugo Kraus und Arthur Baer das Sanatorium Wienerwald begründet.

Die Lungenheilanstalt erlangte wegen der innovativen Behandlungsmethoden bald Weltruhm und wurde im Heimatstil eines Südbahnhotels ausgebaut. Franz Kafka ließ sich hier behandeln. Kardinal Innitzer und Bundeskanzler Ignaz Seipel (CSP) suchten hier Hilfe in medizinischen Fragen.
Gebähren nach der NS-Rassen-Ideologie
Schätzungsweise 1.300 Kinder wurden in Feichtenbach auf die Welt gebracht. „Lebensborn“-Geburtsheime gab es viele im Dritten Reich, zwei davon in Österreich. „Lebensborn“ ist eine Erfindung von SS-Führer Heinrich Himmler. Der Verein war ein wesentlicher Teil der NS-Rassenpolitik, und war geschaffen, um die Geburtenrate sogenannter arischer Kinder in die Höhe zu treiben.

„In den Statuten des Vereins steht sogar: Heilig ist uns jede Mutter guten deutschen Blutes. Es ging also lupenrein um die NS-Ideologie“, führte Barbara Stelzl-Marx weiter aus. Die Institution „Lebensborn“ diente auch dazu, dass uneheliche Kinder von SS-Angehörigen heimlich auf die Welt gebracht werden konnten.

Auch geraubte Kinder in „Lebensborn“-Häusern
„Ein guter SS-Mann hat viele Kinder, am besten in der Ehe und wenn das nicht möglich ist, dann halt auch außerhalb. Und vor allem: als der Krieg 1939 begann, hat Himmler einen Erlass herausgebracht, dass jeder SS-Mann ein Kind gezeugt haben soll, im Fall dass er im Kampf fällt“, sagte Georg Lilienthal, der Autor eines Standard-Werkes über den „Lebensborn“-Verein bei der Eröffnung der Ausstellung.

Es wurden aber auch geraubte Kinder, von denen man annahm, dass sie arischer Rasse wären, aus Kriegsgebieten in „Lebensborn“-Häusern untergebracht. „Allein aus Slowenien wurden 600 Kinder ins Deutsche Reich verschleppt und dort in Lebensborn-Heimen aufgenommen, untersucht und an deutsche Zieh-Eltern weitergegeben“, erzählte Georg Lilienthal. Statt einer Taufe gab es ein Aufnahmeritual.

Verfall bis hin zum „Lost Place“
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus dem „Lebensborn“-Haus in Feichtenbach ein Erholungsheim der Gewerkschaft, danach bis ins Jahr 2002 ein Rehabilitationszentrum der Gebietskrankenkasse. Das Haus gehört heute einer deutschen Holding und verfällt komplett. Es ist umzäunt und darf wegen akuter Baufälligkeit nicht betreten werden.

Die Wanderausstellung „Am Rande des Wienerwalds – Der Lebensborn in Feichtenbach“ ist bis 26. November im „Haus der Geschichte“ in St. Pölten zu sehen. Danach wird sie in Vorarlberg gezeigt.
Geplant ist, sie nächstes Jahr in Pernitz/Feichtenbach (Bezirk Wr. Neustadt) zu präsentieren.

15.11.2024, Hannes Steindl, noe.ORF.at

Links:
Haus der Geschichte St. Pölten
Sanatorium Wienerwald (Wikipedia)
Dazu Beitrag im Forum: Lebensborn Sanatorium Wienerwald "Hotel Feichtenbach"
Ausstellung über „Lebensborn“ Feichtenbach
 
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