Symposium „Bewegte Landbilder“ präsentiert Filmsammlung „Niederösterreich privat“

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
„Bewegte Landbilder“ des 20. Jahrhunderts
1572420814721.png
Das Symposium „Bewegte Landbilder“ präsentiert erste Ergebnisse zur Erschließung der Filmsammlung „Niederösterreich privat“, die mit mehr als 60.000 Amateurfilmen eine der weltweit größten regionalen Kollektionen ihrer Art ist. Sie dokumentiert das Alltagsleben in Niederösterreich im 20. Jahrhundert.

Das Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien first organisiert in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria und dem Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich diese Tagung, die am Mittwoch und Donnerstag im Haus der Geschichte in St. Pölten stattfindet. Die Sammlung „Niederösterreich privat“ ist das Ergebnis eines Aufrufs zur Zurverfügungstellung von Schmalfilmen von Land Niederösterreich und dem Filmarchiv Austria im Jahr 2013.

Eine der größten regionalen Amateurfilmsammlungen
Die Schmalfilmsammlung ‚Niederösterreich privat‘ ist ein Kleinod in der landeskundlichen und kulturgeschichtlichen Sammlungslandschaft Niederösterreichs und weltweit eine der größten regionalen Amateurfilmsammlungen", sagen die Projektverantwortlichen, Ulrich Schwarz-Gräber und Brigitte Semanek, vom Institut für Geschichte des ländlichen Raums.

Filmsammlung „Niederösterreich privat“
„Dieses Foto zeigt ein Dorf in Niederösterreich, der genaue Ort lässt sich nicht mehr feststellen, irgendwann in den 1970er Jahren“, so Ulrich Schwarz-Gräber vom Institut für Geschichte des ländlichen Raums

Private Filmaufnahmen aus den ersten neun Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts geben Zeugnis über Außergewöhnliches wie Alltägliches. Die Sammlung zeigt vergangene Lebenswelten von Menschen bei der Arbeit und beim Feiern. „Die Filme dokumentieren Lebensträume vom Hausbau bis zur Weltreise. Sie zeigen politische Ereignisse aus bisher unbekannten Blickwinkeln und geben Einblicke in Alltägliches, wenn scheinbar nichts passiert: Gartenarbeit, Kaffeekränzchen, Herbstspaziergang oder die ersten Blumen im Frühjahr. Stets bewegt und oft auch bewegend“, so Schwarz-Gräber und Semanek.

Das Bild des eigenen Landes in Bewegung bringen
Auf diese Weise, hätten die Filme das Potenzial, das Bild des eigenen Landes und seiner Geschichte in Bewegung zu bringen, ergänzt Johanna Zechner, die im Auftrag der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich das Projekt koordinierte: „Vom Geschichtsunterricht in Schulen über die Geschichtsvermittlung in Ausstellungen und Museen bis zur zeitgeschichtlichen Forschung.“

Die Sammlung ist das Ergebnis des Suchaufrufs nach Schmalfilmen, den das Land Niederösterreich gemeinsam mit dem Filmarchiv Austria im Jahr 2013 initiierte. Mehr als 60.000 Filme wurden übergeben und durch das Filmarchiv Austria gesichert, archiviert und digitalisiert.

Filmsammlung „Niederösterreich privat“
Fest zum 50-Jahr-Jubiläum der Feuerwehr Horn, 1923

Alltägliches und Außergewöhnliches in 60.000 Filmen
Seit 2018 arbeitet ein Team aus dem Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien im Auftrag der Abteilung für Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria an der systematischen Erschließung dieser Sammlung. Die Forscherinnen und Forscher erarbeiteten ein Konzept für ein Suchportal, das die Orientierung und gezielte Suche nach Inhalten in dem großen Filmangebot ermöglichen soll.
Neben dem Umfang lag die Herausforderung auch in den besonderen Eigenschaften von Amateur- und Familienfilmen. „Die selbstgemachten Filme lassen sich häufig nicht durch die sonst im Film üblichen Kategorien ordnen und erfordern kreative und maßgeschneiderte Lösungen, damit in naher Zukunft Forscherinnen und Forscher sowie interessierte Menschen in einer neu geschaffenen ‚Niederösterreich privat‘-Datenbank recherchieren können“, erklären Ulrich Schwarz-Gräber und Brigitte Semanek.

Beim Symposium „Bewegte Landbilder“ werden neben der Präsentation zahlreicher Filmbeispiele die Entstehung der Sammlung vorgestellt und die Fortschritte bei der inhaltlichen Erschließung dargestellt. Am Donnerstag, dem zweiten Tag des Symposiums, diskutieren österreichische und internationale Experten in Workshops über Herausforderungen und Potenziale der Amateur- und Familienfilme.

Links:
Wissenschaft: „Bewegte Landbilder“ des 20. Jahrhunderts
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
Wenn alte Filme Alltagsgeschichte erzählen
1701022538682.png

Das vor zehn Jahren gestartete Projekt „Niederösterreich privat“ soll Filmaufnahmen als Zeitdokumente sichern. Die Auswertung dieser privaten Filmaufnahmen ist eines der wichtigsten Projekte des Instituts für Geschichte des ländlichen Raumes.
Online seit heute, 15.34 Uhr
Teilen
Die Sammelaktion „Niederösterreich privat“ wurde vom Land Niederösterreich und dem Filmarchiv Austria vor zehn Jahren durchgeführt. Knapp 3.000 Menschen stellten mehr als 70.000 Normal-8- und Super-8-Filme zur Verfügung und erhielten im Gegenzug eine DVD ihrer Privatfilme.

Mit der genauen Auswertung dieser Filmrollen wurde im Vorjahr begonnen, 2027 soll dann eine der weltweit größten regionalen Amateurfilmsammlungen komplett erfasst sein. Private Filmaufnahmen aus den 1920er- bis zu den 1990er-Jahren zeigen Außergewöhnliches wie Alltägliches.

Institut für Geschichte des ländlichen Raumes/“Niederösterreich privat“
„Die Filme zeigen dörfliche und regionale Erfahrungswelten, sie regen zum Nachdenken und Forschen an“, so das Institut für Geschichte des ländlichen Raumes

Die Filme sind für Brigitte Semanek, Leiterin des Instituts für Geschichte des ländlichen Raumes, eine „äußerst wertvolle Quelle“ für verschiedene zeithistorische Themen, etwa "von ökologischen zu kulturhistorischen Fragen, vom Wandel der Freizeit- und Konsumkultur auf dem Land bis hin zu Politik und politischer Beteiligung. Auch private Ereignisse und Feste im Familienkreis oder im Dorf wurden gefilmt und bei uns abgegeben.“
In den Filmen sind vergangene Lebenswelten von Menschen in Niederösterreich dokumentiert, bei der Arbeit ebenso wie beim Feiern, in der Freizeit ebenso wie beim Urlauben. Teile der Amateurfilme, die neun Jahrzehnte niederösterreichische Geschichte zeigen, sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und in Ausstellungen gezeigt werden.

Dörfliche Erfahrungswelten regen zum Forschen an
„Die Filme zeigen dörfliche und regionale Erfahrungswelten, sie regen zum Nachdenken und Forschen an“, kann man auf der Website des Instituts lesen. Neue Forschungsprojekte zur Alltagsgeschichte im ländlichen Raum werden durch „Niederösterreich privat“ in den nächsten Jahren entstehen, erläutert Brigitte Semanek.

Die Forscher interessiert etwa, wie sich das Automobilzeitalter in den Filmen abbildet, denn das Auto sei in dieser Zeit fast so etwas wie ein Familienmitglied geworden. "Es gibt Aufnahmen von Fahrten in den Urlaub, aber auch Szenen aus den Dörfern, wie Kinder mit den Fahrrädern oder Erwachsene mit den Rollern unterwegs sind. Diese Faszination für die Geschwindigkeit ist ein sehr spannendes Forschungsprojekt in Zukunft“, sagt Semanek.

Institut für Geschichte des ländlichen Raumes/“Niederösterreich privat“
Die mehr als 70.000 Filme von „Niederösterreich privat“ geben Einblicke in das Alltagsleben im Zeitraum von sieben Jahrzehnten

Doch nicht nur die neue Mobilitäts-, Raum- und Landschaftserfahrung werden im Mittelpunkt von Projekten stehen, sondern zum Beispiel auch die Mensch-Tier-Beziehungen, denn der Alltag war vielerorts vom Zusammenleben mit Tieren geprägt: „Sie sind daher oft in den Filmen zu sehen: in Aufnahmen von Stall und Weide, vom Jagen und Fischen oder vom Zoobesuch. Dazu kommen unzählige Haustiere: Katzen, Hunde, Meerschweinchen, Wellensittiche. Die Szenen sind so vielfältig wie die Rolle der Tiere“, heißt es in der Festschrift des Institutes, die anlässlich der 20-Jahr-Feier vorgelegt wurde.

Ländlichen Raum geschichtswissenschaftlich vermessen
Das Ziel des Instituts ist seit 20 Jahren die geschichtswissenschaftliche Vermessung des ländlichen Raumes, erklärt Oliver Kühschelm, der gemeinsam mit Brigitte Semanek seit dem Vorjahr das Institut leitet. „Es ist wichtig, eine starre Gegenüberstellung aufzubrechen. Es gibt nicht auf der einen Seite ‚die Großstadt‘ und auf der anderen Seite ‚den ländlichen Raum‘, sondern das ist eine ganz große Bandbreite von unterschiedlichen Lebens-, Arbeits-, wirtschaftlichen und politischen Situationen. Und diese zu sehen ist ein Teil unserer Aufgabe.“

ORF
Mit den 20 Jahrbüchern für Geschichte des ländlichen Raums gelang es dem Institut, sich von St. Pölten aus in den internationalen Diskurs einzubringen

Das Institut blickt auf eine lange Reihe von Aktivitäten in den Bereichen Archivierung und Erschließung, Grundlagenforschung, Wissenschaftskommunikation und Wissensvermittlung an ein breites Publikum zurück. Über den ländlichen Raum, seiner Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft wird regional und international geforscht. Bereits 2003 wurde zudem erstmals das Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes herausgegeben, mit dem es gelang, das neue Institut in den internationalen wissenschaftlichen Diskurs einzubringen, heißt es in der neuen Publikation.

Das Jahr 1989 und damit die Ostöffnung sowie das Jahr 1995, in dem Österreich Mitglied der EU wurde, hätten große Veränderungen in Österreich ausgelöst, in der Stadt wie auf dem Land, so Kühschelm: „Wenn man Filme aus den 1970er-Jahren anschaut, dann sieht man Dörfer, in denen nicht alles hergerichtet ist, es wird eine Gesellschaft gezeigt, die einem fast arm vorkommt. Wenn man diese Zeit aber selbst erlebt hat, dann hat man gar nicht so sehr diese Erinnerung, sondern denkt sich, dass das durchaus schon eine wohlhabende Zeit war. Man sieht jedoch, dass sich in den letzten 30, 40 Jahren ein gewaltiger Reichtumssprung getan hat.“
26.11.2023, Reinhard Linke, noe.ORF.at

Links:

Wenn alte Filme Alltagsgeschichte erzählen
 
Oben