Der geheime Bunker der Staatsregierung
23.05.2011 Von: Arne Meyer, dpa
Für den atomaren Ernstfall war der Bunker nach Einschätzung von Diester allerdings kaum geeignet. Zu dünn sind die Betonwände, zu stickig und beklemmend die vier kahlen Aufenthaltsräume. Die Duschen mussten mit Handpumpen angetrieben werden und die Trockentoiletten trennte nur ein Vorhang. Unter der Erde hätte es die Staatsregierung nur wenige Stunden ausgehalten, glaubt der Experte. "Die Anlage war nicht für den wochenlangen Dauerbetrieb gedacht." Das eigentliche Lagezentrum und die Arbeitsräume des Ausweichquartiers lagen vielmehr oberirdisch, in einem anderen Gebäude der Feuerwehrschule.
Diester hat in Archiven mehr als 30.000 Dokumente aus dem Kalten Krieg ausgewertet. Demnach war der 1976 fertiggestellte Bunker in Geretsried nicht nur für den Kriegsfall vorgesehen. Auch innenpolitisch spielten die bayerischen Sicherheitsbehörden düstere Krisenszenarien speziell für München durch: Ausufernde Streiks von Gewerkschaften, gewaltsame Proteste, Terroranschläge auf die U-Bahn - wenn nötig, wären Ministerpräsident und Kabinett mit dem Auto in 45 Minuten in Geretsried gewesen.
Nach Angaben der Staatskanzlei plante Bayern seit 1964 den Bau eines sicheren Atombunkers. Umgesetzt wurde das Projekt allerdings nie: Erst fehlte das Geld und schließlich war der Kalte Krieg vorbei. 1992, zwei Jahre nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, stampfte der Freistaat seine Pläne für einen Atombunker endgültig ein. Die wesentlichen Dokumente hält die Staatskanzlei bis heute unter Verschluss.
Stattdessen begnügte sich Bayerns Regierung jahrzehntelang mit ungeschützten Ausweichquartieren. Nachdem zunächst eine Schule in Immenstadt im Allgäu als Regierungsversteck geplant war, fiel die Wahl 1980 auf die Feuerwehrschule in Geretsried.