Hallo!
Mein Name ist Rolf, wohne im nördlichsten Zipfel Deutschlands (Schleswig-Holstein, hier
Nordfriesland) und lese schon einige Zeit lang euer schönes, interessantes Forum, be-
sonders in Bezug auf eure Recherchen über die Funksendezentralen der Luftwaffe, doch
dazu später einmal...
Hier möchte ich jedoch auf etwas (für Österreich) mehr oder weniger untypisches
Hinweisen/Fragen. Es geht um die deutsche Kriegsmarine in Österreich...
Die Kriegsmarine besass, wie das Heer und die Luftwaffe, eine Funkaufklärung, den soge-
nannten B(Beobachtungs)-Dienst. In allen Ecken des Reiches wurden hierfür feste Aufklä-
rungsstellen erreichtet.
Im Sommer 1940 wurde in Weiden am See, etwa 2km südlich von Neusiedl, auf einem ca.
5 ha grossen Gelände mit dem Bau einer Empfangs- und Peilstelle begonnen. Am 1.7.41
war die Anlage fertiggestellt und es wurde mit der Arbeit begonnen. Der (Tarn-)Name
lautete "Marinenachrichtenoffizier (MNO) Südost - Marinefunkstelle Neusiedl a. See"
bzw. ab 1942 "Marinepeilhauptstelle (MPHS) Neusiedl".
Die Bauweise und technische Ausrüstung des Empfangsgebäudes glich denen der MPHS
Soest und MPHS Langenargen/Bodensee. Das Empfangsgebäude war der einzige Steinbau.
Das Personal war in Baracken untergebracht.
Verpflegungsmässig war die Dienststelle dem Verpflegungsamt Bruck a.d. Leitha angeschlossen.
Zwischen der Marine und der Bevölkerung soll ein sehr gutes Verhältnis geherrscht haben.
Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Chef desöfteren den umliegenden Bauern Soldaten zur
Einbringung der Ernte zur Verfügung gestellt hat.
Die Dienststelle war mit der Erfassung und Peilung von Ausstrahlungen gegnerischer Marine-
streitkräfte betraut. Auftrag war zunächst die Erfassung der Marine Russlands im Schwarz-
meer, in der Ostsee und teilweise auch Sonderschaltungen im Nordmeer. Für diePeilung gab
es zwei Peilnetze: Das Peilnetz Süd mit den Peilstellen der MPHS Neusiedl, der MPHS Langen-
argen/Bodensee und der MPHS Swinemünde/Ostsee, sowie das Peilnetz Ost mit den Peilstellen
der MPHS Neusiedl, der MPHS Swinemünde und der MPHS Pillau.
Nach der Kapitulation Jugoslawiens und der Einnahme Griechenlands wurden neue Erfassungs-
stellen geplant. Hierfür wurde ein motorisierter Nachrichtenzug (mot I) speziell für die
Funkaufklärung ausgerüstet und u.a. mit Personal aus Neusiedl aufgestockt, um geeignete
Plätze für feste Erfassungs- und Peilstellen zu erkunden. Nachdem dies geschehen war, wurde
weiteres Personal gebraucht. Auch hierfür stellte Neusiedl Personal ab. Dieser Aderlass
ging an der Dienstelle nicht spurlos vorbei, sodass im November 1942 die Erfassung einge-
stellt und vorrangig Peildienst betrieben wurde. Die MPHS Neusiedl wurde zu einer MPNS
(Marinepeilnebenstelle) zurückgestuft. Im April 1943 wurde auch die Peilstelle aufgegeben
und es verlieb lediglich die Fernschreibstelle. Die Bewachung wurde von einer kleinen Ab-
teilung Landesschützen sichergestellt.
Ab Oktober 1944, bis dahin war die Dienststelle Nachschub- und Ergänzungsstelle für die
Fernmeldeaufklärungsstationen am Schwarzen Meer und in Griechenland, diente sie dem
zurückflutenden Personal als Auffangstelle. Alles was nicht niet- und nagelfest war wurde
auf Schiene verladen und in ein Arsenal nach Linz a.d. Donau transportiert, wo die Einheit
aufgelöst und das Personal auf die noch arbeitenden MPHS verteilt wurde.
Quellen:
"Die deutsche Marine-Funkaufklärung 1914-1945" v. Heinz Bonatz
"Seekrieg im Äther" v. Heinz Bonatz
Anbei noch vier Bilder der Dienststelle:
1. Erfassungsgebäude mit Antennen und Kurzwellenpeiler
2. Langwellenpeiler (Ist die Kirche im Hintergrund, die von Weiden?)
3. Unterkunftsbaracken (im Hintergrund Erfassungsgebäude)
4. Teilnahme der Marinesoldaten bei Kranzniederlegung in Neusiedl
Auf Google-Earth habe ich keine Gebäude der ehemaligen MPHS zuordnen können bzw. ich
werde sie wohl einfach übersehen haben. Ist es das Gebäude zwischen Bahnlinie und der
"Unteren Hauptstrasse", südlich des Ortes? Gibt es überhaupt noch Überreste?
Über eine Info würde ich mich sehr freuen...
Gruss aus Nordfriesland
Rolf
Mein Name ist Rolf, wohne im nördlichsten Zipfel Deutschlands (Schleswig-Holstein, hier
Nordfriesland) und lese schon einige Zeit lang euer schönes, interessantes Forum, be-
sonders in Bezug auf eure Recherchen über die Funksendezentralen der Luftwaffe, doch
dazu später einmal...
Hier möchte ich jedoch auf etwas (für Österreich) mehr oder weniger untypisches
Hinweisen/Fragen. Es geht um die deutsche Kriegsmarine in Österreich...
Die Kriegsmarine besass, wie das Heer und die Luftwaffe, eine Funkaufklärung, den soge-
nannten B(Beobachtungs)-Dienst. In allen Ecken des Reiches wurden hierfür feste Aufklä-
rungsstellen erreichtet.
Im Sommer 1940 wurde in Weiden am See, etwa 2km südlich von Neusiedl, auf einem ca.
5 ha grossen Gelände mit dem Bau einer Empfangs- und Peilstelle begonnen. Am 1.7.41
war die Anlage fertiggestellt und es wurde mit der Arbeit begonnen. Der (Tarn-)Name
lautete "Marinenachrichtenoffizier (MNO) Südost - Marinefunkstelle Neusiedl a. See"
bzw. ab 1942 "Marinepeilhauptstelle (MPHS) Neusiedl".
Die Bauweise und technische Ausrüstung des Empfangsgebäudes glich denen der MPHS
Soest und MPHS Langenargen/Bodensee. Das Empfangsgebäude war der einzige Steinbau.
Das Personal war in Baracken untergebracht.
Verpflegungsmässig war die Dienststelle dem Verpflegungsamt Bruck a.d. Leitha angeschlossen.
Zwischen der Marine und der Bevölkerung soll ein sehr gutes Verhältnis geherrscht haben.
Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Chef desöfteren den umliegenden Bauern Soldaten zur
Einbringung der Ernte zur Verfügung gestellt hat.
Die Dienststelle war mit der Erfassung und Peilung von Ausstrahlungen gegnerischer Marine-
streitkräfte betraut. Auftrag war zunächst die Erfassung der Marine Russlands im Schwarz-
meer, in der Ostsee und teilweise auch Sonderschaltungen im Nordmeer. Für diePeilung gab
es zwei Peilnetze: Das Peilnetz Süd mit den Peilstellen der MPHS Neusiedl, der MPHS Langen-
argen/Bodensee und der MPHS Swinemünde/Ostsee, sowie das Peilnetz Ost mit den Peilstellen
der MPHS Neusiedl, der MPHS Swinemünde und der MPHS Pillau.
Nach der Kapitulation Jugoslawiens und der Einnahme Griechenlands wurden neue Erfassungs-
stellen geplant. Hierfür wurde ein motorisierter Nachrichtenzug (mot I) speziell für die
Funkaufklärung ausgerüstet und u.a. mit Personal aus Neusiedl aufgestockt, um geeignete
Plätze für feste Erfassungs- und Peilstellen zu erkunden. Nachdem dies geschehen war, wurde
weiteres Personal gebraucht. Auch hierfür stellte Neusiedl Personal ab. Dieser Aderlass
ging an der Dienstelle nicht spurlos vorbei, sodass im November 1942 die Erfassung einge-
stellt und vorrangig Peildienst betrieben wurde. Die MPHS Neusiedl wurde zu einer MPNS
(Marinepeilnebenstelle) zurückgestuft. Im April 1943 wurde auch die Peilstelle aufgegeben
und es verlieb lediglich die Fernschreibstelle. Die Bewachung wurde von einer kleinen Ab-
teilung Landesschützen sichergestellt.
Ab Oktober 1944, bis dahin war die Dienststelle Nachschub- und Ergänzungsstelle für die
Fernmeldeaufklärungsstationen am Schwarzen Meer und in Griechenland, diente sie dem
zurückflutenden Personal als Auffangstelle. Alles was nicht niet- und nagelfest war wurde
auf Schiene verladen und in ein Arsenal nach Linz a.d. Donau transportiert, wo die Einheit
aufgelöst und das Personal auf die noch arbeitenden MPHS verteilt wurde.
Quellen:
"Die deutsche Marine-Funkaufklärung 1914-1945" v. Heinz Bonatz
"Seekrieg im Äther" v. Heinz Bonatz
Anbei noch vier Bilder der Dienststelle:
1. Erfassungsgebäude mit Antennen und Kurzwellenpeiler
2. Langwellenpeiler (Ist die Kirche im Hintergrund, die von Weiden?)
3. Unterkunftsbaracken (im Hintergrund Erfassungsgebäude)
4. Teilnahme der Marinesoldaten bei Kranzniederlegung in Neusiedl
Auf Google-Earth habe ich keine Gebäude der ehemaligen MPHS zuordnen können bzw. ich
werde sie wohl einfach übersehen haben. Ist es das Gebäude zwischen Bahnlinie und der
"Unteren Hauptstrasse", südlich des Ortes? Gibt es überhaupt noch Überreste?
Über eine Info würde ich mich sehr freuen...
Gruss aus Nordfriesland
Rolf
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