Die Aufnahme aus dem Jahr 1958 zeigt die beeindruckenden Ausmaße der ehemaligen Kammgarnfabrik in Bad Vöslau.
FOTO: Stadtmuseum Bad Vöslau
„Vöslauer Wolle tragen, schafft immer Wohlbehagen.“
Die "Vöslauer" entwickelte sich zur größten Kammgarnfabrik Österreichs zu ihrer Zeit.
Die Gebäude der ehemaligen Kammgarnfabrik prägen auch heute noch das Stadtbild von Bad Vöslau. 35 Jahre lang wurden darin Textilstoffe hergestellt.
1833 wurde die Kammgarnspinnerei erstmals gegründet. Diese wurde 1844 verkauft und die Handarbeit durch Maschinen ersetzt. Die 450 Beschäftigten arbeiteten unter katastrophalen Bedingungen.
Der Erfolgskurs der Fabrik ermöglichte es, auch die Spinnereien in Möllersdorf, Bielitz-Bialaer und Brünn zu erwerben. 1938 war die Vöslauer Kammgarnfabrik die größte Fabrik Österreichs mit rund 3000 Beschäftigten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges ging ein Großteil der Produktion in den Export, auch viele Gastarbeiter waren beschäftigt. Daraus folgte die Anmeldung des Konkurses 1978.
Die Herstellung der Wolle erfolgte in einigen Arbeitsschritten. Zunächst musste sie sortiert, gewaschen und gekrempelt werden. Danach folgten das Kämmen, Strecken und Plätten. Nach den mehreren Spinn- und Färbevorgängen konnte die Wolle in Knäuel gewickelt und verpackt werden.
Sperrige Arbeits- und Lebensbedingungen
Im 19. Jahrhundert gab es sehr lange keine Regelungen zu täglichen Arbeitszeiten. Deswegen war in der Textilfabrik ein Arbeitstag von 4 Uhr morgens bis 20 Uhr abends ganz normal. Neben der langen Arbeitstage gab es für die Arbeiter auch keine geregelten Pausen. Gerade einmal wenn eine Maschine einen Schaden hatte, konnte kurz gegessen und getrunken werden. Für die meisten war trockenes Brot und Wasser beziehungsweise Kaffee das tägliche Mahl. Gemüse und Fleisch gab es selten bis gar nicht.
Auch die Kinderarbeit war in der Fabrik ein großes Thema. Ab dem 6. Lebensjahr mussten auch Kinder täglich 12 Stunden in den Fabriken arbeiten. Der Haushalt in den kleinen Wohnungen der Arbeiter blieb den Frauen über, viele Familien lebten in nur einem Raum zusammen. Die Wohnungen waren ein Teil des Lohns. Heute kennt man in Bad Vöslau noch einige dieser Wohnhäuser, wie zum Beispiel in der Bahnstraße oder der Falkstraße, die damals von den Arbeitern bewohnt wurden.
Freiwillige Sozialleistungen eingeführt
Neben den schlechten Arbeitsbedingungen bemühte sich die Leitung der Vöslauer Kammgarnfabrik, Sozialleistungen für ihre Arbeiter anzubieten. So gab es einen eigenen Kindergarten, ein Ärztehaus und eine Werkskapelle. Außerdem entstanden eine Werksbibliothek, ein Sportverein und die Werksfeuerwehr, die damals den 2. Zug der Ortsfeuerwehr darstellte.