Alles begann vor acht Jahren. Nachdem der Kärntner Flugzeughistoriker Reinhard Samitz Bilder von der Absturzstelle in Maria Elend ins Internet gestellt hatte, bekam er über den Umweg Osttirol postenwendend Nachricht aus den USA: Lainie Rawlings Tante hatte sich gemeldet und nahm Kontakt mit dem Flugzeughistoriker auf, um mehr über den Absturz in Maria Elend zu erfahren. Dort waren am 22. April 1945 zehn US-Soldaten mit einem US-Bomber abgestürzt, unter ihnen auch Lainie Rawlings Großvater. Das Mitglied der US-amerikanischen Luftwaffe hatte zeitlebens nicht über die damaligen Ereignisse gesprochen, die Familie wusste also recht wenig darüber.
Flugzeughistoriker: Zwei Soldaten starben beim Absturz
Reinhard Samitz hat die Ereignisse von damals recherchiert: „Die Besatzung hat damals einstimmig beschlossen, im Flugzeug zu bleiben, weil es eigentlich noch flugfähig war. Zu diesem Zeitpunkt dürften sie aber noch nicht gewusst haben, dass noch zwei weitere Motoren ausfallen werden. Damals war hier ein kleiner Hügel, der wahrscheinlich vom Flugzeug aus nicht sichtbar war. Die Maschine hat leider etwas zu früh aufgesetzt und ist dann in die Rotation gekommen, wobei das Flugzeug in der Mitte durchbrach. Der Kugelturm bohrte sich ins Flugzeug und dadurch sind zwei Besatzungsmitglieder gestorben. Wäre das nicht passiert, hätten alle zehn Besatzungsmitglieder überlebt.“
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Bild des abgestürzten US-Bombers
Hochemotionaler Besuch der Absturzstelle
Fast genau 80 Jahre nach diesem historischen Ereignis, das in Maria Elend für großes Aufsehen unter der Bevölkerung sorgte, war es dann soweit: Flugzeughistoriker Reinhard Samitz und US-Bürgerin Lainie Rawlings suchten gemeinsam die Absturzstelle miteinander auf – ein hochemotionaler Moment für die US-Amerikanerin, die die gewonnenen Eindrücke mit nach Hause nehmen will: „Ich bin sehr stolz hier zu sein, für meine Familie, die diesen Ort bisher nicht besuchen konnte. Und ich bin stolz, dass mein Großvater für etwas gekämpft hat, woran er glaubte.“
Überliefert sei, dass die zwei toten US-Soldaten von Ortsbewohnern am Friedhof begraben wurden, so Samitz: „Die restlichen sind zur Lazarettstelle gekommen und ein paar, die nicht verletzt gewesen sind, sind dann von der Sanitätsstelle direkt ins Gefangenenlager überbracht worden. Sie sind dann eigentlich relativ rasch von den Briten und den Amerikanern befreit worden, weil kurz danach der Krieg aus war.“
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Der Absturz, wie ihn ein Zeitzeuge erinnert – die Amerikanerin nimmt es neben einem Teil des Fahrwerks mit nach Hause
1.000 Menschen sollen Absturzstelle besucht haben
Für die Zeitzeugen sei der damalige Absturz aber „eine Sensation“ gewesen, weiß der Flugzeughistoriker zu berichten. „Es sollen über 1.000 Leute gekommen sein, um das Flugzeug zu bestaunen und anzuschauen. Beim Absturz selbst waren es aber nur wenige. Diese Zeitzeugen konnte ich befragen, sie sind mittlerweile aber leider alle schon verstorben.“
Für den Flugzeughistoriker ist der Besuch aus Amerika „ein absolut tolles Gefühl“, „weil es nicht alltäglich ist, dass jemand von Amerika kommt und eine Absturzstelle besucht. Aber man sieht, dass all das, was hier passiert ist, in diesem Moment zu einem schönen Abschluss findet und wir die Geschichte teilen können. Und ich finde wirklich schön, dass wir, Generationen später, über diese Geschichte berichten können.“
„Der Kreis schließt sich“
Am Ende des Besuchs wurden der US-Amerikanerin zwei Geschenke überreicht: Das selbst gemalte Bild eines der Zeitzeugen, in dem er die Eindrücke des Absturzes Jahre später festhielt und auch ein Stück vom Flugzeugwrack. Lainie Rawlings wird beides mit in die USA nehmen.
Reinhard Samitz weiß dazu folgendes zu berichten: „Ja, die drei Personen, die man im Bild sieht, das ist eben der Maler selbst gewesen, mit zwei Freunden, die nach dem Absturz mit dem Fahrrad sofort zur Absturzstelle gefahren sind und diese erkundet haben. Der zweite Gegenstand ist ein Teil vom Fahrwerk. Es ist eine große Ehre, dass ich das überreichen kann und dass es wieder zurück zur Familie geht und sich damit der ganze Kreis schließt.“
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Insgesamt gelten weltweit noch über 80.000 Amerikaner als vermisst. In Österreich werden knapp über 100 und in Kärnten noch acht vermisste Soldaten vermutet.
04.05.2025, red, kaernten.ORF.at