In Band 3 der Reihe „Nationalsozialismus in Wels“, 2015 von der Stadt Wels herausgegeben, befinden sich auf den Seiten 98 bis 101 viele Infos zum Barackenlager Lichtenegg. Ich fasse kurz zusammen:
1938 wurde mit dem Bau eines Barackenlagers auf einem Areal von etwa 60.000 qm begonnen, das von der Dragonerstraße, Schulstraße, Lindenstraße und Königsederstraße umgrenzt war. Es diente als Notkaserne und galt als „Zwischenunterkunft für Infanterie“. Das Lager stand in Verbindung mit der Alpenjägerkaserne, die sich einige hundert Meter weiter stadteinwärts an der Dragonerstraße befand und heute unter dem Namen Dragonerkaserne bekannt ist.
Im Lager wurden vier Kompanien untergebracht, wobei jeweils zwei Baracken pro Kompanie eine Anzahl von insgesamt acht Mannschaftsbaracken ergaben. Weiters gab es zwei Stabsbaracken, je eine Wirtschafts-, Geräte-, Heizstoff- und Fahrzeugbaracke. Dazu kamen eine Scheune, eine Waffenmeisterei, zwei Pferdeställe, ein Pferdekrankenstall, zwei Kammerbaracken, ein Bad und eine Kläranlage. Im Südwesten und Nordosten gab es je einen Feuerlöschteich mit 500 Kubikmeter Fassungsvermögen. Östlich des Lagers waren Maschinengewehrstände eingerichtet.
Die auf den Fotos im ersten Beitrag gezeigte Wirtschaftsbaracke ist der letzte Rest dieses Lagers. Sie inkludierte eine Großküche, Speisesäle, Nebenzimmer für Mannschaften und Unteroffiziere, einen Kantinenverkaufsraum und einen Offiziersversammlungsraum. Im unterkellerten Teil dieser Baracke wurden Kartoffeln, Holz, Kohle, Wein und Bier gelagert.
Am 4. November 1938 wurde das Barackenlager Lichtenegg in Betrieb gesetzt. Anfang Dezember rückten die ersten Rekruten ein. Im Band 3 wird ein Artikel aus der Linzer Tagespost vom 2. Dezember 1938 zitiert, der das Lager beschreibt:
„In dieser vorübergehenden Unterkunftsstätte eines Infanterie-Bataillons sind wohl alle bau- und wohnungstechnischen Neuerungen vom Fernsprecher und Rundfunk bis zum Heißluftbad und Pferde-Operationszimmer sinngemäß ausgenützt worden. Eingebettet in frisches Gartengrün und breite Weganlagen, reichlich gespeist mit Licht und Sonne, ausgestattet mit Spielplätzen und Bädern, müßten diese vorbildlichen Notunterkünfte eher als Wochenend-Siedlungen, denn ‚Barackenlager‘ bezeichnet werden. So tiefgreifend ist der Unterschied zwischen der Kasernierung in der Systemzeit und den menschenwürdigen Wohnbauten für unsere militärischen Waffenträger im nationalsozialistischen Großdeutschen Reich.“
Erst nach dem Krieg wurde es als Flüchtlingslager unter dem Namen Lager 1001 weiterverwendet.
Als Abbildungen befinden sich das oberhalb in Beitrag 8 von Josef gezeigte Bild und ein Lageplan von 1944.
Ergänzung: Das Bild ist mit „BARACKENLAGER D.I.R. 133“ beschriftet, was „Barackenlager des Infanterie-Regiments 133“ bedeutet. Es handelte sich also um das III. Bataillon oder das II. Ergänzungsbataillon dieses Regiments, das in Wels stationiert wurde, während die anderen Bataillone dieses Regiments in Linz beheimatet waren, siehe
Infanterieregiment 133 - Lexikon der Wehrmacht