Wo das OÖ. Alpenvorland auf die nördlichen Kalkalpen trifft, erstreckte sich vor Millionen Jahren ein subtropisches Meer

josef

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Vor Millionen Jahren tummelten sich überraschend viele Haiarten in Oberösterreich
Analysen von Wissenschaftern des Wiener NHM förderten erstaunliche Artenvielfalt vor 138 Millionen Jahren zu Tage

Die Hai-Diversität während der frühen Kreidezeit war auf dem Gebiet des heutigen Oberösterreich ungewöhnlich groß. Diese 138 Millionen Jahre alten Zähne gehörten den Haifspezies Cretacladoides ogiveformis, Natarapax trivortex, Similiteroscyllium iniquus und Altusmirus triquetrus (von oben und link).
Foto: NHM Wien

Wien/Ternberg – Wo heute das oberösterreichische Alpenvorland auf die nördlichen Kalkalpen trifft, erstreckte sich vor vielen Millionen Jahren ein ein flaches, tropisches und subtropisches Meer. In dieser Region tummelten sich offenbar deutlich mehr prähistorische Hai-Arten als man bisher vermutet hatte. Anhand eines Fundes in den Kalkalpen nahe Steyr konnten Wissenschafter des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien eine überraschende Vielfalt an Tiefsee-Haien aus der Zeit vor rund 138 Millionen Jahren nachweisen.

Gehoben hat die Überbleibsel aus grauer Vorzeit der NHM-Paläontologe Alexander Lukeneder in der Nähe von Ternberg in Oberösterreich schon im Jahr 2012. Die Einordnung der in Hunderten Kilogramm an Kalksteinproben relativ rasch identifizierten Haizähne und Hautschuppen entpuppte sich dann als durchaus langwieriges Unterfangen, wie Studienleiterin Iris Feichtinger erklärte.

Seltene Vielfalt
Im Verlauf der Analysen "hat sich aber herausgestellt, dass das sehr besondere Haifischzähne sind", so die Forscherin. Man habe es hier mit einer "sehr diversen Fauna" zu tun, die für diesen Abschnitt in der frühen Kreidezeit weltweit bisher nur an zwei weiteren Fundstellen in ähnlichem Umfang festgestellt werden konnte. "Die Entdeckung ist auch international eine sehr tolle Sache", sagte Feichtinger.

Sie konnte in Kooperation mit Kollegen von der Universität Wien in den vergangenen beiden Jahren anhand der zahlreichen Zähne und Hautschuppen – mehr bleibt in der Regel von den knochenlosen Knorpelfischen nicht erhalten – insgesamt fünf Haifischgattungen und sechs Arten identifizieren. Bei vier davon handelt es sich um bisher unbekannte Arten, die nun auf die wissenschaftlichen Namen Cretacladoides ogiveformis, Natarapax trivortex, Similiteroscyllium iniquus sowie Altusmirus triquetrus hören.

Urtümliche und modernere Arten nebeneinander
Insgesamt eröffnete sich so ein "sehr interessanter Blick" in diese Zeitperiode vor rund 138 Millionen Jahren, die "sehr wichtig für die Entwicklung der modernen Haie war", so die Wissenschafterin. Dementsprechend zeigen die Funde sehr urtümliche Arten und bereits moderneren Varianten, die den Ammenhaien oder Grundhaien zuzuordnen sind.

Obwohl es vergleichsweise schwierig ist, aus lediglich Zähnen und Schuppen Rückschlüsse über die Lebensweise von Tieren zu ziehen, werfen die oberösterreichischen Funde ein neues Licht auf damalige Veränderungen. So kannte man von einer der nachgewiesenen Arten bereits eine Vielzahl an Überresten. Diese stammten aber aus dem Flachwasser und sind geschätzte 120 Millionen Jahre älter. Bis vor kurzem dachte man, das diese Spezies beim großen Massenaussterben am Übergang der beiden Erdzeitalter Perm und Trias ihr Ende fand.

Umzug in die Tiefsee
Nun tauchte sie aber auch in den weit jüngeren Funden aus den Alpen auf – und zwar in Tiefsee-Ablagerungen. "Sie sind also ganz plötzlich wieder da, aber in einer ganz anderen Lebensumgebung", erklärte Feichtinger. Es scheint also so zu sein, dass diese Haie dazu gezwungen waren das "flachmarine Milieu" zu verlassen, um in der Tiefsee erfolgreich zu überleben.

Neben den neuen und bekannten Arten, konnte das Forschungsteam aufgrund der Hautschuppen auch auf das einstige Vorhandensein von Grauhai- und Dornhaiartigen, sowie Vertretern der Meerengel und der Stierkopfhaie schließen. "Die waren auf jeden Fall da, wir haben in unseren Breiten aber noch keine Zähne dazu gefunden", sagte Feichtinger, die mit Kollegen ihre Erkenntnisse kürzlich in Publikationen in den Fachjournalen "Cretaceous Research" und "Historical Biology" vorgestellt hat. (red, APA, 5.8.2020)

Abstracts
Vor Millionen Jahren tummelten sich überraschend viele Haiarten in Oberösterreich - derStandard.at
 
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