Wien: Großkläranlage Simmering

josef

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#1
Wien Energie errichtet Großwärmepumpen zur Erzeugung von Fernwärme aus Abwasser

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Fernwärme soll in großem Ausmaß auch aus Abwasser erzeugt werden. Die dafür notwendigen Großwärmepumpen werden derzeit von Wien Energie errichtet. Ab Jahresende sollen sie Fernwärme für bis zu 56.000 Haushalte erzeugen.
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Normalerweise fließt das Abwasser nach der Reinigung in den Donaukanal, ab Jahresende macht es davor noch einen Umweg in die Großwärmepumpenanlage von Wien Energie. Im Vollausbau sollen bis zu 112.000 Haushalte versorgt werden. Damit soll die Großwärmepumpe, die derzeit neben der ebswien Kläranlage in Simmering entsteht, eine der leistungsstärksten in Europa werden, heißt es bei der Wien Energie.

500 Million Liter Abwasser fallen in Wien pro Tag an. Die Restwärme aus dem gereinigten Abwasser in der Kläranlage kann mittels einer Wärmepumpenanlage genutzt werden. Dem Abwasser wird die Wärme entzogen und daraus Fernwärme erzeugt. Der dazu benötigte Strom kommt vom nahegelegenen Kraftwerk Freudenau.

ORF Wien
Zwölf Meter lang, sieben Meter hoch, 205 Tonnen schwer ist eine Großwärmepumpe

Schwerer als ein Blauwal
Drei der sechs bestellten Großwärmepumpen wurden bereits aus Frankreich angeliefert und sollen ab Jahresende in Betrieb gehen. Jede der rund zwölf Meter langen und sieben Meter hohen Wärmepumpen bringt ein Betriebsgewicht von rund 205 Tonnen auf die Waage – das ist mehr, als ein ausgewachsener Blauwal wiegt. Aktuell findet die Großmontage statt. Dabei werden die Wärmepumpen an ihrem Standort eingerichtet.

In den kommenden Monaten werden noch Pumpenanlagen, Rohrleitungen und elektrische Anlagen am Anlagenstandort eingerichtet. „Die Großwärmepumpe bei der Kläranlage ist ein Meilenstein am Weg zur Klimaneutralität in Wien. Bis 2040 will Wien Energie die Fernwärme gänzlich aus klimaneutralen Quellen erzeugen – mit solchen Klimaschutzprojekten wie hier in Simmering wird das gelingen“, sagt Finanzstadtrat Peter Hanke überzeugt.

70 Mio. Euro Investition
Sie können mit Wärmetauschern dem Abwasser rund sechs Grad entziehen und 90 Grad heißes Wasser erzeugen. Über das Fernwärmenetz sollen damit ab 2027 bis zu 112.000 Haushalte versorgt werden können. Wien Energie verwertet so die Wärmeenergie im gereinigten Abwasser, die bisher ungenutzt blieb. 70 Mio. Euro wurden in die Anlage investiert. Um EU-Förderungen wurde angesucht.

Woraus sich Fernwärme speist
Mit über 1.300 Kilometern Länge ist das Wiener Fernwärmenetz eines der größten Europas. Wien Energie versorgt 440.000 Wiener Haushalte und 7.800 Großkunden mit Fernwärme. Aktuell stammt gut die Hälfte der Wiener Fernwärme aus den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Erdgas betrieben werden. Zur Spitzenabdeckung kommen außerdem Heizkraftwerke zum Einsatz.

Etwa ein Drittel kommt aus der Müllverbrennung, der Rest kommt aus industrieller Abwärme, Biomasse und Erd- und Umgebungswärme. Bis 2040 will Wien Energie die Fernwärme komplett mit Energie aus erneuerbaren Quellen betreiben. Neben der Abwärmenutzung durch Großwärmepumpen setzt der Energiedienstleister dabei auch auf die Nutzung von Tiefengeothermie.
03.02.2023, red, wien.ORF.at

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Großwärmepumpen werden aufgebaut
 

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#2
Dritte Großwärmepumpe für Wien entsteht
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In der Müllverbrennungsanlage Spittelau soll eine moderne Wärmepumpe die Wärme des Rauchgases nutzen. Die neue Anlage soll ab dem Frühjahr 2025 Fernwärme für 16.000 Haushalte liefern. Die Investitionssumme liegt bei rund 40 Millionen Euro.
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Bis 2040 soll die Fernwärme komplett klimaneutral sein. Dafür kommen vor allem Großwärmepumpen und Geothermie zum Einsatz. Aktuell stammt gut die Hälfte der Wiener Fernwärme aus den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die mit Erdgas betrieben werden. Zur Spitzenabdeckung kommen außerdem Heizkraftwerke zum Einsatz. Etwa ein Drittel kommt aus der Müllverbrennung, der Rest kommt aus industrieller Abwärme, Biomasse und Erd- und Umgebungswärme.

Abwärme aus der Rauchgasreinigung soll genutzt werden
Ab Anfang 2025 will Wien Energie die Abwärme für die zusätzliche Erzeugung von Fernwärme mittels Wärmepumpen nutzen. Dem bei der Abkühlung des Rauchgases entstehenden Kondensat entzieht Wien Energie mit Wärmetauschern rund 10 Grad Celsius. Diese Energie kann Wien Energie mit der modernen Wärmepumpentechnik in der hochkomplexen Anlage nutzen, um wiederum Wärme mit rund 90 Grad Celsius zu erzeugen. Diese Wärme fließt dann in Form von heißem Wasser über das Fernwärmenetz in die Wiener Wohnungen, die Wien Energie mit Fernwärme versorgt.

Das abgekühlte Wasser aus der Rauchgaskondensation wird dann von Wien Energie aufbereitet und dem Prozess der Müllverbrennungsanlage wieder zugeführt. Wien Energie braucht dadurch für den Prozess der Müllverbrennung um bis zu 125.000 Kubikmeter weniger Wasser pro Jahr aus dem Donaukanal, das entspricht ungefähr der Wassermenge von 700.000 Badewannen-Füllungen.

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Wien Energie / Johannes Zinner
Wien Energie / Johannes Zinner
Wien Energie / Johannes Zinner
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Die Großwärmepumpe Spittelau ist bereits das dritte Großwärmepumpen-Projekt mit einer Leistung über 10 Megawatt von Wien Energie. Dafür investiert Wien Energie 40 Millionen Euro. Die erste Anlage ging 2019 am Kraftwerksstandort Simmering in Betrieb und nutzt dort die Restwärme aus dem Kühlwasserkreislauf. Die zweite Anlage ist kurz vor Fertigstellung. An der ebswien Kläranlage baut Wien Energie aktuell die größte und leistungsstärkste Großwärmepumpe Europas.

Noch dieses Jahr soll die Inbetriebnahme erfolgen – im Vollausbau wird diese Anlage 112.000 Haushalte mit klimaneutraler Wärme versorgen. Zwei weitere, kleinere Großwärmepumpen hat Wien Energie bereits für die Abwärmenutzung bei der UNO-City und der Therme Wien errichtet.
15.11.2023, red, wien.ORF.at/Agenturen
Dritte Großwärmepumpe für Wien entsteht

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Großwärmepumpe bei Kläranlage in Simmering
 
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#3
Neue Großwärmepumpe in Betrieb
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Bei der Hauptkläranlage Wien in Simmering ist die erste Ausbaustufe einer riesigen Wärmepumpe in Betrieb genommen worden. Aus dem Abwasser der Kläranlage wird damit Fernwärme erzeugt. In die erste Stufe investierte die Wien Energie 70 Millionen Euro.
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Sauberes Heizen mit schmutziger Herkunft, so lautet das Prinzip der Wärmepumpen-Anlage, die ihre Energie aus der benachbarten ebs-Kläranlage bezieht. Es handelt sich laut Wien Energie um die größte derartige Anlage Europas. Der Bau verfügt aktuell über drei Pump-Kolosse. Weitere sollen bis zum Vollbetrieb folgen, der ab 2027 geplant ist.

Wärmepumpen brauchten Anschluss an Kläranlage
Normalerweise fließt das bisher ungenutzte Abwasser der Kläranlage nach der Reinigung in den Donaukanal. Ab sofort steht ein Umweg über die Anlage an. Mit Wärmetauschern werden dem gereinigten Wasser rund sechs Grad Celsius entzogen. Damit wird letztendlich Wärme von bis zu 90 Grad Celsius erzeugt. Sie fließt in Form von heißem Wasser über das Fernwärmenetz in Wohnungen.
APA/Wien Energie
Den Strom für den Betrieb der Anlage bezieht man direkt vom nahe gelegenen Verbund-Kraftwerk Freudenau. Es wurde dazu eine eigene Direktleitung zwischen Kraftwerk und Anlage errichtet. Auch eine neue Fernwärme-Pumpstation musste installiert werden, um die große Mengen an Wärme wie vorgesehen verteilen zu können. Sie schickt 7.500 Kubikmeter Warmwasser durch das Netz – und zwar pro Stunde.

Drei weitere Pumpen sollen folgen
Rund 70 Millionen Euro investierte die Wien Energie laut eigenen Angaben in die erste Ausbaustufe. In dieser erzielt man eine Leistung von knapp 55 Megawatt. Geliefert wird Fernwärme für bis zu 56.000 Haushalte. Zu den aktuell drei errichteten Wärmepumpen kommen in einem nächsten Schritt bis 2027 drei weitere Anlagen dazu.

Im Vollausbau soll am Standort Fernwärme mit einer Leistung von 110 Megawatt erzeugt werden – mit der bis zu 112.000 Haushalte versorgt werden können. Die jährliche CO2-Einsparung wurde mit bis zu 300.000 Tonnen in der finalen Stufe beziffert.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verwies darauf, dass sich Wien das Ziel gesetzt habe, bis 2040 klimaneutral zu werden: „Die Wärmepumpen-Anlage bei der Kläranlage ist ein großer Meilenstein auf diesem Weg. Als Stadt drehen wir an den großen Schrauben und nutzen jede erneuerbare Wärmequelle, die uns zur Verfügung steht.“
05.12.2023, red, wien.ORF.at/Agenturen

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Neue Großwärmepumpe in Betrieb
 

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#4
BAUEN
Die Fernwärme-Abfahrt ist unter der Litfaßsäule
Kommt die Fernwärme in ein Grätzel, braucht es dafür nicht nur Leitungen, sondern auch eine technische Zentrale. Die Suche nach einem Standort ist nicht leicht
Die "Star Wars"-Ausstellung in der Wiener Stadthalle wurde bis zum 1. April verlängert. Kein "Star Wars"-Fan? Nun, das Plakat ist eigentlich ohnehin Nebensache auf der Litfaßsäule in der Nähe des Ernst-Happel-Stadions im zweiten Bezirk. Denn fast wie in einem Agententhriller ist inmitten der abgerundeten Plakatwand ein Schloss mitsamt dazugehöriger Tür versteckt.


Für die meisten ist es eine Litfaßsäule, aber Profis erkennen die eigentliche Funktion an den Lüftungsschlitzen.
Wien Energie

Wer den Schlüssel hat und die Tür öffnet, muss erst einen todesmutigen Schritt über ein Loch wagen und dann 22 Sprossen und sechs Meter auf einer Leiter in die Tiefe kraxeln. Dann steht man in einem etwa 80 Quadratmeter großen Raum, in dem Maschinen gleichmäßig brummen und es trotz winterlicher Temperaturen draußen wohlig warm ist.

Hier befindet sich ein sogenannter Gufo der Wien Energie – nein, kein Ufo, auch wenn es sich für viele um ein ähnlich unbekanntes Objekt handelt. Dass sich da unter dem Gehsteig ein Raum so groß wie eine Dreizimmerwohnung befindet, wissen auch die meisten Anrainerinnen und Anrainer nicht.

Eine Abzweigung
Ein Gufo ist ein Gebietsumformer und damit ein unverzichtbarer Bestandteil des wachsenden Fernwärmenetzwerks in Wien. In Vierteln, wo die Straßen aufgestemmt und Fernwärmeleitungen verlegt werden, braucht es auch einen Gufo. Dominik Pernsteiner, technischer Koordinator bei der Wien Energie, vergleicht ihn mit einer Abzweigung von der Autobahn: "Wir fahren hier mit 130 von der Autobahn ab und passen unsere Geschwindigkeit an das Ortsgebiet an."

Umgelegt auf die Fernwärme heißt das: Hier mündet das zentrale Netz der Fernwärme, in der das auf bis zu 145 Grad erhitzte Wasser unter enormem Druck transportiert wird, in ein lokales Netz. Im Gufo wird das heiße Wasser über einen Wärmetauscher geschickt, wo die Wärme auf Sekundärleitungen übertragen wird, die diese dann im Grätzel verteilen. Das Wasser hat nur noch 60 bis 90 Grad, wenn es den Maschinenraum wieder verlässt und etwa das Stadion beheizt.


22 Stufen führen in die Tiefe.
Wien Energie

600 solcher unterirdischen Gufos gibt es derzeit in Wien – und mit dem laufenden Ausbau der Fernwärme werden es noch einmal mehr werden. Die Fernwärme ist für viele Hausgemeinschaften, die noch mit Gas heizen und in den kommenden Jahren auf eine nachhaltigere Alternative umsteigen müssen, das Best-Case-Szenario. Wer schon eine Zentralheizung und die Fernwärme vor der Haustür hat, muss dafür nicht groß umbauen.

Es wird gegraben
Allerdings kommt auch die Fernwärmeproduktion in Wien in Spitzenzeiten derzeit auch noch nicht ohne Gas aus. Bis 2040 soll die Fernwärme aber klimaneutral sein, laut Pernsteiner wird sich das durch den Ausbau von Großwärmepumpen und Geothermie auch ausgehen.

Die Variante ist aber auch nicht die richtige Lösung für alle Häuser: Man kann die Fernwärme nicht bestellen wie das Abendessen beim Lieferservice. Der Ausbau des Netzes ist langwierig und zahlt sich nur in der dicht verbauten Stadt aus. Für manche Grätzel am Stadtrand wird es also Alternativen wie Tiefensonden brauchen.


Wo das Fernwärmenetz ausgebaut wird, entstehen auch Gebietsumformer, kurz: Gufos, die wie eine Autobahnabfahrt für Wärme funktionieren.
Wien Energie

Im Alliiertenviertel im zweiten Bezirk wird aber bereits gegraben – hier werden unter der Straße gerade nicht nur die Fernwärmeleitungen von der Taborstraße in die Nordbahnstraße gelegt, sondern auch das Loch für den Gufo ausgehoben, der doppelt so groß ausfällt wie jener beim Stadioncenter. Im Frühjahr 2025 kommen die Wärmetauscher und Pumpen, ab Herbst 2025 soll das Viertel mittels Fernwärme geheizt werden – in der Endausbaustufe werden 260 Häuser im Grätzel am Netz hängen.

Für Anrainerinnen und Anrainer heißt das bis dahin vor allem eines: eine Großbaustelle vor der eigenen Haustür. Die Rückmeldungen seien aber positiv, betont man bei der Wien Energie. Und das Interesse daran, ab wann man selbst mit Fernwärme heizen kann, sei groß. Um alle an Bord zu holen, sind ab April Stammtische geplant.

Eine Pflicht zum Anschluss an die Fernwärme gibt es nämlich weder für die Besitzerinnen und Besitzer der Häuser noch für Mieterinnen und Mieter. Bei der Wien Energie geht man aber davon aus, dass die Anschlussquote der einzelnen Häuser hoch sein wird.

Vier Pioniergebiete
In insgesamt vier Pioniergebieten – neben dem Alliiertenviertel sind das die Gumpendorfer Straße im sechsten, die Rossau im neunten und der Huber-Block im 16. Bezirk – wird der Ausbau der Fernwärme derzeit strategisch vorangetrieben. Soll heißen: Wo zum Beispiel ohnehin bereits die Erneuerung der Straße vorgesehen ist, wird auch gleich die Fernwärme ausgebaut. Gleichzeitig sollen in Zusammenarbeit mit anderen Stellen der Stadt Erfahrungen für weitere Projekte gesammelt werden.

Die Suche nach einem Standort für einen Gufo ist angesichts dessen, was unterhalb von Straßen an Rohren und Leitungen bereits verlegt ist, mitunter gar nicht so leicht. Beim Stadioncenter sei das kein Thema gewesen, an der dicht verbauten Gumpendorfer Straße sei die Sache deutlich komplizierter.


Im Alliiertenviertel im zweiten Bezirk wird gerade an einem Gufo gebaut.
Zoidl

Mitunter müsse man sich da auf die Suche unter Straßen und Plätzen machen, sagt Pernsteiner, der Zugang über Litfaßsäulen sei da relativ häufig: "Es ist eine verborgene Welt im Untergrund." Ob sich unter einer Litfaßsäule ein Raum befindet, merkt man übrigens an den kleinen Lüftungsschlitzen am oberen Ende der Säule.

Über die Stiege geht es zurück ans Tageslicht. Die Tür geht zu und wird abgesperrt. Die Litfaßsäule ist jetzt wieder, was sie vorher war: eine relativ unauffällige Werbefläche im Stadtraum. Aber, schon gehört? Die "Star Wars"-Ausstellung wurde bis 1. April verlängert.
(Franziska Zoidl, 19.3.2024)
Die Fernwärme-Abfahrt ist unter der Litfaßsäule
 

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#5
Strom und Wärme aus Kläranlage
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Photovoltaik gehört mittlerweile bereits zu den bedeutenden klimaschonenden Energielieferanten. Bei der Suche nach anderen Möglichkeiten der Energiegewinnung rücken zunehmend auch Abwässer und Kläranlagen ins Visier.
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Allein schon im Abwasser steckt viel nutzbare Energie. So wird in Produktionsbetrieben, die viel mit Warmwasser arbeiten, die Wärmeenergie aus dem Wasser gezogen, bevor es in den Kanal fließt. Wenn heißes Wasser etwa von Duschen und Badewannen in Privathaushalten in den Kanal kommt, können dem Wasser in den Kläranlagen bis zu sechs Grad Wärme entnommen werden, bevor das gereinigte Wasser in den Donaukanal fließt.

Klärgas aus Klärschlamm treibt Gasmotoren an
In Wien geht man noch weiter. Es wird Energie aus dem Klärschlamm in den so genannten Faultürmen gewonnen. Die bei der Abwasserreinigung entfernten Schmutzstoffe sind im Klärschlamm gebunden, pro Jahr fallen davon in Wien rund zwei Millionen Kubikmeter als. Der „voreingedickte“ und auf 38 Grad Celsius erwärmte Schlamm kommt in riesige Faulbehälter. Unter Luftabschluss bauen Bakterien die organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms ab.

Während des 25 Tage dauernden Faulungsprozesses entsteht Klärgas, das zu zwei Drittel aus dem energiereichen Methan besteht. 20 Millionen Kubikmeter davon entstehen jährlich in den Faulbehältern der ebswien. Der ausgefaulte Schlamm wird aus den Faulbehältern abgezogen und verbrannt. Das Klärgas hingegen gelangt über Filteranlagen von den Gasbehältern in Blockheizkraftwerke, wo es als Brennstoff für riesige Gasmotoren dient.

Dabei entsteht nicht nur mechanische Energie, die mittels Generatoren in elektrischen Strom umgewandelt wird, sondern auch Wärme, die für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet werden kann. Dadurch bringen es die Blockheizkraftwerke auf einen hohen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent.

Erspart jährlich rund 40.000 Tonnen CO2
Bei der Hauptkläranlage entsteht so die gesamte Energie für den Klärprozess und noch mehr, jährlich sind das bis zu 78 GWh Strom. Rund 80 Prozent davon (63 GWh) und knapp die Hälfte der erzeugten Wärme (40 von 82 GWh) benötigt die Kläranlage zur Abwasserreinigung selbst. Der überschüssige quasi doppelte Ökostrom wird wie bei einer Photovoltaikanlage in das Netz der Wien Energie eingespeist. Die CO2-Ersparnis liegt dabei pro Jahr bei rund 40.000 Tonnen.
12.09.2024, red, wien.ORF.at

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Strom und Wärme aus Kläranlage
 

josef

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#6
Klärschlammgold
In Wien soll aus Klärschlamm ein wertvoller Rohstoff rückgewonnen werden
Phosphor ist der Schlüssel zur modernen Landwirtschaft, doch der Rohstoff verschwindet meist auf Deponien oder im Meer. Wien will ihn jetzt aus dem Abwasser zurückgewinnen
Im fauligen Dunst der Simmeringer Kläranlage in Wien serviert Sophie Beausaert ein Schnitzel. Die Umwelttechnikerin hebt die silberne Speiseglocke, während hinter ihr gewaltige Maschinen dröhnen. Anhand des Nationalgerichts erklärt sie den versammelten Medienleuten und Politikern den Kreislauf des Phosphors, eines lebenswichtigen Elements.

Der Phosphordünger auf den Feldern lässt das Getreide wachsen, aus dem das Tierfutter und Schnitzel-Paniermehl gemacht ist. Über unsere Verdauung und die Kanalisation landet der wertvolle Rohstoff hier in der Kläranlage – wo er bisher meist verloren ging.


In der Müllverbrennungsanlage Simmeringer Haide, direkt neben der städtischen Kläranlage, wird jetzt Klärschlamm getrocknet.
APA/CHRISTIAN HOFER

Trocknung als erster Schritt zum Recycling
Doch das soll sich nun ändern. Denn in einer riesigen Zentrifuge wird in der Simmeringer Haide seit kurzem Klärschlamm getrocknet – der erste Schritt, um den wertvollen Rohstoff Phosphor wieder in den Kreislauf zurückzuführen. "Der Klärschlamm besteht zu 96 Prozent aus Wasser. Den kann man natürlich nicht verbrennen", erklärt Beausaert, die das Projekt bei der Wien Energie leitet. Mit der neuen Anlage wird der Klärschlamm so weit getrocknet, dass er direkt verbrannt und zur Energiegewinnung genutzt werden kann.

Aus der zurückbleibenden Asche lässt sich Phosphor gewinnen. Bisher wurde der Klärschlamm nur entwässert – weshalb eine Verbrennung nur mit Zusatzstoffen wie Öl möglich war. Da die Asche dann mit anderen Stoffen verunreinigt war, landete sie in der Regel auf der Deponie.

Die Phosphor-Revolution
Die Erfindung des Kunstdüngers löste Mitte des 20. Jahrhunderts die "Grüne Revolution" aus. Plötzlich konnten Bauern ihre Erträge vervielfachen. Eine der Hauptzutaten: Phosphor. Schon im 19. Jahrhundert hatte man erkannt, wie wertvoll der Rohstoff ist. Damals wurde der Guano – der jahrtausendealte Vogelkot auf den Inseln vor Peru – zur begehrten Handelsware. Die kleine Insel Nauru im Pazifik wurde durch ihre Phosphatvorkommen kurzzeitig zu einem der reichsten Länder der Welt – bis die Vorräte erschöpft waren.


Projektleiterin Sophie Beausaert (Wien Energie) mit einem Glas Klärschlamm-Asche, aus dem der Phosphor extrahiert werden kann.
Philip Pramer

Heute wird Phosphor vor allem aus Gestein gewonnen. Doch der Umgang mit dem kostbaren Rohstoff ist verschwenderisch: Von den Minen bis zum Teller gehen über 90 Prozent verloren. Ein Teil davon landet in Flüssen und Seen, wo er zu übermäßigem Algenwachstum und "toten Zonen" führt. Gleichzeitig konzentrieren sich die größten Phosphorreserven auf wenige Länder – allen voran Marokko, wo rund 70 Prozent der globalen Vorkommen schlummern. Wissenschafter warnten deshalb vor einem "Peak Phosphorus": Ähnlich wie beim Öl könnte die Förderung schon in wenigen Jahrzehnten ihren Höhepunkt erreichen.

Genug Phosphor für 1000 Jahre
Roland Scholz zweifelt an dieser Darstellung. Der emeritierte ETH-Professor, der als Mathematiker und Psychologe begann und heute an der Universität für Weiterbildung Krems und für die Weltbank arbeitet, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Phosphorkreislauf und -reserven. Er sagt: "Peak Phosphorus ist eine Lüge." Die heutigen Reserven würden für gut 1000 Jahre reichen und nicht nur für 50 bis 100 Jahre, wie von einigen behauptet.


In Marokko lagern rund 70 Prozent der globalen Phosphatvorräte. Zusammen mit China, den USA und Russland dominiert das Land den Weltmarkt.
REUTERS

Denn die düstere Prognose basiere auf einer vereinfachten Rechnung. Wissenschafter teilten einfach die bekannten Phosphorreserven zu einem bestimmten Zeitpunkt durch den jährlichen Verbrauch – und kamen so auf wenige Jahrzehnte Restzeit. "Aber die Reserven sind keine feste Größe", sagt Scholz. Mit steigenden Preisen werden auch Lagerstätten mit geringerer Konzentration wirtschaftlich interessant. Außerdem machen neue Technologien die Gewinnung günstiger.

Wenige Player kontrollieren den Markt
Eine endlose Verfügbarkeit bedeutet das aber trotzdem nicht. Die eigentlichen Probleme liegen für Scholz woanders. Derzeit kontrollieren China, Russland und Marokko beinahe 80 Prozent des globalen Phosphormarkts.

Diese Abhängigkeit kann gefährlich werden: Als der Phosphatpreis während der Finanzkrise in die Höhe schoss, drosselte Marokko einfach die Förderung von neun auf drei Millionen Tonnen – und verdiente trotzdem mehr, weil das Land die Preisspitze für Phosphor so um ein Jahr verlängern konnte.

Besonders bitter ist die Situation in Afrika. "Der Kontinent verfügt über reiche Phosphatvorkommen, doch die Menschen vor Ort können sich den Dünger oft nicht leisten", sagt Scholz. Auch weil der Preis für Phosphat in afrikanischen Ländern oft viel höher liege als in anderen Regionen der Welt. Die Folge: Während europäische Bauern dank Kunstdünger vier bis fünf Tonnen Weizen pro Hektar ernten, liegt der Ertrag in Subsahara-Afrika bei etwa 1,1 Tonnen – kaum mehr als in den 1960er-Jahren.

Teure Rückgewinnung
Die EU hat Phosphor bereits 2014 zum kritischen Rohstoff erklärt – nicht aufgrund schwindender Ressourcen, sondern wegen der Abhängigkeit von wenigen Lieferländern. Ab 2029 wird die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm in der EU verpflichtend, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Bisher gibt es aber noch kaum Anlagen, die das tatsächlich bewerkstelligen. Wohl auch weil der recycelte Phosphor drei- bis fünfmal so viel kostet wie jener aus frischem Gestein.


In einer Trocknungsanlage wird der entwässerte Klärschlamm weiter getrocknet, sodass er direkt verbrannt werden kann.
Philip Pramer

Ein Ansatz könnte laut Scholz sein, die Klärschlamm-Asche zunächst gesondert zu deponieren – und den Phosphor in einigen Jahrzehnten, wenn neue, günstigere Technologien zur Verfügung stehen, zurückzuholen.

Auch in Wien wird der Phosphor noch nicht recycelt. Die neue Anlage in der Simmeringer Haide, die einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gekostet hat, schafft nur die Voraussetzung dafür. Dennoch soll sich die Anlage bereits heute lohnen, da der Klärschlamm ohne zusätzliche Brennstoffe verbrannt werden kann. "Wir sparen uns dadurch große Mengen an Öl", sagt Wien-Energie-Geschäftsführer Karl Gruber.

Nur etwa zehn Prozent der Asche können direkt in der Industrie weiterverwendet werden, der Rest wird vorerst deponiert. In Zukunft soll eine Phosphor-Rückgewinnungsanlage auf dem Gelände entstehen, man sei bereits im Gespräch mit geeigneten Firmen. Da in Simmering die Abwässer aus einem großen Einzugsgebiet zusammenlaufen, ist das Potenzial hoch. "Mit dem Phosphor, den wir hier zurückgewinnen können, lässt sich genug Düngemittel herstellen, um Lebensmittel für ganz Wien und Niederösterreich zu produzieren", rechnet Gruber vor.
(Philip Pramer, 22.11.2024)
In Wien soll aus Klärschlamm ein wertvoller Rohstoff rückgewonnen werden
 
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