Auf einem Feld in der Nähe von Maissau (Bezirk Hollabrunn) wird bereits jetzt testweise KI eingesetzt. Auf dem Feld werden Schlüsselblumen angebaut, die als natürlicher Rohstoff für Erkältungsmittel dienen. Mittels Drohnentechnologie soll die Unkrautbekämpfung deutlich einfacher werden. „Man fliegt also mit der Drohne über das Feld“, erklärt Stefan Polly, Referatsleiter für Digitalisierung bei der LK-Technik Mold. „In diesem Fall ist es so, dass 1.500 Bilder gemacht werden.“
Meter für Meter werden hochauflösende Bilder der Pflanzen gemacht. Die KI soll dabei aber nicht die Schlüsselblume erkennen, vielmehr geht es um das Greiskraut. Landwirte wie Lukas Bruckner, der bei der Firma Waldland tätig ist und als Pflanzenbauberater fungiert, müssen die Felder nämlich ablaufen und jedes Greiskraut per Hand entfernen.
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Mit einer Drohne wird das Feld Meter für Meter abgeflogen. Dabei werden rund 1.500 Fotos gemacht.
KI erstellt Karte von Greiskräutern
„Das braucht viel Zeit“, erklärt Bruckner. Jedes Greiskraut muss ausgerissen, in einen Plastiksack gegeben, vom Feld abtransportiert und dann verbrannt werden. „Wenn man das nicht macht, wachsen die Pflanzen wieder an, bilden Samen und dadurch haben wir dann eine Vermehrung am Feld.“ Bereits sechs Greiskraut-Pflanzen pro Hektar reichen aus, damit die komplette Charge verworfen werden könnte.
Die KI fotografiert daher alle Greiskräuter und erstellt eine Karte. „Auf der Karte sieht man Punkte, wo die Greiskräuter eingezeichnet sind. So kann der Landwirt dort hin navigieren und das Greiskraut entfernen“, so Polly. Noch ist man dabei, Daten zu sammeln, um die KI zu trainieren. In ein bis zwei Jahren soll die Technologie einsetzbar sein. Dann sollen es die Karten nicht nur am Tablet sowie am Handy geben, man könnte die Karten auch auf Roboter laden, die die Greiskräuter dann gezielt ausreißen sollen.
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Auf einer Karte werden sämtliche Greiskräuter von der KI dargestellt. Dort, wo sich viele rote Punkte befinden, handelt es sich um Nester.
Wie KI Pflanzen optimal wachsen lässt
Ebenfalls um Pflanzen dreht es sich bei der Firma Smart Greenery in Breitenfurt bei Wien (Bezirk Mödling). Hier befindet sich eines von nur wenigen von der EU-geförderten Projekten im Bereich der datengetriebenen Pflanzenproduktion. Auf drei bis vier Ebenen übereinander werden Medizinalpflanzen angebaut. In erster Linie handelt es sich um Heilpflanzen und Superfoods.
„Wir haben hier zum Beispiel Ashwagandha. Das ist eine ayurvedische Medizinalpflanze, die normalerweise in Indien vorkommt“, so Stefan Wögerbauer, Geschäftsführer der Firma Smart Greenery. Aber auch andere Pflanzen wie Zitronenverbene oder diverse Minzearten werden beim sogenannten Vertical Farming angebaut. „Beim Vertical Farming haben wir keine externen Einflüsse, wir haben keinen Regen und keine Umweltverschmutzung. Das heißt, die Pflanze kann sich optimal entwickeln.“
Neben Parametern wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit forscht man hier vor allem am Farbspektrum. „Wir geben der Pflanze nur das Licht, das sie braucht“, so Wögerbauer. „Jede Pflanze, je nachdem, wo sie wächst, braucht ein anderes Farbspektrum.“ Interessant ist, dass in den Räumlichkeiten viele Pflanzen nicht grün, sondern violett aussehen. „Aus dem sichtbaren Licht brauchen die Pflanzen nur das rote und das blaue Licht, sie reflektieren daher das grüne Licht. Deswegen schauen Pflanzen üblicherweise grün aus“, erklärt Stefan Gindl, Studioleiter bei der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft. „Hier in der Anlage wirken die Pflanzen deshalb violett, weil sie eben nur vom roten und blauen Licht angestrahlt werden.“
Um optimale Bedingungen für die Pflanzen zu finden, setzt man auf KI. Die KI kann nicht nur den Pflanzentyp erkennen, sie entscheidet auch automatisch über Farbspektrum, Düngemittel, Bewässerung oder auch Belüftung. Unter anderem kann die KI von der Wachstums- und die Blühphase überleiten, indem plötzlich Herbstlicht simuliert wird. Die Pflanzen würden dann nämlich Früchte produzieren.
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Die Medizinalpflanzen in der Anlage erscheinen violett, weil sie lediglich mit rotem und blauem Licht bestrahlt werden
KI optimiert zahlreiche Prozesse
Auch in der Industrie setzt man schon längst auf KI. „KI ist deswegen relevant, weil es viele Prozesse optimiert“, so Roland Sommer, Geschäftsführer der Plattform Industrie 4.0. Das können einerseits Produktionsprozesse sein, andererseits gehe die Entwicklung stark in Richtung Qualitätskontrolle. Beispielsweise setzt die Industrie AutomatisierungsgmbH (IAG) in Weikersdorf am Steinfelde (Bezirk Wr. Neustadt) seit Jahren auf KI. Das Unternehmen ist im Bereich des Sondermaschinenbaus tätig und fertigt auf Kundenwunsch spezielle Maschinen und Industrieanlagen.
„Ein typisches Beispiel von unseren Produkten sind Automaten für die Bremsbelagsindustrie. Wir bauen hier individuelle Pressenlinien mit Ofenanlagen. 80 Prozent der Pkw-Beläge in Europa kommen von unseren Maschinen“, so IAG-Geschäftsführer Stefan Gruber. Unter anderem greift das Unternehmen auf Kameratechnik zurück. Mittels Kameras kann eine KI nämlich abgleichen, ob ein Produkt den Qualitätsanforderungen entspricht.
Weil hinter jeder KI eine große Menge an Daten steckt, können sich Firmen untereinander künftig auch besser vernetzen. „Das heißt, wir sehen zunehmend, dass über Unternehmensgrenzen hinweg Optimierungspotenzial ist. Das betrifft zum Beispiel auch die Logistik“, erklärt Sommer. Er verweist auf eine Umfrage, die ergeben hätte, dass jedes vierte Industrieunternehmen in Österreich bereits KI einsetzt.
Auch für Selim Erol, Leiter des Instituts für Industrial Engineering an der Fachhochschule (FH) Wr. Neustadt, ist KI ein mächtiges Werkzeug. Mit seinem Team erstellt er regelmäßig Machbarkeitsstudien für diverse Unternehmen. noe.ORF.at zeigt er einen Prototypen, der veranschaulicht, wie KI die Produktionsprozesse vereinfachen kann. Dabei überwachen Kameras diverse Prozesse. „Die Kamera macht ein Bild von diesem Teil und kann dann mit dem angelernten Wissen vergleichen und einschätzen, ob ein Fehler vorliegt“, so Erol.
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Selim Erol und sein Team erstellen Machbarkeitsstudien, um KI-Prozesse in der Industrie auf Prototypen zu testen
Anlernen von KI als aufwendiges Unterfangen
Eine KI zu trainieren kann allerdings sehr aufwendig sein. „Dieser Prozess, dieses Anlernen und Füttern der KI, verbraucht Ressourcen und Zeit. Das können Stunden sein. Es können aber auch Tage oder Wochen sein. Je mehr die KI können soll, desto länger braucht auch der Lernprozess“, sagt der Leiter des Instituts für Industrial Engineering an der FH Wr. Neustadt.
Dass KI künftig viele Arbeitsplätze obsolet machen könnte, glaubt der Geschäftsführer der Plattform Industrie 4.0 trotz der jüngsten Entwicklungen nicht. „Ich würde gerne eine Analogie verwenden. Als der PC aufgekommen ist, hat man damals auch das Gefühl gehabt, dass er den Menschen ersetzen wird“, führt Sommer aus. Stattdessen seien 2.000 unterschiedliche neue Jobprofile entstanden. KI wird jedenfalls massive Umbrüche bringen – womöglich aber genauso viele Chancen.
26.03.2024, Thomas Puchinger, noe.ORF.at