Roboter sollen Höhlen auf dem Mond erkunden

josef

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Roboter sollen Nutzbarkeit von Höhlen auf dem Mond erkunden
Riesige Lavaröhren auf dem Erdtrabanten könnten eines Tages Kolonisten beherbergen. Die Esa prüft Ideen, wie man diese Strukturen erforschen könnte
Mit einer Länge von 17 Kilometern zählt die Cueva del Viento auf der Kanarischen Insel Teneriffa zu den längsten Lavaröhren der Welt. Dieses kolossale Höhlensystem entstand beim Ausbruch des Pico Viejo vor etwa 27.000 Jahren, heute beherbergt es (neben einem Touristenzentrum) an die 120 Tierarten. Lavaröhren entstehen, wenn dünnflüssige Lava mit hoher Geschwindigkeit Hänge mit geringer Steigung hinunterfließt. Temperatur und Fließgeschwindigkeit sind an den Rändern am niedrigsten – und während die Schmelze dort bereits erstarrt, strömt sie im Inneren weiter. Wenn der Strom irgendwann versiegt, bleibt am Ende ein Hohlraum zurück.


Ein Team der Europäischen Weltraumorganisation Esa in einer Lavaröhre (auf der Erde).
Foto: ESA–L. Ricci

Solche vulkanisch geformten Höhlen existieren nicht nur auf der Erde. Hinweise auf riesige Lavaröhren wurden auch auf unserem von Vulkanismus stark geprägten Nachbarplaneten Mars und auf dem Mond entdeckt. Wissenschafter sehen in diesen Strukturen ein enormes Potenzial: Höhlen könnten Raumfahrern auf Zwischenstation oder Kolonisten Schutz vor Strahlung und Mikrometeoriten bieten und vielleicht sogar Zugang zu Wasser und anderen unterirdischen Ressourcen ermöglichen.

Vielversprechende Konzepte
Raumfahrtagenturen wälzen schon seit Jahren Überlegungen für die Nutzung von Höhlensystemen auf Mond und Mars. Im Herbst 2019 rief die Europäische Weltraumagentur Esa Universitäten und Forschungsunternehmen dazu auf, Ideen für die Erkundung der Röhren auf dem Mond auszuarbeiten. Zwei der Einreichungen wurden nun für eine Machbarkeitsstudie ausgewählt: Ein Forscherteam der Universität Würzburg schlug einen kugelförmigen Roboter vor, der den Eingangsbereich von Mondkavernen untersuchen könnte. Wissenschafter der spanischen Universität Oviedo reichten wiederum ein Konzept für einen Roboterschwarm ein, der mithilfe eines Krans in eine Lavaröhre gelassen und Daten sammeln könnte.


Potenzielle Einstiegsstelle im Oceanus Procellarum, einer Region im westlichen Teil der erdzugewandten Seite des Mondes.
Foto: NASA/GSFC/Arizona State University

Der sphärische Roboter des Würzburger Teams trägt den Namen "Descent And Exploration in Deep Autonomy of Lava Underground Structures" – kurz Daedalus. Diese kompakte Kugel wäre mit 3D-LiDAR-Sensoren, Stereokameras und einer Technologie zur autonomen Bewegung ausgestattet. Durch das Erstellen eines 3D-Modells des Inneren einer Lavaröhre könnte die Sonde geologische Ressourcen identifizieren und Orte mit stabilen Strahlenwerten und Temperaturen aufspüren. Diese Daten könnten Aufschlüsse über die mögliche Nutzbarkeit dieser Strukturen geben.

Video: Projektpräsentation Daedalus.RoboticsAndTelematics

Speläologie per Roboterschwarm
Die Forscher der Universität von Oviedo konzentrierten sich indes auf das Problem des fehlenden Sonnenlichts und damit auch der fehlenden Solarenergie im Innern von Mondhöhlen. Zudem befassten sie sich mit der Frage, wie die Roboter Daten an einen Rover auf der Mondoberfläche senden könnten. Ihr Lösungsvorschlag: Ein Mondrover sollte einen Schwarm aus kleinen Robotern mit einem Kran in eine Lavaröhre hinablassen. Der mit einem Solarpanel ausgestattete Rover könnte die Roboter dann über diesen Kran mit Energie versorgen: mithilfe eines Ladekopfs am unteren Teil des Krans. Dieser würde sich in Sichtweite der Roboter befinden und könnte sie drahtlos aufladen sowie Daten übermitteln und empfangen.

Video: Projektpräsentation Robotic Crane.SciTech Daily

Ab ins Labor
Nun sollen die beiden Konzepte in den Laboren der Esa auf ihre Machbarkeit überprüft werden, um dann Roboter-Prototypen zu entwickeln. "Unseren Roboter in einigen Jahren auf dem Mond zu sehen, wäre natürlich unser großes Ziel. So eine Machbarkeitsstudie ist ein essentieller Schritt, um dies möglich zu machen", sagte die Robotik-Expertin Dorit Borrmann von der Universität Würzburg.

Dass derartige Technologien sehr viel zu erkunden hätten, berichtete im Vorjahr ein italienisches Forscherteam. In einer Studie im Fachblatt "Earth-Science Reviews" kamen die Wissenschafter nach der Auswertung umfangreicher Daten zur Mondoberfläche zu dem Schluss, dass Lavaröhren auf dem Mond erheblich größer sein dürften als vergleichbare Strukturen auf der Erde. Nach Ansicht der Forscher könnten sogar ganze Städte in den Höhlensystemen Platz finden.
(dare, 8.3.2021)

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Esa-Mission zur Erforschung von Mondhöhlen

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Lavaröhren auf dem Mond könnten ganzen Städten Platz bieten

Roboter sollen Nutzbarkeit von Höhlen auf dem Mond erkunden
 

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#2
MÖGLICHER UNTERSCHLUPF
Horizontaler Tunnel unter der Mondoberfläche entdeckt
Bisher hat man Lavaröhren auf dem Mond nur vermutet. Eine Studie liefert nun den Beweis für solche Höhlen, die künftigen Besuchern eine Zuflucht bieten könnten
Rinnt heiße, dünnflüssige Lava an einem flachen Vulkanhang dem Tal entgegen, ist das Ergebnis häufig eine Lavaröhre. Solche Strukturen finden sich meist an Schildvulkanen und entstehen, wenn die an den Rändern und der Oberseite kühlere Lava allmählich erstarrt, während der Strom im Inneren weiterfließt. Ist die Lava schließlich versiegt, bleibt ein langer, bisweilen mehrere Meter durchmessender Hohlraum übrig.

Derartige Tunnel finden sich in zahlreichen Vulkangegenden der Erde. Besonders bekannt dafür ist Hawaii, wo sich mit der 65,5 Kilometer langen Kazumura Cave auch die längste einzelne Lavaröhre der Welt befindet. In Europa lassen sich Lavaröhren auf Island, den Kanarischen Inseln und am Ätna auf Sizilien besichtigen. Vermutlich sind solche Tunnel aber kein rein terrestrisches Phänomen.


Ein Abschnitt der Kazumura Cave am östlichen Abhang des hawaiianischen Vulkans Kīlauea. Ähnliche Lavatunnel existieren der aktuellen Studie zufolge auch auf dem Mond.
Foto: Dave Bunnell

Löcher in der Mondoberfläche
Bereits seit den 1960er-Jahren lassen Beobachtungen auf der erdzugewandten Seite des Mondes auf die Existenz alter lunarer, teilweise eingestürzter Lavaröhren schließen. Ein Indiz dafür sind große, oft kreisrunde Löcher im Mondboden, die offensichtliche Parallelen zu irdischen sogenannten Skylights aufweisen. Sie entstehen, wenn ein Teil der Decke einer Lavaröhre einstürzt. Das Marius Hills Hole im westlichen Teil der Mondoberfläche ist nur eines von über 200 bekannten Beispielen.

Radarmessungen, deren charakteristisches Echo auf größere Hohlräume im Untergrund hindeuten, untermauerten bisher die Vermutung, dass auch auf dem Erdtrabanten Lavaröhren vorkommen. Doch die Untersuchungsergebnisse blieben vage, ein stichhaltiger Beweis lag bisher nicht vor.

Tiefste lunare Grube
Das hat sich nun geändert: Ein internationales Forschungsteam um Leonardo Carrer und Lorenzo Bruzzone von der italienischen Universität von Trient hat nun erstmals die Existenz eines ausgedehnten Tunnels im Untergrund des Mondes nachgewiesen. Die Höhle könnte sich als Unterschlupf für künftige bemannte Missionen auf der Mondoberfläche nutzen lassen, berichten die Forschenden im Fachjournal Nature Astronomy.

Ausgangspunkt des Tunnels ist ein großes Loch im Mare Tranquillitatis (Meer der Ruhe). Die dunkle Tiefebene im Norden des Erdtrabanten war am 20. Juli 1969 Ziel der ersten Mondlandung im Rahmen der Apollo-11-Mission. Mehrere hundert Kilometer nordöstlich der Landestelle klafft mit der Mare Tranquillitatis Pit das tiefste bekannte Senkloch in der Mondoberfläche. Die annähernd kreisrunde Öffnung hat einen Durchmesser von etwa 100 Metern und besitzt senkrechte oder etwas überhängende Wände. Der Boden der Grube ist leicht abschüssig.

Verräterische Radarsignale
Im Jahr 2010 hat der Forschungssatellit Lunar Reconnaissance Orbiter der Nasa die Region rund um das Loch genauer erfasst. Nun hat sich das Forschungsteam um Carrer und Bruzzone die Messwerte des Miniatur-Radiofrequenz-Instruments (Mini-RF) noch einmal vorgenommen. "Wir haben diese Daten mit komplexen Signalverarbeitungstechniken, die wir kürzlich entwickelt haben, neu analysiert", berichtete Carrer. "Dabei konnten wir Radarreflexionen im Bereich der Grube entdecken, die sich durch einen unterirdischen Gang erklären lassen. Diese Beobachtungen lieferten den ersten direkten Beweis für eine Lavaröhre unter der Mondoberfläche."


Die Mare Tranquillitatis Pit hat einen Durchmesser von rund 100 Metern. Auf dem Grund dieser Grube, in einer Tiefe von 130 bis 170 Metern, zweigt ein Tunnel ab, der in westlicher Richtung führt.
Foto: NASA/GSFC/Arizona State University

Konkret registrierten die Forschenden eine Zunahme der Radarhelligkeit an der Westseite der Senklochs. Unterstützt von Simulationen, die auf diesen Radardaten basieren, ließ sich daraus auf die Existenz eines Tunnels schließen, der sich westlich der Mare Tranquillitatis Pit unter dem Mondboden fortsetzt und von der Oberfläche aus durch die Grube zugänglich ist.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass sich diese Höhle in einer Tiefe von 130 bis 170 Metern befindet. Sie ist zwischen 30 und 80 Meter lang und hat einen Durchmesser von etwa 45 Metern. Außerdem zeigten die Daten, dass der Tunnel horizontal oder zumindest nicht allzu stark abschüssig verlaufen könnten. Doch sicher ist das nicht; möglicherweise führt der Gang auch in einem Winkel von bis zu 45 Grad in die Tiefe.

Standort für Mondbasis
Die Bestätigung früherer Vermutungen über die Existenz von Lavaröhren auf dem Mond könnte sich als äußerst bedeutsam für zukünftige Mondmissionen erweisen. Der entdeckte Tunnel unter dem Mare Tranquillitatis dürfte wohl nur eine von zahlreichen möglichen derartigen Tunneln sein. Nach Ansicht der Forschenden wären die Höhlen ein vielversprechender Standort für eine Mondbasis. Sie bieten Zuflucht vor Mikrometeoriten sowie kosmischer und solarer Strahlung und könnten auch Zugang zu wichtigen Ressourcen ermöglichen, darunter eventuell auch Wasser. Vor allem aber wäre man hier vor extremen Temperaturen geschützt.

"Die Oberflächentemperaturen auf der sonnenbeschienenen Seite des Mondes können bis zu 127 Grad Celsius erreichen. Auf der unbeleuchteten Seite können die Temperaturen dagegen bis auf minus 173 Grad Celsius sinken", erklärten die Forschenden. "Diese Bedingungen machen es erforderlich, sichere Standorte für den Bau von Infrastrukturen zu finden, die eine nachhaltige Erforschung ermöglichen. Höhlen wie diese bieten eine Lösung für dieses Problem."
(Thomas Bergmayr, 16.7.2024)
Horizontaler Tunnel unter der Mondoberfläche entdeckt
 
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