Renaissance-Schloss Schallaburg bei Melk

josef

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#1
Aus Anlass der jährlich stattfindenden Sonderausstellungen und Blickfang für tausende Benützer der Westautobahn A1 einige Fotos vom Außenbereich des Renaissance-Schlosses Schallaburg:
(Aufnahmen anlässlich verschiedener Ausstellungen 2012 u. 2013)

Teil 1:
 

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#3
Guten Abend zusammen, man glaubt nachweisen zu können, dass das Gelände am Ostabhang des Hiesberges schon zur Hallstattzeit besiedelt war und sich später an der sogenannten Römerstrasse von Mauer nach St. Leonhard, auf dem heutigen Schlossterain der Schallaburg, bereits eine römische Warte befand, die bis zum 9. Jahrhundert in eine Wallburg mit Bergfried ausgebaut wurde. Zum Zeitpunkt der ersten urkundlichen Erwähnung der Bürg "Schala" als "castrum" in einer Schenkungsurkunde vom 4. Oktober 1242 dürfte der gesamte Komplex bereits als Wohn-und Wehrbau bestanden haben.

MfG Dieter
 

josef

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#4
Schallaburg wird sanft modernisiert
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Die Schallaburg ist die bedeutendste Renaissance-Anlage in Niederösterreich. Immer wieder muss sie auf neuesten technischen Stand gebracht werden. Ab dem Sommer werden das Dach saniert und neue Klima- und Sicherheitstechnik eingebaut.

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Das Zusammenspiel von Ausstellungen, historischem Ambiente und dem weitläufigen Schlossgarten macht die Schallaburg zu einem äußerst beliebten Ausflugsziel. Und deshalb gilt für sie, wie auch für den Stephansdom in Wien oder das Benediktinerstift Melk: All diese historischen Bauten müssen immer mehr Besucherinnen und Besucher aufnehmen können und dabei ebenso den neuesten Sicherheits-, Komfort- und Ausstellungsanforderungen gerecht werden. Diese kleinen und großen Veränderungen müssen zwischen Mauern passen, die viele Jahrhunderte alt sind. Und auffallen sollen sie auch nicht. Die Schallaburg verschreibt sich einer nachhaltigen, sanften Sanierung, bei der auch traditionelle Handwerkstechniken zum Einsatz kommen.

Nun ist es wieder soweit. Ein neuer Modernisierungsschub steht bei der Schallaburg an. So werden Teile des Daches saniert, um die Energie-Effizienz zu erhöhen. Hinzu kommt die Modernisierung der klimatechnischen und sicherheitstechnischen Ausstattung im Museumsbereich. 6,5 Millionen Euro werden investiert, erklärte Landeshauptfrau Johann Mikl-Leitner. Ziel sei es, die Positionierung der Schallaburg im nationalen und internationalen Museumsgeschehen nachhaltig abzusichern und auszubauen.

Bwag

Seit vielen Jahrzehnten wird modernisiert
Begonnen hat alles im elften Jahrhundert, als an einem Berghang nahe dem heutigen Ort Loosdorf (Bezirk Melk) eine mittelalterliche Wohnburg, ein Palas, errichtet wurde. Dann erfolgten viele Modernisierungsschübe in Richtung Renaissance. Gartenanlagen kamen hinzu, eine Schießstätte und sogar Reste eines Ballhauses wurden von den Archäologen gefunden. Nach dem zweiten Weltkrieg, im Jahr 1968, übernahm das Land Niederösterreich das Schloss in einem erbärmlichen Zustand. Umfangreichste Wiederaufbauarbeit musste geleistet werden. 1974 gab es dann die erste Ausstellung, mit dem naheliegenden Titel „Renaissance in Österreich“.

2008 bis 2009 wurde ein barrierefreier Ausstellungsrundgang geschaffen. 2012 erfolgte die Sanierung des „Gerichtsstöckls“. 2013 erfolgte die Sanierung der charakteristischen Terrakotta-Figuren im Rahmen eines Forschungsprojektes. In den Jahren 2015 bis 2017 wurde das Mauerwerk saniert und ein Lift eingebaut. Bei den kommenden Adaptierungsvorhaben wird während des laufenden Betriebs der laufenden Jahresausstellung gearbeitet. 2024, im Jubiläumsjahr „50 Jahre Schallaburg als Veranstaltungsort“, sollen sie abgeschlossen sein.
30.04.2021, red, noe.ORF.at/Agenturen

Schallaburg wird sanft modernisiert
 

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#6
Schallaburg noch bis nächstes Jahr „verhüllt“
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Nach der ersten Instandsetzung der Schallaburg vor rund 50 Jahren, ist seit geraumer Zeit die zweite große Welle der Restaurierung im Gange. 2024 soll die umfassende Sanierung abgeschlossen werden. Während der Jahresausstellung bleibt die Schallaburg „verhüllt“.
Online seit heute, 19.27 Uhr
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Der Renaissance-Innenhof mit den herausragenden Terracotta-Skulpturen ist derzeit völlig eingerüstet. Von den historischen roten Figuren ist nicht viel zu erkennen. Gleich verhält es sich mit der Fassade. Sie verschwindet, weithin sichtbar übers Land, hinter einem weißen Baugerüst mit Netz, als wäre es ein Kunstwerk von Christo. Der weiß-blaue Turm der Schallaburg wird um Längen überragt von einem ausladenden orangen Kran, der sich aus der Mitte der mittelalterlichen Burgruine erhebt.

Selbst von der weit entfernten Süd-Autobahn A2 ist klar ersichtlich: Die Schallaburg wird herausgeputzt. Im Inneren sind es die Klimatechnik, die Sicherheitstechnik, der barrierefreie Weg durch die künftigen Ausstellungen und neu gestaltete Räume, die seit einiger Zeit vorangetrieben werden. Im Außenbereich werden die Fassade, die Fenster und die Dachlandschaft erneuert.

Auf die Pflege in der Zukunft wird heute geachtet
Bei der Restaurierung der Schallaburg setzt man prinzipiell auf eine nachhaltige Sanierung, bei der traditionelle Handwerkstechniken und Materialien von früher eingesetzt werden. „Wenn man an eine solche Fassade herangeht, tauchen immer neue Aspekte auf, die man vorher nicht erahnt hat“, erzählt Geschäftsführer Peter Fritz bei der Baustellenbesichtigung. „Was wir nicht gewusst haben, ist, dass die Steingewände, also die Fenstereinfassungen in grau gehalten waren. Der Plan ist, dass wir das wieder herstellen, um dem Charakter nahe zu kommen, wie es um 1570 hier ausgesehen hat.“

In der Fensterwerkstatt, die im Burginneren eingerichtet worden ist, werden die Fenster mit Leinöl behandelt. Der Vorteil: Sie müssen später nicht wieder herausgenommen und abgeschliffen werden. „Wir verwenden Techniken und Handwerks-Wissen, sodass man die Fenster mit wenig Aufwand mit den eigenen Handwerkern später bei der Pflege einsetzen kann, um so kostengünstig die Lebensdauer der Fenster zu verlängern“ ergänzt Fritz.

ORF
In der Fensterwerkstatt werden die Fenster mit Leinöl behandelt

Bei der Wahl der Dachziegel wird darauf geachtet, dass sie sich harmonisch ins Gesamtbild der Burg einfügen. Man könnte sagen, obwohl die Dachziegel brandneu sind, sollen sie gebraucht aussehen. Der Trick, der dabei angewandt wird, ist, dass die Ziegel unterschiedliche Längen haben, dass sie nicht gleich eingefärbt sind und eine raue Oberfläche haben, damit sie schneller den Veränderungen der Natur ausgesetzt sind.

Zehn Jahre Terrakotta-Forschung auf der Schallaburg
Der Höhepunkt dieses Baustellentages ist der Tausch eines Delfin-Reliefs aus Terrakotta. Seit 1570 wurden diese – für die Schallaburg so charakteristischen Teile – nicht mehr mit den gleichen Materialien gewechselt.

„Wir können hier wirklich von einer kleinen Sensation auf der Schallaburg sprechen. Das Wissen, wie man Terrakotten dieser Art brennt, und wir sprechen hier vom Jahr 1570, ist verloren gegangen. Deshalb hat man bei allen späteren Restaurierungen auf Gips oder Kunststein zurückgegriffen. In einem Forschungsprojekt, das zehn Jahre lang gelaufen ist, hat unser Restaurator das Rätsel geknackt und herausgefunden, wie diese Brenntechnik funktioniert.“

Vorsichtig wurden an diesem Tag die kostbaren Reliefteile vom Mauerwerk geschnitten und über das Gerüst zu Boden befördert. Danach wurde das etwa eineinhalb Meter breite und einen Meter hohe neue Reliefteil aufgezogen und an der Wand mit Bindemittel befestigt.

Aus vergangenen Fehlern lernen und nachhaltig sanieren
Von 1968 an wurde die Schallaburg komplett saniert und 1974 der Öffentlichkeit als Ausstellungszentrum zugänglich gemacht. Die bis heute erfolgten Sanierungen sind sehr gut dokumentiert, Sanierungserfolge und Sanierungsmisserfolge deutlich erkennbar. Daraus zog man auf der Schallaburg die Lehre.

Nicht für die Ewigkeit sanieren, sondern in Pflege halten, lautet aktuell der Anspruch. Sanierungen müssen also so ausgeführt werden, dass das Gebäude in der Folge mit wenig Aufwand gepflegt und damit seine Lebensdauer verlängert werden kann.

Die zentrale Erkenntnis lautet: Die Nutzung von Denkmälern ist vor allem eine Frage der Haltung. Die Grundsätze, denen sich die Schallaburg verschrieben hat, sollen denkmalkonformen Umgang mit historischer Bausubstanz sicherstellen und ebenso ein Beitrag zur Nachhaltigkeit sein.
19.04.2023, Hannes Steindl, noe.ORF.at

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Schallaburg noch bis nächstes Jahr „verhüllt“
 

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#7
50 Jahre Schallaburg: Vom Adel bis zur Pille
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Die Schallaburg (Bez. Melk) feiert ihr 50-jähriges Bestehen als Ausstellungszentrum. Sie etablierte sich als internationaler Standort. Mit mehr als sechs Millionen Gästen blickt das Renaissanceschloss auf viele Themen – vom Adel bis zur Pille – zurück.
Online seit heute, 18.19 Uhr
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In 50 Jahren Ausstellungsgeschichte ist viel passiert: Seit 1974 gibt es jedes Jahr mindestens eine Ausstellung, die Themenpalette war groß. Standen zunächst heimische Themen im Fokus, rückten Anfang der 80er Jahre die Nachbarländer in den Mittelpunkt, mit der Schau „Peru durch die Jahrtausende“ (1983) wurden schließlich die Tore zur Welt geöffnet.

Mitte der 1980er sorgten zeitgeschichtliche Ausstellungen wie etwa „Die wilden Fünfziger“ mit mehr als 250.000 Besucherinnen und Besucher für großes Interesse. Ebenso die Schau „Spielzeug, Spiel und Spielereien“ (1987 und 1988) war ein voller Erfolg. Zu den Highlights zählt auch die Sonderausstellung „Der Königsweg – 9.000 Jahre Kunst und Kultur in Jordanien“ 1988, prominente Besucherin bei der Eröffnung war die jordanische Königin Noor.

Fotostrecke

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Die Schallaburg fiel nach 1945 in einen Dornröschenschlaf

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Das Land kaufte 1968 die Anlage

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1974 eröffnete die erste Ausstellung "Renaissance in Österreich“

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Es war der Startschuss zur Wiederbelebung der Schallaburg

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„Die wilden fünfziger Jahre“ sorgten 1985 für großes Besucherinteresse

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1995 eröffnete die Spielzeug-Dauerausstellung

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2002 drehte sich in einer Sonderschau alles um den Teddybären

„Kultur hat die Aufgabe Geschichten zu erzählen“
In den vergangenen Jahren wurden unter anderem Ausstelllungen über Dschingis Khan, Napoleon, Venedig und die 60er-Jahre gezeigt. Mit der „Islam“-Ausstellung lud die Schallaburg 2017 zum Dialog ein, hinter die Kulissen großer Reiseabenteuer blickte die Schau „Sehnsucht Ferne“ 2021 und im vergangenen Jahr stand „Kind Sein“ im Mittelpunkt – mehr dazu in Schallaburg: Eintauchen in Kinderwelten (noe.ORF.at; 11.5.2023).
„Kunst und Kultur hat generell die Aufgabe Inhalte zu vermitteln, Neugierde zu erwecken, Geschichte zu erzählen, nicht nur Geschichte von der Zeitgeschichte, sondern Geschichten zu erzählen“, so Paul Gessl, Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft, zu der die Schallaburg gehört. „Und das war glaube ich immer die Voraussetzung für die Themensetzungen, für die Umsetzung dieser Themensetzungen. Eben neugierig die Leute herzubringen, durch die Ausstellung zu führen, Informationen zu geben, Fragen zu stellen, aber auch mit offenen Fragen die Besucherinnen und Besucher wieder zurück hinaus zu lassen.“

Fotostrecke mit 5 Bildern
ORFDie Schallaburg etablierte sich als eines der größten Ausstellungszentren Österreichs
Schallaburg/Klaus Pichler
Mit der Schau „Kind sein“ fragte die Schallaburg 2023 nach der Bedeutung der Kindheit

Schallaburg/Klaus Pichler
2022 beleuchtete die Schau „Reiternomaden in Europa“ die Ankunft und Präsenz der Hunnen, Awaren, Bulgaren und Ungarn

KLAUS PICHLER
Auf den Spuren von Entdeckern: 2021 stand „Sehnsucht Ferne“ im Mittelpunkt

Naturhistorisches Museum Wien
Die Ausstellung „Donau – Menschen, Schätze und Kulturen“ wurde 2020 gezeigt

Startschuss zur Wiederbelebung fiel 1968
Der Startschuss zur Wiederbelebung der Schallaburg fiel 1968, als das Land Niederösterreich die Anlage von der Republik Österreich kaufte. Das Renaissanceschloss war nach 1945 in einen Dornröschenschlaf gefallen und wurde baufälliger. Es folgten umfassende Sanierungen. Im Mai 1974 eröffnete die erste Ausstellung „Renaissance in Österreich“. Mehr als 320.000 Besucherinnen und Besucher kamen nach Schollach (Bezirk Melk). Es waren die bislang höchsten Besucherzahlen in der Ausstellungsgeschichte.

Die Schallaburg etablierte sich in den darauffolgenden Jahren als eines der größten Ausstellungszentren Österreichs und erlangte über die Grenzen hinweg internationale Anerkennung. „Früher war die gesamte Kulturpolitik und die Schwerpunkte nach Wien orientiert, bedingt auch durch die politische Situation. Und ich glaube mit diesem Ort, mit der Verbindung von Ort, Geschichte und Inhalt ist es gelungen, überregionale Frequenz zu schaffen, Neugierde zu erwecken und barrierefrei viele, viele Bevölkerungsschichten anzusprechen“, so Gessl.

Denkmalpflege des Renaissanceschlosses
Neben den vielfältigen Ausstellungen etablierte sich auch ein buntes Rahmen- und Familienprogramm, darunter beispielsweise das Spiele- und Naturgartenfest. Die Schallaburg versteht sich laut Gessl als „Gesamterlebnis“. Außerdem war die Schallaburg mehr als zwei Jahrzehnte Austragungsort für das wöchentliche Hörfunkquiz „Turnier auf der Schallaburg“ von Radio Niederösterreich, moderiert von Willy Kralik.
Neben dem Kulturbetrieb steht auch das Renaissanceschloss selbst im Fokus und muss stets gepflegt und erhalten werden. Immer wieder wurde die Anlage schrittweise saniert und umgebaut, zuletzt fanden Modernisierungsarbeiten statt – mehr dazu in Schallaburg noch bis nächstes Jahr „verhüllt“ (noe.ORF.at; 19.4.2023). „Uns war gerade in den letzten zwei Jahren wichtig, auch dank der Unterstützung des Landes, diesen Museumsstandort, diesen Ausstellungsstandort, abzusichern. Von der Technologie her, von der Energieversorgung her, vom Ambiente her“, sagte Gessl.

„Renaissance“-Schau im Jubiläumsjahr
2024 feiert die Schallaburg bei Melk nun ihr 50-jähriges Bestehen als Ausstellungszentrum. In der Jubiläumsschau „Renaissance einst, jetzt und hier“ wird auch die Anlage selbst zum zentralen Ausstellungsobjekt, bisher nicht zugängliche Bereiche werden gezeigt. Damit geht die Geschichte der Schallaburg mit einem neuen Kapitel weiter.

„Wir sind kein Museum, wo wir mit Vitrinen und Ausstellungsstücken arbeiten. Wir erzählen Geschichten und müssen bei diesen Geschichten auch immer den Blick nach vorne wahrnehmen und darauf Antworten geben“, so der Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft. „Und das wollen wir mit dieser Positionierung die nächsten 50 Jahre auch sicherstellen.“
13.04.2024, Martina Fuchs, noe.ORF.at
50 Jahre Schallaburg: Vom Adel bis zur Pille
 
#8
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„Renaissance“ in der Schallaburg
Frischer Blick auf verklärte Epoche
Online seit 13.04.2024, 8.59 Uhr

Die niederösterreichische Schallaburg besinnt sich zum 50. Jubiläum ihres Ausstellungszentrums heuer ihrer Wurzeln. Der historischen Sehnsuchtsepoche begegnet die Schau „Renaissance einst, jetzt & hier“ wie immer breitenwirksam und mit guter Bodenhaftung. Entlang der Schlossgeschichte zeigt man, dass die Epoche nicht immer nur Glanz und Gloria, sondern vor allem ein Übergang war: Alchemistisches traf auf neue Wissenschaft.

Im Arkadenhof lassen antike Heroen ihre Muskeln spielen: Herkules war schließlich auch der „Paradekraftlackl“ in der damals so verehrten Antike. In seine Gesellschaft mischt sich im prächtigen, für die Schallaburg so charakteristischen Atrium mit den Terracottafresken aber auch Außergewöhnliches, Groteskes wie Absurdes: Figuren eines Hofnarren oder das einer lokalen Legende stammende Hundefräulein, auf die mit fernrohrartigen Sehhilfen der Blick gelenkt wird.

Das sei das Besondere der Renaissance, schwärmt der deutsche Historiker, Epochenexperte und wissenschaftliche Begleiter der aktuellen Ausstellung, Tobias Roth, gegenüber ORF Topos: dass es damals keine standardisierte Architektur gegeben und sich nicht das eine 08/15-Modell des Schlossbaus überall durchgesetzt habe.

Klaus Pichler​
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Der Arkadenhof mit den Terracottafiguren gilt als Schallaburg-Markenzeichen

Rupert Pessl​
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Elftes Jahrhundert trifft auf Renaissance-Hochturm

Rupert Pessl​
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Im angelegten Ziergarten plätscherten einst auch Wasserspiele

Klaus Pichler​
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Auch die aufkommende Mode ist Teil der Porträtkunst: links ein Gemälde mit dem für Frau und Mann hochmodischen Barett

Klaus Pichler​
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In der Mitte ein Narwal-Horn, darunter eine Kühlkugel aus Rauchquarz: In der Medizin trafen erste anatomische Lexika auf Alchemie

Klaus Pichler​
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Statement für die Nachwelt: Das Hochgrab von Burgherr Hans Wilhelm von Losenstein gilt als ältestes frei stehendes Grabdenkmal in Niederösterreich

Klaus Pichler​
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In der Renaissance wurde zwischen wertvollen und schädlichen Spielen streng unterschieden: Höchstes Ansehen genoss Schach, Glücksspiel – praktiziert auf unten stehendem Tisch – wurde verteufelt

Klaus Pichler​
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Mit schwerem Utensil ging es damals auf Reisen: hinten ein „mobiler Schreibtisch“, vorn eine Truhe als Kofferersatz des 16. Jahrhunderts

Klaus Pichler​
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So könnte das Schlossinterieur ausgesehen haben: Bausteine eines Kachelofens

In der Zeit, in der sich individualistischer Ausdruck aus religiöser Demut heraus emanzipierte, fanden die eigenen Vorlieben auch baulichen Niederschlag. Im Schloss Schallaburg war es Burgherr Hans Wilhelm von Losenstein, der den Kern aus dem elften Jahrhundert zum prächtig-charakteristischen Renaissanceschloss umgestaltete und diesem – größenmäßig gleich auf das Doppelte ausgeweitet – die heutige Form gab.

Schloss als gigantisches Exponat

Mit gutem Grund hat also die Schallaburg das Schloss zum zentralen Objekt ihres Jahresthemas erklärt: Sichtverstellende Wände im Ausstellungstrakt wurden weitestgehend entfernt und der Parcours auf die ganze Anlage ausgeweitet, inklusive des erstmals zugänglichen Bogengangs des Kryptoportikus. Im Ziergarten hat man ein Netz aufgespannt, damit es Besucherinnen und Besucher den damaligen Burgherren, die sportlich auf der Höhe der Zeit die Tennisfrühform Jeu de Paume praktizierten, gleichtun können.

Niederschwellige Geschichtsvermittlung ist stets das wohltuende Prinzip der Schallaburg-Ausstellungen, auch wenn das fröhlich-bunte, kindgerechte Design diesmal etwas zurückgedreht ist. Keine Sorge, eine sehnsüchtige Verklärung der Epoche, in der die Erfindung des Buchdrucks alles verändern sollte, wird hier aber nicht betrieben. Der Fokus auf das Lokale verspricht Differenzierung – vielleicht auch ein Grund, warum man sich erneut der Renaissance widmet, nachdem man vor genau 50 Jahren zur Eröffnung das Thema tourismuskompatibel idealisiert aufbereitet hatte. So klingt es zumindest in Textschnipseln im Katalog an („die österreichische Renaissance verlor sich an keine fremde Art, sondern wählte das Eigene, das Nützliche“).

Adeliges Herausputzen

Im Schloss erwartet Besucherinnen und Besucher eine Tour durch drei Großkapitel: das Menschenbild der Renaissance, die Schallaburg selbst und die kulturellen und wissenschaftlichen Neuerungen der Zeit. Mittels Porträtmalereien, unter anderem „Ein ungleiches Paar“ (1530/40) des berühmten Renaissancekünstlers Lucas Cranach der Ältere, wird der Wandel von der religiösen Zurückhaltung zur neuen Persönlichkeitsinszenierung mit Mode und Schmuck illustriert.

Mit dem aufkommenden Handel kamen Seide und Brokat vermehrt in die Garderoben der Adeligen, ab dem 14. Jahrhundert Stöckel- und Chopinen genannte Plateauschuhe. Ein Exemplar mit zwei Stöckeln in der Mitte der Schuhsohle lässt vermuten, dass die Schuhe ihren Trägerinnen und Trägern zwar Größe verliehen, Fortbewegung ohne Hilfe aber quasi zum Ding der Unmöglichkeit machten.

„Alle sollen lesen“

Martin Luthers Aufruf „Alle sollen lesen“ fand auch in der protestantisch geführten Schallaburg Niederschlag. Der Schlossherr von Losenstein ließ in der nahen Ortschaft Loosdorf eine Schule für 40 Kinder eröffnen. Bildungsinhalte waren die Schriften der antiken Dichter und die aufkommenden Wissenschaften, deren empirische Triftigkeit aber teils noch zu wünschen übrig ließ.

Nicht immer kamen die Medien der Entwicklung hinterher: Ein Exemplar des kostbaren Prachtbandes „Astronomicum Caesareum“ – erst mit der Zeit wurden unvorstellbar teure Unikate von den multipel gedruckten Exemplaren eingeholt – versprach astronomisches Wissen. Das hier aufscheinende geozentrische Weltbild war zum Publikationsdatum allerdings bereits widerlegt. Auch die Astrologie hatte in der Astronomie noch mitzumischen, genauso wie die Alchemie in der Medizin: So wurde der luxuriöse Band in der horoskopgläubigen Renaissance auch zur Berechnung von Persönlichkeitsmerkmalen verwendet.

Verbotene Bücher

Der Ausstellungsmittelteil zur Schlossgeschichte schlägt gelungene Schneisen zu allgemeinen Themen, etwa zu Steuerpolitik und den auf der Fassadengestaltung nacherzählten Mythen, verlangt aber teils ein spezifisches Interesse an der Restaurierungs- und Lokalgeschichte: Die Terracottafiguren des Arkadenhofs werden heute wieder nach der Methode des 17. Jahrhunderts nachgebrannt. Die von Losensteins mussten mangels Nachkommen schließlich das Schloss verkaufen.

Mit der Plakette „Libri prohibiti“ geht es in den letzten, den Wissenschaften gewidmeten Teil. Weil der dezentral praktizierte Buchdruck eine Gefahr für die katholische Kirche darstellte, wurde die Wissensverbreitung mit der Rekatholisierung zusehends eingeschränkt: In Stift Göttweig bekam im 16. Jahrhundert der Abt die Erlaubnis, „irrgläubige“ Bücher wegzusperren – nicht aber, ohne sie vorher zu lesen.
Der zentral vom Vatikan erlassene „Index der verbotenen Bücher“ erwies sich durchaus auch als geheime Leseliste: eine Parallele zu den „book bans“ der Gegenwart, die für manche Titel den Aufmerksamkeitsboost bringen, den es sonst nie gegeben hätte. Überhaupt sage die Renaissance einiges Spannendes über die Gegenwart aus, so der Historiker Roth im eingehängten Audiointerview (weiter oben): Die Medienrevolution des Internets sei jener des Buchdrucks schließlich ganz ähnlich.

Paula Pfoser (Text, Interview), ORF Topos
Quelle: ORF Topos
 
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