Norwegen: 1.300 Jahre altes Ski-Paar gefunden

josef

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Älteste intakte Ski in Norwegen aus dem Eis geborgen
Das bisher am besten erhaltene prähistorische Ski-Paar ist 1.300 Jahre alt. Vom einstigen Besitzer fehlt jede Spur

Die norwegischen Archäologen Espen Finstad (links) von der Organisation Secrets of the Ice und Julian Post-Melbye vom Kulturhistorischen Museum Oslo nach der Befreiung des zweiten Skis aus dem Eis.
Foto: Andreas Christoffer Nilsson, secretsoftheice.com

Schon vor sieben Jahren stießen Archäologen in Norwegen auf ein Holzstück, das sich als besterhaltener Ski aus der frühen Geschichte herausstellte: 1.300 Jahre lang steckte er im Eis, also etwa seit dem Jahr 750 unserer Zeitrechnung – kurz bevor die Wikingerzeit anbrach. Im nördlichen Mitteleuropa gilt die Epoche noch als Grenze zur Eisenzeit, also zur Ur- und Frühgeschichte. Nun wurde der zweite Teil des Paars geborgen, nachdem die Wissenschafter jahrelang das im Sommer zurückgehende Eis beobachtet hatten.

Um die ältesten Überreste von Ski handelt es sich dabei nicht: Fragmente von Holzbrettern, die als Ski interpretiert werden, und auch Felsbilder mit Darstellungen von Skifahrern reichen bis auf die Zeit um 6000 vor unserer Zeitrechnung zurück. Die norwegischen Funde sind allerdings besonders spannend, weil sie auch die Bindung veranschaulichen, also wie die Ski an Schuhen befestigt wurden. Gerade das zweite Exemplar, das Ende September entdeckt wurde, ist außergewöhnlich gut erhalten, wie der Gletscherarchäologe Lars Pilø schreibt.


Mit lauwarmem Wasser wurde der Ski behutsam aus dem Eis gelöst.
Foto: Andreas Christoffer Nilsson, secretsoftheice.com

Der zweite Ski ist 187 Zentimeter lang und 17 Zentimeter breit. Er wurde etwa fünf Meter tiefer im Eis gefunden als das erste Brett, am Berg Digervarden in Südnorwegen. Der 2014 entdeckte Ski ist mit 170 Zentimetern Länge und 14,7 Zentimetern Breite kleiner. Die beiden könnten ursprünglich zu anderen Paaren gehört haben und zusammengeschustert worden sein. Immerhin unterscheiden sich Details an den hinteren und vorderen Enden der Bretter. Aber auch die Konservierung in unterschiedlichen Schichten kann teilweise zu Verschiedenheiten beigetragen haben.


Reparaturspuren und die Reste der Bindung im Detail.
Foto: Espen Finstad, secretsoftheice.com

Birkenstock-Ski
Die Bindung – die nur bei wenigen alten Ski erhalten ist – passt aber bei beiden Exemplaren zusammen. Vor allem der kürzlich entdeckte Ski zeigt, dass durch ein Loch im Fußteil ein Lederriemen, ein Holzpflock und ein Gebinde aus Birkenholz führten, mit denen die Ski befestigt wurden. Der Lederriemen, der die Ferse am Brett hielt, wurde vom Holz abgelöst neben dem Ski aufgefunden.


Der neue Ski in voller Pracht.
Foto: Espen Finstad, secretsoftheice.com

Darüber hinaus lassen sich diverse Reparaturen nachweisen, unter anderem am erhöhten Fußteil. Sie zeigen, dass es sich um wertvolle Transportmittel handelte, die bei Schäden nicht einfach ersetzt wurden. An den vorderen Enden sind kleine Löcher zu erkennen, vermutlich wurde hier ein Seil durchgeführt, um die Ski hinter sich herzuziehen, wenn ihr Nutzer verschneite Regionen hinter sich ließ.


Die mittig verlaufende Rille an der Unterseite dürfte für besseren Grip gesorgt haben.
Foto: Andreas Christoffer Nilsson, secretsoftheice.com

Das Design veranschaulicht: Die Rille, die an der Unterseite des zweiten Fundstücks gut zu erkennen ist, dürfte in Sachen Grip beim Bergaufgehen geholfen haben. Das spricht aber auch gegen die bisher geläufige These, der zufolge die Menschen damals Fell an der Unterseite angebracht haben. Hätten sie mit angehämmertem oder angeklebtem Fell für Grip gesorgt, wäre die Rille aber wahrscheinlich zwecklos gewesen.


Gut verpackt wurde der Ski aus dem Gebirge geborgen.
Foto: Andreas Christoffer Nilsson, secretsoftheice.com

Rätselhaftes Schicksal
Ungeklärt bleibt, was mit dem einstigen Besitzer der Ski passierte. Es ist möglich, dass die Person die Bretter auf der Jagd im Schnee verlor. "Vielleicht gab es einen Unfall, bei dem der eisenzeitliche Skifahrer starb oder schwer verletzt wurde?", spekuliert Pilø. Womöglich hängt dies sogar mit dem abgelösten Lederriemen zusammen.

Mit etwas Glück könnten weitere Objekte aus dem Eis Aufschluss darüber geben – dass sich die Person noch als Gletscherleiche in tieferen Schichten erhalten hat, ist nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich. Das archäologische Team wird das Areal aber weiterhin im Blick behalten, meint Pilø: "We will be back."
(red, 7.10.2021)

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