Kolig-Probefresken in Nötsch restauriert
Zwischen November 1938 und Februar 1939 haben die Nationalsozialisten die Landhausfresken des Malers Anton Kolig zerstört. Nur die dazugehörigen Probefresken von Koligs Meisterschülernblieben auf einer Kegelbahn in Nötsch erhalten. Sie wurden nun restauriert.
Online seit heute, 8.16 Uhr
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1929 fertigten Kolig-Schüler die Probefresken an der Stirnseite der ehemaligen Kegelbahn des einstigen Gashauses Michor in Nötsch im Gailtal an. Es war ein gemeinschaftliches Experimentierfeld für Techniken aber auch für Motive, sagte Geraldine Klever vom Bundesdenkmalamt: „Probefresken deshalb, weil hier geprobt wurde, nicht von einem Gesangsverein, sondern von den Studenten Anton Koligs, die gemeinsam hier gearbeitet und gelebt haben, die hier Techniken und Materialien erprobt haben, die sie dann später bei den Landhausfresken zur Umsetzung gebracht haben.“
Gemeinsames Experimentieren stand im Vordergrund
Im Vordergrund standen das Experimentieren sowie das gemeinsame produzieren: „Es ist nicht so sehr das Ergebnis das Ziel dieser Arbeit gewesen. Alles, was dieses Leben in Nötsch ausgemacht hat, ist hier auch dargestellt. Kolig hatte ja diese Idee der mittelalterlichen Werkstatt, so wie in Italien, wo ein Schüler mit seinem Meister zusammenarbeitet, von ihm lernt und ihn dann unterstützt, wenn Großaufträge hereinkommen. Man hat hier eine Werkstatt aufgebaut, da sieht man die Balkenträger, die die Balken schleppen. Man hat die Farbe abgemischt und dem Meister gereicht und man hat dann, und das ist auch ganz wichtig, am Abend gemeinsam gespeist, gebechert und neue Ideen entwickelt für den nächsten Tag, wie es mit diesem Werk weitergeht.“
ORF
Kolig-Probefresken: Mindestens die Hälfte fiel dem Zahn der Zeit zum Opfer. Nach einem Bombentreffer 1944 nagte neben Wind und Wetter auch ein allzu sorgloser Umgang daran.
Kein Platz für Idylle am Vorabend des Austrofaschismus
Kolig fertigte seine Fresken im Landhaus also nicht allein an sondern gemeinsam mit seinen Meisterschülern. Und so fand sich vieles von dem, was die Kolig-Schüler Anton Mahringer, Karl Bertsch, Hermann Erlenbusch und Karl Kraus in Nötsch an der Mauer der Kegelbahn erprobten, später auch im Landhaus wieder: „Man glaubt, das ist so idyllisch in Nötsch. Das war aber nicht so. 1929 war ja schon der Vorabend von Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Es sind dann auf den Fresken im Landhaus auch Protagonisten drauf, die später als Kriegsverbrecher vor Gericht gestanden sind. Also man kann das nicht ganz ausblenden, diese Zeit. Trotzdem ist hier künstlerisch auf einem Niveau experimentiert worden, wie man das erst später aus der Moderne und den 60er Jahren kennt. Es geht hier nicht um das Spitzenkunstwerk, sondern um ein kollektives Kunstwerk," so Klever.
ORF
Johannes Duda und Geraldine Klever
Landhausfresken sollten „Anschluss“ propagieren
Dem Auftrag nach sollten Koligs Landhausfresken von der „Verbrüderung“ Österreichs mit Deutschland erzählen, also den sogenannten Anschluss propagieren. Trotzdem wurden sie von deutschnationalen Kräften als entartet bekämpft und schließlich ganz zerstört, so der Leiter des Bundesdenkmalamtes, Goražd Živkovič: „So wie Kolig dieses Thema interpretiert, mit diesem offenen Abschluss, also unfertige Bilder, ohne Rahmen, überlebensgroße Figuren – die haben das als Bedrohung gesehen. Und mit dem Anschluss Österreichs und der Entscheidung, dass dieser Saal zum Sitz des Gauleiters (Friedrich Rainer, Anm.) wird, ist das Werk dann auch ohne weitere Einbindung einer Denkmalbehörde abgeschlagen worden.“
Kunsthistorischer Wert lange unterschätzt
Die Nötscher Probefresken wurden in ihrem kunsthistorischen Wert lange Zeit unterschätzt und waren deshalb jahrzehntelang dem Verfall ausgesetzt: „Erst nach der Jahrtausendwende haben wir uns des Themas wieder angenommen und gesagt, Kunsthistoriker können sich auch irren und haben eine Neubewertung versucht in der Gesamtschau dessen, was Kolig geschaffen hat, wie es mit diesen Künstlergemeinschaften und Studentengemeinschaften abgelaufen ist, wie das dann auch hier gemeinschaftlich umgesetzt wurde. Man hat erkannt, da ist eine so starke Verbindung zwischen den Probefresken und der hiesigen Realisierung, das kann man nicht einfach so abtun und es ist im Grunde das einzige monumentale Relikt dieser zerstörten Fresken,“ so der Leiter des Bundesdenkmalamtes.
ORF
Restauratorenteam benutzte Sand aus der Gail
Mindestens die Hälfte der Probefresken ging über die Jahre verloren. Von der Unterschutzstellung 2013 über die erste Schadenskartierung und Sicherung bis zur Konservierung und Restaurierung sollten noch einmal zehn Jahre vergehen.
Fünf Wochen lang wurde schließlich von einem dreiköpfigen Team an der Mauer gearbeitet. Restaurator Johannes Duda zufolge sei das erstmalige Begutachten der Fresken mit einem Arztbesuch vergleichbar: „Wo der Arzt schaut, was dem Patienten fehlt." Für das Restaurieren werde schließlich versucht, die annähernd gleichen Materialien zu verwenden: „Da sind wir zum Beispiel an den Fluss gefahren und haben Sand aus der Gail geholt, damit wir den gleichen Sand verwenden und damit die gleiche Materialität und den gleichen Farbton haben, wie wir ihn im Original vorgefunden haben.“
Beim Restaurieren gehe nicht darum, etwas zu vervollständigen, "sondern, dass wir das, was noch erhalten ist von dem ganzen Objekt, so präsentieren, dass sich Betrachter und Betrachterinnen das Ganze wieder vorstellen können.“
Situation „noch nicht hundertprozentig“ zufriedenstellend
Dass Anton Koligs Meisterschüler nicht mit herkömmlicher Freskotechnik, sondern mit Spachtelmassen arbeiteten, war ebenfalls eine Herausforderung für das Restauratorenteam. Mit der nun erfolgten Restaurierung und Konservierung sollen nun keine weiteren Schäden mehr auftreten. Abgeschlossen ist das „Projekt Probefresken“ aber noch nicht, so Živkovič vom Bundesdenkmalamt: „Derzeit haben wir es mit einer Situation zu tun, die noch nicht hundertprozentig zufriedenstellend ist. Wir haben eigentlich die Basis dafür geschaffen, dass man sich mit dem Werk in einigen Jahren etwas anders auseinandersetzt und dann vielleicht einen weiteren Weg beschreitet, der dann eine Verlegung oder eine Adaptierung des Raumes darstellt. Weil so, wie es jetzt als Abstellkammer oder als Abstellraum genutzt wird, ist es natürlich nicht befriedigend.“
Aus einer Geschichte der Zerstörung wurde eine Geschichte der Rettung. Die Probefresken können endlich den kunsthistorischen Rang eingeräumt bekommen, den sie verdienen.
26.12.2023, red, kaernten.ORF.at
Kolig-Probefresken in Nötsch restauriert

Zwischen November 1938 und Februar 1939 haben die Nationalsozialisten die Landhausfresken des Malers Anton Kolig zerstört. Nur die dazugehörigen Probefresken von Koligs Meisterschülernblieben auf einer Kegelbahn in Nötsch erhalten. Sie wurden nun restauriert.
Online seit heute, 8.16 Uhr
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1929 fertigten Kolig-Schüler die Probefresken an der Stirnseite der ehemaligen Kegelbahn des einstigen Gashauses Michor in Nötsch im Gailtal an. Es war ein gemeinschaftliches Experimentierfeld für Techniken aber auch für Motive, sagte Geraldine Klever vom Bundesdenkmalamt: „Probefresken deshalb, weil hier geprobt wurde, nicht von einem Gesangsverein, sondern von den Studenten Anton Koligs, die gemeinsam hier gearbeitet und gelebt haben, die hier Techniken und Materialien erprobt haben, die sie dann später bei den Landhausfresken zur Umsetzung gebracht haben.“
Gemeinsames Experimentieren stand im Vordergrund
Im Vordergrund standen das Experimentieren sowie das gemeinsame produzieren: „Es ist nicht so sehr das Ergebnis das Ziel dieser Arbeit gewesen. Alles, was dieses Leben in Nötsch ausgemacht hat, ist hier auch dargestellt. Kolig hatte ja diese Idee der mittelalterlichen Werkstatt, so wie in Italien, wo ein Schüler mit seinem Meister zusammenarbeitet, von ihm lernt und ihn dann unterstützt, wenn Großaufträge hereinkommen. Man hat hier eine Werkstatt aufgebaut, da sieht man die Balkenträger, die die Balken schleppen. Man hat die Farbe abgemischt und dem Meister gereicht und man hat dann, und das ist auch ganz wichtig, am Abend gemeinsam gespeist, gebechert und neue Ideen entwickelt für den nächsten Tag, wie es mit diesem Werk weitergeht.“

Kolig-Probefresken: Mindestens die Hälfte fiel dem Zahn der Zeit zum Opfer. Nach einem Bombentreffer 1944 nagte neben Wind und Wetter auch ein allzu sorgloser Umgang daran.
Kein Platz für Idylle am Vorabend des Austrofaschismus
Kolig fertigte seine Fresken im Landhaus also nicht allein an sondern gemeinsam mit seinen Meisterschülern. Und so fand sich vieles von dem, was die Kolig-Schüler Anton Mahringer, Karl Bertsch, Hermann Erlenbusch und Karl Kraus in Nötsch an der Mauer der Kegelbahn erprobten, später auch im Landhaus wieder: „Man glaubt, das ist so idyllisch in Nötsch. Das war aber nicht so. 1929 war ja schon der Vorabend von Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Es sind dann auf den Fresken im Landhaus auch Protagonisten drauf, die später als Kriegsverbrecher vor Gericht gestanden sind. Also man kann das nicht ganz ausblenden, diese Zeit. Trotzdem ist hier künstlerisch auf einem Niveau experimentiert worden, wie man das erst später aus der Moderne und den 60er Jahren kennt. Es geht hier nicht um das Spitzenkunstwerk, sondern um ein kollektives Kunstwerk," so Klever.

Johannes Duda und Geraldine Klever
Landhausfresken sollten „Anschluss“ propagieren
Dem Auftrag nach sollten Koligs Landhausfresken von der „Verbrüderung“ Österreichs mit Deutschland erzählen, also den sogenannten Anschluss propagieren. Trotzdem wurden sie von deutschnationalen Kräften als entartet bekämpft und schließlich ganz zerstört, so der Leiter des Bundesdenkmalamtes, Goražd Živkovič: „So wie Kolig dieses Thema interpretiert, mit diesem offenen Abschluss, also unfertige Bilder, ohne Rahmen, überlebensgroße Figuren – die haben das als Bedrohung gesehen. Und mit dem Anschluss Österreichs und der Entscheidung, dass dieser Saal zum Sitz des Gauleiters (Friedrich Rainer, Anm.) wird, ist das Werk dann auch ohne weitere Einbindung einer Denkmalbehörde abgeschlagen worden.“
Kunsthistorischer Wert lange unterschätzt
Die Nötscher Probefresken wurden in ihrem kunsthistorischen Wert lange Zeit unterschätzt und waren deshalb jahrzehntelang dem Verfall ausgesetzt: „Erst nach der Jahrtausendwende haben wir uns des Themas wieder angenommen und gesagt, Kunsthistoriker können sich auch irren und haben eine Neubewertung versucht in der Gesamtschau dessen, was Kolig geschaffen hat, wie es mit diesen Künstlergemeinschaften und Studentengemeinschaften abgelaufen ist, wie das dann auch hier gemeinschaftlich umgesetzt wurde. Man hat erkannt, da ist eine so starke Verbindung zwischen den Probefresken und der hiesigen Realisierung, das kann man nicht einfach so abtun und es ist im Grunde das einzige monumentale Relikt dieser zerstörten Fresken,“ so der Leiter des Bundesdenkmalamtes.

Restauratorenteam benutzte Sand aus der Gail
Mindestens die Hälfte der Probefresken ging über die Jahre verloren. Von der Unterschutzstellung 2013 über die erste Schadenskartierung und Sicherung bis zur Konservierung und Restaurierung sollten noch einmal zehn Jahre vergehen.
Fünf Wochen lang wurde schließlich von einem dreiköpfigen Team an der Mauer gearbeitet. Restaurator Johannes Duda zufolge sei das erstmalige Begutachten der Fresken mit einem Arztbesuch vergleichbar: „Wo der Arzt schaut, was dem Patienten fehlt." Für das Restaurieren werde schließlich versucht, die annähernd gleichen Materialien zu verwenden: „Da sind wir zum Beispiel an den Fluss gefahren und haben Sand aus der Gail geholt, damit wir den gleichen Sand verwenden und damit die gleiche Materialität und den gleichen Farbton haben, wie wir ihn im Original vorgefunden haben.“
Beim Restaurieren gehe nicht darum, etwas zu vervollständigen, "sondern, dass wir das, was noch erhalten ist von dem ganzen Objekt, so präsentieren, dass sich Betrachter und Betrachterinnen das Ganze wieder vorstellen können.“
Situation „noch nicht hundertprozentig“ zufriedenstellend
Dass Anton Koligs Meisterschüler nicht mit herkömmlicher Freskotechnik, sondern mit Spachtelmassen arbeiteten, war ebenfalls eine Herausforderung für das Restauratorenteam. Mit der nun erfolgten Restaurierung und Konservierung sollen nun keine weiteren Schäden mehr auftreten. Abgeschlossen ist das „Projekt Probefresken“ aber noch nicht, so Živkovič vom Bundesdenkmalamt: „Derzeit haben wir es mit einer Situation zu tun, die noch nicht hundertprozentig zufriedenstellend ist. Wir haben eigentlich die Basis dafür geschaffen, dass man sich mit dem Werk in einigen Jahren etwas anders auseinandersetzt und dann vielleicht einen weiteren Weg beschreitet, der dann eine Verlegung oder eine Adaptierung des Raumes darstellt. Weil so, wie es jetzt als Abstellkammer oder als Abstellraum genutzt wird, ist es natürlich nicht befriedigend.“
Aus einer Geschichte der Zerstörung wurde eine Geschichte der Rettung. Die Probefresken können endlich den kunsthistorischen Rang eingeräumt bekommen, den sie verdienen.
26.12.2023, red, kaernten.ORF.at