Chronologie: Unglück in der Riesending-Höhle
Fast zwei Wochen hat die Rettung des deutschen Höhlenforschers aus der Riesending-Schachthöhle im Untersberg gedauert. Mehr als 200 Helfer aus Deutschland, Österreich, Italien, Kroatien und der Schweiz waren an dieser Rettungsaktion beteiligt.
Am Pfingstsonntag, dem 8. Juni, steigt der 52-jährige Höhlenforscher gemeinsam mit zwei Kollegen in die Riesending-Höhle im Untersberg-Massiv nahe Berchtesgaden (Bayern) ein. Am Montag gegen 1.30 Uhr gibt es in rund 1.100 Metern Tiefe einen Steinschlag. Dabei wird der 52-Jährige am Kopf getroffen und schwer verletzt. Einer der Forscher bleibt bei dem Verletzten. Ein anderer macht sich sofort auf den Weg, um Hilfe zu rufen. Nach zwölf Stunden Aufstieg kann er die Einsatzkräfte alarmieren.
9. Juni: Erstes Team beim Forscher
Die Rettungsaktion für den Höhlenforscher läuft am Sonntag, dem 9. Juni, an. Rund 200 Einsatzkräfte, davon auch 22 Höhlenretter aus Salzburg, machen sich bereit.
Eine Einsatzzentrale wird errichtet und ein erstes Rettungsteam, darunter auch ein Salzburger Notarzt, macht sich auf den Weg zum Verletzten. Insgesamt 16 Menschen sind nun in der Riesending-Höhle: Ein Trupp kümmert sich um eine Telefonverbindung, der andere richtet eine provisorische Schlafstelle ein. Helmut Obermaier von der Salzburger Höhlenrettung schildert: „Jetzt wird die Bergestrecke aufgebaut. Es werden Seilzüge und Winden für die Schachtbergung eingebaut - bis der Transportweg fertig ist, wird es aber sicher zwei Tage dauern.“
10. Juni – Einrichtung eines Hubschrauberlandeplatzes
Am 10. Juni bereiten sich die Einsatzkräfte an der Erdoberfläche auf die Bergung des Verletzten vor. In der Nähe des Eingangs zur Riesending-Höhle wird zum Beispiel ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet.
Damit müssen Personal und Material nicht mehr aufwändig per Winde abgesetzt werden. Der 52-Jährige wird von Helfern betreut und mit Essen, Decken und Medikamenten versorgt.
Über den Zustand des Höhlenforschers heißt es, er habe sich verbessert. Sorgen macht den Rettern allerdings der angesagte Regen. Die Riesending-Höhle gilt als hochwassergefährdet: Wenn es stark regnet, besteht die Gefahr, dass die Höhle mit Wasser vollläuft, sagt Geologe Edgar Dachs.
Die Retter gehen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass die Bergung noch fünf Tage dauern wird. Auf Grund seiner schweren Verletzungen und der langen Wegzeit kann der 52-Jährige immer nur etappenweise transportiert werden. Insgesamt werden vier Biwak-Stationen eingerichtet, bei denen die Retter eine Pause einlegen können.
11. Juni – österreichischer Arzt nickt Bergung ab
Am 11. Juni kommt das erste Mal ein österreichischer Arzt bei dem verletzten 52-Jährigen an. Er soll den Mann untersuchen und sein OK für die Bergung geben. Sechs Rettungsteams steigen in den Berg ein und sichern den Transportweg für den Verletzten.
12. Juni - Die Bergung beginnt
Die Bergung des Höhlenforschers beginnt. Inzwischen ist auch eine, für den Transport benötigte, Spezialtrage bei dem Verletzten eingetroffen. Zwei Ärzte kümmern sich um den Höhlenforscher.
13. Juni - große Materialanlieferungen
Eine Telefonleitung wird bis zum Verletzten hin verlegt. Bisher konnte man nur über Textnachrichten kommunizieren. Verschlissene Seile werden ausgetauscht und einer der beiden Ärzte wird abgelöst.
14. Juni – erste Etappe nach elf Stunden erreicht
Nach elf Stunden Transport erreichen 15 italienische Höhlenretter und der Verletzte einen Rastplatz und ruhen sich dort aus. Der 52-jährige Höhlenforscher soll stabil sein. An seine Familie lässt er liebe Grüße übermitteln. Die Bergwacht Berchtesgaden berichtet, dass er sich in der Trage wohlfühlt und auch Nahrung zu sich nimmt.
15. Juni – spiegelglatte Wände
Am dritten Tag des Verletztentransports erreicht das Rettungsteam am Vormittag Biwak Nr. 4. Nun wird der Aufstieg schwierig – es geht an einer spiegelglatten Steilwand senkrecht nach oben.
Der Verletzte wird an Seilen nach oben gehievt. Zwei Tage könne es nun dauern, bis die Gruppe am Biwak 3 eintreffe, so ein Sprecher der Bergwacht. Der Zustand des Verletzten ist weiterhin stabil. Er wird inzwischen von drei Ärzten aus Slowenien, Deutschland und Österreich betreut. Johannes Schiffer, verantwortlicher Arzt im Einsatzzentrum, ist über den Verlauf der Bergung erleichtert: „Beim Transport muss man den Patienten teilweise aufstellen - wir sind froh, dass er das auf dem ersten Streckenabschnitt gut verkraftet hat.“
16. Juni – Biwak 3 und weiterer Aufstieg
Die Bergung des schwerverletzten Forschers aus der Riesending-Höhle im Untersberg geht besser voran als erwartet. Jetzt stehen allerdings neue Herausforderungen bevor - der Weg zum Biwak 3 führt durch senkrechte Schluchten.
17. Juni – nur noch 500 Meter
Mittlerweile haben die Einsatzkräfte Biwak 2 erreicht. Nun liegen noch etwa 500 Meter vor ihnen. Weltweit sind nur ein paar Experten in der Lage, in die Riesending-Höhle zu klettern. Für Christian Ölinger, einen oberösterreichischen Bergretter, ist die Rettungsaktion einer der schwierigsten Einsätze, die er je erlebt hat: „Man seilt sich ab und seilt sich ab und es nimmt kein Ende. Ich habe nicht geglaubt, dass man sich so lange abseilen kann. Nach den ersten Metern gab es auch schon leichten Steinschlag.“
18. Juni – Biwak 1 fast erreicht
Die Rettungskräfte in der Riesending-Höhle im Untersberg kommen zügig voran: Am Vormittag hat das Team mit dem schwer verletzten Höhlenforscher einen Lagerplatz unterhalb des Biwak 1 bezogen. Der 52-Jährige wird im Lager von zwei Ärzten in etwa 400 Metern Tiefe betreut. Das Gebiet rund um den Einstieg zur Höhle ist großräumig abgesperrt worden - wegen des großen Medieninteresses. In einem Umkreis von neun Kilometern ist sogar eine Flugverbotszone eingerichtet worden.
Die Retter kommen mit dem Verletzten so gut voran, dass sie die Biwak-Station 1 auslassen und weiterklettern. Am späten Mittwochabend ziehen sie den Patienten mit reiner Muskelkraft einen 180-Meter-Schacht hoch. Dafür hängen sich die Retter als Gegengewichte ins Seil und ziehen die rund 100 Kilogramm schwere Trage nach oben. Am Höhlenausgang am Untersberg bereiten sich die Retter auf die Ankunft des Patienten vor.