Geplante Bauprojekte der Nazis in Wien

josef

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#1
Als Vorschau für eine Ausstellung im "Architekturzentrum Wien" im Museums-Quartier ab Mitte März 2015 nachfolgender ORF-Beitrag:
Was die Nazis mit Wien vorhatten

Das Architekturzentrum Wien (AzW) zeigt in der Schau „Wien. Die Perle des Reiches“ das Baugeschehen unter den Nazis in Wien. Hunderte Originalpläne sind dabei erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich - und zeigen, was die Nazis mit Wien vorhatten.

„Im April 1938 sagte Hitler: ‚Wien ist eine Perle. Ich möchte ihr jene Fassung geben, die dieser Perle würdig ist‘. Das hat die Stadtplanung als Auftrag verstanden, umfassende Neugestaltungsplanungen in Wien durchzuführen“, erklärt Kuratorin Ingrid Holzschuh im Gespräch mit wien.ORF.at. Mit dem Einmarsch der Nationalsozialisten kam es in Wien „zu einem Lostreten einer Planungseuphorie, die von Monumentalbauten bis zu Siedlungsbauten reichte“, so Holzschuh.

„Weltflughafen“ und ein neues Stadtzentrum
Die Schau zeigt etwa Pläne eines NS-Parteizentrums für Wien, aber auch Infrastrukturplanungen sind zu sehen. So entstand etwa der Alberner Hafen in der Nazi-Zeit, und in Aspern sollte ein „Weltflughafen“ entstehen. Es gab auch Planungen für U-Bahn-Linien und den Ausbau der „Reichsautobahn“. „Es war so gedacht, dass Wien verkehrstechnisch an das Deutsche Reich angeschlossen wird. Es war ja der Umschlagsort Richtung Südosten. Gerade der Ausbau des Hafens war ein großes Vorhaben der Nationalsozialisten“, erklärt Holzschuh.

Auch die Wohnsiedlung Wienerfeld Ost wurde unter den Nazis errichtet. Es waren auch zwei riesige Wohnstädte im Norden und Süden geplant. „Außerdem wäre geplant gewesen, über die Leopoldstadt und Teile des 20. Bezirks eine große monumentale Achse auf die andere Seite der Donau zu schlagen. Es hätte dort ein neues Stadtzentrum geschaffen werden sollen“, sagt Holzschuh. Sichtbare Zeichen des Nazi-Regimes sind hingegen bis heute die Flaktürme, die nach wie vor in Wien stehen.

„Viele Pläne in der Schublade verschwunden“
„Im Prinzip wird die Ausstellung eine Ausstellung des Planmaterials zwischen 1938 und 1945 in Wien sein. Es werden einige hundert Originalpläne zu sehen sein. Das Originalmaterial ist ja nur wenig bekannt, weil es meist nach 1945 in der Schublade verschwunden ist oder vernichtet wurde“, so Holzschuh.

Der Kern der Ausstellung beruht auf dem Archiv von Klaus Steiner. Der Städtebauer war lange Zeit in der Wiener Stadtplanung angestellt. Er begann Ende der 1970er Jahre, Pläne aus der NS-Zeit zu sammeln, und baute ein Archiv auf. Das übergab er nach 30 Jahren dem AzW.

„Ein großes Thema werden in der Schau auch die Architekten dieser Zeit sein, die auch nach 1945 noch als Planer tätig waren. Auch die Frage, wie moralisch Architektur ist, soll gestellt werden“, sagt Holzschuh. Gemeinsam mit Monika Platzer bereitet sie derzeit die Schau vor. Gezeigt wird sie ab 19. März im AzW im MuseumsQuartier.
Text- und Fotoquellen für nachfolgende Bilder http://wien.orf.at/news/stories/2688664/

Bilder Teil 1 aus ORF-Beitrag: (© Architekturzentrum Wien, Sammlung)

1. Franz Schuster, „Professorenvorschlag“ für die Neugestaltung Wiens, 1938
2. Baumodell Neugestaltung Wien mit Gauforum und „Baldur von Schirach“-Insel, 1941
3. Franz Pöcher, Gauhalle für Wien, 1938
4. Alexander Popp, Hermann Kutschera, Anton Ubl, Entwurf Messe-, Ausstellungs- und Sportgelände im Prater, Wien, 1942
5. Hanns Dustmann, Volkshalle im Prater, Wien, 1942
6. Hanns Dustmann, Neugestaltung des Heldenplatzes und des Rathausvorplatzes, Wien, 1942
 

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josef

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#2
Geplante Bauprojekte der Nazis in Wien - Bilder Teil 2

Bilder Teil 2 aus ORF-Beitrag: (© Architekturzentrum Wien, Sammlung)

7. Axonometrie vom Süd-Hauptbahnhof, Wien, 1941
8. Oswald Haerdtl, Erinnerungsmal am Nussberg, Wien, 1939
9. Theiss & Jaksch, Wettbewerb Verteilerkreis Triesterstraße, Wien, 1941

Zum Glück blieb Wien von den vorgenannten größenwahnsinnigen Projekten des Nazi-Regimes verschont...

Die 2 folgenden Vorhaben wurden umgesetzt und sind heute noch zu sehen:

10. Friedrich Tamms, Organisation Todt (OT), Flaktürme Augarten, Wien, 1941
11. Getreidespeicher am Alberner Hafen, Wien, 1938
 

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josef

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#3
Vorinformation zur Ausstellung

Information des "Architekturzentrum Wien"
»Wien. Die Perle des Reiches« Planen für Hitler
Veranstaltungsort: Architekturzentrum Wien - Alte Halle
Ausstellung: 19. März 2015 - 17. August 2015
Eröffnung: 18. März 2015, 19 Uhr
Die Frühjahrs- und Sommerausstellung 2015 im Architekturzentrum Wien widmet sich der Darstellung des Wiener Baugeschehens während des Nationalsozialismus. Die in dieser Form erstmals präsentierte Bau- und Planungstätigkeit im Dritten Reich am Beispiel Wien ermöglicht es, die Bauwerke im Zusammenhang mit den NS-Zielen zu analysieren und zu erläutern. Dem seit Jahrzehnten verbreiteten Mythos, Wien spiele keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle im Planungsgeschehen des Dritten Reiches, wird in der Ausstellung nachgegangen.

Mit der Schaffung von Groß-Wien steigt die Donaumetropole nach Berlin zur zweitgrößten Stadt des Reiches auf. Räumliche Leitbilder werden entwickelt und die geopolitische Rolle Wiens im Dritten Reich definiert. Eine Vielzahl von Planungen ist die Folge, die sich von Projekten monumentaler Stadtteile bis hin zu Einzelbauten erstreckt. Infrastruktur-, Industrie- und Bebauungskonzepte verweisen auf die Funktion Wiens als Drehscheibe und Transitraum von und nach Südosteuropa. Architektur wird für eine aggressive Expansionspolitik des NS-Regimes instrumentalisiert, Städtebau und Raumplanung werden zum Machtinstrument für eine nationalsozialistische Bevölkerungspolitik. Die Dezentralisierung mit dem Ziel einer Hinwendung zur Stadtlandschaft ist eine Vorwegnahme der aufgelockerten und autogerechten Stadt nach 1945 und verweist auf die Kontinuitäten innerhalb der Planungen nach Kriegsende.[/I]


Kuratorinnen der Ausstellung:
Ingrid Holzschuh, Architekturhistorikerin
Monika Platzer, Kuratorin Az W Sammlung
Ausstellungsgestaltung/-design: GABU Heindl Architektur
Grafik: Toledo i Dertschei
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
http://www.azw.at/event.php?event_id=1555
 
#4
Flaktürme Augarten

Friedrich Tamms, Organisation Todt (OT), Flaktürme Augarten, Wien, 1941

Das gezeigte Modell des Augartens dürfte eher aus dem Jahr 1944 stammen.

1941 gab es noch keine Entwürfe zu diesem Typ von Türmen, ebenso wenig eine Abklärung des Standortes!

LG Zwölfaxinger
 
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josef

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#5
Flaktürme Augarten

Friedrich Tamms, Organisation Todt (OT), Flaktürme Augarten, Wien, 1941
Das gezeigte Modell des Augartens dürfte eher aus dem Jahr 1944 stammen.
1941 gab es noch keine Entwürfe zu diesem Typ von Türmen, ebenso wenig eine Abklärung des Standortes!
Richtig, das im ORF-Bildtext angeführte Jahr 1941 kann nicht stimmen, schätze eher Ende 1942-Anfang 1943! Die dort ausgeführte letzte Bauform (3.) wurde erst ab 1942 auf Grund der enormen Zement- und Baustahlverbräuche bei der 1. Bauform (Berlin...) neu konzipiert. Baubeginn im Augarten war erst 1943 und in der Erstplanung war ursprünglich ein Standort in der Rossauerkaserne vorgesehen. (-> Helmuth Weihsmann, Bauen unterm Hakenkreuz, S. 1048 und Ute Bauer, Die Wiener Flaktürme..., S.78).

lg
josef
 
#6
Flugplatz- und U-Bahn Planungen

Zitat:

und in Aspern sollte ein „Weltflughafen“ entstehen. Es gab auch Planungen für U-Bahn-Linien

Hat jemand moeglw. Plaene oder Bilder davon? Ich vermute mal ein Weltflughafen in Aspern waere eher baugleich zu Tempelhof in Berlin geworden?

Auch Bilder von moegl. U Bahn Plaenen haetten mich interessiert.
 
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#7
Flugplatz Aspern

Zum "Weltflughafen Aspern" wäre anzumerken, dass Papier geduldig ist.
Ich kenne zwar die Pläne nicht. Fakt ist, dass die Luftwaffe den Flughafen Wien sofort nach dem Einmarsch als Fliegerhorst (Leithorst) in Beschlag genommen hatte und diesen als Militärflugplatz weiter ausbaute. Die Luftwaffe dachte nicht daran Aspern aufzugeben. Daher die weiteren Pläne für einen Flughafen Wien bei Seyring bzw. Deutsch-Wagram im Gespräch. Vergleiche dazu auch den Bericht in den öfh-nachrichten 4/14 über Wien-Seyring (Vergessene Bodeneinrichtungen der Luftfahrt in Österreich, Einsatzhäfen Teil 5).
Für einen weiteren Großflughafen wäre in Aspern sicher kein Platz gewesen.
LG Zwölfaxinger
 
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josef

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#8
Projekt "Großflughafen für die Zivilluftfahrt" Aspern 1938-45

...Fakt ist, dass die Luftwaffe den Flughafen Wien sofort nach dem Einmarsch als Fliegerhorst (Leithorst) in Beschlag genommen hatte und diesen als Militärflugplatz weiter ausbaute. Die Luftwaffe dachte nicht daran Aspern aufzugeben. Daher die weiteren Pläne für einen Flughafen Wien bei Seyring bzw. Deutsch-Wagram im Gespräch...
Fand dazu bei

Roman Hans Gröger
Erinnern verboten! Ausgewählte Neugestaltungsprojekte für Wien zwischen 1938 und 1945 - aus dem Österreichischen Staatsarchiv“
Wien 2011


auch ein Kapitel über Aspern.

Daraus eine Kurzzusammenfassung:
Sofort nach dem Einmarsch begannen umfangreiche Planungen über den Ausbau des Flugplatzes Aspern zu einem Großflughafen für die Zivilluftfahrt. Das „Reichsministerium für Luftfahrt“ plante eine Neuausrichtung des Rollfeldes in Form einer Ellipse mit ca. 2.000 x 1.600 m Achsenlänge. Dafür hätten im Osten des Platzes bestehende Siedlungen vollständig und solche im Bereich des Westteils teilweise geschliffen werden müssen. Vom projektierten Reichsautobahnring um Wien wurde nördlich des Platzes eine eigene Abfahrt vorgesehen.

Das „Luftfahrtamt Wien“ holte eine Reihe von Gutachten ein, die für das Projekt positiv ausfielen. Die „Reichsstelle für Raumordnung“ in Berlin erteilte jedoch keine Genehmigung für den Ausbau von Aspern zum Großflughafen für die Zivilluftfahrt. Sie schlug andere Standorte, wie etwa den Bereich des Fliegerhorstes Seyring oder den Flugplatz Deutsch Wagram zum weiteren Ausbau vor.

Zusätzlich kam es zu einer Interessenkollision mit der Luftwaffe, die den Platz weiter nützen wollte und im Nahbereich des Asperner Platzes beim „Schafflerhof“ eine Flugsicherungsstelle errichtete.
1940 durchgeführte flugtechnische Untersuchungen ergaben, dass Aspern für einen großen Zivilflugplatz am besten geeignet wäre und seitens des „Reichsluftfahrtministerium“ wurden daraufhin die Planungen fertiggestellt. Wegen der Kriegsereignisse kam es jedoch nicht mehr zur Umsetzung des zivilen Großprojektes, die Luftwaffe behielt die Oberhand...

Quellenangabe (lt.vorgenannten Buch) dazu: Archiv der Republik- RSth, X/B, Ktn. 296

Zitat Peter
...vermute mal ein Weltflughafen in Aspern waere eher baugleich zu Tempelhof in Berlin geworden?
Ja, so ähnlich! Nach Lageplan zur Neugestaltung Wien, Architekt Pöcher 1938 im Buch von

Ingrid Holzschuh
Wiener Stadtplanung im Nationalsozialismus...
Wien 2011


auf S.25 ist im Westen des Platzes ein Richtung Rollfeld offener geschwungener Baukörper, ähnlich des Tempelhof-Objektes, ersichtlich. Leider kann ich aus Copyright-Gründen kein Bild dazu einstellen...

lg
josef
 

josef

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#9
U-Bahnprojekte in Wien 1938-45

... Es gab auch Planungen für U-Bahn-Linien.
Auch Bilder von moegl. U Bahn Plaenen haetten mich interessiert
Zu den U-Bahn Planungen 1938-45 habe bzw. kenne ich keine Pläne/Karten. Hoffe aber, in der angekündigten Ausstellung entsprechendes Material zu finden.

In der Literatur sind jedoch Beschreibungen der Linienführung zu finden:
Die „Hauptabteilung für Bauwesen der Stadt Wien“ befasste sich ab 1938 mit einem neuen U- und Schnellbahnnetz. Der Plan sah 3 U-Bahnlinien vor:

Linie 1: Mauer (Anschluss nach Mödling [Straßenbahn Linie 360 ?]) – Lainz – Hietzing – Schönbrunn – Mariahilferstraße – Oper – Kärntner Straße – Stephansplatz – Rotenturmstraße – Praterstraße – Praterstern – Stadion.

Linie 2: Favoriten - (geplanter neuer) Hauptbahnhof – Wiedner Hauptstraße – Oper – Ringstraße - bis Schottenring – Neue Donaustraße – Nordbahnhof – Donauunterführung – geplante Donauinsel – geplante Nordstadt – Flugplatz (Aspern ?).

Linie 3: In 2 Ästen aus den westlichen Stadtgebiet zum Schottentor – Graben – Stephansplatz – Stadtpark – Landstrasser Hauptstraße – Simmeringer Hauptstraße – Zentralfriedhof – Schwechat (Bahnhof Groß Schwechat).


Ebenfalls gleich nach dem Anschluss begann auch das „Amt für Technik der NSDAP“ mit Planungsarbeiten für U-Bahnstrecken und legte bereits im Anfang 1939 Vorschläge für ein 6 Linien umfassendes Streckennetz vor:

Linie 1: Gersthof – Stephansplatz – Schwechat
Linie 2: Sandleiten – Stephansplatz und weiter Einbindung in die Linie 1 am Stephansplatz nach Schwechat
Linie 3: Ottakring – Mariahilferstraße – Stephansplatz – Praterstern -Stadion – Aspern
Linie 4: Mödling – Schönbrunn – Mariahilferstraße mit weiterer Einbindung in die Linie 3 zum Stadion
Linie 5: Floridsdorf – Karlsplatz
Linie 6: Rothneusiedl – Karlsplatz dann Einbindung in die Linie 3 bis Praterstern – und dann nach Leopoldau.

Diese großzügigen Linienvorschläge mussten aber bereits bei der Präsentation eine Vierjahresprogrammes der städtischen Straßenbahnen durch die „Hauptabteilung Bauwesen“ im August 1939 für den Bereich U-Bahn auf eine Linie reduziert werden!
Übrig blieb die Linie Engerthstraße – Stephansplatz – Karlsplatz – Schönbrunn – Mauer.

Gauleiter Balduar von Schirach beauftragte in weiterer Folge den Reichsarchitekten Dustmann mit den Planungen zur Umgestaltung der Stadt. Dabei wurden wieder der 3 – Linienvorschlag für die U-Bahn vorgestellt, jedoch bis Kriegsende nichts mehr davon realisiert…

Unterlagen stammen aus
Roman Hans Gröger
„Erinnern verboten! – Ausgewählte Neugestaltungsprojekte für Wien zwischen 1938 und 1945
aus dem Österreichischen Staatsarchiv“
Wien 2011

und
Johann Höld
„Das Wiener U-Bahn Netz“ – 200 Jahre Planungs- u. Verkehrsgeschichte
Wien 2009
 
#10
Flugplatz Aspern

Daraus eine Kurzzusammenfassung:
Sofort nach dem Einmarsch begannen umfangreiche Planungen über den Ausbau des Flugplatzes Aspern zu einem Großflughafen für die Zivilluftfahrt. Das „Reichsministerium für Luftfahrt“ plante eine Neuausrichtung des Rollfeldes in Form einer Ellipse mit ca. 2.000 x 1.600 m Achsenlänge. Dafür hätten im Osten des Platzes bestehende Siedlungen vollständig und solche im Bereich des Westteils teilweise geschliffen werden müssen. Vom projektierten Reichsautobahnring um Wien wurde nördlich des Platzes eine eigene Abfahrt vorgesehen.

Das „Luftfahrtamt Wien“ holte eine Reihe von Gutachten ein, die für das Projekt positiv ausfielen. Die „Reichsstelle für Raumordnung“ in Berlin erteilte jedoch keine Genehmigung für den Ausbau von Aspern zum Großflughafen für die Zivilluftfahrt. Sie schlug andere Standorte, wie etwa den Bereich des Fliegerhorstes Seyring oder den Flugplatz Deutsch Wagram zum weiteren Ausbau vor.



Dazu würde ich meinen, dass das Reichs-Luftfahrt-Ministerium kaum eine Planung erstellen bzw. befürworten würde, welche den, im eigenen Ministerium ressortierenden, militärischen Vorhaben völlig entgegengesetzt gewesen wäre.
Es ist möglich, dass Architekten o. a. sich dazu berufen fühlende Stellen solche Entwürfe gemacht haben.
Das Luftamt Wien (nicht Luftfahrtamt Wien) war eine nachgeordnete Dienststelle des Luftgaukommandos XVII in Wien. Ich kann mir nicht vorstellen das diese Dienststelle ein solches, den eigenen Interessen entgegenstehendes, Projekt positiv beurteilt hätte.
Auch ich habe einst die Schachtel 296 im ÖStA-AdR, Bestand RStH Wien durchgesehen, ohne das ich etwas gefunden hätte welches eine derartige Zuschreibung eines Großflughafens für Aspern auch nur annähernd gerechtfertigt hätte.

Wie gesagt, Papier ist Geduldig.

LG Zwölfaxinger
 
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josef

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#11
Planungen zu Aspern...

...Es ist möglich, dass Architekten o. a. sich dazu berufen fühlende Stellen solche Entwürfe gemacht haben...

...Auch ich habe einst die Schachtel 296 im ÖStA-AdR, Bestand RStH Wien durchgesehen, ohne das ich etwas gefunden hätte welches eine derartige Zuschreibung eines Großflughafens für Aspern auch nur annähernd gerechtfertigt hätte.
Habe nur komprimiert das Kapitel zu den Planungen Aspern - Großflughafen aus dem Buch von H.Gröger wiedergegeben. Die Auftraggeber an die Architekten waren sicher verschiedene, wie du schreibst -> "sich dazu berufen fühlende Stellen"! Ähnliches gab es ja auch bei den U-Bahn Projekten, wo auch von staats- bzw. parteinahen Institutionen Parallelplanungen stattfanden...

Es ist z.B. im "Gröger-Buch" (S. 160) auch ein Planausschnitt von "Dipl.Architekt Wilhelm Wohlmeyer" zu finden, mit dem Entwurf eines Zentralbahnhofs (fast an der gleichen Stelle wie der neue Hauptbahnhof) und eines Flugplatzes am Gelände des Arsenals (Gebäude Altbestand natürlich geschliffen)! Als Referenz ist wieder das AdR, RSth, XI/e, Ktn. 299 angeführt.

Im Buch von Ingrid Holzschuh findet man auf S. 54 ff. 3 Faksimiles von "Verkehrsstruktur- und Flächenordnungsplänen - Reichsgau Wien" aus 1940, Auftraggeber am Plankopf: Der Reichsleiter Balduar von Schirach - Zentralbüro - Der Baureferent. Diese Übersichtspläne 1:50.000 waren lt. Buch Arbeitsgrundlagen für Architekt Dustmann. Alle 3 Karten weisen Aspern als Planungsfeld des künftigen Zivilflughafen mit Bahn- und Autobahnanschluss aus! Am 1. Plan v. Oktober 1940 ist interessanterweise auch das Gelände des Flpl. Deutsch Wagram in strichlierter Form (Variante ?) als Zivilflugplatz eingezeichnet. In den mit November und Dezember 1940 datierten Plänen findet man nur mehr Aspern.
Wie gesagt, Papier ist Geduldig.
So ist es, es gab ja zu allen Projekten die verschiedensten Varianten und Ideen und die diversen Dienststellen aller Hierarchieebenen wetteiferten um die Gunst der Oberen :)

Bin gespannt, ob diese Vielfalt an "Luftschlössern" die damals von den Architektur- und Planungsbüros produziert wurden, in der Ausstellung so richtig raus- bzw. rüberkommt?

lg
josef
 
#13
Ja, so ähnlich! Nach Lageplan zur Neugestaltung Wien, Architekt Pöcher 1938 im Buch von

Ingrid Holzschuh
Wiener Stadtplanung im Nationalsozialismus...
Wien 2011


auf S.25 ist im Westen des Platzes ein Richtung Rollfeld offener geschwungener Baukörper, ähnlich des Tempelhof-Objektes, ersichtlich. Leider kann ich aus Copyright-Gründen kein Bild dazu einstellen...

lg
josef
Das war nicht schwer zu erraten. Die Nazis neigten ja zur "Gleichschaltung" was sich auch in der Architektur wiederspiegelte. Einen Eindruck kann man ja auch in Nuernberg bekommen, was Wien oder Linz geblueht haette.
 

josef

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#14
Schaffung von Groß-Wien

Eine wesentliche Grundlage für die Neugestaltungsplanungen war die Schaffung des Gaues "Groß Wien".

Wobei ursprünglich sogar eine Fläche von 8.500 km² vorgesehen war, unter Einschluss der Städte St.Pölten, Tulln, Wr.Neustadt usw.!

Dazu ein Auszug aus dem Wiki-Artikel "Groß-Wien":
...befasste man sich in der NS-Stadtverwaltung mit den Umsetzungsplänen der groß angelegten Gebietserweiterung Wiens, die nach dem Vorbild Groß-Hamburgs erfolgen sollte.

Am 23. April legte die Magistratsdirektion einen Akt über die Gebietsvergrößerung an und ab Mai gab es Besprechungen der einzelnen Verwaltungsgruppen darüber. Dabei wurden teilweise extrem ausgreifende Erweiterungen erwogen (bis zu 8500 km2), bis zu den Quellen der Hochquellenwasserleitungen im Süden und zur Reichsgrenze im Osten. Insbesondere die noch von früher übernommenen Beamten sprachen sich dagegen aus, da Wien dann die teilweise hohen Schulden der niederösterreichischen Gemeinden übernehmen hätte müssen, wobei besonders auf die ganz andere Lage als in Hamburg hingewiesen wurde. Außerdem stieß Neubacher auf den Widerstand der niederösterreichischen NSDAP-Stellen.

Am 24. Mai wurde die Eingemeindung von Fischamend, Klosterneuburg, Schwechat, Mödling und Hadersdorf-Weidlingau angekündigt. Die Eingemeindung von Korneuburg und Deutsch Wagram war ebenfalls vorgesehen, es wurde allerdings darauf verzichtet. Am 21. Juli wurde die Eingemeindung der 97 Gemeinden festgelegt und am 2. September das entsprechende Gesetz vorgelegt. Es erhielt am 1. Oktober die Genehmigung Hitlers und trat am 15. Oktober 1938 in Kraft. Mit diesem Datum trat auch eine Verordnung des Wiener Bürgermeisters in Kraft, in der die neuen Bezirksgrenzen im Detail festgelegt wurden...
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Groß-Wien

1. Erste Planungen über 8.500 km² Fläche
2. Dann tatsächlich geschaffener Gau "Groß-Wien" mit 1.218,98 km²
 

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josef

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#15
"Via Triumphalis" von der Brigitten auf den Kahlenberg

Obwohl Wien nicht zu den „Führerstädten“ bzw. "Neugestaltungsstädten" gehörte, gab es schon vor dem Anschluss 1938 im „Büro Speer“ Planungen für Um- und Neugestaltungen. Wobei aber von Speer angeblich selbst keine Vorschläge kamen, sondern nur von den dort wirkenden Architekten wie „Pöcher“.

Mit dem Anschluss fühlten sich jede Menge mehr oder wenig wichtige Stellen bemüßigt, Planungs- und Neugestaltungsvorschläge zu erarbeiten! Der dadurch entstandene Kompetenzwirrwarr und das gegenseitige Blockieren, Intervenieren, Intrigieren und Verhindern, kam letztendlich nur Wien zugute! Das Stadtbild wurde so vor Errichtung der grässlichen Monumentalbauten des Regimes verschont! Durch die Planung von kilometerlangen „Sichtachsen“ wären ganze Straßenzüge und Stadtviertel abgerissen worden, um Platz für die Neubauten zu schaffen.

Lt. Kapitel „Ausbau der Stadt“ im Wiki-Beitrag zu „Groß Wien“ ist über die nicht verwirklichten Pläne folgendes zu lesen:
Die Pläne für die Umgestaltung des neuen Groß-Wien sahen unter anderem vor, das Zentrum Wiens „näher an die Donau zu rücken“. Dies sollte durch zwei monumentale, parallel verlaufende Straßenachsen, die vom jeweiligen Endpunkt der Ringstraße, dem Schottenring beziehungsweise der Urania, beginnend über die Donau bis zu einem neuen „Donauforum“ im Bereich der Alten Donau führen hätten sollen. Dort sollte am Donauufer unter anderem ein 350 m hoher steinerner Kuppelbau, ähnlich wie in Berlin, entstehen. Des Weiteren sollte eine in über 100 m Höhe auf riesigen Viaduktbögen verlaufende „Via Triumphalis“ entstehen, die vom Gaußplatz in der Brigittenau bis auf den Kahlenberg zu einem NS-Ehrenmal führen und die Weinhänge von Sievering und Grinzing überspannen sollte. Als Vorbild dieser Umbaupläne dienten meist historische Vorlagen aus der Zeit des Barocks beziehungsweise gründerzeitliche Vorstellungen…
Der für mein persönliches Empfinden unmöglichste Vorschlag war die Projektstudie des vorhin bereits erwähnten Architekten Dr. Pöcher aus dem Büro Speer mit einer „Via triumphalis“ von der Brigittenau auf den Kahlenberg! Wobei die Monumentalstraße je nach Geländeniveau auf bis zu 130 m hohen Viaduktbögen über den 20. Und 19. Bezirk auf die Höhen des Wienerwaldes führen sollte. Die Seitenbegrenzung der Straße sollten 20 m hohe Steinfiguren mit Motiven der germanischen Mythologie zieren…

(Nachfolgende Projekt Skizze ist bereits in vielen Publikationen und Artikeln zum Thema veröffentlicht...!)
 

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#16
U-Bahn Bahnhof Mauer

Hallo allerseits!

Hier ein Planausschnitt der U-bahn Linie 1, Betriebsbahnhof Mauer. Der Bahnhof sollte im Bereich Rosenhügelgasse (heute Rosenhügelstraße), Friedensstraße und Holzwebergasse (heute Karl-Schwed-Gasse) entstehen.

Gruß,
Martin

Quelle:
Maurer Kalendarium, Band 1, 1938 - 1939, Anschluß und Veränderungen
herausgegeben von: Maurer Heimatrunde, Ing. H. Böhm
 

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josef

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#17
Ausstellungsbeginn im Architekturzentrum Wien

Morgen, 19.03.2015, beginnt die bereits angekündigte Ausstellung "Wien. Die Perle des Reiches“ im Architekturzentrum Wien:
Hitlerpläne: Wien als Perle des NS-Reiches

Über 30 Jahre hat der Städtebauer Klaus Steiner Pläne aus der NS-Zeit zum Wiener Baugeschehen gesammelt. Zum ersten Mal sind seine rund 4.000 Dokumente im Architekturzentrum (Az W) in „Wien. Die Perle des Reiches“ ab Donnerstag zu sehen.

„Oft wurde ich der Wiederbetätigung beschuldigt. Dabei habe ich immer nur auf eine Veröffentlichung hingearbeitet“, sagte Klaus Steiner, der mit Beginn seines Studiums 1961 begonnen hat, sich intensiv mit den Bauplänen aus dem Nationalsozialismus zu beschäftigen. „Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, da hat es nur so von alten Nazis gewimmelt“, sagte Steiner. „Vom Roten Wien bis zum Wiederaufbau gab es keine Dokumentation der Planungsgeschichte. Es gab immer nur Fragen, nie Antworten.“

So kaufte sich Steiner in einem Antiquariat einen Amtskalender und ein altes Telefonbuch, um die fehlenden Antworten zu finden. Im Amtskalender suchte er unter anderem nach Namen der Gauleiter, der Bauleiter und weiteren Behörden, die an der Stadtplanung beteiligt waren. Diese Personen schaute er dann im alten Telefonbuch nach und glich die Kontaktdaten mit einer aktuellen Version ab. „Viele haben geheiratet oder sind verstorben, es war schwierig diese Menschen zu finden“, sagte Steiner, der lange Zeit in der Wiener Stadtplanung tätig war.

Seine Gesprächspartner waren vor allem Witwen, Enkel oder Kinder. „Manche waren froh, dass ich ihnen die Papiere abnahm. Manche waren auch sehr stolz auf ihre Werke.“ Am schwierigsten für Steiner waren die damals noch lebenden Beamten und Architekten. „Die waren misstrauisch. Wenn jemand ein KZ geplant hatte, wollte er das nicht auf die große Glocke hängen.“

Lücke in Architekturgeschichte geschlossen
Vor ein paar Jahren stellte Steiner seine Recherchen ein und übergab 2011 schließlich sein Archiv dem Az W, das von den Kuratorinnen Ingrid Holzschuh und Monika Platzer wissenschaftlich verarbeitet und via Datenbank zugänglich gemacht wurde. „Wir konnten damit die Lücken in der Planungs- und Architekturgeschichte schließen. Eine Kontinuität und Nachwirkung ist jetzt möglich“, sagte Az W-Chef Dietmar Steiner.

Am 9. April 1938 prägte Hitler bei der Ansprache im Rathaus den Begriff „Wien. Die Perle des Reiches“ und löste damit eine Planungseuphorie aus. Doch die Zeit zwischen 1938 und 1945 sei ein „dunkles Feld“, eine Zeitspanne der heimischen Architekturgeschichte, die man lange ignoriert habe, „als hätte sie nicht stattgefunden“, sagte Az W-Chef Steiner. Die Primärquellen seien in den öffentlichen Institutionen häufig verschwunden, „weil die Archive gesäubert wurden“, sagte Kuratorin Holzschuh über die Bedeutung jener Materialien.

„Nazi-Architektur vom Feinsten“
Rund 455 Projekte wurden in etwa 4.000 Einzeldokumenten erfasst, wobei NS-Bauten typologisch nicht zu fassen seien, wie Klaus Steiner erklärte: „Es gibt keine nationalsozialistische Architektur. Das ist eine Schimäre.“ Entscheidend sei die Weise, wie Politik, Raum und Architektur zusammenspielten. Die Planungen, eine riesige Entwicklungsachse quer zur Donau durch die vorwiegend von Juden bevölkerte Leopoldstadt zu treiben, seien „Nazi-Architektur vom Feinsten“, merkte Steiner an.

Man dürfe die Planungen und Bauten auch nicht per se verdammen. „Sie haben auch qualitativ gute Sachen gemacht. Hätten die Nazis bauen können, was sie wollten, hätten wir ein fix und fertiges U-Bahn-System in Wien“, sagte Klaus Steiner. Auch Holzschuh sieht das ähnlich: „Man darf es nicht darauf aufhängen, das war ein Nazi-Architekt. Diese Zeit hat es in den Biografien gegeben und die Bewertung liegt bei einem selbst.“

Nicht chronologisch, sondern in neun Themenkomplexe ist die Ausstellung gegliedert, die auch die Instrumentalisierung der Architektur bewusst machen möchte. Dabei werden nicht nur zahlreiche Pläne, Dokumente und Fotos, sondern auch Ausschnitte aus historischen Amateur- und Propagandafilmen sowie ein ausführliches Video-Interview mit Klaus Steiner gezeigt. „Es soll keine Bestandserfassung von NS-Bauten und -Planungen in Wien sein, sondern eine Täterperspektive zeigen“, sagte Kuratorin Monika Platzer.
http://wien.orf.at/news/stories/2700184/

Genauere Infos zur Ausstellung: http://www.unterirdisch-forum.de/in...e-perle-des-reiches«-planen-für-hitler.12034/
 
Zuletzt bearbeitet:
#18
„Es soll keine Bestandserfassung von NS-Bauten und -Planungen in Wien sein, sondern eine Täterperspektive zeigen“, sagte Kuratorin Monika Platzer.

http://wien.orf.at/news/stories/2700184


Der Begriff "Täterperspektive" kommt mir skurril vor!

Die damalige Architektur mag Größenwahnsinnig und auch grauslich gewesen sein, hat aber nichts mit Kriegsverbrechen oder Völkermord zu tun.

Ich finde man kann alles übertreiben.
Gruß Zwölfaxinger
 
#19
Der Begriff "Täterperspektive" kommt mir skurril vor!
Das ist halt die "innere Schere" im Kopf. Damit beugt man den Vorwurf vor ein "Nazisympatisant" zu sein... :D

Wäre schön wenn jemand ein paar aussagekräftige Bilder der Ausstellung einstellen könnte. Ich werde es, wie die meisten, nicht nach Wien schaffen. :D

Gibt es dort einen Ausstellungskatalog? Wenn ja, wo kann ich diesen beziehen?
 
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