Rätsel um Fotografie, die angeblich 1894 in Spandau entstand, gelöst
Berlin - Das Bild zeigt den Flugpionier Otto Lilienthal (1848-1896) mit seinem Hängegleiter über Spandau - im Hintergrund sind einige Gebäude und der Kirchturm des heute zu Berlin gehörenden Ortes zu erkennen. Die angeblich von 1894 stammende Aufnahme lässt ein weiteres verwegenes Abenteuer Lilienthals vermuten, zwei Jahre bevor er an den Folgen eines Flugunfalls starb.
Experten zufolge handelt es sich dabei allerdings um eine Fälschung: Das Bild zeige zwar tatsächlich Lilienthal bei einem seiner Flugversuche - allerdings nicht über der Stadt, die sich unter seinen Füßen ausbreite. "Die Skyline gehört zu Spandau, einer damals noch eigenständigen Stadt vor den Toren Berlins", sagte Bernd Lukasch, Direktor des Otto-Lilienthal-Museums in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern.
Originalaufnahme vom Flugplatz
Ein genauer Blick zeige aber, dass sich der Hintergrund um den fliegenden Lilienthal heller vom Himmel abhebe. Lukasch vermutet: Der Fotograf hat auf den großformatigen Kollodium-Papierabzug mit der Skyline Spandaus ein zweites Glasnegativ gelegt und - wie damals üblich - in der Sonne belichtet. Das Original-Bild vom fliegenden Lilienthal entstand am Hauptmannsberg bei Stölln - seinem favorisierten Flugplatz. Es wurde 1893 vom Fotografen Alex Krajewsky aufgenommen, und dieser hatte - so fügt sich die Geschichte eventuell zusammen - sein Atelier in Spandau.
Aber wie weit kam Lilienthal eigentlich mit seinen Konstruktionen? Seine wichtigsten Gleitflüge absolvierte er zwischen 1891 und 1896 bei Berlin, sie trugen ihn eigenem Bekunden nach bis zu 250 Meter weit. Für die Flüge benötigte er einen erhöhten Abflugpunkt wie seinen künstlich errichteten "Fliegeberg" in Lichterfelde bei Berlin oder die Hügel bei Stölln. Bereits als Jugendlicher hatte er zusammen mit seinem Bruder Gustav den Flug der Störche über den pommerschen Feldern bei Anklam studiert und erste Flugexperimente begonnen.
Medienwirksamer Pionier
Lilienthal gilt als der erste Mensch, der sich mit Hilfe eines Gleitflugapparates erfolgreich in die Lüfte erhob. Der englische Luftfahrt-Historiker Charles Gibbs-Smith bezeichnet ihn auch als den vielleicht ersten "Medien-Star". Die fotografische Dokumentation der Flüge sei ihm fast ebenso wichtig gewesen wie seine Flugversuche selbst. Vielfach lud der Pilot Fotografen zu seinen Experimenten ein, um seine Flugapparate wie auch die Flüge dokumentieren zu lassen.
"In Berlin kamen damals zwei innovative Entwicklungen zusammen: die Erfindung der Momentfotografie und die Flugversuche von Lilienthal", sagt Museumschef Lukasch. Eine glückliche Fügung, die dazu führte, dass es von Lilienthals Flugversuchen vor 120 Jahren noch heute vergleichsweise viele Aufnahmen gibt.
Lilienthal war also alles andere als kamerascheu. Doch der Experte Lukasch glaubt nicht, dass der Hängegleiter-Pilot die Aufnahme mit der Spandau-Skyline zu PR-Zwecken anfertigen ließ, und führt dafür zwei Gründe an: "Das spektakulär anmutende Foto wurde nie veröffentlicht - es ist einmalig nur im Lilienthal-Nachlass zu finden." Zudem sei der Ingenieur Lilienthal kein Hochstapler gewesen. Zu sehr sei er Techniker und trotz seiner waghalsigen Flugexperimente auf Seriosität bedacht gewesen.
Manipuliertes Bild als Geschenk?
Für letzteres spricht auch folgende Episode: In einem Vortrag im Jahr 1894 vor der Polytechnischen Gesellschaft in Berlin versuchte Lilienthal, die Begeisterung an seinen Flügen zu dämpfen: "Zum Schluss möchte ich Sie noch bitten, das von mir Erreichte nicht für mehr zu halten, als es an und für sich ist. Auf den Photographien, wo Sie mich hoch in der Luft dahinfliegen sehen, macht es den Eindruck, als wäre das Problem schon gelöst. Das ist durchaus nicht der Fall." Vielmehr, so Lilienthal weiter, sei das bisher Erreichte für den Flug der Menschen nichts anderes als die ersten unsicheren Kinderschritte für den Gang des Mannes.
Lukasch geht deshalb eher davon aus, dass es sich bei dem Bild vom fliegenden Lilienthal über Spandau um ein originelles Geschenk des Fotografen an den Flugpionier handelt - möglicherweise zum Geburtstag. (red, APA, 11.5.2015)
Berlin - Das Bild zeigt den Flugpionier Otto Lilienthal (1848-1896) mit seinem Hängegleiter über Spandau - im Hintergrund sind einige Gebäude und der Kirchturm des heute zu Berlin gehörenden Ortes zu erkennen. Die angeblich von 1894 stammende Aufnahme lässt ein weiteres verwegenes Abenteuer Lilienthals vermuten, zwei Jahre bevor er an den Folgen eines Flugunfalls starb.
Experten zufolge handelt es sich dabei allerdings um eine Fälschung: Das Bild zeige zwar tatsächlich Lilienthal bei einem seiner Flugversuche - allerdings nicht über der Stadt, die sich unter seinen Füßen ausbreite. "Die Skyline gehört zu Spandau, einer damals noch eigenständigen Stadt vor den Toren Berlins", sagte Bernd Lukasch, Direktor des Otto-Lilienthal-Museums in Anklam in Mecklenburg-Vorpommern.
Originalaufnahme vom Flugplatz
Ein genauer Blick zeige aber, dass sich der Hintergrund um den fliegenden Lilienthal heller vom Himmel abhebe. Lukasch vermutet: Der Fotograf hat auf den großformatigen Kollodium-Papierabzug mit der Skyline Spandaus ein zweites Glasnegativ gelegt und - wie damals üblich - in der Sonne belichtet. Das Original-Bild vom fliegenden Lilienthal entstand am Hauptmannsberg bei Stölln - seinem favorisierten Flugplatz. Es wurde 1893 vom Fotografen Alex Krajewsky aufgenommen, und dieser hatte - so fügt sich die Geschichte eventuell zusammen - sein Atelier in Spandau.
Aber wie weit kam Lilienthal eigentlich mit seinen Konstruktionen? Seine wichtigsten Gleitflüge absolvierte er zwischen 1891 und 1896 bei Berlin, sie trugen ihn eigenem Bekunden nach bis zu 250 Meter weit. Für die Flüge benötigte er einen erhöhten Abflugpunkt wie seinen künstlich errichteten "Fliegeberg" in Lichterfelde bei Berlin oder die Hügel bei Stölln. Bereits als Jugendlicher hatte er zusammen mit seinem Bruder Gustav den Flug der Störche über den pommerschen Feldern bei Anklam studiert und erste Flugexperimente begonnen.
Medienwirksamer Pionier
Lilienthal gilt als der erste Mensch, der sich mit Hilfe eines Gleitflugapparates erfolgreich in die Lüfte erhob. Der englische Luftfahrt-Historiker Charles Gibbs-Smith bezeichnet ihn auch als den vielleicht ersten "Medien-Star". Die fotografische Dokumentation der Flüge sei ihm fast ebenso wichtig gewesen wie seine Flugversuche selbst. Vielfach lud der Pilot Fotografen zu seinen Experimenten ein, um seine Flugapparate wie auch die Flüge dokumentieren zu lassen.
"In Berlin kamen damals zwei innovative Entwicklungen zusammen: die Erfindung der Momentfotografie und die Flugversuche von Lilienthal", sagt Museumschef Lukasch. Eine glückliche Fügung, die dazu führte, dass es von Lilienthals Flugversuchen vor 120 Jahren noch heute vergleichsweise viele Aufnahmen gibt.
Lilienthal war also alles andere als kamerascheu. Doch der Experte Lukasch glaubt nicht, dass der Hängegleiter-Pilot die Aufnahme mit der Spandau-Skyline zu PR-Zwecken anfertigen ließ, und führt dafür zwei Gründe an: "Das spektakulär anmutende Foto wurde nie veröffentlicht - es ist einmalig nur im Lilienthal-Nachlass zu finden." Zudem sei der Ingenieur Lilienthal kein Hochstapler gewesen. Zu sehr sei er Techniker und trotz seiner waghalsigen Flugexperimente auf Seriosität bedacht gewesen.
Manipuliertes Bild als Geschenk?
Für letzteres spricht auch folgende Episode: In einem Vortrag im Jahr 1894 vor der Polytechnischen Gesellschaft in Berlin versuchte Lilienthal, die Begeisterung an seinen Flügen zu dämpfen: "Zum Schluss möchte ich Sie noch bitten, das von mir Erreichte nicht für mehr zu halten, als es an und für sich ist. Auf den Photographien, wo Sie mich hoch in der Luft dahinfliegen sehen, macht es den Eindruck, als wäre das Problem schon gelöst. Das ist durchaus nicht der Fall." Vielmehr, so Lilienthal weiter, sei das bisher Erreichte für den Flug der Menschen nichts anderes als die ersten unsicheren Kinderschritte für den Gang des Mannes.
Lukasch geht deshalb eher davon aus, dass es sich bei dem Bild vom fliegenden Lilienthal über Spandau um ein originelles Geschenk des Fotografen an den Flugpionier handelt - möglicherweise zum Geburtstag. (red, APA, 11.5.2015)
Und warum poste ich das hier?
Um darauf aufmerksam zu machen, dass ein Foto, auch wenn es aus dem Jahr 1894 sein sollte, nicht unbedingt die Wahrheit zeigen muss.
lg siebzehn
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