Das Zollfeld zwischen Klagenfurt und St. Veit ist eine der ältesten Kulturlandschaften Kärntens

josef

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#1
Reise ins Zeitalter der Gladiatorenkämpfe
Die Entdeckung des Amphitheater in der historischen Stadt Virunum am Zollfeld war eine archäologische Sensation. Viel zu erfahren gibt es hier über antike Gladiatorenkämpfe, die meist weniger blutrünstig waren, als ihr Ruf.
Virunum wurde Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts als Hauptstadt der Provinz Noricum gegründet und löste die Hauptstadt auf dem Magdalensberg ab. Schon in den 1930-er Jahren vermuteten Archäologen, dass es in der antiken Stadt Virunum ein Amphitheater gegeben haben muss. Die Ausgrabungsarbeiten begannen aber erst im Jahr 1998.


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Das Amphitheater ist 120 Meter lang und 50 Meter breit

Eine der wichtigsten Grabungsstätten Österreichs
Die Stadt lag an der Verbindungsstraße von der Adria an die Donau. Sie wurde auf einer Terrasse am Rande des Zollfeldes errichtet und bestand etwa bis ins 6. Jahrhundert nach Christi. Zur Stadt gehörten Mittel- und Ostkärnten sowie Teile der Steiermark. Das Territorium war mit 9.000 Quadratkilometern nur etwas kleiner als das heutige Kärnten. Virunum gilt als eine der wichtigsten Grabungsstätten in Österreich - mehr dazu in Virunum: Antikes Bischofszentrum entdeckt (kaernten.ORF.at; 25.8.2012).


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Münzenfunde aus der antiken Stadt Virunum

Gladiatorenkampf und Tierhatz im Amphitheater
Die Überreste des Amphitheaters befinden sich auf einem Hang oberhalb der Stadt. Es sei wohl eines der repräsentativsten und größten Gebäude der Stadt Virunum gewesen, sagte der Historiker Roland Bäck.

Das Amphitheater habe eine spezielle Form, so Bäck: "Es ist kein perfektes Oval sondern durch die Hanglage etwas in die Länge gezogen. Es ist ein Gelände auf dem Tierhetzen, Gladiatorenkämpfe aber auch Übungen des Militärs oder Vereinspräsentationen stattgefunden haben könnten.“

Kämpfe zur Unterhaltung des Volkes
Gladiatorenkämpfe waren im alten Rom weit verbreitet und hatten rituellen Charakter. Die Gladiatoren verwendeten damals die verschiedensten Waffen. Schild, Kurzschwert und Helm gehörten zu der Ausrüstung eines schwer bewaffneten Kämpfers, der eine Rüstung trug, sagte Bäck. Diese Kämpfer konnten sich nur schwer bewegen, waren aber besser geschützt. Im Gegensatz dazu gab es sogenannte Netzkämpfer, lateinisch auch „Retiarius“:


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Etwa 14 Jahre hat es gebraucht, um alle Mauern des Amphitheaters freizulegen

... die nicht unbedingt mit dem Tod endeten
Bäck: „Der Netzkämpfer war nicht so stark gepanzert, daher eher verwundbar. Aber er musste weniger Gewicht am Körper tragen, war weniger schnell müde und beweglicher. Alle Gladiatorenkämpfer wurden gleichwertig in der Arena gegenübergestellt, auch wenn sie völlig unterschiedlich ausgerüstet waren“, sagte Bäck. „Die Kämpfe dienten zur Unterhaltung des Volkes und zielten nicht unbedingt auf den Tod des Gegners ab.“

Opfer an die Schicksalsgöttin Nemesis
Neben den Kämpfen fanden auch Opfergaben im Amphitheater statt. Der antiken Schicklsalsgöttin Nemesis wurden meist vor einem Kampf kleine Opfer an Weihaltären in Form von Münzen oder Weihrauchopfern gebracht. „Vor allem Soldaten, Gladiatoren, also alle die von einem plötzlichen Tod bedroht gewesen sind, haben der Schicksalsgöttin Nemesis ein Opfer dargebracht“, sagte Bäck.

Nachdem die Archäologieland Kärnten GmbH die Ausgrabungen nach drei Jahren wegen Insolvenz des Amphitheaters nicht mehr fortführen konnte, übernahm das Landesmuseum Kärnten 2004 die Ausgrabungs- und Sanierungsarbeiten. Von 2004 an wurden die Ausgrabungsarbeiten im Zuge eines gemeinnützigen Projekts weitergeführt.

Langzeitarbeitslose halfen bei Freilegung
Langzeitarbeitslose halfen bei den Ausgrabungen und sollten so leichter wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Seit 2012 ist das Amphitheater nun vollständig freigelegt. Neben Führungen durch die historische Stätte wird das Amphitheater auch für Events wie Theatervorstellungen genutzt.

Publiziert am 04.08.2018
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#2


Virunum doch größer als gedacht?
Archäologen haben mit Hilfe von High-Tech-Methoden am Zollfeld ein riesiges Militärlager entdeckt. Es gehörte zur römischen Stadt Virunum, die wesentlich größer sein könnte als angenommen. Jetzt sucht man nach einem Palast.
Das riesige Militärlager wurde bereits vor 17 Jahren zufällig entdeckt. Im Jahr 2001 wollten die Archäologen mit einem Heißluftballon Luftaufnahmen von den Ausgrabungen des Amphitheaters von Virunum machen, dabei entdeckten sie Strukturen im Acker.


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So hat das Militärlager in der römischen Stadt Virunum ausgesehen

Mit einem hochauflösenden Bodenradarsystem untersuchten dann Wiener Experten vo Ludwig Boltzmann Institut für archäologische Prospektion die Spuren in dem Acker. Die Auswertung der Radarbilder zeigt ein großes Militärlager, in dem die Garde des Governeurs untergebracht war. „Wir konnten nicht nur die Umrisse der Gebäude erkennen, sondern auch wirklich unterscheiden, wo die einfachen Soldaten untergebracht waren und wo die Offiziere“, sagte Archäologe Christian Gugl.

Virtuelle Erforschung von Virunum
Durch modernste Methoden konnte ein römisches Militärlager am Zollfeld entdeckt werden
Die Radarbilder sind so detailliert, dass die Archäologen sogar Stallungen identifizieren konnten - mit den Fäkalien-Gruben der Pferde. Völlig ohne Grabung gelang es so zu beweisen, dass dort Reitertruppen untergebracht waren.
Virunum wurde um die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts unter Kaiser Claudius als Hauptstadt der Provinz Noricum gegründet. Die Stadt wurde auf einer überschwemmungssicheren Terrasse am Rande des Zollfeldes errichtet. Heute ist nur das Amphitheater noch sichtbar.

Neue Erkenntnisse
Durch diese High-Tech-Methoden konnten die Wissenschafter neue Erkenntnisse über die römische Stadt gewinnen, ohne Grabungen vorzunehmen. „Diese Prospektionsmaßnahmen, also Luftbildarchäologie und Geophysikalische Prospektion zusammen, ergeben ein ganz anderes Siedlungsbild als das man mit den Ausgrabungen alleine bewältigen könnte“, so Christian Gugl. Und: „Virunum war viel größer als man bisher geglaubt hat.“


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Die Inschriften am Prunnerkreuz berichten von der Bedeutung von Virunum

Die Archäologen hoffen nun weitere Gebäude von Virnum zu finden. Etwa die Ruinen des Stadthalterpalastes, die sich unter einem benachbarten Wäldchen nahe des Militärlagers befinden könnte. „Das Militärlager mit den abgestellten Soldaten beweist, dass der Stadthalterpalast nicht sehr weit weg sein muss“, so die Archäologin Renate Jernej. „Das wäre natürlich ein tolles Forschungsprojekt hier in der Gegend noch ein bisschen nach dem Stadthalter-Palast zu suchen.“

Publiziert am 14.12.2018
Virunum doch größer als gedacht?
 

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#3
Der Atem der Geschichte auf dem Zollfeld

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Das Zollfeld ist historisch uralter Boden. Die fruchtbare Ebene zwischen Klagenfurt und St. Veit war Siedlungsgebiet der Kelten und Römer. Im Boden warten Relikte der Vergangenheit auf ihr Entdeckung. Viele Funde gibt es in der Sammlung von Schloss Töltschach.

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Das Zollfeld wird von der Glan durchflossen und ist eine der ältesten Kulturlandschaften Kärntens. Auf dem Zollfeld spürt man die Geschichte Kärntens. Man steht auf uraltem Boden, so Kärnten Guide Ernst Bauer: „Die Besiedelung war ja schon vor den Römern vorhanden, aber natürlich haben wir die größten Fundgegenstände seit der Römerzeit.“

Man findet dort neben vielen Ausgrabungen auch noch Verborgenes wie eine riesige Sportstätte und ein Amphitheater, so Ernst Bauer. Das hatte etwa 4.000 Zuschauerplätze und daneben, das alte Theater mit 6.000 Plätzen. Man könne daraus schließen, wie viele Einwohner Virunum damals hatte, es waren rund 20.000, so Bauer.
Johann JaritzCC BY-SA 4.0
Ausgrabungen von Virunum

Mitten im römischen Reich gelegen
Es war der Ursprung Kärntens, der Mittelpunkt des heutigen Österreichs: „Es war nicht nur die erste Landeshauptstadt, es war die erste Hauptstadt auf dem Gebiet des heutigen Österreichs. Zuerst das keltische Königreich Noricum, das seinen Namen von Hauptstamm hat, das auf dem Magdalensberg seine Residenz hatte. Später, als es zur Provinzhauptstadt der Provinz Noricum wurde, war es auch wieder die bedeutendste Stadt in diesem Bereich.“

Berühmtes Norisches Eisen
Es war wohl der Reichtum an Bodenschätzen, der das Zollfeld so begehrt machte, so Bauer. Hier war das Norische Eisen zu finden, das die Römer für Waffen brauchten, das sorgte für florierenden Handel und Metallverarbeitung. „Die Lage der Stadt war sehr günstig – mittendrin im römischen Reich und rundherum keine Grenzen, hier hat man keine Stadtmauern gebraucht. Das hat später zum Untergang geführt. Als die Völkerwanderung einsetzte und Virunum keine Stadtmauer hatte, kamen andere Völker und verdrängten die Römer.“

Johann JaritzCC BY-SA 4.0
Schloss Töltschach

Beim Pflügen kommen Funde ans Licht
Was blieb sind einige Ausgrabungen und am östlichen Rand des Zollfeldes das Schloss Töltschach. Auch dort seien viele Spuren der Kelten und Römer zu finden, sagte Bauer: „Es war lange Zeit im Besitz des Johann Baptist Türk, dem Kärntner Andreas Hofer, der das Land erfolgreich gegen die Franzosen verteidigt hat. Der Besitzer bewirtschaftet die Felder dort, es ist ein großer landwirtschaftlicher Besitz. Immer wieder, wenn er pflügt und am Feld arbeitet, kommen Fundgegenstände zutage. Das schon seit Jahrhunderten." Es gebe im Schloss eine Sammlung römischer Funde, in erster Linie Spolien (Bauteile und andere Überreste wie Teile von Reliefs oder Skulpturen, Anm.).“
Angebaut an das Schloss befinde sich eine schöne Schlosskapelle mit großen Fresken von Josef Ferdinand Fromiller, dem zu wenig beachteten Meister der barocken Scheinmalerei.

1432 Hinweise auf Anwesen
Der Ort Töltschach wurde 1292 erstmals urkundlich erwähnt. 1432 gab es einen ersten Hinweis auf das Gebäude, es dürfte sich um den Hof eines Edelknechts gehandelt haben. Ab 1520 war die Familie Neuschwert in Besitz des Gutes. Nachdem der letzte Vertreter der Familie Neuschwert im Jahr 1619 gestorben war, fiel Töltschach durch Verschwägerung für eineinhalb Jahrhunderte an die Herren von Himmelberg. Sie ließen das Herrenhaus um 1691 und 1720 umbauen und barockisieren. Gegen 1680 zeigt ein Kupferstich von Valvasor ein einfaches, dreigeschoßiges Herrenhaus. Im 18. Jahrhundert übernahm die mit den Himmelbergern verwandte Familie Grotta von Grottenegg das Anwesen. Johann Martin von Srohlendorf kaufte das Gut 1769 und ließ sieben Jahre später die Kapelle errichten und mit Fresken ausstatten. Danach wechselten die Besitzer häufiger. 1913 erwarb die Familie Toff das Gut und führt es heute als landwirtschaftlichen Betrieb.
25.11.2020, red, kaernten.ORF.at
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#4
Römer und Kelten kannten schon Vereine
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Zum Ende der Grabungssaison haben die Archäologen in Virunum auf dem Zollfeld am Dienstag Bilanz gezogen. Man fand heraus, dass schon die Römer und Kelten Vereine hatten. Ein Vereinshaus wurde freigelegt, das bei einem Erdbeben beschädigt worden war.
Online seit heute, 5.46 Uhr
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Im Amphitheater in Virunum ging es in der Antike hoch her und gleich daneben, in bevorzugter Hanglage, hatten die betuchten Bürger der norischen Hauptstadt ihre Vereinshäuser. Während des Sommers wurden hier unter der Leitung des Archäologen Heimo Dolenz die Grundmauern eines Vereinshauses freigelegt.

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Kulte und feuchtfröhliche Feste
Nur die Vornehmen der Stadt gehörten solchen Bürgervereinen an. Dieser war dem Gott Dionysos Bacchus, dem Gott des Weines, der Freuden und der Fruchtbarkeit zugetan. „Das ist ein Gebäude, wo wir jetzt gerade die Vereinshalle, die Banketthalle, freilegen mit 163 Quadratmeter Fläche. Sie hat, wie wir jetzt wissen, Platz für feuchtfröhliche Veranstaltungen aber auch für die Ausübung von Mysterienkulten geboten“, so Dolenz.

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Archäologe Heimo Dolenz

Dreimal bebte die Erde
Gefunden wurde auch eine Marmortafel mit den Namen von 47 männlichen und 33 weiblichen Mitgliedern, ein antikes Vereinsregister sozusagen. An der Fundstelle wurde auch eine andere Tafel gefunden, darauf ist festgehalten, dass der Vereinstempel im Jahr 182 bei einer Naturkatastrophe schwer beschädigt wurde. „Fünf römische Bürger zahlten die Restaurierungskosten. Das hat man in dieser Tafel verewigt“, so Dolenz. Somit wissen die Historiker nun, dass in Virunum zwischen 9 und 239 nach Christus die Erde dreimal heftig bebte.

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Der im Vereinshaus entdeckte Brunnen

Brunnen mit Spuren antiken Lebens
An der Grabungsstelle beim Vereinshaus gibt es noch eine Besonderheit: Im Haus befand sich ein Brunnen. Wenn auch keine Schätze darin auftauchen, birgt er wichtige Informationen für die Archäologie: „Erdbeersamen, Schlehdornsamen, Mohn, all das wird man aus diesem Brunnen rekonstruieren können. Dann kann man Rückschlüsse ziehen, wie diese Kulthandlungen und Feste abgehandelt wurden“, so Dolenz. Und wir wissen wieder ein bisschen mehr über die Bewohner Kärntens in der Antike, die Naturkatastrophen trotzten und durchaus ein reges Vereinsleben hatten.

Hauptstadt der Provinz Noricum
Virunum wurde um die Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus unter Kaiser Claudius als Hauptstadt der Provinz Noricum gegründet. Damit löste sie die Stadt auf dem Magdalensberg. Sie lag an der Verbindungsstraße von der Adria an die Donau und wurde auf einer überschwemmungssicheren Terrasse am Rande des Zollfelds errichtet.
31.08.2022, red, kaernten.ORF.at

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Römer und Kelten kannten schon Vereine
 

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#5
Phallussymbol in Virunum ausgegraben
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Archäologische Sensationsfunde bringt derzeit die Ausgrabungsstätte Virunum auf dem Zollfeld zutage. Die Erde gibt immer neue Geheimnisse aus der Zeit der Römer zwischen 130 bis 235 nach Christus preis. In einem Brunnen wurde jetzt der Mittelteil eines phallischen Kultsteins entdeckt.
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40 Zentimeter lang ist das Fundstück. Es wurde Anfang September in einem fünf Meter tiefen Brunnen unter einer Marmorsäulenbasis entdeckt. Das Phallussymbol trägt die Inschrift „Liber pater“, sagte Heimo Dolenz, Leiter der Ausgrabungen Virunum: „Liber pater und Libera sind das Gespann der Fruchtbarkeit der Italiker. Diese beiden Figuren werden mit dem Gott Dionysos angeglichen.“

Verkleidet in Prozessionen durch Stadt gezogen
Dionysos war in der griechischen Mythologie der Gott des Weines, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase. Der phallische Kultstein, der nun in Virunum gefunden wurde, ist ein zentrales Element eines Fruchtbarkeitskultes. Im Frühling enthüllte man das steinerne Phallussymbol, das dann im Herbst wieder in Tüchern eingewickelt wurde: „Das ist die Periode, wo sie in einem kleineren Kreis der Gruppenreligion ihre Mysterien gefeiert haben, anständige rituelle Akte und Fruchtbarkeitsumgänge. Man ist verkleidet als Satyren und Nymphen in Prozessionen durch die Stadt gezogen.“ Das habe sich auf der Prunkstraße zwischen Theater und Amphittheater abgespielt, so Dolenz.


Heimo Dolenz, Kärntner Landesmuseum
Der gefundene Kultstein
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Auch Vereinsgebäude ausgegraben

Mittels Georadar fand man an dieser Straße auch sieben Vereinsgebäude, davon wurde heuer im Sommer ein Vereinssaal von 163 Quadratmetern komplett freigelegt – mehr dazu in Römer und Kelten kannten schon Vereine. Dolenz sagte, man habe einander damals während der Vegetationsperiode in den Vereinshäusern getroffen. Der Bankettsaal hatte keine Fußbodenheizung oder andere Beheizung, das weise auf eine Nutzung in der warmen Jahreszeit hin.

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Heimo Dolenz, mit einem der Vereinsregister

Bei den Vereinen seien auch Frauen dabei gewesen, so Dolenz. Man habe das Leben des Gottes Dionysos mit Musik und Gedichten nachgestellt, da sei die Frau ein wesentlicher Teil des Ganzen. Zwei Tafeln mit den Namen von Mitgliedern wurden in Virunum gefunden. 50 Männer und 30 Frauen seien hier verzeichnet, vor allem Ehefrauen, aber auch Alleinstehende, sagte Dolenz. Bis zu 160 Männer und Frauen hätten einander wöchentlich getroffen, es müsse also noch eine Namenstafel geben.

Haarnadel, Spiegel und Ring gefunden
Desiree Ebner Baur von der Abteilung für Provinzialrömische Archäologie und Feldforschung am Kärntner Landesmuseum freut sich über die zahlreichen Funde: „Beispielsweise eine bronzene Haarnadel, wunderschön erhalten, die die Tracht einer Frau zierte. Ein weiterer Gegenstand, der auf Frauen hinweist, ist zum Beispiel ein Schmuckstück, ein Anhänger einer Kette mit zwei ineinander verschlungenen Schlangen, oder ein feiner, bronzener Fingerring. Interessant ist auch das Fragment eines bronzenen Spiegels.“

Außerdem konnte eine funktionierende Pinzette ausgegraben werden, so Baur: „Die Form sieht aus wie bei einer heutigen Pinzette, sie ist bewährt und ist bis heute erhalten. Auch ein Siegelkapselfragement ist ein besonderes Stück. Die Siegelkapsel hat das Siegel eines Dokuments in sich ausgenommen, um das Siegel zu schützen.“ Diese Kapsel ist aus Silber gefertigt und mit einer zarten Glaseinlage verziert. Auch einige Münzen erzählen von den Römern auf dem Zollfeld: „Beispielsweise eine schöne Münze von Kaiser Commudus Ende des zweiten Jahrhunderts. Eine weitere ist ein Gallienus von der Mitte des dritten Jahrhunderts.“

Viele Funde im Brunnen
Es wurde auch das Unterarmfragment einer weiblichen Statue gefunden, sagte Baur. Die Statue trägt einen Armreifen und wurde im Brunnen gefunden. Alle Fundstücke aus dem Brunnen kommen nun in ein Speziallabor in Wien, um sie zu untersuchen, wie das Statuenfragment, Ziegelscherben, Kleinfunde, aber auch Knochen. Mit Hilfe der Akademie der Wissenschaften werden die Fundstücke archäobotanisch und archäozoologisch untersucht, so Dolenz. Mit Pollen-, Korn- und Samenanalysen bekomme man einen Einblick, wie damals um 180 die Umwelt gewesen sei.

„Wie viel Prozent Roggen, Hafer und Gerste angebaut wurden, wie der Wald in seiner Zusammensetzung war. Was haben die Leute gegessen und in den Brunnen geworfen. Ein Fundus bis hin zu Knochenstückchen, wo man sagen kann, ob ein Fleischhauer das Fleisch vorbereitet hat oder ob man es im Stück gegessen hat“, so Dolenz.

Ausgrabungen gehen weiter
130 bis 235 nach Christus war die Hochblütezeit der Römer in Virunum, der Provinzhauptstadt Noricums. Die zahlreichen Vereine sind Ausdruck des Erstarkens des Bürgertums. Mit der Mitgliedschaft in diesen Vereinen konnte das Bürgertum an Einfluss gewinnen, so der Archäologe.
Der Acker, auf dem sich die jetzige Ausgrabungsstätte befindet, wurde für vier Jahre gepachtet, um weitere Erkenntnisse über die Vereinskultur, das Leben der Menschen vor zirka 1.800 Jahren und über Naturkatastrophen in Virunum zu bekommen.

14.09.2022, red, kaernten.ORF.at
Phallussymbol in Virunum ausgegraben
 
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