"Blutschnee", "Sahara Staub" und lokale Staubverwehungen im Hochgebirge

josef

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#1
Bergsteiger wundern sich über „Blutschnee“ in den hochalpinen Lagen des Steinernen Meeres, des Hochkönigs und der Tauern

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Wer nun im Hochgebirge des Steinernen Meeres, des Hochkönig oder der Tauern unterwegs ist, kann ins Staunen kommen. Bergsteiger diskutieren im Internet intensiv, ob die roten Flecken auf dem Schnee vielleicht Blütenstaub oder Sandstaub aus der Sahara sind? Nein, es sind Sporen von Algen, besonders robusten Schneealgen.

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Dieses auch als „Blutschnee“ beschriebene Phänomen sorgt bei Passanten für viele Fragen, weil die Hintergründe kaum jemand kennt. Oberhalb von 2.000 Meter Seehöhe liegt heuer nordseitig noch immer ziemlich viel Altschnee aus dem letzten Winter. Er ist mittlerweile ziemlich verdichtet. Der Regen hat oberflächlich viele Rillen in diesen „Sommerschnee“ gefräst. Hier rinnt dann auch das Schmelzwasser zusammen. Und diese gute Feuchtigkeit nutzen winzige Pflanzen für ihre kurze „Blüte“. Das malerisch-schmutzige Rot auf dem Schnee hat auch seine künstlerischen Qualitäten.

Es sind einzellige Algen, die sich jetzt im Hochgebirge fortpflanzen. Das tun sie schon seit vielen Jahrtausenden, seit Ende der Eiszeiten jeden Sommer. Lateinischer Name: Chlamydomonas nivalis.

Auch Fotos aus Kanada in unserer Alpen-Galerie
Insgesamt gibt es 350 Arten von Schneealgen. Sie bevölkern alle Hochgebirge weltweit, in denen es viel Schnee gibt – in den Neuseeländischen Alpen jahreszeitlich genau seitenverkehrt. In unserer Bildergalerie finden Sie auch zwei Algenbilder aus den Coast Mountains im westlichen Kanada – frisch fotografiert in den letzten Tagen von der kanadischen Berg- und Skiführerin Helene Steiner, einer gebürtigen Leogangerin aus dem Salzburger Pinzgau.

Fotostrecke
Flugbild: Gerald Lehner
Schneealgen bzw. ihre Sporen vor einer Woche im Steinernen Meer bei Saalfelden (Salzburger Pinzgau), ca. 2.100 Meter Seehöhe auf dem Hochplateau in der Nähe des Ingolstädter Hauses
Flugbild: Gerald Lehner
See auf 2.570 Meter mit Eisschollen und roten Sporen. Sie liegen auch rechts auf dem Sommerschnee unter der 3.148 Meter hohen Zillerplattenspitze. Hinteres Windbachtal bei Krimml (Salzburger Pinzgau) – gesehen von der italienischen Seite des Hauptkammes über dem Ahrntal (Südtirol)

Petra Lauscher
Abstieg vom Glödis (3.206 Meter) im Osttiroler Debanttal. Diese beiden Fotos hat uns die Tiroler Alpinistin Petra Lauscher geschickt

Helene Steiner
Weltweite Besiedelung: Coast Mountains im westlichen Kanada vor einigen Tagen, riesige Wildnis unweit von Vancouver an der Pazifikküste – in der Nähe des Skigebietes Whistler

Flugbild: Gerald Lehner
Schneealgen bzw. ihre Sporen vor einer Woche im Steinernen Meer bei Saalfelden (Salzburger Pinzgau), ca. 2.100 Meter Seehöhe auf dem Hochplateau in der Nähe des Ingolstädter Hauses

Flugbild: Gerald Lehner
Schneealgen bzw. ihre Sporen vor einer Woche im Steinernen Meer bei Saalfelden (Salzburger Pinzgau), ca. 2.100 Meter Seehöhe auf dem Hochplateau in der Nähe des Ingolstädter Hauses

Flugbild: Gerald Lehner
See auf 2.570 Meter mit Eisschollen und roten Sporen. Sie liegen auch rechts auf dem Sommerschnee unter der 3.148 Meter hohen Zillerplattenspitze. Hinteres Windbachtal bei Krimml (Salzburger Pinzgau) – gesehen von der italienischen Seite des Hauptkammes über dem Ahrntal (Südtirol)

Flugbild: Gerald Lehner
Hochplateau des westlichen Steinernen Meeres beim Ingolstädter Haus mit dem Großen Hundstod vor einer Woche

Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts britische Seefahrer auf der Suche nach einer Nordwestpassage den höchsten Norden Grönlands und die Baffin Bay von Kanada erkundeten, staunten auch sie über Schneefelder in „dunkler Karmesinfarbe“. Kapitän John Ross schrieb, der Schnee sei bis in eine Tiefe zwölf Fuß von dem färbenden Stoff durchdrungen. Schiffsoffiziere betrachteten Proben unter dem Mikroskop und fanden dunkelrote, samenkornartige Gebilde – die Sporen der Schneealge, wie man heute weiß. Sie ist eine Basis der Nahrungskette im Hochgebirge, dienen manchen Insekten als Futter, die wiederum für Vögel wichtig sind usw.
Heuer scheint die Vermehrung der Algen etwas stärker zu sein als in anderen Jahren. Ihre Existenz gilt unter Fachleuten als völlig natürlich. Sie sei kein Anzeichen irgendeiner Bedrohung, heißt es.

Robust, angepasst und genügsam
Dass auf Schnee überhaupt solche Lebewesen existieren können, das grenzt für menschliche Betrachter an ein Wunder. Ein extrem lebensfeindlicher Ort.
Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht können im Sommer extrem sein. Dazu kommen die an den längsten Tagen des Jahres sehr starke UV-Strahlung und kaum Nährstoffe. Algen ernähren sich wie die meisten Pflanzen über Wasser, Kohlendioxid aus der Luft, Sonnenlicht und Mineralstoffe. Diese holen sie sich aus Staubablagerungen auf dem Schnee oder direkt aus der Luft.

Staub als gutes Futter
Es könne schon sein, dass heuer besonders viel Saharastaub als Kraftfutter für die Algen herangeweht wurde, sagte uns ein Biologe. Der Lebenszyklus von Schneealgen ist voll an die Entwicklung der Schneedecke im Hochgebirge angepasst. Den Winter überlebt die Alge in Form von roten Sporen unter dem Schnee. Beginn die Schneedecke im Frühsommer und Sommer dann auch oberflächlich stark zu schmelzen, dann löst das Wasser die Keimung der Sporen aus. Jede Spore entwickelt sich zu mehreren neuen Algen.

Das Rot kommt von den Sporen
Die Schneealgen selbst sind ziemlich unscheinbar, bei genauer Betrachtung eigentlich grün, weil sie Chlorophyll für die Photosynthese enthalten – für ihren Stoffwechsel.
Dass die Sporen rot sind, hat laut Fachleuten mit dem Wirkstoff Astaxanthin zu tun – ein Carotinoid, das auch im Lachs zu finden sei. Der Fisch frisst im Meer andere Algenarten und bekommt dadurch die Farbe seines Fleisches. In der Schneealge bewahre der Farbstoff die Photosynthese vor zu intensiver Sonnenstrahlung, sagen Botaniker. Vermutlich schütze das Rot auch das Erbmaterial der Alge vor dem extremen UV-Licht im Hochgebirge.

Einmal Sex und einmal Zellteilung
Die Vermehrung läuft auf zwei Arten: Die erste ist Zellteilung, die den ganzen Sommer über die Bühne geht, aber nur genetisch völlig identische „Klone“ erzeugt. Die zweite Art der Fortpflanzung ist rein auf die Zukunft des kommenden Jahres ausgerichtet – eine sexuelle zwischen verschiedenen Algen. Daraus entstehen die roten Sporen, die nun an vielen Stellen im Hochgebirge zu sehen sind. Diese Keimzellen nutzen im weiteren Lauf des Sommers wieder das verbleibende Schmelzwasser, um sich unter dem Schnee oder direkt im Boden einzunisten. Auf Gletschern lassen sie sich durch den Firn, der bis zum Herbst immer mehr zusammenschmilzt, bis auf die Eisoberflächen schwemmen, wo sie überwintern.
So überdauern die roten Sporen die kalten Monate bis zum nächsten Frühling, und der ganze Zyklus beginnt wieder.

04.07.2020, Gerald Lehner, salzburg.ORF.at
Bergsteiger wundern sich über „Blutschnee“
 

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#2
Vorarlberg: Sahara-Staub färbte Himmel
Der Föhn hat am Samstag Sahara-Staub nach Vorarlberg gebracht. Der Staub färbte den Himmel gelb-rötlich. Wenn Sie Fotos gemacht haben, dann lassen Sie uns doch teilhaben und schicken Sie uns Fotos.
Online seit gestern, 18.22 Uhr
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Der Saharastaub ist der trockene Staub der Sahara, der vom Wind aufgeweht wird und als Aerosol große Distanzen in der Erdatmosphäre zurücklegen kann.
Fotostrecke
August Elsensohn
Saharastaub am Riedkopf
Günter Smodic
Omeshorn mit Gipslöcher in Lech

Marc Funda
Bodensee bei Neu-Amerika (beim "Wurzelbaum)

Franz Stoss
Lech: Blick gegen Balmalpe

Sabine Steiner
Saharastaub mit Madrisella Lift im Skigebiet Silvretta Montafon

Hannes Berthold
Saharasand am Arlberg

Tamara Hafner
Sahara-Staub

Belinda Müller
Saharastaub – Blick von Bödele, Dornbirn

Ines Haslwanter
Saharastaub färbt Himmel

Friedrich Juen
Saharastaub in Gargellen

Wir sammeln hier ein paar besonders schöne Fotos vom Sahara-Staub und präsentieren Sie der vorarlberg.ORF.at-Community. Senden doch auch Sie uns Ihr Foto.
Fotos bitte hier einsenden. (Bitte nur Fotos im Querformat und in Originalauflösung)
07.02.2021, red, vorarlberg.ORF.at
Fotoaufruf: Sahara-Staub färbte Himmel
 
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#4
HIMMEL IN GELB-ROT
Sahara-Staub überzieht Österreich
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Die aktuelle Wetterlage bringt derzeit gigantische Mengen aufgewirbelten Sahara-Staubs durch Luftströme aus Nordafrika in weite Teile Europas – auch nach Österreich. Und das ergibt ein außergewöhnliches Bild: Denn der Staub sorgt für eine spektakuläre gelb-rötliche Färbung des Himmels.
Online seit heute, 18.28 Uhr
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Die feinsten Staubkörner stammen aus Marokko und Algerien. Und der Staub wird durch Tief „Elke“ aus dem Westen nach Österreich hereingeblasen: In Spanien und auch der Schweiz war das Wetterspektakel bereits Dienstagfrüh zu sehen. In Vorarlberg schlug die Farbe des Himmels um die Mittagszeit binnen kurzer Zeit um – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.
APA/Mathis Fotografie
In Vorarlberg färbte sich der Himmel zur Mittagszeit

Sichtbar auf Autos und Gartenmöbeln
„Der Staub in der Luft kann den Himmel gelblich bis bräunlich wirken lassen und Morgen- und Abendrot deutlich verstärken. Mit Regen oder Schnee kann der Sand auch den Boden erreichen und sich zum Beispiel auf Windschutzscheiben von Autos bemerkbar machen“, hieß es seitens der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG).

Auch auf Möbelstücken im Freien wird sich der Staub sichtbar ablagern – und das auch im Norden und Osten des Landes. Infolge des erwarteten Niederschlags sollte der Staub in der Früh dann auch in Wien sichtbar werden. Die Dimensionen sind gewaltig: Insgesamt sollten am Dienstag etwa 100 Tonnen Sand ins Land geblasen werden.

„Relativ starkes Ereignis“
Sahara-Staub über Österreich ist nicht ungewöhnlich. „Das aktuelle Ereignis ist aber relativ stark und eines der stärksten der vergangenen Jahre. Bei bestimmten Wetterlagen wird Sahara-Staub im Norden Afrikas von starken Winden aufgewirbelt und in höhere Luftschichten verfrachtet“, hieß es von der ZAMG.

„Kann über weite Strecken verfrachtet werden“
„In die höheren Luftschichten aufgewirbelt kann er (der Staub, Anm.) mit der entsprechenden großräumigen Luftströmung über weite Strecken verfrachtet werden“, informierte die ZAMG. Der an sich ungefährliche Staub kann bei vorbelasteten Personen gesundheitliche Folgen für die Atemwege haben. Zudem trägt das Phänomen zur lokalen Luftverschmutzung bei.

APA/AP/Keystone/Urs Flueeler
Die Schweiz erreichte der Sahara-Staub schon früher – hier ein Bild aus Luzern

15.03.2022, red, ORF.at/Agenturen

Himmel in Gelb-Rot: Sahara-Staub überzieht Österreich
 

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#5
Vorarlberg: Sandskifahren – Sahara-Staub macht es möglich
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Der Sahara-Staub hat Vorarlberg weiter fest im Griff: Außergewöhnlich sind die großen Mengen an Sand, die dieses Mal aus Afrika kommen. Besonders skurril sieht es in den Skigebieten aus – dort ist derzeit „Sandskifahren“ möglich.
Online seit heute, 7.42 Uhr
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Wer derzeit auf Vorarlbergs Pisten unterwegs ist, hat das Gefühl – in eine andere Welt zu tauchen. Der Saharastaub hinterlässt auch auf dem Schnee seine Spuren. Für die Skifahrerinnen und Skifahrer ein ungewöhnliches Erlebnis.

Fotostrecke
Karin Reith
Sandskifahren in Lech
Karin Reith
Karin Reith
Karin Reith

Das Naturschauspiel ist für viele faszinierend: Manche fühlen sich, als würden sie auf dem Mond oder in der Wüste Skifahren, für andere sieht der Schnee aus wie Eiweiß-Baiser. Auf jeden Fall ist dieses Wetterphänomen in dieser Stärke nur selten zu sehen.

Laut Wetterprognose wird der Saharastaub noch bis Freitag Vorarlberg mit Sand „versorgen“. Dann sollte der Himmel wieder klarer werden. Ab Samstag macht es dann auch endlich Sinn, sein Auto zu waschen – mehr dazu in Saharastaub – rentiert sich die Autowäsche? (vorarlberg.ORF.at).
Das Wetterphänomen ruft auch viele Hobbyfotografen auf den Plan – solche Landschaftsaufnahmen sind nur selten möglich.

Fotostrecke
Anja Degiorgio
Bürserberg Farregglift Bergstation
Mathis Fotografie
Wie ein romantisches Gemälde von Caspar David Friedrich…
Mathis Fotografie
…wirkt die Ruine Neuburg im unwirklichen Licht…
Mathis Fotografie
…das entsteht, weil feinster Saharastaub in der Atmosphäre das Sonnenlicht bricht…
Mathis Fotografie…und so den Himmel gelb-rötlich verfärbt.

Angela Ganthaler, vorarlberg.ORF.at
„Sandskifahren“ – Sahara-Staub macht es möglich
 

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#7
Spuren des Kalten Krieges
Radioaktivität des Saharastaubs aus Algerien hat überraschende Quelle
1960 und 1961 fanden in der algerischen Sahara vier oberirdische Atombombentests statt. Doch die sorgten nicht für die heute ungefährlichen Kontaminationen in Europa

Eine riesige Saharastaubwolke verdunkelte zu Ostern 2024 auch in unseren Breiten die Sonne. Der Staub ist leicht radioaktiv.
IMAGO/Bernd März

Das vergangene Jahr brachte einiges an Saharastaub nach Europa und trübte an einigen Tagen – insbesondere rund um Ostern – auch in Österreich den Himmel gehörig ein. Gesundheitlich bedenklich wurde es unter anderem in Südspanien, wo dadurch die Grenzwerte für Feinstaub überschritten wurden. Saharastaubereignisse gibt es immer wieder. Eines der besonders starken trug sich vor knapp drei Jahren zu und erfuhr eine sehr spezifische Analyse – nämlich auf Radioaktivität im Staub.

Der Hintergrund ist schnell erklärt: Eine der Hauptquellen für den Saharastaub in Westeuropa ist die Region Reggane im südlichen Teil Algeriens. Dort führte das französische Militär in den Jahren 1960 und 1961 vier oberirdische Atomwaffentests durch. Trotz der Behauptung der französischen Regierung, die Bomben würden in einer unbesiedelten Region abgeworfen, wurden Tausende von Einheimischen und französischen Soldaten der Strahlung ausgesetzt.

Das toxische Erbe der französischen Atombombentests in Algerien.
TRT World

Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 60.000 Algerierinnen und Algerier von den Auswirkungen der Explosionen betroffen waren, während das französische Verteidigungsministerium eher von 27.000 Menschen ausgeht. Tatsache ist, dass viele mit erheblichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten, weshalb die weiteren 13 Tests noch weiter im Süden und unterirdisch stattfanden. Diese Tests gingen bis 1966 weiter, trotz Algeriens Unabhängigkeit 1962.

Studie mit Bürgerbeteiligung
Doch zurück zur neuen wissenschaftlichen Untersuchung, die dieser Tage im Fachblatt Science Advances erschien: Nach einem größeren Ausbruch im März 2022 wurde ein internationales Citizen-Science-Projekt gestartet, um die durch den Staub verursachte Radioaktivität zu untersuchen. Dabei stellten sich vor allem zwei Fragen: Wie groß ist die radioaktive Belastung des Staubs aus dieser Region mehr als 60 Jahre später? Und stammt die gemessene Radioaktivität auch tatsächlich von diesen vier Tests?


Die Verbreitung des Saharastaubs im März 2022. Das Quadrat CSEM in Südalgerien markiert die Region der Atombombentests 1960/61. Die kleinen türkisen Punkte in Europa zeigen an, wo die Proben gesammelt wurden.
Xu-Yang et al., Science Advances 2025

In sechs westeuropäischen Ländern – darunter Spanien, Frankreich, Österreich und Deutschland – wurden insgesamt 110 Proben (zwölf davon aus Österreich) gesammelt, von denen 53 als wissenschaftlich repräsentativ eingestuft wurden. Im konkreten Fall des Saharastaubs vom März 2022 bestätigten geochemische und mineralogische Probenanalysen in Verbindung mit Satellitenbeobachtungen und Rückflugberechnungen einen Ursprung in Südalgerien, einschließlich des Standorts Reggane.

Und um gleich die erste Frage zu beantworten: Die in allen Proben nachgewiesene radioaktive Kontamination stellt ziemlich sicher kein Risiko für die Gesundheit der europäischen Bevölkerung dar und liegt weit unter den Sicherheitsschwellen der Europäischen Union. Vermutlich ist sie nicht wesentlich höher als die Hintergrundstrahlung im Boden. Gesundheitlich problematisch ist laut Studienleiter Yangjunjie Xu-Yang vom französischen Labor für Umwelt- und Klimawissenschaften allein die Belastung durch den Feinstaub.

Herkunft der Radioaktivität
Aber woher kam die Radioaktivität? Die Quelle dafür lässt sich anhand der spezifischen Plutonium-Isotopensignaturen eruieren, die einen einzigartigen Fingerabdruck der jeweiligen Atombomben liefern. Und hier kam es dann doch zu einer gewissen Überraschung: Die gefundenen Signaturen blieben nämlich im Bereich der globalen Fallout-Signatur, die von den Atomtests der USA und der ehemaligen UdSSR dominiert wird – und sich deutlich von der französischen Fallout-Signatur unterscheidet.

Für das IFL-Magazin liefert Hauptautor Xu-Yang eine logische Erklärung: Der Grund dafür sei, dass die Detonationskraft der französischen Tests nur 0,02 Prozent der gesamten Detonationskraft der UdSSR und der USA zwischen 1950 und 1970 ausmachte. Außerdem wurde ein Großteil der Atomwaffentests der UdSSR und der USA auf demselben Breitengrad wie Südalgerien durchgeführt.

Die kontaminierte Materie, die durch diese Explosionen emporgewirbelt wird, erreicht bis zu acht Kilometer Höhe und wurde durch den Wind sehr schnell auf globaler Ebene verbreitet. Und mehr als ein halbes Jahrhundert später wird sie durch Saharastaub immer noch weiter verfrachtet – mitunter bis in unsere Breiten.
(Klaus Taschwer, 3.2.2025)

Weiterlesen:

Aufnahmen der stärksten Bombenexplosion aller Zeiten veröffentlicht
Saharastaubmenge überschreitet heute in Teilen Europas Grenzwerte

Radioaktivität des Saharastaubs aus Algerien hat überraschende Quelle
 

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#8
Seltenes Phänomen durch lokale Staubverfrachtungen im Bereich Großvenediger:
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Neue „Staubwüste“ im winterlichen Hochgebirge
Beim Großvenediger (3.657 m) hat sich in den letzten Tagen eine Art lokaler Sandsturm im winterlichen Hochgebirge ereignet – ein Phänomen, das nicht sehr oft fotografiert werde, sagt der Salzburger Landesgeologe Gerald Valentin. Die große Trockenheit in Kombination mit extrem starken Windböen seien hier die Ursachen – keine Felsstürze und kein Auftauen des Permafrostes.
Online seit heute, 6.00 Uhr
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„In den letzten Tage müssen hier in 2.300 bis 2.800 Metern Seehöhe teils extreme Sturmwinde bei Schönwetter am Werk gewesen sein“, analysiert der Experte Valentin, als ihm vom ORF diese Bilder gezeigt werden: „Das sind keine Felsstürze, wie manche glauben könnten. Es geht um lokale, großflächige und massive Staubverfrachtungen, die durch die heuer sehr große Trockenheit im Hochgebirge begünstigt werden. Es gibt sie auch im Sommer, nur sieht man sie da nicht so imposant wie auf diesen Fotos.“

Indirekte Folge langer Abschmelzprozesse
Die Bilder entstanden vor wenigen Tagen, als eine Flugzeugbesatzung in großer Höhe südlich des Alpenhauptkammes unterwegs war – außerhalb des Nationalparks Hohe Tauern. Beim zufälligen Blick von Osttirol nach Norden ins Salzburgische fielen dort die braunen Flecken im Schnee auch aus großer Entfernung auf. So kam ein Tele-Objektiv mit passender Brennweite zum Einsatz.

Fotostrecke
Flugbild: Gerald Lehner
Rechts oben sind im Schnee auf ca. 2.600 Meter Seehöhe einige Skispuren zu erkennen, u. a. die Anstiegsspur von Skibergsteigern, die von der Kürsinger Hütte – noch auf festem Boden – in Richtung Obersulzbachkees, Venedigerscharte und zum Gipfel von Salzburgs höchstem Berg führt
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Links oben der 3.291 Meter hohe Keeskogel, einer der nördlichen Nachbarn des Großvenedigers
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Ähnliche Verfrachtungen durch Sturmböen in den Steilflanken direkt unterhalb der Kürsinger Hütte
Flugbild: Gerald LehnerÄhnliche Verfrachtungen durch Sturmböen in den Steilflanken direkt unterhalb der Kürsinger Hütte
Flugbild: Gerald Lehner
Kürsinger Hütte beim oberen Bildrand rechts zu sehen …

„Rein lokales Material, kein Sahara-Staub“
Dieses Geschehen im Einzugsbereich der Kürsinger Hütte und des Obersulzbachkees im Gemeindegebiet von Neukirchen (Pinzgau) habe nichts mit dem für die kommenden Tage prognostizierten Sahara-Staub zu tun, ergänzt Geologe Valentin. Der damit verbundene Staub werde mit einer Südwestströmung von Nordafrika über das Mittelmeer gegen die Alpen geweht.

Über Jahrtausende entstehender Löss
Woher kommen diese lokalen Stäube? Im Vorland der abschmelzenden Gletscher würden nicht nur blank geschliffene Felsen, sondern auch große Moränen freigelegt, sagt der Wissenschafter: „Dabei handelt es sich um Gesteinsmaterial, das vom Gletscher teils über Hunderte oder Tausende von Jahren transportiert und dabei zerkleinert wurde. Moränen bestehen aus einer Mischung größerer Blöcke, Kies, Sand und sehr feinem Ton.“
Das Umfeld der Gletscher sei kahl, Pflanzen würden hier kaum wachsen. So sei der feine Moränenstaub allen Wetteränderungen ungeschützt ausgesetzt, so Gerald Valentin: "Stürme können das feine Sediment in ihre Luftmassen aufnehmen und – ähnlich wie Saharasand – über weite Strecken oder auch im lokalen Bereich stark verwehen.“

Weinbau profitiert von solchen Partikeln
Während der letzten Eiszeiten und nach dem Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher seien solche „Flugsande“ sogar weltweit abgelagert worden, betont Valentin :“Wir bezeichnen sie in der Fachwelt als Löss. Der bedeckt rund zehn Prozent der gesamten Erdoberfläche. Wegen seiner Fruchtbarkeit spielt er in talnahen Gebieten auch eine große Rolle für die Landwirtschaft. Zum Beispiel liegt die Hälfte aller Weingärten in Niederösterreich auf so feinkörnigem Löss-Gestein.“
09.03.2025, Gerald Lehner - ORF Radio Salzburg
Neue „Staubwüsten“ im winterlichen Hochgebirge
 

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#9
Verschwörungstheoretiker haben wieder Hochbetrieb :);):(:p

Faktencheck
Mit dem Saharastaub wehen auch Verschwörungstheorien herbei
Am Wochenende zieht Saharastaub über Österreich. Derzeit kursieren wieder wilde Theorien über angeblich manipulierte und gefährliche Bestandteile

Saharastaub erzeugt zum Teil imposante Sonnenuntergänge, heizt aber auch die Verbreitung von Falschinformationen an.
Foto: APA/dpa/Thomas Warnack

Ein trüber, milchiger bis rötlicher Himmel und eine feine Staubschicht auf Autos und anderen Flächen: So macht sich Saharastaub auch heuer wieder bemerkbar. Aktuell sorgen starke Winde eines Tiefdruckgebiets über Afrika dafür, dass der Wüstenstaub in der Sahara aufgewirbelt wird. Mit einer südlichen Höhenströmung werden die feinen Staubkörnchen bis nach Mitteleuropa getragen. Am Wochenende zieht eine abgeschwächte Wolke auch über Österreich. Die Geosphere Austria informiert über die aktuelle Entwicklung. Der Staub bringt besonders beeindruckende Sonnenuntergänge, vereinzelt kann es auch zu sogenanntem Blutregen kommen, weil der Staub den Niederschlag rötlich färbt.

Saharastaub besteht hauptsächlich aus Quarz und zu geringeren Teilen aus Tonmineralen, Eisenoxiden und Aluminiumsilikaten, Kalk, Magnesium- und Kaliumoxid. Jährlich werden rund eine Milliarde Tonnen Staub aus der Sahara verblasen – womit er die größte Feinstaubquelle weltweit darstellt. Während des mehrere Tausend Kilometer weiten Weges sinken gröbere Körnchen ab, nur die feinsten Partikel gelangen bis in unsere Breiten.
Mit dem Staub taucht regelmäßig auch eine Welle Verschwörungstheorien in den sozialen Netzwerken auf. Die Spekulationen reichen von angeblicher Umweltmanipulation bis hin zu vermeintlich gefährlichen Stoffen in der Luft, wie die Faktencheck-NGO Mimikama in einem aktuellen Blogbeitrag zusammenfasst.

Magnetismus und Fake-Videos
So zeigen Videos, wie Menschen mit Magneten Saharastaub von Autos "saugen", was wilde Theorien über eine gezielte Beimischung von Metall nach sich zieht. Ein anderes Video behauptet, dass ein Laborbericht ergeben habe, dass der Saharastaub zu 50 Prozent aus Aluminium bestehe und gesundheitsgefährdend sei. Und jüngst wurde ein Video verbreitet, in dem Traktoren große Mengen an Staub aufwirbeln – angeblich der Beweis dafür, dass der Saharastaub künstlich erzeugt wird.


Die Prognosen der Geosphere Austria zeigen, dass eine große Staubwolke am Wochenende Österreich streift.
Geosphere Austria

"Keine dieser Behauptungen hält einer sachlichen Überprüfung stand", sagt Andre Wolf von Mimikama. Sämtliche Theorien beruhen auf falschen oder bewusst verdrehten Informationen, warnt Wolf. Die magnetische Reaktion von Staubpartikeln etwa ist nicht ungewöhnlich. Sie ist erklärbar durch das natürliche Vorkommen eisenhaltiger Minerale im Saharastaub. "Dass ein Magnet also kleinste Bestandteile anzieht, ist reine Physik – kein Beleg für Manipulation", sagt Wolf.

Auch die Behauptung, der Staub bestehe "zur Hälfte aus Aluminium", ist irreführend. "Tatsächlich liegt Aluminium im Saharastaub in Form von Aluminiumoxid vor – einer stabilen, chemisch gebundenen Verbindung, wie sie auch in ganz normalen Böden vorkommt", erklärt Andre Wolf. Experten vermuten, dass der zitierte Laborbericht auf einem Messfehler basiert – möglicherweise wurden die Aluminiumwerte in einer falschen Einheit angegeben.

Das Traktorvideo wiederum zeigt Erntemaschinen auf einem trockenen Acker in Brasilien, wie Mimikama aufklärt. Der Clip wurde aus dem Kontext gerissen, gekürzt und verbreitet, um eine falsche Geschichte zu erzählen.

Radioaktiver Staub
Die Geschwindigkeit, mit der sich solche Falschmeldungen verbreiten, sei besorgniserregend, sagt Wolf, ebenso wie "die Selbstverständlichkeit, mit der viele Menschen bereit sind, auf einfache Erklärungen zurückzugreifen, selbst wenn sie wissenschaftlich unhaltbar sind". Dass sich aus einem meteorologisch gut erforschten Naturphänomen wie dem Saharastaub Mythen, Ängste und wilde Spekulationen entwickeln, liege an einem Informationsumfeld, in dem Emotion vor Einordnung stehe. Es lohne sich also, vertrauenswürdige Quellen zu konsultieren, bevor man derartige Erzählungen im Netz teilt.

Keine Verschwörungstheorie ist hingegen, dass Saharastaub geringe Mengen an radioaktivem Material enthält. Die Strahlung entspricht weniger als zwei Prozent des Grenzwertes, der als gesundheitsschädlich gilt, und dürfte kaum höher als die Hintergrundstrahlung im Boden sein. Eine im Februar veröffentlichte Studie klärte nun die Herkunft der nachweisbaren Kontamination auf. Nicht die französischen Atomwaffentests in Algerien 1960 und 1961 sind die Ursache, sondern die weitaus detonationsstärkeren Atomtests der USA und der ehemaligen UdSSR. Die dadurch emporgeschleuderte Materie dürfte sich rasch global verbreitet haben.

Nährstoffquelle
Auch wenn Saharastaub deutlich harmloser ist als verkehrsbedingter Feinstaub, sollten Menschen mit Vorerkrankungen wie Allergien oder chronischen Lungenerkrankungen, beispielsweise Asthma bronchiale, aufpassen und auf körperliche Anstrengung im Freien verzichten. Die Staubpartikel können sich außerdem mit Pollen in der Luft verbinden und stärkere allergische Reaktionen hervorrufen.

Eine Wohltat ist Saharastaub hingegen für Pflanzen. Kalzium, Magnesium, Eisen und Phosphor, das er enthält, sind ideale Dünger. Studien haben gezeigt, dass die Stürme eine unabdingbare Nährstoffquelle für die Vegetation im Amazonas-Regenwald sind. Die größte Sandwüste der Erde war in der Vergangenheit mehrmals eine grüne, fruchtbare Savanne mit einem riesigen Süßwassersee. Als die Sahara zuletzt vor etwa 5000 Jahren austrocknete, setzten sich die nahrhaften Bestandteile im Boden ab – und reisen nun mit den Winden durch die Welt.
(Karin Krichmayr, 21.3.2025)
Mit dem Saharastaub wehen auch Verschwörungstheorien herbei
 
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