Australien: Lokomotiven eines Bergbauunternehmens sollen mehr Energie produzieren als verbrauchen

josef

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#1
HYPETRAIN
Zug soll mit einer Akkuladung beinahe unendlich lange fahren können
Der "Infinity Train" soll mehr Energie produzieren als verbrauchen und so theoretisch für immer in Betrieb bleiben können

Die Erzzüge des Bergbauunternehmens Fortescue können knapp drei Kilometer lang werden. In Zukunft sollen sie emissionsfrei durch Australien rollen.
Foto: Fortescue Metals Group Ltd

Kein Diesel, keine Emissionen, aber dafür theoretisch unbegrenzte Fahrzeit: Das versprechen die Entwickler des "Infinity Train". Der vollelektrische Zug soll wie ein Kraftwerk auf Schienen mehr Strom erzeugen, als er selbst verbraucht. Für die "unendliche" Fahrtzeit reicht eine Akkuladung der Lokomotive aus.

Nur um eines gleich vorweg klarzustellen: Die Naturgesetze gelten natürlich immer noch, und ein Perpetuum mobile – also eine ewig laufende Maschine – ist nach den Gesetzen der Thermodynamik immer noch nicht möglich. Was das australische Bergbauunternehmen Fortescue Metals Group plant, hat auch wenig mit Hexerei oder Zauberwerk zu: Das Unternehmen lässt die Gravitation für sich arbeiten.

Gewaltige Zugflotte
Fortescue betreibt aktuell eine eigene Flotte aus 54 Diesellokomotiven, die 16 Züge antreiben – jeder davon kann aus bis zu 244 Wagons bestehen. 141 Tonnen kann jeder einzelne Wagen transportieren. Transportiert wird Erz aus der Pilbara-Region im Bundesstaat Western Australia zu einem Verladehafen bei Port Headland. Das gesamte Wagengespann samt Lok kann bis zu drei Kilometer lang werden. Diese Flotte zu dekarbonisieren sei mit Hilfe von rein elektrischen Lokomotiven möglich, wie das Unternehmen bereits im März erklärte.

Dafür holten sich die Australier mit Williams Advanced Engineering, einem Unternehmen das der breiten Masse aus der Formel 1 bekannt sein dürfte, technisches Know-how an Bord. Die Idee hinter dem "Infinity Train" ist eigentlich recht simpel: Rekuperation, also die Rückgewinnung von Bremsenergie, wie sie schon lange bei Elektroautos eingesetzt wird, soll die Lokomotiven mit mehr Energie versorgen, als sie brauchen. Beim sogenannten regenerativen Bremsen wird im Grunde der Elektromotor zum Generator. Er nutzt die Energie, die sonst einfach verloren ginge, zum Aufladen der Akkus.

Das abschüssige Gelände macht es möglich
Doch Rekuperation allein reicht noch lange nicht für einen positiven Energiesaldo. Den Rest des Stroms liefert die Topgrafie Australiens. Das geht so: Der Weg, den die Züge zur Beladestation zurücklegen, führt bergauf. Das heißt, die unbeladenen Züge fahren auf diesem Teilstück mit Energie aus den Batterien. Da die Wagons noch leer sind, ist der gesamte Zug vergleichsweise leicht und der Energieaufwand für die Anfahrt gering.

Sind sie erst einmal beladen, führt der Weg wieder bergab. Durch das immense Gewicht des Erzes und das abschüssige Gelände müssen die Züge tatsächlich kaum angetrieben werden. Durch das Eigengewicht rollt der Zug quasi von allein. Damit sich jeder einzelne der 141 Tonnen schweren Wagons aber nicht verselbstständigt und immer weiter beschleunigt, müssen die Loks auf dem Weg zum Hafen den Zug permanent bremsen – diese Energie wird in die Akkus gespeist, weil der E-Motor beim Rekuperieren zum Generator wird. Theoretisch wird so durch die Kraft der Gravitation mehr Energie erzeugt, als der Zug bei der unbeladenen Anreise verbraucht hat.
Das führt wiederum dazu, dass die Lokomotive diesen Vorgang zumindest theoretisch unendlich lange wiederholen kann – und "Infinity" in den Train kommt. Der überschüssige Strom soll ins Firmennetz eingespeist werden.

Weg mit dem Diesel bis 2030
Bis 2030 will das Unternehmen alle Dieselloks aus der Flotte ersetzen. "Der Dieselverbrauch und die damit verbundenen Emissionen werden eliminiert, sobald der Infinity Train vollständig in Betrieb ist", teilte das Unternehmen mit. Wie Fortescue-Geschäftsführerin Elizabeth Gaines betont, könne man sich so auch kostspielige Ladeinfrastruktur entlang der Strecke sparen.

"Politik und Wirtschaft müssen weltweit zu der Erkenntnis gelangen, dass fossile Brennstoffe nur eine Energiequelle sind und dass es jetzt andere gibt, die sich schnell entwickeln und dabei effizienter, kostengünstiger und umweltfreundlicher sind. So wie die Gravitationsenergie", so ein Unternehmenssprecher. Auch andere australische Bergbauunternehmen haben bereits ihr Interesse an dem Konzept des "unendlichen Zuges" bekundet.
(pez, 14.7.2022)

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Artikel aus "The Drive"

Update: In einer früheren Version des Artikels war von 38 Tonnen Ladegewicht der einzelnen Wagen die Rede. Wie uns ein fachkundiger Leser mitteilte, dürfte es sich bei dieser Angabe aber um die Achslast handeln. Tatsächlich können die Wagen mit 141 Tonnen Erz beladen werden. Der Artikel wurde entsprechend angepasst.
Zug soll mit einer Akkuladung beinahe unendlich lange fahren können
 

adasblacky

Well-Known Member
#2
Gibt es da nicht auch einen LKW am Erzberg, der beim beladenen Runterfahren den Akku soweit ladet, dass er damit leer rauffahren kann?
LG Blacky
 

josef

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#3
Gibt es da nicht auch einen LKW am Erzberg, der beim beladenen Runterfahren den Akku soweit ladet, dass er damit leer rauffahren kann?
Du meinst da sicher diesen Beitrag:
Lt. Bericht bringt das System zwar eine enorme Einsparung von Dieselkraftstoff aber einen Mehrverbrauch an elektrischer Energie:
Auf Dauer erhoffe man sich am Erzberg Einsparungen von rund drei Mio. Liter Diesel pro Jahr. Die jährliche CO2-Verringerung belaufe sich durch den Einsatz der diesel-elektrischen Lkw mit Trolley auf rund 4.200 Tonnen jährlich. Weiters reduziere sich der Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub. Für den Tagbaubetrieb selber bedeute der Einsatz der sechs neuen Liebherr T236 künftig ein Strom-Mehrverbrauch von 12,2 GWh.
 
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