443 Millionen Jahre alte Spuren im Schiefergestein im oberfränkischen Ludwigsstadt zeugen vom ersten Massensterben der Erdgeschichte

josef

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TOD IM MEER
Bayerische Geologen stoßen auf Spuren des ersten Massensterbens der Erdgeschichte
Die neu entdeckte Gesteinsschicht ist 443 Millionen Jahre alt und zeugt von der Dezimierung von 85 Prozent allen Lebens

Im Schichtprofil lassen sich im orange-bräunlichen Schiefer versteinerte Hinweise auf das erste Massensterben der Erdgeschichte entdecken. Aufgespürt wurde das versteinerte Relikt vom zuständigen Geologen Torsten Hahn vom Landesamt für Umwelt an einer freigelegten Böschung neben einer Straße.
LfU

Bauarbeiten legen nicht selten Spuren der Vergangenheit frei. Weiter zurück als archäologische Relikte geht der Fund des Geologen Torsten Hahn in Bayern: 443 Millionen Jahre alt sind die Spuren im Schiefergestein, die bei Bauarbeiten an einer freigelegten Straßenböschung im oberfränkischen Ludwigsstadt an der Grenze zum Bundesland Thüringen zutage kamen. Sie zeugen vom ersten Massensterben der Erdgeschichte, wie das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) am Dienstag mitteilte.

"Damals lag die Gegend um Ludwigsstadt komplett unter Wasser und war Teil eines riesigen Ozeans", sagte Roland Eichhorn, der Leiter des Geologischen Dienstes am LfU. Eine bis heute rätselhafte Katastrophe habe plötzlich fast alles Leben im Meer ausgelöscht. Jetzt sei es zum ersten Mal gelungen, die Spuren dieses Massensterbens auch in bayerischen Gesteinen nachzuweisen. Finder Torsten Hahn ist selbst der zuständige Landesgeologe beim LfU.

Mit einem Bagger wurde das Schiefergestein am Dienstag weiter freigelegt, damit LfU-Geologinnen und -Geologen mit einem speziellen Diamantbohrer Gesteinsproben für weitere Untersuchungen entnehmen konnten. Anhand dieser Proben soll auch geprüft werden, wie die Fundschicht als Geotop für die Öffentlichkeit erhalten werden kann.

Katastrophe durch Klimaerwärmung
"Die Gesteine sind uralt und dennoch brandaktuell", sagte Geologe Eichhorn. Nun würden sie in Kooperation mit der Uni Freiberg genauer untersucht, um so Rückschlüsse zu gewinnen, wie es zu dem Massensterben kam. "Denn Forscher vermuten, dass damals eine weltweite deutliche Klimaerwärmung der Auslöser dieser Katastrophe war", sagte Eichhorn.

Vor 443 Millionen Jahren dürfte sich nach aktuellem Wissensstand alles Leben im Ozean abgespielt haben. Landbewohner habe es noch keine gegeben, schreibt das LfU in einer Aussendung. Jüngste Forschungsergebnisse ließen vermuten, dass gewaltige Vulkanausbrüche Unmengen an klimawirksamen Treibhausgasen in die Atmosphäre schleuderten. Es sei beim sogenannten Ordovizischen Massenaussterben demnach zur Klimaerwärmung gekommen, wodurch sich die Ozeane aufgeheizt hätten, der darin gelöste Sauerstoff entwichen sei und die Meeresbewohner im wahrsten Wortsinn erstickt seien.

Das sechste große Artensterben
Rund 85 Prozent aller Tierarten, darunter viele Muscheln, Korallen und Stachelhäuter, seien damals ausgestorben. Zu den "Big Five" der Aussterbeereignisse, bei denen mindestens 70 Prozent der Arten von der Bildfläche verschwanden, zählt auch jenes Ereignis vor 66 Millionen Jahren, das den Dinosauriern den Garaus machte. Dafür sorgte der Einschlag von einem oder mehreren Asteroiden in Verbindung mit erhöhten vulkanischen Aktivitäten.

Derzeit ist von einem sechsten Massenaussterben die Rede: Innerhalb von nur 50 Jahren gingen bei mehr als 14.000 untersuchten Tierpopulationen die Bestände um rund 70 Prozent zurück, was das Aussterberisiko erhöht. Schätzungen zufolge verliert die Erde pro Tag derzeit 380 Pflanzen- und Tierarten. Das geht auf die Zerstörung von Lebensräumen, Flächenversiegelung, die Klimakrise und Umweltverschmutzung zurück.
(red, APA, 6.8.2023)
Bayerische Geologen stoßen auf Spuren des ersten Massensterbens der Erdgeschichte
 
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