2025 hält etliche hochkarätige Jubiläen aus der Automobilwelt parat

josef

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#1
Feierlaune
Jubiläumsreigen: Und was haben Sie 1895 gemacht?
Woher kommen wir, wohin fahren wir: 2025 hält etliche hochkarätige Jubiläen parat. Wir haben eine kleine Gourmetauswahl für Sie zusammengestellt

Ausfahrt mit der Voiturette von 1905, erstes Automobil von Laurin & Klement.
Škoda

Allen Nationalitätenspannungen in Österreich-Ungarn zum Trotz war die Donaumonarchie 1895 noch ein fest gefügtes Staatswesen, alles schien auf ewigen Bestand angelegt, nachzulesen auch in Stefan Zweigs Welt von gestern. Vor drei Jahren erst war mit dem Gulden die Silberstandard- zugunsten der Goldstandardwährung der Krone umgestellt worden, und nebenan im Deutschen Reich entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen 1895 die nach ihm benannte Strahlung – erstmals war der Mensch in seiner materiellen Struktur transparent geworden.


So ging also Kleinwagen vor 120 Jahren.
Škoda

Ein gutes Jahr, eine Firma zu gründen, wir befinden uns schließlich auch noch in der Gründerzeit, also tun sich im Kronland Böhmen die Herren Václav Laurin und Václav Klement, doppelt gewenzelt sozusagen, zusammen und gründen den Fahrradhersteller Laurin & Klement.

Škoda feiert das heuer als Gründungsjahr der traditionsreichen Marke, und es wäre gleich doppelt gejubelt: Denn 1905, also zehn Jahre später und somit vor 120 Jahren, wurde deren erstes Automobil produziert, die Voiturette A mit Einliter-Zweizylinder-Viertakter und stark wie sieben Pferde. Winters nichts für Warmduscher, wie man an der Aufnahme oben sieht, und der eine halbe Tonne leichte Kleinwagen erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 40 oder 56 km/h, die Automobilhistoriker sind sich da nicht ganz sicher.


Diesen Silberpfeil der Auto Union katapultierte Hans Stuck vor 90 Jahren zu einem spektakulären Geschwindigkeitsrekord.
Audi

Sicher, weil seriös gemessen, waren die 326,975 km/h von 1935, sechs- bis achtmal schneller als die Voiturette. Sie wurden in Italien in der Nähe von Lucca gemessen – die 30 Jahre dazwischen zeugen von der sprunghaften Entwicklung der Technik.

Jedenfalls, Rennfahrer Hans Stuck, einer der Größen seiner Zeit wie Bernd Rosemeyer, Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch oder Achille Varzi, besteigt am 14. Februar seinen Auto-Union-Rennwagen auf Basis Typ B (mit gewissen Ferdinand-Porsche-Konstruktionsgenen). Das Fahrzeug, das wie ein rollender Flieger aussieht und später "Lucca-Wagen" heißen wird, verfügt über einen Antrieb, wie er heute nur mehr bei Bugatti zum Einsatz kommt: 16 Zylinder, fünf Liter Hubraum, 375 PS.


1935: Hans Stuck (Mitte), flankiert von den weiteren Motorsportlegenden Achille Varzi (links) und Bernd Rosemeyer.
Audi

Der Einsatz findet statt auf einem fünf Kilometer langen Teilstück zwischen Pescia und Altopascio und geht über einen Kilometer sowie eine Meile mit fliegendem Start. Nach den Testfahrten tags zuvor wird es heute ernst. Hans Stuck katapultiert den Rennwagen zum Rekord – und zu was für einem: 26 Weltrekorde und 13 internationale Klassenrekorde sind mit einem Schlag pulverisiert!

Den aktuellen Temporekord hält übrigens seit 1997 der Brite Andy Green, als Pilot der Royal Air Force mit Geschwindigkeiten dieser Art vertraut, er durchbrach als Erster mit einem Landfahrzeug die Schallmauer. Die 1227,99 km/h sind fast viermal schneller als Stuck bei Lucca, sie wurden aber definitiv nicht auf Straße gefahren, sondern in der Black-Rock-Wüste in Nevada.


Vor 60 Jahren: Start frei für den ersten Nachkriegs-Audi.
Audi

Wenn wir schon bei Auto Union und damit Audi sind: Die Ingolstädter haben für heuer noch mehr zu vermelden, zweierlei sei kurz herausgegriffen. Heuer vor 60 Jahren lief der erste Nachkriegs-Audi vom Band. Der F 103 von Auto Union trug als Erster den im Zweiten Weltkrieg verblichenen, mit August Horch verbundenen Traditionsnamen. Es handelte sich um einen Fronttriebler mit 4-Zylinder-Viertakter, der Limousine folgte bereits 1966 ein Kombi, schon war auch der Name Variant im Spiel.


Und nochmals Audi – der A2 erblickte vor 25 Jahren das Licht der Welt.
Audi

Und mit 25 Jahren A2, diesem leider gefloppten Geniestreich sondergleichen, mit Alu-Karosserie, praktisch unkaputtbar und noch heute heiß begehrt als Gebrauchter, beenden wir unseren Ausflug zu den Herren der vier Ringe und steigen wieder chronologisch ein.


Weniger auf Tempo, mehr auf Schweben legte es vor 70 Jahren Citroëns DS an. Ewiggültiger Designgeniestreich.
Citroën

Wir halten inzwischen bei den 70er-Jubiläen. Einsame Klasse ist da die DS von Citroën, die "Göttin", weil la Déesse. Der französische Philosoph Roland Barthes verglich sie mit gotischer Kathedralarchitektur, ihr Schöpfer verstand definitiv was von Skulptur und Dynamik: Der Italiener Flaminio Bertoni, seit 1932 Chefgestalter bei der französischen Avantgardemarke, war nicht nur Autodesigner, sondern auch Bildhauer (und Architekt). Was sich bei Ettore und Rembrandt Bugatti auf ein Brüderpaar verteilt, tritt hier als Doppelbegabung zutage.

Auf sein Konto gehen mythische Wesen wie sein Erstling Traction Avant, der Entwurf 1934 angeblich in einer Nacht aus einem Klumpen Plastilin geknetet. Der 1949 lancierte 2CV, die Ente, geht auch auf sein Konto, und bis "bizarr" – Ami 6, 1966 – hatte der Mann alle Register drauf.

Krönung des Schaffens, auch wenn Bertoni das anders sah, bleibt die DS, einziges Fahrzeug dieses kleinen Überblicks, das es in die heiligen Hallen des MoMA in New York geschafft hat, und obendrein alleweil kinofilmtauglich. Ihr futuristisches Design begeistert noch heute, anders als die anfällige Hydropneumatik, die der Göttin das allerdings dennoch einzig kongeniale "Schweben wie auf Wolken"-Fahrwerk beigesellte. Kongenialer Konstrukteur von Traction Avant vulgo "Gangsterauto", 2CV und DS, das sei noch ergänzt: André Lefèbvre.


Der Renault 16 feiert heuer ebenso 60. Geburtstag ...
Stockinger

Bei den 60-Jahre-Kapazundern bleiben wir gleich in Frankreich, bei Renault. Deren 16 hat eine ebenfalls lange optische Halbwertszeit, Chefdesigner Gaston Juchet gestaltete eine extravagante Schräghecklimousine, als komfortables Familienfahrzeug war der R16 (mit Lenkradschaltung!) beliebt bis runter nach Australien.

Der zwischen 1965 und 1980 rund 1,85 Millionen Mal gebaute Bestseller zeigt obendrein, wie schon die DS vorhin, dass es damals noch ausgeprägte nationale Formensprachen gab: Die Herkunft eines Autos aus Frankreich, Italien, Großbritannien, Deutschland oder den USA war noch recht eindeutig zu erkennen.


... wie der Ford Mustang.
Ford

Das zeigt sich auch gleich an den nächsten Jubilaren mit Geburtsjahr '65, dem Ford Mustang aus den USA und dem Opel Kadett B aus Deutschland. Beim Mustang – laaange Motorhaube, Reihensechser, V8 – weiß man bis heute nicht, ob das Cabrio lässiger ist als das Coupé, und auch wenn die ersten schon 1964 vom Band rollten: Zugeordnet werden sie dem Modelljahr 1965. Der Mustang als – gemeinsam mit Steve McQueen – Hauptakteur in Bullitt betrifft bereits die zweite Generation, der Film trug viel zur Legendenbildung auch in Europa bei.

War der Mustang begehrt als Sportwagen, so der Opel Kadett B als Familien- und Allerweltstyp, bis hin zum Maurerkombi "Caravan". Mit über 2,7 Millionen Kunden zwischen 1965 und 1973 bis heute einer der erfolgreichsten Opel aller Zeiten.

Mit dem Manta schlug Opel vor 55 Jahren ein neues Kapitel des leistbaren Sportcoupés auf. Ohne Witz.
Opel

Und damit zu einer Zwischenstufe, die sich des US-Sportwagenschemas, siehe erneut Mustang, siehe mehr vielleicht noch Corvette, aufs europäische Maß heruntergebrochen bediente: Der Manta als nächster Opel, er fuhr heuer vor 55 Jahren vor, ist vielen noch als hochkarätiger Witzegenerator erinnerlich und zeigt, welche Lücke mit dem Verschwinden der leistbaren Sportcoupés, eines Segments, in dem sich später auch die Japaner besonders hervortaten, klafft. Fiat 850 Coupé und Spider – apropos Jubiläum – von vor 60 Jahren würden auch gut hier reinpassen.


Fiat 850 Spider von 1965. Hat augenscheinlich später das Design der Barchetta (1995) inspiriert.
Fiat

Kernbaureihe. Das ist der 3er seit 50 Jahren, klar, dass BMW das besonders zelebriert. Wer dachte, es würde schwierig werden, die 02-Baureihe schlüssig zu beerben, wurde 1975 eines Besseren belehrt.


Einer der beiden Hauptakteure des halben Hunderters ist der BMW 3er, der mehr als erfolgreich die 02er-Reihe beerbte.
BMW

Der vom genialen Paul Bracq (Mercedes 230 SL Pagode! "Strich-Acht"!) designte E21 fand in all seinen Karosserieformen zwischen 1975 und 1983 über 1,36 Millionen Freunde – ein Erfolg, an den nicht einmal der andere diesjährige Haupt-50er, VWs viel leistbarerer Polo, herankam; der verkaufte sich zwischen 1975 und 1981 rund 750.000-mal.


Der andere ist der VW Polo, der eigentlich ein Audi 50 war.
Volkswagen

Gestartet hatte der schnuckelige Kleine seine Karriere, indem er den Audi 50 (ein erster deutscher Kleinwagen in Reaktion auf die Ölpreiskrise von 1973) beerbte, dem 1974 bis 1978 ein nur kurzes Leben beschieden war. Für sein und damit des Polos Design zeichnet der Breslauer Hartmut Warkuß verantwortlich, ein Name, mit dem auch noch Audi 100 (1982) und VW Phaeton (2005) verbunden sind.


Manchmal muss man sich was trauen. Fiat mit dem Multipla tat dies, Ford mit dem Scorpio – dessen finale Erscheinungsform diese hier war.
Ford-Werke GmbH, Koeln

Beschlossen sei der kleine Rundgang mit einem ehrenhaften Beitrag aus der Worst-of-Kollektion: 40 Jahre Ford Scorpio. Speziell für die Facelift-Version (1994) galt: Traust dich nie! Sie trauten sich, wurden bestaunt und verlacht, und damit verabschiedete sich Ford in Europa aus der Oberklasse.
(Andreas Stockinger, 15.2.2025)
Jubiläumsreigen: Und was haben Sie 1895 gemacht?
 
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