In der Moskauer Deklaration erklärten die Außenminister der alliierten Staaten Großbritannien, USA und Sowjetunion den
Anschluss Österreichs an das
Deutsche Reich im März 1938 für ungültig und erklärten, nach Kriegsende den Staat Österreich wiederherstellen zu wollen.
Die in der Deklaration festgehaltene Formulierung war:
„Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll.“
In Österreich bildete sich mit Kriegsende sehr rasch der gesellschaftliche Konsens heraus, dass tatsächlich „Österreich das erste Opfer“ der nationalsozialistischen Aggression gewesen sei. Diesen „
Opfermythos“ suchte die offizielle Politik unter Hinweis auf den Deklarationstext zu stützen, obwohl hier außerdem formuliert worden war:
„Österreich wird aber auch daran erinnert, dass es für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und dass anlässlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird.“
Dadurch bot die Deklaration aus alliierter Sicht zwei Perspektiven. Einerseits wurde dem regimetreuen und dem eher passiven Teil der österreichischen Bevölkerung ein Angebot gemacht: Erneute staatliche
Souveränität stand in Aussicht, eine
kollektive Mitbestrafung für die Verstrickungen in die NS-
Kriegsverbrechen würde ausbleiben. Ein Durchhalten bis zum Äußersten, das die NS-Propaganda zu erzeugen suchte, wäre unnötig. Andererseits sind potentielle Funktionsträger aufgerufen, nach dem Vorbild Italiens unter
Badoglio die Seiten zu wechseln und durch einen Umsturz die deutsche Niederlage zu beschleunigen.
Dabei waren die Alliierten in Bezug auf die Behandlung Österreichs nach der Kapitulation uneins. Die Westmächte, besonders die britische Regierung, forderten, die Bevölkerung insgesamt zur Verantwortung zu ziehen und eine
Reeducation zu betreiben. Im Unterschied dazu war die Sowjetunion vorrangig an wirtschaftlichen
Reparationen interessiert und sah daher den
Staat Österreich in der Pflicht.
Mit der in Aussicht gestellten Wiederherstellung Österreichs war die Vorstellung einer
Befreiung verbunden, während Deutschland zur
bedingungslosen Kapitulation gezwungen werden sollte.
1945 wurde Österreich tatsächlich in den Grenzen von 1924–38 wiederhergestellt. Wie Deutschland wurde Österreich in vier
Besatzungszonen aufgeteilt. Die Moskauer Deklaration wurde eine der Grundlagen in den Verhandlungen zum Abzug der Besatzungstruppen, die am 15. April 1955 zum
Moskauer Memorandum führten, auf dem wiederum der
Österreichische Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 beruht. Durch den Staatsvertrag erhielt das Land nach sieben Jahren
„Anschluss“ (
Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus) und
zehn Jahren Besatzung seine volle Souveränität zurück.