Wiederentdeckung des "Bambusfahrrades"

josef

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#1
Renaissance des Bambusfahrrads

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Ende des 19. Jahrhunderts sind in Klagenfurt und in Ferlach Fahrräder gebaut worden, deren Rahmen zu einem großen Teil aus Bambusrohr bestanden. Doch billige Konkurrenz aus Übersee ließ dieses Rad verschwinden. Der Deutsche Oswald Wieser baut nun in Klagenfurt neue Bambusfahrräder.

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Karl Bräuer, Otto Lemisch und Franz Grundner hießen im 19. Jahrhundert jene Pioniere, die das Bambusfahrrad auf den Markt brachten. Als ökologische, aber – damals noch wichtiger – leichte Fahrradversion. Der 68 Jahre alte Oswald Wieser entdeckte nach seiner Pensionierung das Bambusfahrrad für sich.

Durch Zufall stieß er auf das Kärntner Bambusfahrrad aus vergangenen Zeiten. Er war weltweit unterwegs, um Bambusfahrraderzeuger zu besuchen. In Manila erhielt er den Anruf eines österreichischen Freundes, der ihn fragte, ob ihm die Namen Grundner und Lemisch etwas sagen würden: "Ich kannte die beiden nicht. Dann hab ich in Manila auf dem Hoteldach gesessen und gegoogelt, wer die beiden sind.“

ORF/Peter Matha
Alte Bambusfahrräder

Tausende Räder wurden in Ferlach produziert
Oswald Wieser reiste nach Kärnten und besuchte in Ferlach die Reste einer Fabrik, in der seinerzeit tausende Räder entstanden. Zur Blütezeit des Bambusfahrrades arbeiteten hier 62 Menschen. Die Idee, Bambus als Stahlersatz zu verwenden, gab es auch in Großbritannien und in den USA. Kärnten hatte aber die Nase vorn, sagte Wieser. „Und ich würde sagen, technisch waren sie sogar ganz weit vorne. Grundner hatte ein Fahrradgeschäft in der Wienergasse 10 und Monate später hatten die schon ihren Prototypen fertig."

Bambus „schluckt“ Vibrationen
Der Vorteil von Bambus als Material sei, dass es das einzige Material sei, „das Vibrationen weg schluckt, viel mehr als Aluminium, Stahl, Titan oder Karbon“. Schuld an der Einstellung der Produktion, kurz vor der Jahrhundertwende, sei eine große Fahrraddepression und die Konkurrenz aus Übersee gewesen, sagte Wieser. "Da waren dann 50 Prozent aller Fahrradhersteller weg vom Markt. Es gab die ersten amerikanischen, relativ billigen Produkte, das hat die Preise verdorben. Der Absatz hat gestockt, die Hälfte war weg und da waren auch die Bambusfahrradbauer dabei, weil die waren nicht etabliert.“

Idee bekommt jetzt neuen Schwung
120 Jahre nach den ersten Bambusfahrrädern bekommt die Idee neuen Schwung. Neue Techniken erlauben gewagtere Konstruktionen. Oswald Wieser bot jetzt im Makerspace Carinthia, in der Klagenfurter Lastenstrasse, einen Workshop an. Dabei konnte man sich sein Bambusfahrrad – das Kernstück, den Rahmen – in wenigen Tagen selber zusammenbauen. Verbaut wurde Bambus, der in Europa wächst. „Ein Bambushalm muss mindestens vier Jahre stehen bevor er genug Lignin eingelagert hat und stabil ist. Wachsen tut er ganz schnell. In sechs Wochen, aber stabil werden dauert vier Jahre.“

ORF/Peter Matha
Rahmen eines Bambusrades

Da das Interesse an dem Workshop groß war, sollen weitere stattfinden. Damit kehrt eine Idee zurück und das Kärntner Bambusrad aus dem 19. Jahrhundert hat Nachfolger im 21. Jahrhundert. "Ich wollte eigentlich wissen, ob man von dem, was die damals gemacht haben, für heute etwas lernen kann. Und tatsächlich, diese geklemmten Rahmenverbindungen, diese Idee, kombiniert mit einer Idee aus England, wie man den Bambus – ohne ihn verjüngen zu müssen damit er in die Muffen rein passt – bearbeiten kann, das sind zwei Sachen die wir heute wieder aufleben lassen wollen.“

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Oswald Wieser mit High-tech Anfertigung aus Carbon und Bambus aus Vietnam

Haltbarkeit beträgt Jahrzehnte
Zur Haltbarkeit der Bambusfahrräder sagte Wieser, er selber habe erst einige Jahre Erfahrung mit einem Bambusrad, in der Zeit habe er nie ein Problem gehabt. „Ich hab im Rahmen meiner Buchrecherche ein Fahrrad gefunden mit dem in Österreich in den Bergen gefahren wurde. Das war 85 Jahre, nachdem es gebaut wurde, noch in Betrieb. Also das ist, glaub ich, die beste Referenz, die man haben kann.“
30.09.2020, red, kaernten.ORF.at

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#3
Bambusfahrräder als HTL-Diplomarbeit
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Ende des 19. Jahrhunderts sind in Klagenfurt und später in Ferlach Fahrräder aus Bambus in großem Stil produziert worden. Einige Schüler der HTL Ferlach trauen sich über das Projekt und bauen diese Räder nach. Mit einer Diplomarbeit entstehen aus dem ökologischen Rohstoff Bambus neue Räder in moderner Technik.
Online seit heute, 6.56 Uhr
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Karl Bräuer, Otto Lemisch und Franz Grundner hießen im 19. Jahrhundert jene Pioniere, die das Bambusfahrrad auf den Markt brachten. Als ökologische, aber – damals noch wichtiger – leichte Fahrradversion. Der 68 Jahre alte Deutsche Oswald Wieser entdeckte nach seiner Pensionierung das Bambusfahrrad für sich und baut nun in Klagenfurt neue Bambusfahrräder – mehr dazu in – Renaissance des Bambusfahrrads (kaenten.ORF.at; 30.9.2020).

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Der Rahmen wird als Diplomarbeit neu konstruiert

Von der Kooperation zur Diplomarbeit
„Innovation ist grenzenlos“, sagt Johann Puinbroek, der Werkstättenleiter. Er ist zuständig für Industriedesign an der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt Ferlach. Das Bambusfahrrad als Diplomarbeit ist etwas Besonderes. Oswald Wieser war der Ideengeber, sagt Puinbroek. In einer Anfrage an die HTL Ferlach schlug er eine Kooperation zwischen Schule, Design und Wirtschaft vor.

„Er fragte, ob wir nicht Interesse hätten, das Bambusfahrrad, das seinen Ursprung in Ferlach hat, weiter zu entwickeln“, so Puinbroek. Daraus entstand eine Kooperation und mittlerweile ist das Projekt zur Diplomarbeit geworden, mit der versucht wird, die alten Lemisch-Patente in die Neuzeit zu transferieren.

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Die Schüler arbeiten mit fünf Zentimeter starken Bambusrohren

Biologisch abbaubare Verbindungen
Bei diesen Lemischpatenten geht es um die Ideen, die die Kärntner Vorerfinder vor mehr als 100 Jahren hatten, um Bambusrohre zu verbinden. Jetzt arbeiten Angelina Djukic, Lukas Gabesam, Alina Schweighofer und Japlen Khurana an der Weiterentwicklung für ihre Diplomarbeit.
Das Lemischpatent ist 1894 in Ferlach entstanden, erzählen die Schüler. Die Verbindungen seien damals mit Metallklammern befestigt worden, dadurch konnten beschädigte Bambusteile ersetzt werden. Als Innovation wollen die Schüler für die Verbindungen Bio-Resin-Harz, ein biologisch abbaubares Epoxitharz verwenden und Lignin, ein pflanzlicher Bestandteil, der ebenfalls biologisch abbaubar ist.

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Ein biologisch abbaubares Harz wird verwendet

Rahmen wird auf Maße des Käufers abgestimmt
Konstruiert wird mit Hilfe eines Computers. Ziel ist es, das richtige Maß für den Rahmen zu finden, für ein Rad, das vom Stil irgendwo zwischen Citybike und Mountainbike liegen wird. Es soll leicht und stabil zugleich werden. Die Schüler versuchen auch, ein attraktives Erscheinungsbild für ihr Fahrrad zu finden. In wenigen Wochen sollen die Prototypen schon fertig sein, ab März soll das erste Fahrrad auf der Straße zu sehen sein, dann soll der Markt erobert werden.

Dazu wird auch an einem besonderen Geschäftsmodell gearbeitet. Jeder Käufer soll sich dabei sein Fahrrad nach den eigenen Körpermaßen zusammen stellen, sagte Werkstättenleiter Puinbroek. Die Körpermaße werden dazu in ein Computerprogramm eingeben, der Konfigurator berechnet alles Weitere. „Aufgrund der Daten wird der Fahrradrahmen vorbereitet. Die einzelnen, individuellen Teile werden mit dem 3-D-Drucker kostensparend ausgedruckt.“

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Der Computer hilft, die korrekten Maße zu berechnen

Rad wird selbst zusammen gebaut
Fünf Zentimeter stark sind die Bambusrohre, die heute verwendet werden. Das Ur-Bambusfahrrad aus Ferlach kam noch mit drei Zentimeter Rohstärke aus, sagte Puinbroek. „Innerhalb von 100 Jahren hat sich die Wachstumsqualität des Bambus gewandelt. Wir mussten die Qualität des Bambus finden, damit er ausgereizt und auch in Europa, im Alpen-Adria-Raum, angebaut werden kann.“ Bis März soll das Projekt fertig sein.
Der Kunde erhält das Fahrrad in Einzelteilen geliefert. Entweder baut er das Rad nach Anleitung selbst zusammen oder arbeitet mit anderen bei einem Workshop. Ein solcher Rahmen soll 400 bis 700 Euro kosten. Die restlichen Teile werden zugekauft.
15.02.2021, red, kaernten.ORF.at
Bambusfahrräder als HTL-Diplomarbeit
 
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