Im Vorfeld der kommenden Bundespräsidentenwahl wird das Thema Regierungsbunker (EZ/B) bei St.Johann im Pongau und der ausgebaute ehemalige Flakturm Stiftskaserne inklusive des geheimen U-Bahnanschlusses auch vom ORF wieder einmal "hochgeholt"
Text u. Bilder - auch kurzes Filmchen über die EZB ist über diesen ORF-Beitrag aufrufbar: http://orf.at/wahl/beingpresident/stories/2333973/
Bildtexte lt. ORF:
1. Keine Idylle auf dem Land, sondern der Eingang zur Einsatzzentrale Basisraum
2. Drei Meter dick und 45 Meter hoch sind die Betonmauern des Stiftsbunkers. Sie umgeben Einsatzräume, Notquartiere, EDV-Systeme und ein TV-Studio.
3. Mehr als nur ein Wendegleis? Ein Nebentunnel bei der U3-Station Volkstheater
Auf der Suche nach dem sicheren Ort
Panzer rollen über die Grenzen, Bomben fallen auf Wien, Österreich wird angegriffen. Zugegeben, das ist ein – zum Glück – höchst unwahrscheinliches Szenario. Aber jetzt einmal rein hypothetisch: Was macht in so einem Fall der österreichische Bundespräsident oder die Bundespräsidentin?
Wird Österreichs Staatschef aus der Hofburg ausgeflogen? Nutzt er unterirdische Gänge, oder bringt ihn die Präsidentenlimousine weg? Und vor allem wohin? Antworten auf diese Fragen liegen ziemlich sicher in den Schubladen der Präsidentschaftskanzlei. Doch die bleiben für die Öffentlichkeit geschlossen. „Keine Auskunft“, heißt es - nicht ganz überraschend - aus dem Büro des Bundespräsidenten. Geheime Notfallpläne sind eben zuvorderst eines: geheim.
Wenn die offiziellen Stellen nichts sagen dürfen, lässt sich natürlich immer noch woanders nachfragen. Bei Gerald Karner zum Beispiel: Bis 2006 war der Bundesheeroffizier hochrangiger Mitarbeiter im Verteidigungsministerium und machte sich einen Namen als einer der Militärexperten Österreichs. Seit über vier Jahren leitet er seine eigene Firma.
Nicht von heute auf morgen
Karner gibt erst einmal zu bedenken, dass „heute mehr denn je“ ein militärischer Angriff nicht von heute auf morgen passiere. Davor müsse es erst zu einem „Aufmarsch“ von Truppen kommen, und das würde der österreichischen Aufklärung natürlich nicht verborgen bleiben. Mit anderen Worten: Die Militärführung - und damit auch die Regierung und der Bundespräsident - hätten sehr wahrscheinlich ein paar Tage Zeit, sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
Damit ist natürlich noch nicht gesagt, dass der Bundespräsident sofort in Sicherheit gebracht wird. Er könnte ebenso auch noch demonstrativ in seinem Amtssitz bleiben, so der Militärexperte. Ganz alleine wird er diese Entscheidung aber kaum treffen. Der Präsident hat mit seinem Adjutanten einen ranghohen militärischen Offizier an seiner Seite. Und dieser ist laut Karner eng mit der obersten militärischen Führung vernetzt.
In den Berg gegraben
Angenommen die Entscheidung fällt gegen die Hofburg. Dann wird sich der Staatschef wahrscheinlich auf den Weg nach Salzburg machen, genauer gesagt in die Einsatzzentrale Basisraum (EZB) in Sankt Johann im Pongau - besser bekannt als „Regierungsbunker“. Die mehrstöckige unterirdische Anlage wurde in den 1970er Jahren, am Höhepunkt des Kalten Krieges, in den Berg gegraben. Sie galt als eines der bestgehüteten Geheimnisse der Republik. Zumindest bis zum Ende des Ost-West-Konflikts.
Mit den Zäunen im Osten fiel auch die Mauer des Schweigens rund um die EZB. Hugo Portisch durfte zum Beispiel für seine ORF-Dokumentarreihe „Österreich II“ einen Blick in die unterirdischen Räume werfen. Anfang 2007 nahm der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos gleich einen Fotografen der damals noch ganz jungen Boulevardzeitung „Österreich“ mit in den Bunker. Fünf Jahre später durfte sogar ein Fernsehteam des ORF-Salzburg während einer Übung drehen.
Mittlerweile finden sich auf Wikipedia auch die Koordinaten der Anlage. Wer die etwa in Google Maps eingibt, sieht freilich nur das Haus, das als Tarnung über dem Bunkereingang steht. Vom „geheimsten Ort des Landes“ spricht jedenfalls kaum noch jemand. Einer der sichersten Orte ist die Anlage aber wohl noch allemal. Nicht umsonst stehen dort das Back-up-System des Bundeskanzleramts und die Datenspeicher der Oesterreichischen Nationalbank. Auch die Fahndungsdaten des Schengen-Informationssystems werden seit 2008 im „Regierungsbunker“ gespeichert.
Zufluchtsort in der Nähe
Der Rückzug nach Salzburg erscheint da ziemlich logisch. Doch was passiert, wenn es schnell gehen muss und die Strecke Wien - Sankt Johann schon zu weit ist? Wenn nicht ein militärischer, sondern ein ziviler Notfall, etwa ein Störfall in einem grenznahen Atomkraftwerk, die Evakuierung der Hofburg nötig macht? Zu seinem Glück hat es der Bundespräsident in so einem Fall nicht weit. Im Flakturm in der Wiener Stiftskaserne, gleich hinter dem MuseumsQuartier, richtete das Bundesheer eine weitere Bunkeranlage ein – inklusive Notquartieren und eigenem TV-Studio.
Der Stiftsbunker wäre der erste sichere Zufluchtsort für den Bundespräsidenten, so Karner. Gerade einmal 900 Meter Luftlinie trennen den ehemaligen Flakturm und die Hofburg. Durch den Volksgarten, über den Maria-Theresien-Platz und quer durch das MuseumsQuartier wäre das Staatsoberhaupt sogar zu Fuß in knapp zehn Minuten dort – mit der Präsidentenlimousine ginge es freilich noch schneller. Jedenfalls wäre der Transport des Staatschefs „ganz unspektakulär“, so Karner.
Rätselraten über geheime U-Bahn-Station
Manchen ist diese Vorstellungen freilich nicht aufregend genug. Gerüchte, wonach eine geheime U-Bahn-Trasse den Ballhausplatz mit der Stiftskaserne verbindet, halten sich hartnäckig – auch oder vielleicht gerade weil sie von offizieller Seite nie bestätigt wurden. Die Strecke sei „so geheim, dass man weder bei den Wiener Linien noch bei der Stadt darüber Auskunft geben will“, schrieb der „Kurier“ im Oktober 2014. Und die „Presse“ erwähnte in einem Artikel 2010 überhaupt gleich eine „spezielle U-Bahn-Station unter dem Ballhausplatz“. Über diese sollten Regierung und Präsident aus der Stadt geschafft werden.
Militärexperte Karner weiß von solch einer U-Bahn-Station nichts. Sehr wohl habe aber einmal ein unterirdischer Gang den Ballhausplatz mit der Stiftskaserne verbunden: „Angeblich gibt es den seit dem U3-Bau nicht mehr.“ Was die zugänglichen Pläne der Stadt Wien jedoch tatsächlich erkennen lassen, ist ein Nebentunnel, der von der U3-Station Volkstheater bis zur Stiftskaserne führt – und dort auch einen Ausgang hat. Laut Wiener Linien ist es freilich nicht mehr als ein gewöhnliches Wendegleis für die eigenen Garnituren.
Bundespräsident kein Feldherr
Eine geheime U-Bahn-Trasse gehört womöglich ebenso in den Bereich der Folklore wie die Vorstellung, dass der Bundespräsident bei einem militärischen Konflikt zum Feldherren wird. Ein Fall, den Karner jedenfalls kategorisch ausschließt. Die Oberbefehlsherrschaft des Präsidenten über das Heer sei eher eine repräsentative, aber keine operative oder strategische, so der Militärexperte.
Die tatsächliche Befehlsgewalt über das Heer bleibt im Kriegsfall in den Händen des Verteidigungsministers. Auch wenn der Präsident zwei wichtige Entscheidungen zu treffen hat: Zum einen muss er die Kriegserklärung gegenzeichnen, zum anderen ist es an ihm, die Mobilmachung anzuordnen. Bisher blieb jedoch beides - zum Glück - rein hypothetisch.
Martin Steinmüller, ORF.at
Panzer rollen über die Grenzen, Bomben fallen auf Wien, Österreich wird angegriffen. Zugegeben, das ist ein – zum Glück – höchst unwahrscheinliches Szenario. Aber jetzt einmal rein hypothetisch: Was macht in so einem Fall der österreichische Bundespräsident oder die Bundespräsidentin?
Wird Österreichs Staatschef aus der Hofburg ausgeflogen? Nutzt er unterirdische Gänge, oder bringt ihn die Präsidentenlimousine weg? Und vor allem wohin? Antworten auf diese Fragen liegen ziemlich sicher in den Schubladen der Präsidentschaftskanzlei. Doch die bleiben für die Öffentlichkeit geschlossen. „Keine Auskunft“, heißt es - nicht ganz überraschend - aus dem Büro des Bundespräsidenten. Geheime Notfallpläne sind eben zuvorderst eines: geheim.
Wenn die offiziellen Stellen nichts sagen dürfen, lässt sich natürlich immer noch woanders nachfragen. Bei Gerald Karner zum Beispiel: Bis 2006 war der Bundesheeroffizier hochrangiger Mitarbeiter im Verteidigungsministerium und machte sich einen Namen als einer der Militärexperten Österreichs. Seit über vier Jahren leitet er seine eigene Firma.
Nicht von heute auf morgen
Karner gibt erst einmal zu bedenken, dass „heute mehr denn je“ ein militärischer Angriff nicht von heute auf morgen passiere. Davor müsse es erst zu einem „Aufmarsch“ von Truppen kommen, und das würde der österreichischen Aufklärung natürlich nicht verborgen bleiben. Mit anderen Worten: Die Militärführung - und damit auch die Regierung und der Bundespräsident - hätten sehr wahrscheinlich ein paar Tage Zeit, sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
Damit ist natürlich noch nicht gesagt, dass der Bundespräsident sofort in Sicherheit gebracht wird. Er könnte ebenso auch noch demonstrativ in seinem Amtssitz bleiben, so der Militärexperte. Ganz alleine wird er diese Entscheidung aber kaum treffen. Der Präsident hat mit seinem Adjutanten einen ranghohen militärischen Offizier an seiner Seite. Und dieser ist laut Karner eng mit der obersten militärischen Führung vernetzt.
In den Berg gegraben
Angenommen die Entscheidung fällt gegen die Hofburg. Dann wird sich der Staatschef wahrscheinlich auf den Weg nach Salzburg machen, genauer gesagt in die Einsatzzentrale Basisraum (EZB) in Sankt Johann im Pongau - besser bekannt als „Regierungsbunker“. Die mehrstöckige unterirdische Anlage wurde in den 1970er Jahren, am Höhepunkt des Kalten Krieges, in den Berg gegraben. Sie galt als eines der bestgehüteten Geheimnisse der Republik. Zumindest bis zum Ende des Ost-West-Konflikts.
Mit den Zäunen im Osten fiel auch die Mauer des Schweigens rund um die EZB. Hugo Portisch durfte zum Beispiel für seine ORF-Dokumentarreihe „Österreich II“ einen Blick in die unterirdischen Räume werfen. Anfang 2007 nahm der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos gleich einen Fotografen der damals noch ganz jungen Boulevardzeitung „Österreich“ mit in den Bunker. Fünf Jahre später durfte sogar ein Fernsehteam des ORF-Salzburg während einer Übung drehen.
Mittlerweile finden sich auf Wikipedia auch die Koordinaten der Anlage. Wer die etwa in Google Maps eingibt, sieht freilich nur das Haus, das als Tarnung über dem Bunkereingang steht. Vom „geheimsten Ort des Landes“ spricht jedenfalls kaum noch jemand. Einer der sichersten Orte ist die Anlage aber wohl noch allemal. Nicht umsonst stehen dort das Back-up-System des Bundeskanzleramts und die Datenspeicher der Oesterreichischen Nationalbank. Auch die Fahndungsdaten des Schengen-Informationssystems werden seit 2008 im „Regierungsbunker“ gespeichert.
Zufluchtsort in der Nähe
Der Rückzug nach Salzburg erscheint da ziemlich logisch. Doch was passiert, wenn es schnell gehen muss und die Strecke Wien - Sankt Johann schon zu weit ist? Wenn nicht ein militärischer, sondern ein ziviler Notfall, etwa ein Störfall in einem grenznahen Atomkraftwerk, die Evakuierung der Hofburg nötig macht? Zu seinem Glück hat es der Bundespräsident in so einem Fall nicht weit. Im Flakturm in der Wiener Stiftskaserne, gleich hinter dem MuseumsQuartier, richtete das Bundesheer eine weitere Bunkeranlage ein – inklusive Notquartieren und eigenem TV-Studio.
Der Stiftsbunker wäre der erste sichere Zufluchtsort für den Bundespräsidenten, so Karner. Gerade einmal 900 Meter Luftlinie trennen den ehemaligen Flakturm und die Hofburg. Durch den Volksgarten, über den Maria-Theresien-Platz und quer durch das MuseumsQuartier wäre das Staatsoberhaupt sogar zu Fuß in knapp zehn Minuten dort – mit der Präsidentenlimousine ginge es freilich noch schneller. Jedenfalls wäre der Transport des Staatschefs „ganz unspektakulär“, so Karner.
Rätselraten über geheime U-Bahn-Station
Manchen ist diese Vorstellungen freilich nicht aufregend genug. Gerüchte, wonach eine geheime U-Bahn-Trasse den Ballhausplatz mit der Stiftskaserne verbindet, halten sich hartnäckig – auch oder vielleicht gerade weil sie von offizieller Seite nie bestätigt wurden. Die Strecke sei „so geheim, dass man weder bei den Wiener Linien noch bei der Stadt darüber Auskunft geben will“, schrieb der „Kurier“ im Oktober 2014. Und die „Presse“ erwähnte in einem Artikel 2010 überhaupt gleich eine „spezielle U-Bahn-Station unter dem Ballhausplatz“. Über diese sollten Regierung und Präsident aus der Stadt geschafft werden.
Militärexperte Karner weiß von solch einer U-Bahn-Station nichts. Sehr wohl habe aber einmal ein unterirdischer Gang den Ballhausplatz mit der Stiftskaserne verbunden: „Angeblich gibt es den seit dem U3-Bau nicht mehr.“ Was die zugänglichen Pläne der Stadt Wien jedoch tatsächlich erkennen lassen, ist ein Nebentunnel, der von der U3-Station Volkstheater bis zur Stiftskaserne führt – und dort auch einen Ausgang hat. Laut Wiener Linien ist es freilich nicht mehr als ein gewöhnliches Wendegleis für die eigenen Garnituren.
Bundespräsident kein Feldherr
Eine geheime U-Bahn-Trasse gehört womöglich ebenso in den Bereich der Folklore wie die Vorstellung, dass der Bundespräsident bei einem militärischen Konflikt zum Feldherren wird. Ein Fall, den Karner jedenfalls kategorisch ausschließt. Die Oberbefehlsherrschaft des Präsidenten über das Heer sei eher eine repräsentative, aber keine operative oder strategische, so der Militärexperte.
Die tatsächliche Befehlsgewalt über das Heer bleibt im Kriegsfall in den Händen des Verteidigungsministers. Auch wenn der Präsident zwei wichtige Entscheidungen zu treffen hat: Zum einen muss er die Kriegserklärung gegenzeichnen, zum anderen ist es an ihm, die Mobilmachung anzuordnen. Bisher blieb jedoch beides - zum Glück - rein hypothetisch.
Martin Steinmüller, ORF.at
Bildtexte lt. ORF:
1. Keine Idylle auf dem Land, sondern der Eingang zur Einsatzzentrale Basisraum
2. Drei Meter dick und 45 Meter hoch sind die Betonmauern des Stiftsbunkers. Sie umgeben Einsatzräume, Notquartiere, EDV-Systeme und ein TV-Studio.
3. Mehr als nur ein Wendegleis? Ein Nebentunnel bei der U3-Station Volkstheater
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