Weitra ist eine Stadt mit wunderschönen Bürgerhäusern aus dem Mittelalter, der Renaissance und dem Barock. Sie verdankt ihren sichtbaren Wohlstand unter anderem dem Privileg der Bürger, in ihren Häusern Bier brauen und ausschenken zu dürfen. Im Rathaus von Weitra wird die 700 Jahre alte Urkunde aufbewahrt, in der all das ins schönster historischer Schrift verbrieft ist. In der Urkunde gewährt Friedrich der Schöne 1321 den Bürgern von Weitra besondere Vorrechte und Freiheiten.
„Zu Beginn bedankt sich Friedrich bei den Bürgern für ihre Treue und dann wird es interessant: ‚Zur Förderung und Besserung der Stadt‘ erteilt er wörtlich diese Privilegien“, erläuterte Wolfgang Katzenschlager, der Stadtarchivar von Weitra den Text der Urkunde gegenüber noe.ORF.at.
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Im Rathaus wird die 700 Jahre alte Urkunde aufbewahrt
Niemand soll Bier brauen, außer er ist Bürger Weitras
Der Punkt drei der Urkunde aus dem Jahr 1321 betrifft das Bierbrauen: „Es soll auch niemand kein Bier brauen in einer Meil um die Stadt, es sei denn ein Bürger.“ „Das heißt, die Bürger bekommen das Bier-Monopol für die Stadt und für eine Meile um die Stadt. Eine Meile beträgt umgerechnet etwa neun Kilometer“, führte Katzenschlager weiter Wortlaut des historischen Dokuments aus.
Die Urkunde enthält allerdings keine Angaben dazu, wie das Bier zusammengesetzt sein soll. So etwas wie das „Reinheitsgebot von 1516“, auf das man in Bayern sehr stolz ist, geht aus dem Brief Friedrichs des Schönen nicht hervor. Man weiß aber, dass das Bier in so genannter offener Gärung gebraut wurde. Ein Brauverfahren, dass heute noch in Weitra zu Anwendung kommt. Historisch spätere Dokumente verweisen auf die profunde Ausbildung, die die Braumeister der Stadt vorzuweisen haben. Die Brauer- und Mälzerzunft in Weitra genoss über Jahrhunderte großen Einfluss im Land. So musste lange Zeit jeder angehende Brauer Ostösterreichs ins Waldviertel pilgern, um hier seine Meisterprüfung abzulegen.
Braurecht musste über Jahrhunderte verteidigt werden
Die Originalurkunde ist im entscheidenden Passus zum Bierbrauen beschädigt, doch konnte der Text beim Restaurieren leicht ergänzt werden. Das Archiv der Stadt verfügt über verschiedene Abschriften, weil die Bürger von Weitra dieses gewinnbringende Privileg vor allem gegen den Adel der Region durch die Jahrhunderte vor Gericht verteidigen mussten und deshalb den Text vervielfältigt hatten. So gab es zur Hochblüte um 1650 insgesamt 35 Brauhäuser, davon 33 bürgerliche Häuser mit Braurecht, ein städtisches und ein herrschaftliches Hofbräuhaus. In diesem Haus, das heute als Hotel geführt wird, wird heute noch wie damals Bier gebraut.
Doch nicht nur das Brauen an sich brachte Geld in die planmäßig um einen Dreiecksanger angelegte Stadt, sondern auch die Verlegung der Handelsroute von Südböhmen nach Wien als Weg direkt durch die Stadt. „Es wäre einfacher gewesen für die Reisenden, wenn sie dem mittelalterlichen Weg hätten folgen können. Aber das Privileg aus 1321 bestimmte, dass die Straße durch den Ort Weitra führen musste. Hier musste Handel getrieben werden, hier machten somit wohl auch die Händler und Reisenden Rast und konnten sich am Bier der Stadt erfreuen“, erzählte Thomas Samhaber vom Autorenteam „700 Jahre Braustadt Weitra“.
Jubiläum im Zeichen von Hopfen, Wasser und Malz
Seit ungefähr drei Jahren bereitet im Rathaus ein Team aus Historikern, Autoren, Mitarbeitern der Stadt sowie Bier-Unternehmern der Region die Aktivitäten zum Jubiläumsjahr 2021 vor. So soll es in der Altstadt eine „Bier-Erlebniswelt“ geben, eine sogenannte Biermeile. An neun Stationen wird Wissenswertes rund um das Thema Bier geboten. Neun Miniaturhopfengärten werden in der Stadt angelegt, freut sich Patrick Layr, der Bürgermeister der Stadt Weitra .
Den Höhepunkt soll der Bierkirtag vom 12. bis 18. Juli bilden. Bis dahin hofft das Team, dass die Pandemie den Plänen keinen Strich durch die Rechnung macht. Unterdessen ist die Überarbeitung des Biermuseums im Schloss Weitra voll in Gang.
Ein kurzer Vorgriff: in 39 Jahren gibt es wieder ein 700-Jahr-Jubiläum: denn in einer weiteren Urkunde, dieses Mal aus dem Jahr 1360, wird den Bürgern von Weitra das Privileg, Wein auszuschenken, gewährt. Weinanbau ist in Weitra derzeit noch nicht lohnend, aber wer weiß, was der Klimawandel noch mit sich bringt.
14.01.2021, Hannes Steindl, noe.ORF.at
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