Spuren von Leben auf Venus und Mars entdeckt?

josef

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#1
SELTENES MOLEKÜL
Spuren von Leben auf der Venus entdeckt?
Forscher haben in den Wolken unseres Nachbarplaneten Phosphin gefunden, was eine Biosignatur sein könnte. Was genau dahintersteckt, ist unklar

Ausgerechnet unser höllischer Nachbar als Heimat von Leben? Eine aktuelle Entdeckung facht Spekulationen an.
Illustration: ESO/M. Kornmesser & NASA/JPL/Caltech

Unser innerer Nachbarplanet ist eine ungemütliche Welt. Die dichte Gashülle der Venus, die hauptsächlich aus Kohlendioxid besteht, sorgt nicht nur für einen Druck von mehr als 90 Bar auf der Oberfläche – vergleichbar mit dem Druck in 900 Meter Meerestiefe. Sie erzeugt auch einen extremen Treibhauseffekt, rund 460 Grad Celsius heiß ist es auf dem Planeten. Dementsprechend gilt die Venus nicht unbedingt als aussichtsreicher Kandidat für Leben.

Forscher spekulieren allerdings schon länger darüber, ob die Wolken der Venus robuste Mikroben beherbergen könnten. Jetzt gab ein internationales Forscherteam im Fachblatt "Nature Astronomy" die Entdeckung eines seltenen Moleküls bekannt, das ein Hinweis darauf sein könnte: Phosphin. Auf der Erde wird dieses Gas industriell oder von Mikroben hergestellt.

Potenzielle Lebensspur
Phosphin, das wissenschaftlich korrekt eigentlich Monophosphan heißt, besteht aus Wasserstoff und Phosphor. Unter Astronomen gilt es als vielversprechender Kandidat für eine Biosignatur. Das sind chemische Verbindungen, deren Quelle lebende Organismen sind. Biosignaturen spielen daher eine wichtige Rolle bei der Suche nach außerirdischem Leben.

Wie Phosphin in der Venusatmosphäre gelangen könnte, ist bislang unklar. Eine mögliche Erklärung, die die Wissenschafter derzeit nicht ausschließen können, ist, dass außerirdisches Leben dahintersteckt. Möglich ist aber auch, dass ein bislang unbekannter photochemischer oder geochemischer Prozess das Phosphin in der Venusatmosphäre hervorgebracht hat.
Schwierige Ursachenforschung
"Als wir die ersten Hinweise auf Phosphin im Spektrum der Venus erhielten, war das ein Schock", sagt die Teamleiterin Jane Greaves von der Universität Cardiff in Großbritannien über die Entdeckung, die mit dem James-Clerk-Maxwell-Teleskop auf Hawaii gelungen ist. Bestätigt wurde der Fund vom Atacama-Large-Millimeter/Submillimeter-Array-Teleskop (ALMA) in Chile. Das Team hat daraufhin versucht, natürliche, nicht-biologische Prozesse zu finden, durch die Phosphin in die Venusatmosphäre gelangen könnte.
Auf der Venus gibt es nach wie vor aktiven Vulkanismus, durch den Mineralien in die Atmosphäre gelangen könnten. Wäre das eine mögliche Quelle? Andere Ideen umfassten photochemische Prozesse durch Sonnenlicht oder Blitze und andere atmosphärische Phänomene. Doch keines der Szenarien reicht nach Ansicht der Forscher für die Menge an Phosphin aus, die nun festgestellt wurde.

Weitere Studien
Als Beweis für außerirdisches Leben auf der Venus wollen die Forscher ihre Beobachtung aber nicht interpretiert wissen. Vorerst lässt sich nur sagen, dass es bisher unbekannte Prozesse geben muss, die für das Phosphin verantwortlich sind. Spektakulär ist die Entdeckung aber zweifellos. "Es ist unerlässlich, diese aufregenden Ergebnisse mit theoretischen und beobachtenden Studien weiterzuverfolgen, um die Möglichkeit auszuschließen, dass Phosphin auf Gesteinsplaneten auch einen anderen chemischen Ursprung haben könnte als auf der Erde", kommentierte der Astronom Leonardo Testi vom European Southern Observatory (Eso), der nicht an der Studie beteiligt war, die Ergebnisse.

Um den Verdacht auf außerirdisches Leben zu bestätigen oder zu entkräften, braucht es weitere Beobachtungen der Venus und anderer Gesteinsplaneten. Das Extremely Large Telescope der Eso, das demnächst in Betrieb geht, könnte dabei weitere Hinweise liefern. Messungen von Gesteinsplaneten außerhalb unseres Sonnensystems könnten Aufschluss darüber geben, welche anderen Prozesse Phosphin hervorbringen, die uns bislang noch nicht bekannt sind. Wie immer in der Astronomie gilt: Es bleibt spannend.

(Tanja Traxler, David Rennert, 14.9.2020)

Studie
Nature Astronomy: "Phosphine gas in the cloud decks of Venus"
Spuren von Leben auf der Venus entdeckt? - derStandard.at
 

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#2
Als die Erde noch der Venus ähnelte
Forscher gingen der Frage nach, wie die Ur-Atmosphäre der Erde ausgesehen haben könnte

Damals und heute: die (vermutliche) Erdatmosphäre vor über vier Milliarden Jahren im Vergleich mit der gegenwärtigen.
Illustration: Tobias Stierli / NCCR PlanetS

Im Lauf ihrer viereinhalb Milliarden Jahre langen Geschichte hat die Erde nacheinander mehrere verschiedene Atmosphären gehabt. Die gegenwärtige, von Sauerstoff geprägte ist je nach Zählung die dritte oder vierte und hätte sich nicht ohne die tatkräftige Unterstützung von Photosynthese betreibenden Mikroorganismen bilden können.


Zunächst aber dürfte die Erde eine äußerst kohlenstoffreiche und stickstoffarme Atmosphäre gehabt haben, berichtet ein internationales Forschungsteam im Fachmagazin "Science Advances". Die urzeitliche Gashülle hätte dem geähnelt, was man heute auf unserem Nachbarplaneten Venus vorfindet.

Feuriger Beginn
In ihren Anfangstagen war die Erde wie alle Gesteinsplaneten ein glühender Magmaball. Um die damaligen Verhältnisse zu rekonstruieren, schmolz ein Team um den Geochemiker Paolo Sossi von der ETH Zürich zunächst Mantelgestein per Laser auf. Anschließend untersuchten die Forscher, wie es sich auf die Zusammensetzung der Atmosphäre auswirkt, wenn es zu einer Abkühlung kommt und das Magma kristallisiert. In der Erdgeschichte geschah dies nach geologischen Maßstäbe ausgesprochen schnell, nämlich innerhalb von rund einer Million Jahren, wie Sossi erklärt.
Das Ergebnis des Experiments weist darauf hin, dass der Kohlendioxid-Gehalt in der seinerzeitigen Atmosphäre etwa 95 Prozent betragen haben müsste. Dadurch wäre der Atmosphärendruck etwa 100 Mal höher als heute gewesen. Auch Wasserdampf war in dieser Atmosphäre enthalten, doch anders als das CO2 kondensierte dieser und löste sich im Magma-Ozean.

Der Weg zur Lebensfreundlichkeit (und zurück?)
So sei vor über vier Milliarden Jahren eine Atmosphäre entstanden, die mit einem extremen Treibhauseffekt verbunden war – ähnlich wie ihn Astronomen auf der Venus beobachten. Auch die begann einst als Magmaball. Ob auf ihr seitdem durchgängig höllische Bedingungen geherrscht haben oder ob womöglich ihre Atmosphäre einen noch dramatischeren Wandel vollzogen hat, steht wieder auf einem anderen Blatt. Vor einem Jahr ließen US-Forscher mit der Hypothese aufhorchen, dass die Venus nach dem Inferno der Anfangszeit für zwei bis drei Milliarden Jahre lebensfreundlich gewesen sein könnte, ehe sich der heute noch beobachtbare Treibhauseffekt in Gang setzte. Unser innerer Nachbar wäre demnach auf Umwegen wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt.

Dass auf der Erde lebensfreundliche Bedingungen nicht nur rasch entstehen konnten, sondern sich seitdem auch gehalten haben, ist laut den Forschern vor allem der größeren Entfernung zur Sonne zu verdanken. Dadurch verdampfte das irdische Wasser nicht, sondern konnte sich in den Ur-Ozeanen sammeln. Zum anderen "verschluckte" die junge Erde ständig Kohlendioxid: Das Gas löste sich im Meerwasser, verband sich mit Kalzium und sank auf den Boden. Die Bewegung der Platten zog das Kohlendioxid dann tief in die Erdkruste und den Erdmantel hinunter.
(red, APA, 26. 11. 2020)

Abstract
Science Advances: "Redox state of Earth’s magma ocean and its Venus-like early atmosphere"

Als die Erde noch der Venus ähnelte - derStandard.at
 

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#3
ABSTIEG IN DIE GLUTHÖLLE
Erstmals seit über 30 Jahren: Nasa schickt zwei Sonden zur Venus
DaVinci+ soll in die Atmosphäre unseres heißen Nachbarplaneten abtauchen. Veritas kartiert unterdessen die Venus

Wegen ihrer dichten Wolkendecke weiß man nur wenig darüber, was sich auf der Venusoberfläche so abspielt. Dieses Bild unseres Nachbarplaneten besteht aus miteinander kombinierten Aufnahmen der Nasa-Missionen Magellan und Pioneer Venus Orbiter.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Am 1. März 1966 schlug die sowjetische Venus-Sonde Venera 3 als erstes künstliches Objekt der Raumfahrtgeschichte auf der Oberfläche eines anderen Planeten ein. Auch die erste zumindest halbwegs weiche Landung jenseits des Mondes gelang den Sowjets bei einer Venusmission: Venera 7 erreichte am 15. Dezember 1970 den Venusboden und sendete für 20 Minuten Daten zur Erde. In den folgenden 15 Jahren schafften es acht weitere Missionen der Sowjets und der Nasa bis zur Oberfläche der Venus, seitdem konzentrierte man sich jedoch mehr auf den Mars.
Extreme Welt
Der Grund dafür liegt unter anderem an den extremen Bedingungen, die unter der rund 20 Kilometer dicken Wolkenschicht herrschen: Der Luftdruck auf Bodenniveau entspricht dem 90-Fachen des irdischen Luftdrucks, die dichte Wolkendecke aus Schwefelsäuretröpfchen lässt nur zwei Prozent des Sonnenlichts durch, was der Venusoberfläche ewiges Zwielicht beschert, und der enorme Treibhauseffekt führt dort zu Temperaturen von über 450 Grad Celsius. Und doch: Die Erfahrungen aus den Missionen der 1970er- und 1980er-Jahren haben gezeigt, dass man Sonden durchaus widerstandsfähig genug konstruieren kann, damit sie zumindest eine Weile in der Gluthölle der Venus überleben können.

Womöglich belebt
Obwohl lange Zeit daran gezweifelt worden war, halten manche Wissenschafter es durchaus für möglich, dass auch auf der Venus Leben möglich ist oder einst dort existiert hat. Klimamodelle haben zuletzt vermuten lassen, dass auf dem Planeten in der Vergangenheit zumindest phasenweise flüssiges Wasser vorhanden war. Den Theorien zufolge verteilte sich dieses Wasser vor rund zwei Milliarden Jahren in Form eines annähernd globalen, flachen Ozeans über die Oberfläche der Venus, ehe ein kumulierender Treibhauseffekt den Planeten zu jener Hölle machte. Hinweise auf dieses Wasser könnten sich bis heute in hohen Atmosphärenschichten erhalten haben.


Nach Jahrzehnten soll mit DaVinci+ erstmals wieder eine Raumsonde die Venus besuchen und ihre Atmosphäre vor Ort analysieren.
Illustr.: NASA GSFC visualization/CI Labs Michael Lentz

Was die Venus außerdem noch interessant macht, sind Nasa-Studien, wonach mikrobielles Leben in den kühleren Wolkenschichten der Venus theoretisch vorhanden sein könnte. Im September 2020 fanden Wissenschafter sogar das seltene Gas Monophosphan in der Venusatmosphäre, das mit lebenden Organismen in Zusammenhang gebracht wird. Obwohl diese Ergebnisse mittlerweile angezweifelt werden, drängen nicht zuletzt Astrobiologen darauf, endlich wieder einmal vor Ort Nachschau zu halten.

Zwei neue Venus-Missionen
Nicht zuletzt deshalb plant die Nasa im Rahmen ihres Discovery-Propgramms zwei neue Missionen zum Nachbarplaneten Venus. DaVinci+ und Veritas sollen im Zeitraum zwischen 2028 und 2030 von der Erde in Richtung des zweitinnersten Planeten des Sonnensystems aufbrechen. Für die Entwicklung würden jeweils 500 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt. Während DaVinci+ die Atmosphäre untersuchen soll, wird Veritas das Kartieren der Venus übernehmen.
Die Missionen sollen weitere Hinweise darauf liefern, warum die Venus trotz ähnlicher Voraussetzungen zu denen der Erde zu einem so lebensfeindlichen Planeten mit extremen Temperaturen wurde. Dabei könnte der Planet vor langer Zeit "die erste bewohnbare Welt im Sonnensystem" gewesen sein, wie Nasa-Forscher spekulierten.


Von der Mission DaVinci+ erhoffen sich die Nasa-Wissenschafter Hinweise darauf, warum die Venus zu Höllenwelt wurde.
Illustr.: NASA GSFC visualization/CI Labs Michael Lentz

Durch die Atmosphäre
Die DaVinci+ Mission bestehe dabei aus einer kugelförmigen Sonde von etwa einem Meter Durchmesser, die die Zusammensetzung der Gase messen soll, während sie phasenweise an einem Fallschirm durch die Atmosphäre der Venus sinkt. Dabei sollen auch Anhaltspunkte dazu gefunden werden, warum sich in der Hülle des Planeten ein derart starker Treibhauseffekt entwickeln konnte, der zu Temperaturen von mehreren Hundert Grad führt. Zusätzlich soll DaVinci+ hochauflösende Bilder einer geologischen Besonderheit der Venus machen, die an tektonische Platten auf der Erde erinnern. Seit 1978 hat die Nasa die Atmosphäre des Planeten nicht mehr angesteuert.

Veritas soll währenddessen die Venus kartieren, um damit die geologische Geschichte des Planeten zu bestimmen und zu erklären, warum er sich so anders entwickelte als die Erde. Bei dem Projekt kreist eine mit einem Radar ausgestattete Sonde um die Venus und erstellt dabei ein 3D-Bild. Die Nasa-Forscher erhoffen sich dadurch Erkenntnisse dazu, ob Prozesse wie Plattentektonik und Vulkanismus auf der Venus noch aktiv sind.
(tberg, red, APA, 4.6.2021)

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#4
ORIGINELLES EXPERIMENT
Spuren von Leben auf dem Mars zu entdecken ist noch schwieriger als gedacht
Mögliches früheres Leben auf dem Roten Planeten dürfte mit den dafür vorgesehenen Instrumenten kaum nachweisbar sein, wie ein Versuch in Chile zeigt

Wären der blaue Himmel und die Menschen nicht zu sehen, könnte man meinen, das Foto sei auf dem Mars gemacht worden.
Armando Azua-Bustos

Es ist eine der großen Fragen, die Astrobiologinnen und Planetenforscher seit Jahrzehnten umtreibt: Gibt oder gab es auf unserem Nachbarplaneten Mars Leben? Seit rund 50 Jahren wird systematisch danach gesucht, beginnend mit den Viking-Missionen in den 1970er-Jahren. Ein halbes Jahrhundert später haben selbst die neuesten, hochempfindlichen Instrumente der Nasa-Rover Curiosity und Perseverance nur geringe Mengen einfacher organischer Moleküle nachgewiesen – aber eben noch keine eindeutigen Biosignaturen.

Diese ernüchternden Ergebnisse lassen zwei Deutungen zu: Entweder hat es tatsächlich nie Leben auf dem Mars gegeben, oder unsere technischen Fähigkeiten reichen (noch) nicht aus, Beweise für Leben zu finden, das es vor Millionen von Jahren gegeben haben könnte.

Doch wie lässt sich klären, welche dieser beiden Alternativen richtig ist?

Mars-Analogon im Norden Chiles
Ein internationales Team um den chilenischen Molekular- und Astrobiologen Armando Azua-Bustos (Zentrum für Astrobiologie am spanischen CSIC) hat sich ein originelles Experiment ausgedacht, um diese Frage zu beantworten. Die Forschenden suchten nach einem möglichst authentischen Mars-Analogon auf der Erde und wurden in der Atacama-Wüste im Norden Chiles fündig. Konkret begaben sie sich zur Formation Piedra Roja (Roter Stein), die tatsächlich eine perfekte Kulisse für einen Mars-Film hergeben würde.

Marslandschaft in der chilenischen Atacama-Wüste, wo die beteiligten Forscher Proben nahmen.
NPG Press

Bei der Formation, die sich vor 100 bis 160 Millionen Jahren gebildet hat, handelt es sich um Überreste eines alten Flussdeltas. Es besteht aus einer Vielzahl von Sandstein- und Tonsedimenten, die für ein Flussbett typisch sind. Zudem stellten sie fest, dass Hämatit, ein Eisenoxid, das dem Mars seine charakteristische rote Farbe verleiht, reichlich vorhanden ist. Damit sind diese Ablagerungen geologisch dem Jezero-Krater auf dem Mars ziemlich ähnlich, der derzeit von Perseverance untersucht wird.

Spärlichst vorhandene Biosignaturen
Im zweiten Schritt untersuchten die Fachleute die dort gewonnenen Gesteinsproben mithilfe hochempfindlicher Labortechniken. Dabei fanden sie eine Mischung aus Biosignaturen sowohl ausgestorbener als auch lebender Mikroorganismen. Die Kultivierung von Mikroorganismen und die Gensequenzierung zeigten, dass viele der gefundenen DNA-Sequenzen in erster Linie von einem nichtidentifizierbaren "dunklen Mikrobiom" stammten, wobei der größte Teil des genetischen Materials von bisher unbeschriebenen Mikroorganismen stammte.


Die Forscher bei der Probengewinnung. (An eine solche Stelle wie jene links oben hätte sich der Mars-Rover allerdings nicht hinbewegen können.)
Foto: Armando Azua-Bustos

Die Spuren ehemaligen Lebens in diesem Flussdelta waren aber extrem dünn gesät und lagen laut Ko-Autor Victor Parro bei 1 zu 1.000.000.000.000 – sprich: Auf eine Billion Teile organischen Materials kam ein Teil Biosignatur. Das wiederum lässt darauf schließen, dass ähnlich geringe Mengen an organischer Materie auch am Mars vorhanden sind, wenn es dort vor Abermillionen von Jahren Leben gegeben haben sollte.

Im dritten Schritt versuchte Azua-Bustos mit seinem Team diesen erfolgreichen Nachweis von Leben in der Piedra Roja mit den auf dem Mars eingesetzten Testinstrumenten zu wiederholen. Doch es zeigte sich, dass diese kaum in der Lage waren, so spärlich gesäte molekulare Fossiliensignaturen zu erkennen, wie die Forschenden im Fachblatt "Nature Communications" berichten.

Untersuchungen in irdischen Labors
Was aber bedeutet das für die Suche nach Leben auf dem Mars? Diese Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es sei, Proben vom Mars zur Erde zu bringen, betont Azua-Bustos. Denn nur so könnten die leistungsfähigsten Nachweistechniken genützt werden, die in den Labors verfügbar sind. Diese Schlussfolgerungen haben Nasa, die Europäische Weltraumorganisation Esa und andere Institutionen bereits quasi vorweggenommen: Sie arbeiten daran, die vom Perserverance-Rover gesammelten Proben vom Mars zur Erde zu bringen.
(tasch, 21.2.2023)

Originalpublikation:
Nature Communications: "Dark microbiome and extremely low organics in Atacama fossil delta unveil Mars life detection limits"

Spuren von Leben auf dem Mars zu entdecken ist noch schwieriger als gedacht
 

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#5
TROCKEN UND HEISS
Sauerstoffrätsel lässt wenig Raum für eine lebensfreundliche Venus
Aktuelle Modellierungen halten es zwar für möglich, dass einst Ozeane die Venus bedeckten. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch eher gering
Die Venus gleicht der Erde in vielerlei Hinsicht. Beide haben etwa dieselbe Größe und mittlere Dichte, und auch der geologische Aufbau der Venus dürfte in groben Zügen jenem der Erde entsprechen. Bei großzügigen Annahmen liegt ihre Umlaufbahn sogar noch innerhalb der Grenzen der habitablen Zone unseres Sonnensystems – und doch könnten die Bedingungen unter der 20 Kilometer hohen Wolkendecke der Venus kaum fremdartiger sein.

Der Luftdruck auf Bodenniveau entspricht dem 90-Fachen des irdischen Luftdrucks, und die dichte Bewölkung aus Schwefelsäuretröpfchen lässt nur zwei Prozent des Sonnenlichts durch – die trockenen Landschaften der Venus sind tagsüber in unveränderliches Zwielicht getaucht. Ihre Atmosphäre besteht zu 96 Prozent aus Kohlendioxid, ein wenig Stickstoff und Spuren einiger anderer Gase. Dem eskalierten Treibhauseffekt ist es zu verdanken, dass auf der Venusoberfläche Temperaturen von über 450 Grad Celsius herrschen.


Neu berechnetes Foto der Venus auf Grundlage einer Aufnahme der Nasa-Sonde Mariner 10 vom 7. Februar 1974.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Vielleicht einmal kühler und feuchter
Vielleicht war das aber nicht immer so. Grundsätzlich hätte die Venus ja das Zeug zu einer lebensfreundlichen Welt, und einige Simulationen legen den Schluss nahe, dass sie es vor einigen Milliarden Jahren auch zumindest eine Zeitlang war, inklusive planetenweiter Ozeane. Eine aktuelle Studie untermauert nun zwar das Szenario einer Venus mit milden Temperaturen und großen Gewässern, das Wahrscheinlichkeitsfenster dafür wäre aber sehr klein.

Alexandra Warren und Edwin Kite von der University of Chicago haben für ihre Arbeit die Entwicklung der Venusatmosphäre nachmodelliert. Vor allem wollte das Team herausfinden, auf welche Art und mit welcher Geschwindigkeit die Venus ihren Sauerstoff verloren haben könnte. Das Fehlen des Sauerstoffs stellt nämlich bei der Hypothese einer feuchten Venus noch ein größeres Problem dar.

Rätsel um Schicksal des Sauerstoffs
Sollte die Venus je flüssige Ozeane beherbergt haben, wären diese irgendwann verdampft und in der dichter werdenden Atmosphäre aufgegangen. Photodissoziation, eine durch Sonnenlicht ausgelöste chemische Reaktion, hätte das Wasser schließlich in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Während der Wasserstoff in den Weltraum entweicht, sollte der Sauerstoff eigentlich überbleiben. Bisher konnte man davon aber noch keine Spur entdecken.

Warren und Kite haben nun im Fachjournal "Pnas" einige Ideen vorgestellt, wohin der Sauerstoff verschwunden sein könnte. Sie sind das Ergebnis von über 94.000 Durchläufen venerischer Atmosphärenentwicklungen ausgehend von drei Ursprungszuständen. Nur ein winzig kleiner Prozentsatz der Modellberechnungen lieferte schließlich plausible Resultate, die der heute bekannten Venusatmosphäre gleichen.

So könnte sich etwa der Sauerstoff mit dem von Vulkanen ausgestoßenen Kohlenstoff zu Kohlendioxid verbunden haben. Doch die Forschenden halten diese Variante für nicht sehr wahrscheinlich. Eher tippen sie auf eine von zwei anderen Szenarien: Entweder der Sauerstoff entwich ebenfalls in den Weltraum, oder er wurde auf der Planetenoberfläche in leicht oxidierbarem Magma, etwa Basalt, gebunden.


Aufnahme der Venusoberfläche, basierend auf Radarbildern der Nasa-Sonde Magellan.
Foto: Nasa/JPL

Nicht viel Wasser
Das Ausmaß früherer vulkanischer Aktivität auf der Venus lässt sich anhand der Menge an atmosphärischem Argon eingrenzen. Das wiederum lässt Rückschlüsse zu, wie viel Sauerstoff durch den Vulkanismus gebunden worden sein, und letztlich auch, wie viel Wasser es ursprünglich gegeben haben könnte. Allzu viel dürfte das demnach nicht gewesen sein: Von allen Szenarien ergaben nur 2,6 Prozent eine Venusatmosphäre, die der heutigen gleicht. Diese ergab eine Reihe von Varianten der ursprünglichen – wohlgemerkt,theoretischen – Wasserbedeckung.

Selbst jene mit der maximalen Wassermenge boten demnach nur Platz für einen Ozean mit einer Tiefe von durchschnittlich 300 Metern. Das wäre weniger als zehn Prozent der durchschnittlichen Meerestiefe der Erde. In diesem Szenario könnten das Wasser bis vor drei Milliarden Jahren auf der Venusoberfläche existiert haben.

Künftige Missionen
Alles in allem widerspricht der heutige Mangel an Sauerstoff in der Venusatmosphäre damit zwar nicht der Möglichkeit einstiger lebensfreundlicher Bedingungen auf der Venus, aber die Lücke dafür sei äußerst klein, meinen die Forscher.

Freilich sind alle zugrunde liegenden Annahmen sehr vage, denn die harschen Umweltbedingungen auf unseren Geschwisterplaneten machten das Datensammeln vor Ort nicht gerade leicht. Nur eine Handvoll Sonden erreichte seit den 1960er-Jahren die Venusoberfläche und konnte davon berichten. Die Forschenden erhoffen sich daher neue Erkenntnisse von künftigen Missionen mit robusterem Erkundungsmaterial. Immerhin zeigten die Erfahrungen aus den Missionen der 1970er- und 1980er-Jahre, dass man Sonden durchaus widerstandsfähig genug konstruieren kann, damit sie zumindest eine Weile in der Gluthölle der Venus überleben können.
(tberg, 15.3.20
Sauerstoffrätsel lässt wenig Raum für eine lebensfreundliche Venus
 

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#6
PLANETARE ÜBERRASCHUNG
Venus dürfte vulkanisch ähnlich aktiv sein wie die Erde
Die Vulkane auf unserem Nachbarplaneten galten als längst erloschen und "tot". Auswertungen alter Aufnahmen aus den frühen 1990er-Jahren deuten auf das Gegenteil hin
Der Vulkan Sif Mons auf der Venus, der lange als erloschen galt. Neu ausgewertete Radaraufnahmen zeigen nun rezente Lavaflüsse.
Nasa/JPL

Bewohnbar ist anders: Auf unserer sonnennahen Nachbarin Venus herrschen – anders als auf dem Mars – definitiv keine Verhältnisse, die einen Besuch durch Menschen als ratsam erscheinen lassen. Die Temperaturen liegen bei über 450 Grad Celsius und sind einem extremen Treibhauseffekt geschuldet. Die Atmosphäre der Venus besteht zu 96 Prozent aus Kohlendioxid, der Luftdruck beträgt knapp das 100-Fache desjenigen auf der Erde.

Dennoch gab es 2020 den Verdacht, dass es auf der Venus – konkreter: in ihrer Atmosphäre – Leben oder Vorstufen des Lebens geben könnte. Forschende hatten in den Wolken unseres Nachbarplaneten Phosphin gefunden, eine Biosignatur. In den Jahren darauf legte sich die Aufregung ein wenig. Phosphin scheint tatsächlich vorzukommen, doch in weitaus geringeren Konzentrationen als 2020 angenommen.

Aktive Venus-Vulkane?
Ebenfalls 2020 wurde eine weitere Annahme über die Venus infrage gestellt: Unsere Nachbarin galt als "toter" Planet, auf dem mögliche geologische Aktivitäten längst zum Erliegen gekommen sind. Eine Studie im Fachblatt Nature Geosciences kam damals zum Schluss, dass 37 Vulkane auf der Venus doch noch nicht tot sind. Diese Behauptung wird nun durch neue Daten erhärtet, die bei drei Überflügen zwischen 1990 und 1992 von der Sonde Magellan gesammelt wurden und nun durch Forschende um Davide Sulcanese (Universität D'Annunzio in Chieti) eine neue Auswertung erfuhren.

Der italienische Planetenforscher und seine Kollegen konzentrierten sich in ihrer im Fachjournal Nature Astronomy veröffentlichten Studie auf zwei verschiedene Gebiete der Venusoberfläche, die im Übrigen dreimal so groß wie die Landfläche der Erde ist: den Schildvulkan Sif Mons und eine Ebene im Osten, die als Niobe Planitia bekannt und mit Vulkankratern überzogen ist. Die Aufnahmen von Magellan, die im Abstand von acht Monaten gemacht wurden, zeigten deutliche Helligkeitsschwankungen – aufgrund von sich bewegenden Lavaströme, wie die Forschenden vermuteten.


Die von den Forschenden entdeckten, rot markierten Lavaströme am Westhang des Sif Mons.
IRSPS - Università d'Annunzio / Nasa/JPL-Caltech

Um diese Erklärung zu bestätigen, mussten Sulcanese und sein Team zunächst andere mögliche Erklärungen ausschließen, was ihnen auch gelang. Im zweiten Schritt errechneten sie die Eigenschaften der Lavaströme – also etwa, wie schnell die Lava produziert wurde. Die niedrigeren Schätzungen des Teams von 3,78 bzw. 5,67 Kubikkilometern pro Jahr für Sif Mons und Niobe Planitia entsprechen in etwa den Werten eines durchschnittlichen Vulkans auf der Erde. Sulcanese und sein Team verwendeten diese Zahlen auch, um die gesamte vulkanische Aktivität auf der Venus zu schätzen. Nach dieser Schätzung könnte die Venus vulkanisch weitaus aktiver sein als erwartet, sagt Sulcanese, und zwar in der gleichen Größenordnung wie auf der Erde.

Diese Erkenntnisse und die beiden Gebiete werden für zwei geplante Missionen zur Venus von Bedeutung sein. Dabei handelt es sich um Veritas der Nasa und Envision der Europäischen Weltraumorganisation (Esa), die beide Anfang der 2030er-Jahre starten sollen. Sulcanese geht davon aus, dass diese Gebiete auch in zehn Jahren noch aktiv sein werden, denn geologisch gesehen seien 40 Jahre wie ein paar Sekunden für die Aktivität von Vulkanausbrüchen.
(Klaus Taschwer, 29.5.2024)
Venus dürfte vulkanisch ähnlich aktiv sein wie die Erde
 

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#7
PIONIERARBEIT
Warum wir wissen, dass es auf dem Mars knietiefe Flüsse gab
Der Geologe Sanjeev Gupta erkundet den Roten Planeten aus Millionen Kilometer Entfernung vom Homeoffice aus. Möglich macht das österreichische Technologie
22. Juni 2024, 12:00

Auf dem Mars gab es Bäche und Flüsse, wie auch diese topografisch eingefärbte Karte zeigt.
ESA/DLR/FU Berlin

Gibt es Leben auf dem Mars? Wohin verschwanden seine Flüsse und Seen? Und könnte der Erde ein ähnliches Schicksal wie ihrem Nachbarplaneten blühen, wenn das Klima sich radikal ändert? Diese Fragen beschäftigen auch Sanjeev Gupta. Der renommierte Geologe vom Imperial College London hat in seiner Karriere schon aufsehenerregende Entdeckungen gemacht. So konnte er etwa nachweisen, wie sich Großbritannien aufgrund von Erosionen und einer Megaflut vom europäischen Festland trennte – und den Mythos entzaubern, dass viele Städte der Indus-Zivilisation an einem riesigen Fluss aus dem Himalaja entstanden sein sollen. Wie Guptas Forschung zeigte, war der Fluss schon lange Zeit vor der Besiedlung ausgetrocknet.

Um verschwundenes Wasser und uraltes Gestein geht es auch auf dem Mars. Bis die ersten Menschen den Roten Planeten in Person besuchen können, wird es wohl noch Jahrzehnte dauern. Das bedeutet aber nicht, dass nicht schon jetzt emsig geforscht wird. Guptas Augen und Hände auf dem Mars sind die Messinstrumente auf Marsrovern wie Perseverance. Sie können Gesteinsproben geochemisch untersuchen, ihr Aussehen mit Kameras dokumentieren und sie sogar aufheben oder anbohren. Einige der Proben sollen zur Erde gebracht werden, eine geplante Mission sagte die Nasa zuletzt jedoch aus Kostengründen ab.

Pionierarbeit auf dem Mars
Von solchen auch politisch motivierten Entscheidungen lässt sich Gupta nicht beirren. Zumal er weiß, dass sich die geologische Forschung auf dem Mars erst ganz am Anfang befindet. "Wir tun auf dem Mars jetzt das, was Geologen auf der Erde vor 100 Jahren und mehr gemacht haben. Bei manchen Gesteinsbrocken wissen wir nicht einmal, ob sie vulkanischen oder sedimentären Ursprungs sind", sagt Gupta im STANDARD-Interview und lacht dabei laut auf. Denn auf der Erde wäre eine solche Frage völlig trivial.

Mars-Überflug in 3D
Das Video wurde mit Technologie aus Österreich erstelltPRo3D Space

Auch wenn man vieles noch nicht verstehe, etwa warum das Wasser auf dem Mars nach wechselnden feuchteren und trockeneren Perioden vor etwa drei Milliarden Jahren schließlich für immer verschwunden sei, fasziniert Gupta vor allem die Ähnlichkeit mit unserem Planeten. Als der Marsrover Curiosity einen Monat nach der Landung Konglomeratgestein und Kies gefunden habe, sei sehr schnell klar gewesen, dass es Wasser auf der Marsoberfläche gegeben haben müsse.

"Die Sensation war für mich jedoch, wie vertraut das Gestein aussah", erklärt Gupta. "Ich habe die Bilder einem befreundeten Geologen gezeigt, und er sagte, dass das die wohl langweiligsten Aufnahmen seien, die man sich nur vorstellen könne – eben weil sie jenen der Erde so ähnlich waren." Tatsächlich könne man mit unserem physikalischen Wissen das meiste auf dem Mars erklären. Die Beschaffenheit der Steine in einem gefundenen Flussbett deute darauf hin, dass das Wasser dort wohl kniehoch war und in Gehgeschwindigkeit dahinfloss.

Rückschlüsse für die Erde
Die ähnliche Beschaffenheit und Geschichte machen den Mars auch aus einem anderen Grund für Geologinnen und Geologen so interessant. Denn während 70 Prozent der Felsen und Steine auf dem Mars älter als 3,5 Milliarden Jahre sind, ist auf der Erde kaum mehr erhaltenes Gestein aus dieser Zeit zu finden. Diese Zeitzeugen, die entscheidende Rückschlüsse auf die frühe Entwicklungsgeschichte unseres Planeten geben könnten, sind durch die Tektonik der Erde für immer unwiederbringlich verloren oder schwer deformiert. Nicht so auf dem Mars. "Es ist wie, wenn alle Kindheitsbilder verloren gegangen sind. Aber es gibt da diesen Zwilling oder ein Geschwister, über das man die eigene Kindheit zumindest in Ansätzen rekonstruieren kann", sagt Gupta.

Doch wie kann man das Manko wettmachen, nicht physisch auf dem Mars zu sein? Laut dem Geologen, der in jüngeren Jahren viel in den französischen Alpen unterwegs war, macht die dreidimensionale Visualisierung der Marsdaten den Unterschied. Verantwortlich dafür zeichnen zwei österreichische Forschungsinstitutionen: Joanneum Research und das VRVis (Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung). Sie bereiten die Stereobilder der Marsrover als 3D-Rekonstruktion millimetergenau auf.

3D und Virtual Reality vom Mars
Das dafür entwickelte Visualisierungsprogramm Pro3D lässt Planetenforschende nicht nur interaktiv über Virtual Reality die Marsoberfläche erkunden, es erlaubt auch geologische und topografische Messungen und Datenanreicherungen direkt an der 3D-Rekonstruktion, wie Chris Traxler, Projektleiter am VRVis erklärt. Verknüpft mit den vom Rover gesammelten Daten können Geologen wie Gupta so ihrer Arbeit nachgehen und etwa entscheiden, wo weitere Gesteinsproben gesammelt werden sollen: Homeoffice in 275 Millionen Kilometer Entfernung quasi.

Die in den Nasa-Missionen gesammelten Erkenntnisse sollen für die 2030 geplante Esa-Mission Exo Mars weiter verfeinert werden. Begleitende Forschungsprojekte wie aktuell Mars-3D und ab Oktober Mars-4D werden im Rahmen des österreichischen Weltraumprogramms Asap vom Klimaschutzministerium gefördert. Dabei geht es nicht zuletzt auch darum, Radarmessungen unter der Oberfläche und Satellitenbilder zu einem noch aussagekräftigeren Modell zu kombinieren. Die Basis bildet einmal mehr die Visualisierungssoftware Pro3D von VRVis.


Pro3D-Analyse der Richtungen und der Skalierung sogenannter Veins (Gesteinsgänge) beim Lava-Creek-Canyon-Aufschluss im Jezero Crater. Die 3D-Auswertung erfolgte durch Joanneum Research.
NASA/JPL/CalTech/VRVIS/ÖAW

Dass in der geologischen Forschung mit virtuellen Daten gearbeitet werde, sei per se nichts Neues, bestätigt auch Gerhard Paar von Joanneum Research. Überall dort, wo es gefährlich sei, etwa auch beim Tunnelbau, setze man auf hochauflösende Bilder, die dann im Büro zu virtuellen Modellen zusammengebaut würden. Mit Drohnen wiederum erhalte man eine viel umfassendere Bestandsaufnahme aus unterschiedlichen Perspektiven, wie es in der Feldarbeit – etwa vor einer Felswand stehend – kaum möglich sei. Dazu komme, dass das Computermodell hunderttausende Messungen automatisch durchführen und über unabhängige Datenquellen überprüfen könne, ob diese valide seien.

"Wissenschaftliche Intuition"
So glücklich der britische Geologe Gupta über die neuen Möglichkeiten der 3D-Visualisierung ist, ist er dennoch überzeugt, dass Menschen auf dem Mars die Forschung auf ein ganz neues Level heben würden. Denn ein Rover sei allein schon durch seine Größe eingeschränkt, um wirklich überall Proben zu sammeln. Vor Ort könnten Geologinnen und Geologen laut Gupta zudem von ihrer "wissenschaftlichen Intuition" profitieren, die erfahrungsbedingt beim Sammeln potenziell interessanter Gesteinsproben zum Tragen komme.


Pro3D-Darstellung des letzten Landeplatzes des Ingenuity-Helikopters im Neretva Vallis aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Aufnahmen wurden vom Mars-2020-Team in Zusammenarbeit mit Joanneum Research, VRVis und die Österreichische Akademie der Wissenschaften geplant, die Erstellung der Mosaike und die Platzierung auf dem Satellitengeländemodell erfolgten durch Joanneum Research und VRVis.NASA/JPL/CalTech/VRVIS/ÖAW

Doch soll die Menschheit überhaupt auf den Mars, und stehen die Kosten dafür? Das steht für den Forscher wenig überraschend außer Frage: "Die fundamentale philosophische Frage der Menschheit lautet seit jeher: Sind wir im Universum allein? Gibt oder gab es Leben außerhalb der Erde?" Allein dieses Rätsel endlich beantworten zu können, spreche für entsprechende Forschungsaktivitäten auch direkt vor Ort, ist Gupta überzeugt.

Die Menschheit definiere sich zudem oft über Dinge, die nicht rein wirtschaftlich oder nur nach ihrem Nutzen bewertet werden können. "Wir hören Musik und lesen Bücher, weil es unser Leben bereichert. Schon allein deswegen erscheinen mir Marsmissionen, die einen Bruchteil großer Infrastrukturprojekte auf der Erde kosten, als absolut sinnvoll", sagt Gupta. Selbst auf den Mars fliegen wolle er aber dennoch nicht: "Ich würde schon die sechs bis neun Monate in einer Raumkapsel nicht aushalten", sagt er lachend.
(Martin Stepanek, 22.6.2024)
Warum wir wissen, dass es auf dem Mars knietiefe Flüsse gab
 

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BEFUND MIT FRAGEZEICHEN
Neue Hinweise auf Leben auf der Venus entdeckt
Die Beobachtung von Phosphin in den Venuswolken hatte schon vor Jahren für Aufregung gesorgt. Nun wurde die potenzielle Biosignatur erneut festgestellt
So ähnlich die Venus der Erde bei flüchtiger Betrachtung erscheinen mag, so groß sind die Unterschiede bei einem genaueren Blick unter dichte Wolkendecke: Der Luftdruck auf Bodenniveau entspricht dem 90-Fachen des irdischen Luftdrucks, die Wolken aus Schwefelsäuretröpfchen lassen nur zwei Prozent des Sonnenlichts durch, was der Venusoberfläche ewiges Zwielicht beschert, und der heftige Treibhauseffekt in der Kohlendioxid-Atmosphäre führt am Boden zu Temperaturen von über 450 Grad Celsius.


Die Venus gleicht der Erde in vielerlei Hinsicht – und doch könnten die Bedingungen unter ihrer dichten Wolkendecke kaum fremdartiger sein.
Foto: Nasa

Alles in allem also nicht gerade ideale Bedingungen für potenzielles Leben. Dass dort irgendeine Art von Organismus gedeihen könnte, galt daher bisher als ziemlich unwahrscheinlich. Umso verblüffter waren Forschende, als sie 2020 in der Venusatmosphäre ein Molekül ausmachten, das man gemeinhin mit Mikroorganismen in Verbindung bringt. Phosphin oder, wissenschaftlich korrekter, Monophosphan besteht aus Wasserstoff und Phosphor, ist hochgiftig und wird zumindest auf der Erde nur künstlich oder von Mikroorganismen produziert.

Zweifelhafte Beobachtung
Die Entdeckung war von Anfang an umstritten. Zum einen wurde spekuliert, dass Phosphin nicht zwingend als Biosignatur gelten muss. Auch bisher unbekannte photochemische oder geochemische Prozesse könnten für die Existenz dieses Molekül in der Venusatmosphäre gesorgt haben. Zum anderen ergaben nachfolgende Analysen der Daten, dass die Konzentration von Phosphin in den Wolken der Venus zunächst deutlich überschätzt worden war, und zwar gleich um das Siebenfache. Manche Forschenden bezweifelten daher überhaupt, dass das Molekül dort existiert.

Dem widersprechen nun aktuelle Messwerte, die die Fantasie der Astrobiologinnen und Astrobiologen erneut befeuern. Mehr noch: Ein Team um Dave Clements vom Imperial College London fand Hinweise auf Phosphin in deutlich tieferen Atmosphärenschichten als zuvor. Die Analysen decken sich auch mit der kürzlichen Neubewertung von Daten der Pioneer-Venus-Multiprobe-Mission der Nasa, bei der 1978 mehrere Sonden in die Venusatmosphäre geschickt wurden. Es sieht danach aus, als wäre die Konzentration von Phosphin in einer Höhe von rund 55 Kilometern über der Venusoberfläche besonders hoch.


Phosphin wurde vor allem in einer Höhe von rund 55 Kilometern über der Venusoberfläche beobachtet, jener Region in der Atmosphäre, in der vergleichsweise milde Temperaturen vorherrschen.
Grafik: Seager et al., 2021

Wasser und Ammoniak
"Wir haben die atmosphärische Modellierung dafür zwar noch nicht genau geklärt, aber es gibt einige breite Linien in etwa 55, 56, 57 Kilometer Höhe, was mit den Daten der Venus-Pioneer-Sonde übereinstimmt", sagte Clements, der seine Ergebnisse in dieser Woche gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen bei einer astronomischen Konferenz im englischen Hull vorstellte. Die aktuellen Daten stammen vom JCMT-Venus-Projekt, bei dem die Venusatmosphäre unter anderem mit dem James-Clerck-Maxwell-Teleskop des Mauna-Kea-Observatoriums in Hawaii unter die Lupe genommen worden war. Neben dem Phosphin identifizierten die Wissenschafter dabei auch Schwefeldioxid und Wasser.

"In der Atmosphäre der Venus gibt es eine ganze Reihe von Merkwürdigkeiten. Das Phosphin ist nur eine davon", sagte Clements. Eine andere ist das Vorhandensein von Ammoniak, das auf Gesteinsplaneten ebenfalls als Biosignatur gilt. Hinweise auf ein Vorkommen dieser Verbindung auf der Venus gab es zwar bereits in den 1970er-Jahren, hinter dieser Beobachtung stand allerdings stets ein großes Fragezeichen. Die Forschenden spürten nun mit dem Green-Bank-Observatorium im US-Bundesstaat West Virginia erneut Ammoniak in den Venuswolken auf. Woher kommen diese Substanzen, deren Ursprung auf der Erde mit Lebewesen in Zusammenhang steht?


Die Venus (links eine Radarkarte aus Daten der Nasa-Sonde Magellan) ist nur ein geringes Stück kleiner als die Erde und kreist bei großzügigen Annahmen sogar noch innerhalb der Grenzen der habitablen Zone unseres Sonnensystems.
Fotos: Nasa

Kein zwingender Beweis
Ihr Vorhandensein stelle jedenfalls keinen zwingenden Beweis für eine belebte Venus dar, so die Wissenschafter. Die Beobachtungen bedeuten nur, dass man sich ihre Existenz vorerst noch nicht einwandfrei erklären kann. "Wir versuchen also, diese Daten nicht überzubewerten – aber ja, aufregend ist das in jedem Fall", sagt Jane Greaves von der Universität Cardiff. Clements ergänzt: "Wenn die Venus in der Vergangenheit eine warme, feuchte Phase durchlief, könnte es sein, dass sich Organismen im Verlauf des unkontrollierten Treibhauseffektes in die einzige verbleibenden Nische zurückgezogen hat: in die Wolkendecke."

Letztlich handle es sich hier freilich um vorläufige und keineswegs über jeden Zweifel erhabene Messergebnisse, räumen die Forschenden ein. Man sei nach wie vor damit beschäftigt, die Daten auszuwerten, und hoffe auf eine Bestätigung von unabhängiger Seite.
(Thomas Bergmayr, 20.7.2024)
Neue Hinweise auf Leben auf der Venus entdeckt
 

josef

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Verborgener "Ozean"
Anzeichen für gewaltiges Wasserreservoir im Inneren des Mars
Daten der Sonde Mars Insight zeigen eine sonderbare Gesteinsschicht im Inneren des Mars. Die beste Erklärung dafür sind große Mengen von flüssigem Wasser

Diese Skizze zeigt, wo sich unter der Marsoberfläche Wasser befinden dürfte.
James Tuttle Keane and Aaron Rodriquez, courtesy of Scripps Institute of Oceanography

In der Science-Fiction ist es ein wiederkehrendes Thema: Ein Wüstenplanet wird durch ein Terraforming-Programm begrünt. Möglich ist das durch riesige, im Untergrund verborgene Wasservorhaben, die nur darauf warten, angezapft zu werden. Besonders realistisch scheint das nicht. Warum sollten gerade extrem trockene Planeten gespeichertes Wasser enthalten, und noch dazu in den gewaltigen Mengen, die zur Herstellung lebensfreundlicher Bedingungen nötig wären?

Doch eine neue Studie, die im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, legt nahe, dass ausgerechnet der Mars ein solches verstecktes Wasserreservoir besitzt, das groß genug ist, um einen Ozean zu füllen.

Seismische Daten
Die Daten dazu stammen von der Nasa-Sonde Insight, die Ende 2018 auf dem Mars landete. Im Gegensatz zu den meisten prominenten Mars-Sonden der letzten Jahrzehnte handelt es sich nicht um einen Rover, der mobil ist und seine Umgebung erkunden kann, sondern um ein Gerät, das an seinem Landeort, der Elysium Planitia, verblieb.

Ihre Aufgabe war die Messung von Erdbeben auf dem Mars. Erdstöße sind von besonderem Interesse, weil sie die einzige Methode darstellen, Details über den inneren Aufbau eines Planeten herauszufinden. Natürliche Beben können wie ein Echolot verwendet werden, um Grenzen zwischen dichteren und dünneren Gesteinsschichten aufzuspüren. So kann letztlich auf die Dichte der Materialien geschlossen werden.

Vier Jahre lang hatte Insight die Erschütterungen des Mars aufgezeichnet. Diese Daten deuteten auf eine mittlere Kruste des Mars hin, die eine sonderbare Dichte aufwies. Ein Computermodell prüfte verschiedene Erklärungen dafür und präsentierte als plausibelste Variante eine felsige Kruste, die von flüssigem Wasser getränkt ist. Es füllt winzige Risse und Poren in der Mitte der Marskruste und ist damit in einer Tiefe zwischen 11,5 und 20 Kilometern gefangen.


Ein Bild der Marsoberfläche, aufgenommen vom Marsrover Spirit. An der Oberfläche ist der Mars seit Milliarden Jahren trocken. Doch in seinen Tiefen dürfte es Wasser geben.
REUTERS/Ho New

Wasser in Rissen im Gestein
Die Menge ist riesig und würde reichen, um den Mars mit einem ein bis zwei Kilometer tiefen Ozean zu bedecken. Die Forschenden vermuten, dass das Wasser tatsächlich von einem Ozean stammt: Der heute so trockene Mars war früher tatsächlich von Meeren und Flüssen bedeckt. Ein Teil dieses Wassers könnte in die Tiefe gesickert sein. In höher gelegenen Schichten gibt es hingegen kein Wasser. Bis in eine Tiefe von fünf Kilometern ist der Mars, abgesehen von etwas Eis an den Polkappen, trocken. Für eine mögliche Marskolonie sind das schlechte Nachrichten. Das reichlich vorhandene Tiefenwasser wäre aufgrund seiner Lage nutzlos, Löcher dieser Tiefe zu bohren ist derzeit selbst auf der Erde unmöglich.

Die Bedeutung des Ergebnisses geht über eine mögliche Nutzbarmachung hinaus. "Den Wasserkreislauf des Mars zu verstehen ist entscheidend für das Verständnis seines Klimas, seiner Oberfläche und seines Inneren", sagt Studienautor Vashan Wright von der US-amerikanischen University of California San Diego. "Ein nützlicher Ausgangspunkt ist zu identifizieren, wo es Wasser gibt und wie viel davon."

Außerdem könnte damit die Suche nach Leben auf dem Mars eine neue Perspektive erhalten. "Wasser ist notwendig für Leben, wie wir es kennen", sagt Studienautor Michael Manga, ebenfalls von der University of California San Diego. Er sehe nicht, warum dieses Untergrundreservoir nicht lebensfreundlich sein könne. Auch die Erde sei bis in große Tiefen von Leben besiedelt.

Die Nasa-Sonde Insight ist darauf ausgelegt, Erschütterungen zu messen. Das befähigte sie zur Aufnahme von Windgeräuschen auf dem Mars.
NASA Jet Propulsion Laboratory

Schwieriges Terraforming
Die Fantasie einer Begrünung des Mars rückt durch den neuen Fund hingegen nicht näher. Neben der Trockenheit ist die dünne Atmosphäre ein Problem. Sie enthält zwar viel für Pflanzen "atembares" CO2, hilft aber nur unzureichend dabei, die Wärme der Sonne zu halten. Auf dem Mars ist es eisig kalt.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigte allerdings auf, wie sich auch ohne dichte Atmosphäre angenehmere und lebensfreundlichere Temperaturen auf dem Mars herstellen ließen. Dazu müssten aus dem Marsboden große Mengen kleinster Partikel hergestellt und in die Atmosphäre geblasen werden. Dieser innovative Ansatz, der mit auf dem Mars verfügbaren Ressourcen funktionieren würde, könnte den Mars innerhalb von Monaten um zehn Grad Celsius erwärmen und letztlich für Temperaturen sorgen, in denen flüssiges Wasser auf der Oberfläche möglich wäre.

Dann könnten dort vielleicht Pflanzen überleben. Derzeit überstehen selbst widerstandsfähigste Moose realistische Marsbedingungen nur etwa einen Tag. Doch selbst wenn Wasser und lebensfreundliche Temperaturen herstellbar wären, bliebe das Problem der Strahlung. Der Mars besitzt kein schützendes Magnetfeld wie die Erde und ist kosmischer Strahlung viel stärker ausgeliefert. In eine zweite Erde lässt sich der Mars also nicht verwandeln.
(Reinhard Kleindl, 13.8.2024)
Anzeichen für gewaltiges Wasserreservoir im Inneren des Mars
 
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