Spanien: Kristallhöhle von Pulpí

josef

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FUNKELNDES NATURWUNDER
Wie die surreale Kristallhöhle von Pulpí entstand
Spezielle Bedingungen und nicht zuletzt klimatische Einflüsse ließen eine der größten Geoden der Erde wachsen

Foto: APA/AFP/JORGE GUERRERO

Reist man von der spanischen Stadt Pulpí Richtung Südosten, erreicht man nach wenigen Kilometern die aufgelassene Silbermine Mina Rica. Der wahre Reichtum dieses Bergwerks besteht allerdings nicht unbedingt in seinem Edelmetallvorkommen: Gut 50 Meter unter Tage entdeckte der Geologe Javier Garcia-Guinea von der Grupo Mineralogista de Madrid in Dezember 1999 ein Naturwunder, das bis heute Seinesgleichen sucht: Eine Grotte, deren Wände über und über mit teilweise riesigen, glasklaren Kristallen bedeckt ist – eine der größten Geoden, die jemals gefunden wurden.

Schwer zu entschlüsseln
Die Gipskristalle in dem rund elf Kubikmeter großen Hohlraum gleichen den gigantischen Kristallen der Mine von Naica in Chihuahua im Norden von Mexiko, sind allerdings kleiner und deutlich transparenter. Noch ein Umstand unterscheidet die Pulpí-Geode von den Naica-Formationen: Während letztere vor rund 350.000 Jahre gewachsen sind und offenbar nach wie vor weiterwachsen, dürfte die Reifung der Selenit-Kristalle von Pulpí, auch bekannt als Marienglas, schon vor langer Zeit zum Stillstand gekommen sein, was die Entschlüsselung ihrer Entstehung erschwert. Immerhin sind die ursprünglichen Bedingungen, die dort einst geherrscht haben, seit Jahrtausenden verschwunden.


Das Naturwunder entstand vor höchstens zwei Millionen Jahren, könnte aber auch deutlich jünger sein.
Foto: APA/AFP/JORGE GUERRERO

Dennoch ist es nun einem Team um Juan Manuel García-Ruiz von der Universidad de Granada gelungen, den Geheimnissen hinter dem Kristallwunder auf die Spur zu kommen. Obwohl die Minerale so klar sind, dass kaum Einschlüsse über ihre Anfangszeit Aufschluss geben, konnten die Forscher die Geode von Pulpí auf höchstens zwei Millionen Jahre datieren. Das schlossen sie aus Krusten von Karbonaten, die auf einigen der Kristalle vorgefunden wurden.

Einflüsse von außen
Weitere Isotopenanalysen verrieten auch, wie die Kristalle der Geode letztlich so groß werden konnten: Die Gipskristalle entstanden bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius, was deutlich weniger ist als jene 54 Grad Celsius, unter denen die bis zu 14 Meter langen und zwei Meter breiten Kristalle von Naica wuchsen. Die Quelle des Gipses dürften entsprechende Sedimente sein, die im Grundwasser gelöst waren und langsam wieder auskristallisierten. Wie García-Ruiz und seine Kollegen im Fachjournal "Geology" schreiben, liegt die Höhle nahe genug zur Erdoberfläche, sodass Klimaschwankungen einen Einfluss auf die dort herrschenden Temperaturen hatten.


Die Kristalle in der Mine von Naica, Mexiko, sind ein beeindruckender Anblick – für Besucher ist diese Höhle in 290 Metern Tiefe allerdings gesperrt.
Foto: Alexander Van Driessche

Die Variationen um einige Zehntelgrad führten zu geringen Änderungen bei der Löslichkeit. Die Kristalle lösten sich und rekristallisierten wieder und zwar in immer größeren Formationen, was einen Prozess namens Ostwald-Reifung beschleunigte: Die großen Kristalle wuchsen weiter, während kaum kleine übrig blieben. Im Verlauf von zehn- bis hunderttausend Jahren füllten sich dadurch die Wände des kleinen Raumes mit glasartigen, funkelnden Riesenkristallen. Seit die Behörden die Höhle vor einigen Monaten für Besucher freigegeben haben, kann man sich davon mit eigenen Augen überzeugen.
(tberg, 19.10.2019)

Abstract
Nachlese
Wie die surreale Kristallhöhle von Pulpí entstand - derStandard.at
 
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