„Loretto“ und „Lorelei“, die 19 Meter langen Schiffe vom Wörthersee haben eine bewegte Vergangenheit hinter sich und entkamen nur knapp der Schrottpresse. Zur Flotte der Nostalgieschifffahrt am Wörthersee gehörte einst ein drittes Schiff, die „Magdalena“. Sie wurde verkauft und auf der Drau eingesetzt. Doch nun droht ihr die Verschrottung, weil der Betreiber pleite ging – mehr dazu in
Schiff „Magdalena“ droht Verschrottung.
Die zwei Schwesternschiffe hatten eigentlich andere Namen, sagte Hansgeorg Prix: „Als die Schiffe gekommen sind, hießen sie ‚Koschat‘ und ‚Hülgerth‘. In der Zeit vor dem 2. Weltkrieg, wurden sie dann auf ‚Wiesbaden‘ und ‚Stuttgart‘ umgetauft und nach dem 2. Weltkrieg haben sie die Namen ‚Loretto‘ und ‚Lorelei‘ bekommen. Wobei man bei ‚Lorelei‘ nicht weiß, warum sie so heißt.“
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Schriftzug „Lorelei“
Beschwerlicher Transport 1924
Schon der erste Weg war beschwerlich, von der Donauwerft in Wien nach Kärnten, so Prix: „Man hat die Schiffe teilzerlegt und mit der Bahn bis zum Frachtenbahnhof Klagenfurt gebracht, aber wie weiter? Dann hat uns ein Zeitungsartikel dazu gebracht, dass wir das Rätsel lösen konnten. Die Schiffe wurden händisch auf den Güterwagen der Klagenfurter Straßenbahn verladen und mit der Klagenfurter Straßenbahn 1924 zum Wörthersee gebracht.“
Eines der Schiffe war ab den 1980er Jahren noch geeignet, um in den Landkanal einzufahren: „Dazu wurde die ‚Lorelei‘ heftig umgebaut und alle hohen Aufbauten inklusive des Steuerhauses entfernt.“ Wo heute Gruppen bis 50 Personen unterwegs sind, um zum Beispiel die Architektur am See erklärt zu bekommen, stecken viel Herzblut und Handwerksstunden: „Die Stadt Klagenfurt hat auf die beiden Schiffe keinen großen Wert gelegt und hat die beiden Schiffe 1995 nach Wien verkauft. Obwohl es zahlreiche Proteste der Klagenfurter Bürgerschaft gegeben hat, sind die Schiffe nach Wien gekommen und sollten dort als große Reklame für den Wörther See dienen.“
Beide Schiffe schwer beschädigt
Das war aber nur mäßig erfolgreich: „Die ‚Loretto‘ ist nach einer Ausfahrt und einer Fehlhandlung des Personals in der Donau untergegangen und wurde dann als Wrack mit dem Kran herausgehoben und in der Nähe von Fischamend auf eine Wiese gestellt. Die ‚Lorelei‘ wurde durch unsachgemäße Bedienung gegen eine Betonmauer in der Donau gefahren und war vorne komplett eingedrückt.“
Nostalgische Eisenbahnfreunde wie Hansgeorg Prix machten sich stark für die Rückkehr der Beiden: „Vor 25 Jahren ist es uns gelungen, mit einer Spendenaktion die ‚Loretto‘ in Wien freizukaufen, als Schwertransport an den Wörthersee zurückzuholen und mit der Restaurierung zu beginnen. Der Erfolg dieses Nostalgieschiffs war so groß, dass wir im Herbst 2000 auch noch die ‚Lorelei‘ freigekauft haben. Da sie ein Wrack war, haben wir sie aber nicht an den Wörthersee gebracht sondern in die Werkstätten des Historamas nach Ferlach. Die Strecke Wien-Klagenfurt wurde mindestens dreimal pro Schiff zurückgelegt und wir hoffen, dass das jetzt ein Ende hat und die beiden Schiffe am Wörthersee eine lange Zukunft haben werden.“
Neben der Wörthersee Schifffahrt ist die kleine Nostalgieschifffahrt gut gebucht. „Da haben wir in den nächsten Tagen eine kleine Feier. Wir werden mit den beiden Schiffen dann 3.000 Mal am Wörthersee ausgefahren sein.“
Amüsanter Fehler einer Mitarbeiterin
Wenn’s läuft, dann läuft’s, heißt es auch bei den Buchungen der Nostalgieschiffe, manchmal sogar zu gut, so Prix: „Wir hatten eine neue Mitarbeiterin, die die Aufgabe hatte, die Bestellungen für die Schiffe entgegenzunehmen. Da gibt es ein eigenes Formular, wo der Fahrgast aussuchen kann, ob er die ‚Loretto‘ oder die ‚Lorelei‘ haben will oder ob es ihm egal ist. Die junge Dame hat in ihrem Eifer nicht nur die ‚Loretto‘ und die ‚Lorelei‘ vermietet, sondern an einem Sommertag auch die ‚Egal‘. Dann sind die Gäste dann auf der Brücke gestanden und haben auf die ‚Egal‘ gewartet, die leider nie gekommen ist.“
Er habe dann zu den Fahrgästen gehen müssen, sagte Prix und erklären müssen, dass das Schiff nicht kommen würde. Das Lachen habe er dabei aber nicht unterdrücken können.
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Hansgeorg Prix ist einer der guten Geister des Vereins
Die schlanken, langgezogenen Schiffe mit ihren Salons sind optisch im Zustand von 1924: „Wir haben Schiffe weitgehend in den Originalzustand zurückgebaut, allerdings wurde ein bisschen mehr Komfort eingebaut, es gibt heute gekühlte Getränke an Bord, es gibt auch ein funktionierendes WC.“
Bewegungen der Schiffe gewöhnungsbedürftig
Ein bisschen vorsichtig muss man bei der Bauweise der Schiffe sein, denn sie neigen zum Wackeln: „Ein Schiff, das keine Wellen macht, ist ein sehr sparsames Schiff. Das sieht man beim Dampfschiff ‚Thalia‘, das sieht man bei der ’Loretto und ‚Lorelei‘, allerdings geht das oft auf Kosten des Komforts und der Stabilität“, sagte Prix.
„Es wackelt mehr, das Personal muss umsichtiger sein. Es herrscht zwar keine Gefahr dadurch, aber das Gefühl, wenn das Schiff eine leichte Schlagseite hat, ist für manche Fahrgäste beängstigend und daher versuchen wir immer, unsere Schiffe sehr in der Waage zu halten.“
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Die Loretto am Steg
Wenn es richtig stürmt auf dem See, heißt es draußen abwarten, sagte Prix: „Jedes Schiff am Wörthersee muss damit rechnen, vor allem in der jetzigen Zeit, in einen starken Sturm zu kommen. Entscheidend ist dann, dass die Mannschaft die Fahrgäste informiert, dass man in einer solchen Situation nicht landet, sondern am See draußen bleibt, bis der Sturm abgeklungen ist.“
Würden es vermutlich wieder machen
Auf die Frage, ob man heute diese aufwendige Rettung und Rückführung mit ehrenamtlichen Helfern noch durchführen, sagte Prix: „Rückblickend ist es natürlich leicht zu sagen, wenn eine Sache erfolgreich ist, das machen wir wieder. Umgekehrt muss man sagen, dass es damals sehr viel Courage gebraucht hat, einen Kredit aufzunehmen, um ‚Loretto‘ und ‚Lorelei‘ zu retten. Ich glaube, ein Großteil der Mannschaft, die heute aus 26 Personen besteht, würde wieder mitziehen.“
Zum Verbrauch sagte Prix: „Ein voll besetztes Schiff bei unserer normalen Fahrgeschwindigkeit, umgerechnet 14 Stundenkilometer, braucht in der Stunde ganze sechs Liter Diesel.“ Das entspricht etwa 42 Litern Diesel auf 100 Kilometer Fahrtstrecke.
27.06.2024, red, kaernten.ORF.at