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Als in Wiener Neustadt noch Schiffe gebaut wurden
NÖN-Wr.Neustadt, 28. JUNI 2023
Brigitte Steinbock
Ein Blick in die Halle des Raxwerks wo die Schiffe gebaut wurden.
FOTO: Archiv Stadt Wiener Neustadt, Archiv Stadt Wiener Neustadt
(Anmerkung zum Foto - siehe auch Beitrag #1)
Dass in Wiener Neustadt Lokomotiven und Flugzeuge gebaut wurden, ist bekannt. Dass aber auch zwei verschiedene Bootstypen in der Allzeit Getreuen entstanden, weiß fast niemand.
Deshalb hat Stadt-Archiv-Leiter Gerhard Geissl anhand von Fotos aus dem Bestand des Hauses genau dieses Thema am „Tag des Archives“ gewählt:
Diese Leichter wurden im Raxwerk während und nach dem 2. Weltkrieg gebaut.
FOTO: Archiv Stadt Wiener Neustadt, Archiv Stadt Wiener Neustadt
Skurril der erste Bootstyp: Der „Argonaut“ wurde 1919 in der Österreichischen Flugzeugfabrik AG entwickelt, nachdem man nach dem Friedensvertrag von St. Germain keine Flugzeuge mehr bauen durfte. Der „Argonaut“ war ein 15 Meter langes Schiff, dessen Rumpf aus Mahagoniholz gefertigt wurde und über Cockpit, Kajüte, kleine Küche und Waschraum verfügte. Für die Motorisierung zeichnete Ferdinand Porsche selbst verantwortlich, der einen Reihenmotor mit 200 PS baute. Der Prototyp des Schiffes wurde im Sommer 1920 fertig und zu Werbezwecken wurde das Boot zum Winterhafen der Donau gebracht und fuhr von dort die ganze Länge des Flusses durch Wien bis Nussdorf ab. Man erhoffte sich von der Fahrt Aufträge für weitere Boote, „aber in der Zwischenkriegszeit war so ein Luxusboot kein 'Verkaufsrenner' – es wurde nur der Prototyp gebaut“, so Geissl.
Aber auch während und nach dem zweiten Weltkrieg wurden in Wiener Neustadt Boote gebaut: Sogenannte Marine-Artillerie- und Marine-Nachschub-Leichter. Das waren flache Landungsboote, die für die Wehrmacht für den weiteren Vorstoß im Bereich des Schwarzen Meeres, des Kaspischen und des Asowschen Meeres von Krupp in Rheinhausen konstruiert wurden, um den russischen Öltransport zu unterbinden. „Da mussten Boote gebaut werden, die in zerlegtem Zustand über Land transportiert werden konnten“, so Geissl. Die Schiffe mit 35 bis 38 Metern Länge und wenig Tiefgang wurden in den Rax-Werken gebaut und dann in sechs, bzw. acht Teilen versandt. Geissl: „Diese Schiffe konnten zwei Panzer oder 200 Soldaten befördern und die Nachschub-Leichter wurden auch noch nach dem Krieg für die russischen Besatzer und für die Donauschifffahrt gebaut.“
Archiv-Leiter Gerhard Geissl mit einem Foto des Prototyps des "Argonauten".
FOTO: NÖN, B. Steinbock
Als in Wiener Neustadt noch Schiffe gebaut wurden