Auf einer Fläche von 55.000 m² unweit der Bahnhaltestelle sind rund 100.000 m³ des Erdreichs erheblich mit Mineralöl-Produkten und Kohlenwasserstoffen verunreinigt. Das Umweltbundesamt schätzt das Schadstoffpotenzial hier als „sehr groß“ ein, und: „Die kontaminierten Bereiche stellen insgesamt eine erhebliche Gefahr für die Umwelt dar“, heißt es.
Die Gründungsaktie der Aktien-Gesellschaft Schodnica: Diese betrieb in Galizien eine Großraffinerie und kaufte die Drösinger Fabrik im Jahr 1908. | privat
Gemeinsam mit dem Gänserndorfer Hobbyhistoriker Hans Göttfert warf die NÖN nun einen Blick zurück und geht der Frage nach, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass der Untergrund heute so massiv belastet ist.
„Zu der Zeit, als das Öl noch buchstäblich aus der Erde gegraben wurde, war die Raffinerie Drösing vorne dabei“, leitet Göttfert die Reise in die Vergangenheit ein. 1898 wurde hier nämlich von den Herren Friedrich Cerny und Kontorek eine der ersten Ölraffinerien errichtet, wo aus dem Rostoff, das billig vom damaligen Galizien über die K.u.K.-Ferdinand-Nordbahn herangeschafft wurde, Petroleum erzeugt wurde.
„Wir verbrennen Erdöl einfach und haben dabei vergessen, wie kostbar das Produkt schon im Altertum war.“ Hans Göttfert, Hobbyhistoriker
Bereits 1908 wurde die Fabrik an die Schodnica AG verkauft, die schon in Galizien eine Großraffinerie mit 400 Arbeitern betrieb. Der Zerfall der Monarchie 1918 und der neue Staat Polen sperrten nun aber die Raffinerie Drösing mit ihren 80 Arbeitern vom bisherigen Lieferanten aus und Öl wurde mühsam über die Donau nach Wien und dann per Bahn nach Drösing geschafft. Bald litt die Konkurrenzfähigkeit der Fabrik, 1925 gab es überhaupt Schwierigkeiten mit der Rohöl-Beschaffung.
Auch Benzin wurde in Drösing hergestellt
1927 wurde dann die Drösinger Raffinerie an die NOVA Öl- und Brennstoffgesellschaft AG verkauft. Diese verpachtete sie jedoch gleich für zehn Jahre an die rumänische Firma „Creditul Minier Societate Anonima Romana“, sodass die Versorgung mit Rohöl nunmehr kein Problem darstellte. In dieser Zeit wurden neben Petroleum, das immer weniger Verwendung in der Beleuchtung fand, viele andere Stoffe – auch schon Auto-Öle sowie -Benzin – hergestellt.
Letztlich wurde Standort nach Schwechat verlegt
Nach dem Jahr 1937 war die „Creditul Minier“ an der mittlerweile veralteten und abseits gelegenen Raffinerie nicht mehr interessiert.
Die rumänische „Creditul Minier“ pachtete die Drösinger Raffinerie von 1927 bis 1937 und beschäftigte dort 120 Arbeiter, bevor die Fabrik nach Schwechat verlegt wurde. | privat
Dies änderte sich jedoch schlagartig, als die NOVA AG eine Verlegung des Standortes nach Schwechat beabsichtigte. Mit allen Mitteln wurde versucht, dies zu verhindern, unterstützt von der Gemeinde. Dennoch verlegte man die Fabrik letztlich, nachdem die Übernahme der Belegschaft zugesichert worden war.
„Leider wurden während des Betriebs der Raffinerie säurehaltige Mineralöl- und Kohlenwasserstoffe einfach ins Erdreich geschüttet“, schließt Göttfert. Über eine Sanierung des herrenlosen Areals wird derzeit verhandelt: Es soll ein Forschungsprojekt gestartet werden, mit dem evaluiert werden soll, wie das Gelände nachhaltig saniert werden kann.
REICH AN ÖLQUELLEN
Dass im Gebiet Zistersdorf
ergiebige Ölquellen gefunden wurden, spielte insofern bei der Schließung der Raffinerie keine Rolle, als an der Bohrgesellschaft Shell beteiligt war, die eine eigene Fabrik in Floridsdorf besaß.
Der Erdölreichtum in NÖ soll auch eine Rolle bei der Besetzung Österreichs 1938 durch Nazideutschland gespielt haben. Zistersdorf und vor allem
das 1949 in Matzen entdeckte, damals größte Ölfeld Mitteleuropas hat wohl auch den Sowjets den Abschied von Österreich 1955 so schwer gemacht – konnten sie doch bis zu ihrem Abschied 11 Mio. Tonnen Öl einheimsen und ließen sich auch etliche Mio. Tonnen für ihren Abzug nachschicken.
Erstellt am 03. August 2018
von
Nina Wieneritsch