Naturphänomene "Blutschnee" in der Arktis und "Blutregen" in Deutschland

josef

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"Blutschnee" in der Antarktis und "Blutregen" über Teilen Deutschlands
Auf dem ungewöhnlich warmen Südkontinent ist eine Alge für das Farbenspiel verantwortlich, in Europa roter Staub aus Nordafrika

Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld, Schuld an der roten Farbe ist ein Mikroorganismus.
Foto: Ministry of Education and Science of Ukraine

Am 6. Februar verzeichnete man auf dem antarktischen Festland eine bis dahin unerreichte Rekordtemperatur von 18,3 Grad Celsius. Das ist an sich schon befremdlich; geradezu skurril wird es, wenn man bedenkt, dass es am selben Tag im 12.000 Kilometer weiter nördlich gelegenen Los Angeles etwa genauso warm war. Nur drei Tage später, am 9. Februar, wurde dieser Spitzenwert allerdings schon wieder eingestellt: Nahe der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel haben Forscher eine Temperatur von 20,75 Grad Celsius gemessen. Es war das erste Mal in der Messgeschichte, dass in der Antarktis die 20-Grad-Marke überschritten wurde.

"Blutiger" Schnee
Die selbst für den Sommer ungewöhnlich hohen Temperaturen sorgen nun in manchen Regionen der Antarktischen Halbinsel für ein erstaunliches Naturschauspiel: Ganze Landstriche präsentieren sich plötzlich in blutroter Farbe. Am 24. Februar veröffentlichte das ukrainische Ministerium für Bildung und Wissenschaft Fotos des Phänomens auf seiner Facebook-Seite. Die Aufnahmen zeigen den dunkelrot bis zartrosa verfärbten Schnee rund um die Vernadsky-Forschungsbasis auf der Insel Galindez.

Verursacherin des Farbenspiels ist die auf Schnee und Eis gedeihende, normalerweise grüne einzellige Alge Chlamydomonas nivalis, die bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt in ein neues Lebensstadium übergehen. Die nun beobachtete Algenblüte auf dem Südkontinent sei auch eine Folge des Klimawandels, meinen die ukrainische Wissenschafter. Nach ihrer Auffassung könnte das Phänomen auch die Schnee- und Eisschmelze beschleunigt, da die rötliche Oberfläche mehr Sonnenlicht absorbiere als weißer Schnee, der das Licht stärker reflektiert.

Süß und giftig
Die Alge kommt überall dort vor, wo dauerhaft winterliche Verhältnisse herrschen ist – neben der Antarktis also auch in der Arktis und in Teilen der Alpen. Der rote Schnee wird auch als Himbeer- oder Wassermelonen-Schnee bezeichnet, weil von ihm ein süßlicher Geruch ausgehen soll. Essen sollte man den "Blutschnee" freilich nicht, denn er ist für den Menschen giftig und wirkt stark abführend.
Experten vom Geoforschungszentrum in der deutschen Stadt Potsdam schrieben 2016 in einer Studie, dass der Einfluss von Schneealgen auf die Gletscherschmelze bisher unterschätzt worden sei. Dieser Effekt müsse in künftigen Klimamodellen berücksichtigt werden.
Blues and reds of the #Antarctic autumn. The red stuff is #snowalgae known as #watermelonsnow. Don't eat red snow. It is laxative
Auch wenn er süßlich riechen soll: Finger weg, dieser Schnee ist giftig!"Dass Algen einen signifikanten Einfluss darauf haben, ist schwer vorstellbar", sagte Thomas Leya vom Potsdamer Fraunhofer für Zelltherapie und Immunologie, der die Algen erforscht. Bisher sei das nicht umfassend untersucht. Die Forschung wisse auch zu wenig darüber, wie die mikroskopische Alge es schaffe, "solche Massen an Zellen hervorzubringen, die es für das Phänomen des roten Schnees benötigt".

Roter Regen über Leipzig
"Blutig" ging es übrigens auch im deutschen Freistaat Sachsen zu: Am Samstag ging über der Stadt Leipzig ein regelrechter "Blutregen" nieder. Für dieses Schauspiel waren die Überreste eines extremen Saharasandsturms verantwortlich, dessen Staub am vorigen Wochenende Teile der Kanarischen Inseln lahm gelegt hatte und der mit der Luftströmung über den Nordatlantik und Frankreich nach Deutschland transportiert wurde.
Das Phänomen wurde im Mittelalter "Blutregen" genannt, weil der Saharastaub viel Eisen enthält, dadurch rötlich erscheint und die Transportwege noch nicht bekannt waren. Was die Menschen damals in Schrecken versetzte, ist lediglich ein rares Wetterphänomen, dessen Staubkonzentrationen gesundheitlich unbedenklich sind.


Saharastaub zieht von Nordafrika über den Atlantik zur Iberischen Halbinsel.
Foto: Nasa

"Es kommt wirklich selten vor, dass so große Mengen Saharastaubs nach dem Passieren des Atlantischen Ozeans unsere Region erreichen. Meistens wird der Staub direkt über das Mittelmeer herantransportiert", erklärt Patric Seifert vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung. "Aber in solchen Fällen muss er die Alpen passieren, die normalerweise einen Großteil des Saharastaubs aus der unteren Atmosphäre über den Bergen ablagern."
(red, 1.3.2020)

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Nachlese
"Blutschnee" in der Antarktis und "Blutregen" über Teilen Deutschlands - derStandard.at
 
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