"Maria Lichtmess" am 2. Februar war früher der bedeutendste Tag für Mägde und Knechte auf Bauernhöfen

josef

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#1
Maria Lichtmess: Zahltag der Dienstboten

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Das Fest Maria Lichtmess am 2. Februar beendet nicht nur offiziell die Weihnachtszeit: Früher war es für die Dienstboten auf Bauernhöfen auch der wichtigste Tag im Jahr, an dem der karge Jahreslohn ausgezahlt wurde. Die letzten Zeitzeugen erinnern sich.
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Zu Maria Lichtmess zeigt sich die Rückkehr des Lichts und das Ende der dunklen Jahrezeit. Die Tage sind wieder spürbar länger als zu Weihnachten. Dieses symbolische Erwachen der Natur hatte früher für die Mägde und Knechte auf den Bauernhöfen ganz besondere Bedeutung. Der 2. Februar war traditionell Zahltag, der einzige im Jahr. Am darauffolgenden Blasiustag, dem 3. Februar, mussten sie dann meist ihren Dienstort wechseln.

Peter Klammer aus Mariapfarr beschäftigte sich für ein Buch intensiv mit dem Leben der Dienstboten im Lungau. 13.000 Einwohner zählte Salzburgs kleinster Bezirk in den 1920er Jahren – jeder Fünfte, also 2.500 von ihnen, arbeiteten als Knecht oder Magd auf Bauernhöfen.

Schuhe, Kleider, Kost und nur ein bisschen Geld
Die wichtigste Bezahlung für die Dienstboten war damals nicht Geld, sondern Kost und Logis, schildert Peter Klammer: „Bei der Dienstbotenauszahlung hat es natürlich auch eine Kleidung gegeben. Da haben sie Schuhe bekommen, die Frauen haben Stoffe gekriegt. Das war die wichtigste Bezahlung. Daneben hat’s in der Ersten Republik ein paar Schilling gegeben – aber das war nicht viel.“

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Alte Fotos von Dienstboten am Bauernhof im Lungau
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Altes Foto: Müde Dienstboten sitzen auf Bank vor Hof

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Peter Klammer mit seinem Buch über die Dienstboten im Lungau
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Cilli Lüftenegger und Peter Lanschützer erinnern sich an das Leben auf den Bauernhöfen
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Alte Fotos von Dienstboten am Bauernhof im Lungau

Frauen verdienten zwei Drittel weniger
Die Auszahlung des Lohns lief nach einer strengen Hierarchie ab. Der ranghöchste Dienstbote erhielt vom Bauern als erster seinen Lohn. Frauen verdienten um zwei Drittel weniger als Männer.

Das Leben als Dienstbote war kein Honiglecken, erinnert sich der 93-jährige Peter Lanschützer aus Mariapfarr. Er arbeitete Seite an Seite mit den Knechten und Mägden am Hof seines Vaters: „Beim Mähen ist es schon angegangen – da ist überall alles mit der Hand gemacht worden. Wir haben auch weiß Gott wie weit hinauf zum Holzarbeiten gehen müssen – jeden Tag. Alles zu Fuß. Den ganzen Tag fest arbeiten und danach wieder nach Hause gehen. Dann haben wir am Abend Knödel bekommen – da hat’s jeden Tag Knödel gegeben.“

„Bratl und vielleicht Bier“ zu Maria Lichtmess
Gemeinsam mit seiner ehemaligen Nachbarin, der 95 Jahre alten Cilli Lüftenegger, erinnert sich Peter Lanschützer trotzdem gern an vergangene Zeiten. Aber auch Lüftenegger weiß: „Für die Dienstboten ist Lichtmess der wichtigste Tag gewesen. Da haben sie für das ganze Jahr den Lohn gehabt – eh nicht viel –, aber ein gutes Essen, ein gutes Bratl hat’s an dem Tag gegeben. Und vielleicht ein Bier dazu.“

Wer keine neue Stelle hatte, stand vor dem Nichts
In Not waren aber die Dienstboten, die zu Maria Lichtmess noch keine neue Anstellung gefunden hatten. Cilli Lüftenegger erinnert sich: „Eine Magd von einem anderen Bauer ist dagewesen, die wir eigentlich gar nicht gekannt haben. Da ist am Abend eine Frau gekommen – und hat meine Mutter gefragt, ob wir nicht die Magd brauchen können. Da hat meine Mutter gesagt: Wir haben selber schon eine, wir brauchen eigentlich sonst keine. Die hat aber keinen Platz gehabt. Die hat nicht gewusst, wo sie schlafen soll. Sie hat zu dieser Zeit kein Bett und nichts gehabt. Der sind die Tränen gekommen. Sie hat sich niedergekniet und hat gesagt: Bitte, kann ich wenigstens heute bei euch da bleiben?“
Cilli Lüfteneggers Familie nahm die mittellose Frau damals auf. Andere Dienstboten hatten aber weniger Glück. Ihr Leben endete in den meisten Fällen im Armenhaus.
Maria Lichtmess: Zahltag der Dienstboten
 

josef

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#3
Dazu auch ein Beitrag aus "Salzburg Wiki" über den Alttag der Dienstboten, geprägt von Ausnutzung und Demütigung durch die Hofbesitzer sowie kirchlichen und staatlichen Obrigkeiten:

Dienstboten
waren einst, vor allem in der Landwirtschaft, besitzlose Knechte und Mägde. Rund 300 000 Dienstboten gab es in den 1930er Jahren noch in Österreich
.
Geschichte
Der heute fast ganz in Vergessenheit geratene Georg Eberl aus Piesendorf hat in seinem Buch "Als ich noch Jungknecht war" das Leben als Dienstbote Innergebirg beschrieben. Franz Innerhofer, Sohn einer Magd in Krimml im Oberpinzgau, schildert in seinen Büchern den harten und trostlosen Alltag von Dienstboten im Salzburger Land, wie man ihn noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erleben konnte. Theresia Oblasser beschreibt in ihrem Text "Kneaicht seii" (Knecht sein) in berührender Weise das Leben eines Knechtes auf dem Brandstätthof in Taxenbach.

Innerhofer schreibt u. a., dass Pfarrer von der Kanzel in ihren Predigten gegen vorehelichen Geschlechtsverkehr wetterten und dabei nur die Dienstboten anschauten. Selbst die Kirche betrachtete sie nicht als Christen in dem Sinne, denn manche Dienstboten gingen nur zur Messe, weil sie von ihren Dienstherren dazu gezwungen wurden. Die Teilnahme an der österlichen Beichte mussten die Dienstboten mittels Vorlage des Beichtzettels nachweisen. Kirchgangverweigerung hätte dazu führen können, dass der Bauer die Person noch am selben Tag vom Hof verjagt.

Besonders die Frauen litten unter der Rechtlosigkeit ihres Standes. Mägde durften in den allermeisten Fällen nicht heiraten, weil sie als Arbeitskräfte notwendig waren. Nur heimlich konnten sie Liebschaften haben. Nahm beispielsweise eine Magd das Taschenmesser eines Knechts beim Jausnen, so konnte man davon ausgehen, dass der Knecht noch am selben Abend sie in ihrer Kammer besuchte. Auf jeden Fall wurden bei Liebesbeziehungen immer die Frauen verantwortlich gemacht. Kamen sog. Ledige Kinder zur Welt, starben viele bereits im Säuglingsalter (eine Statistik zwischen 1901 und 1910 zeigt eine fast 50prozentige Sterberate auf). Bis zum letzten Tag in der Schwangerschaft mussten die Mägde arbeiten, und viele der Dienstboten-Kinder wurden ausgestiftet, das heißt, meist schon nach dem Wochenbett in Pflege gegeben. Solche Kinder wurden schon im Kindesalter als billige Arbeitskräfte zu Bauern in den Dienst geschickt. Die Schule konnte meist nur sporadisch besucht werden und im Alter von 12 Jahren endete die Schulpflicht. Kinder von Dienstboten wurden häufig als geringwertig betrachtet, wie eine Eintragung eines Lehrers in Zederhaus in der Schulchronik zeigt:

...Am 6. November 1923 starb der 13jährige Schüler Johann E., Ziehkind in Lamm. Er war ein Büffel, Trotzkopf und Strolch, um den nicht schade war. Zur Berechtigung sei angeführt, daß er mehrmals in der Woche in der 1. Klasse unter die Bank Haufen machte. Vom Urinieren sei gar nicht gesprochen...

Dienstbotenfeiertage waren ein Dorn im Auge mancher Bauern und Gemeindeverantwortlichen. Im Gemeindeausschussprotokoll in Ramingstein liest man 1930 und 1931: ... Seitens des Gemeindeamtes sind die nicht selten stattfindenden Winkeltänze während der Erntezeit auf das strengste zu verbieten und gegen Zuwiderhandeln mit entsprechenden Strafen vorzugehen. Tanzverbot vom 15. Juni bis zum 15. September...

Wechseltage
Der übliche Wechseltag von einem Hof zum anderen war Maria Lichtmess, für besonders Fleißige konnte dies aber schon am Michaelitag geschehen. Dazu wurden von den Heimatgemeinden der Dienstnehmer sogenannte Dienstbüchl ausgestellt, ohne die ein Wechsel nicht möglich war. In manchen Gegenden hieß dieses Dokument Leikaufschein, der zu Michaeli dem neuen Bauern ausgehändigt wurde. Damit hatte der Dienstbote sich und seine Arbeitskraft für ein Jahr dem Bauern verkauft.
Quelle: Dienstbote – Salzburgwiki
 

josef

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#6
Danke Struwwi für das Lob.
So wird auch diese Vergangenheit nicht vergessen und hilft uns die Gegenwart und Zukunft besser zu beurteilen
Darum auch mein obiger Hinweis auf die Darstellung in Großgmain. War dort wirklich überrascht über die objektive und schonungslose Aufbereitung des Themas ohne die in manchen Heimatmuseen vorkommenden verklärten und geschönten Wiedergaben ganz im Sinne der "guten alten Zeit"...
 
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