München-Schwabing: Aus Hochbunker wurde Wohnhaus

josef

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#1
Wohnen im Bunker -
"Wir haben 2.000 Tonnen Beton rausgeschafft"
Der Immobiliententwickler Stefan Höglmaier ersteigerte 2010 einen Bunker und baute ihn in ein Wohnhaus um.
Der Münchner Immobilienentwickler Stefan Höglmaier wohnt am Englischen Garten in einem Betonbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Der düsteren Geschichte ging er mit einer Diamantsäge an den Kragen und verwandelte das Gebäude in ein Wohnhaus mit hellen Räumen.

"Als Immobilienentwickler hält man immer die Augen offen, ist stets auf der Suche nach spannenden, herausfordernden Orten. Ich liebe komplexe Projekte! Und ganz ehrlich: Gibt es eine problematischere Immobilie als einen Bunker? Die Geschichte ist düster, die Wände sind meterdick, die Innenräume sind absolut lichtlos, der Denkmalschutz ist streng, und die Baukosten sind sowieso ein Kapitel für sich.


"Wir haben uns bemüht, möglichst viel Atmosphäre zu erhalten", sagt Stefan Höglmaier. "Im Treppenhaus sind die Betonwände komplett roh belassen. Man spürt die Geschichte des Gebäudes, ohne dass es einen emotional erschlägt." Rechts ein Bild aus der Serie "Interaction of color" von Christian Muscheid, 2018.
Foto: Edward Beierle

Trotzdem - irgendwie konnte ich nicht anders: 2010 wurde der Bunker von der Bundesimmobiliengesellschaft angeboten, Zuschlag an den Höchstbieter. Es gab damals an die 20 Mitbieter. Obwohl mir sämtliche Freunde und Experten kategorisch davon abgeraten haben, habe ich mitgeboten. Ich bin es gewohnt, an Bieterverfahren teilzunehmen und gerade in schwierigen Immobilien vielleicht mehr Potenzial als andere zu sehen. Und ich bekam den Zuschlag! Als ich den Bunker dann das erste Mal besichtigt habe, ist mir echt anders geworden: Es war stockfinster, und die Luft ist gestanden. Jedes Geschoß wie ein Keller, ganz gleich, wie viele Treppen man bereits hochgestiegen ist. Spätestens, wenn hinter einem die Eisentür zufällt, fragt man sich, ob es wirklich so eine gute Idee war, sich in einem Objekt aus der Nazizeit zu engagieren.

Der Bunker wurde 1942/43 als einer der ersten im sogenannten Führersofortprogramm errichtet. Es gab in München rund 40 dieser Hochbunker. Sie wurden in die Höhe gebaut, weil das deutlich schneller ging als Tiefbau. Der Bunker war eine Weile in Betrieb, soviel ich weiß, haben hier 750 Menschen Schutz vor Bomben gefunden.


Seinen Einrichtungsstil würde der Bewohner als Rough Luxury bezeichnen. Die Wendeltreppe verbindet die beiden Wohngeschoße miteinander.
Foto: Edward Beierle

Das ist die Geschichte. Mit dem Umbau hat eine neue Ära begonnen. Der mit Abstand aufwendigste Part der Sanierung war der Abbruch. Insgesamt haben wir hier an die 2.000 Tonnen Stahlbeton rausgeschafft. Immense Mengen, die man sich kaum vorstellen kann! Die Decken- und Wanddurchbrüche wurden mit Diamantsägen aus dem Beton geschnitten, mit einem Flaschenaufzug wurde das Abbruchmaterial dann hinuntertransportiert.

Alles, insbesondere auch die neuen Fensteröffnungen, mussten wir mit dem Landesdenkmalamt abstimmen. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir – passend zum historischen Erscheinungsbild – pro Etage und Fassadenseite nur eine einzige Fensteröffnung anbringen. Da die Mauern zwei Meter dick sind, ist nun jede Fensternische für sich wie ein eigenes kleines Zimmer.


Pro Etage und Fassadenseite durfte nur eine einzige Fensteröffnung angebracht werden. Da die Mauern zwei Meter dick sind, scheint jede Fensternische wie ein kleines Zimmerchen zu sein.
Fotos: Edward Beierle

Auch im Innenbereich haben wir versucht, möglichst viel zu erhalten. Im Treppenhaus sind die Betonwände komplett roh belassen, in den Wohnräumen sind die Betondecken sichtbar. Man spürt die Geschichte des Gebäudes, ohne dass es einen emotional erschlägt. Die Bauzeit hat zwei Jahre gedauert. Die Planung stammt vom Münchner Architekturbüro Raumstation. Das Resultat würde ich als eine Art Rough Luxury bezeichnen. Ich finde die Kontraste jedenfalls sehr spannend – roh gegen cozy, hell gegen dunkel, introvertiert gegen extrovertiert, offen gegen hermetisch abgeschlossen.

Ich wohne hier gemeinsam mit meinem Partner Oscar auf drei Etagen. Im Haus befinden sich außerdem der Kunstraum BNKR sowie drei Mietwohnungen mit sehr netten Nachbarinnen und Nachbarn.


Die Bauzeit hat zwei Jahre gedauert. Von den baulichen Anstrengungen ist heute wahrlich nichts mehr zu sehen.
Foto: Edward Beierle

In diesem Haus stecken viel Zeit, Geld und Energie, aber es hat sich gelohnt. Seit Jahren schon beschäftige ich mich mit der Entwicklung und Gestaltung von außergewöhnlichen Lebensräumen. Auch mit der eigenen Wohnung wollte ich mir einen Ort schaffen, den ich lieben und genießen kann. Es ist uns gelungen, einen sperrigen Bunker in München-Schwabing zu einem lebendigen, offenen und besonderen Wohngebäude zu machen – und seine schwierige Geschichte trotzdem sichtbar zu lassen."
(Wojciech Czaja, 3.1.2020)
Wohnen im Bunker: "Wir haben 2.000 Tonnen Beton rausgeschafft" - derStandard.at
 

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Der mit Abstand aufwendigste Part der Sanierung war der Abbruch. Insgesamt haben wir hier an die 2.000 Tonnen Stahlbeton rausgeschafft. Immense Mengen, die man sich kaum vorstellen kann! Die Decken- und Wanddurchbrüche wurden mit Diamantsägen aus dem Beton geschnitten...
Ein Beispiel für "Wanddurchbrüche" siehe auch hier, Bilder 36 und 37 vom Flakturm im Esterhazypark in Wien...
 
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