Luftwaffenübungsplatz Gutenbrunn im Waldviertel

josef

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#1
1938/39 errichtete die Luftwaffe einen Übungsplatz im „Weinsberger Forst“ im Bereich zwischen Gutenbrunn und Bärnkopf. In den riesigen Waldgebieten der Herrschaft Habsburg-Lothringen gab es über das ganze Areal verstreut liegende kleine Einzelgehöfte für die Forstarbeiter. Da diese „Einschicht-Häuser“ den Übungsbetrieb störend entgegenstanden, wurde in Gutenbrunn eine neue Siedlung für die Holzarbeiter errichtet. Die Wohnsiedlung, bestehend aus 16 Doppelhäusern, wurde auf dem Lagerplatzgelände der 1938/39 liquidierten, jüdischen Besitzern gehörenden, „Körner-Werke“ bzw.“ Niederösterreichische Holzindustrie AG“ errichtet. Dadurch entstand auch die irreführende ortsüblich gebräuchliche Bezeichnung „Luftwaffensiedlung“ für die 32 Wohneinheiten der Holzfällerfamilien… Beim Bau wurden 100 französische Kriegsgefangene eingesetzt, die militärische Bauleitung der LW befand sich in einem Holzhaus beim „Hanslteich“. Bezogen wurden die neuen Häuser 1940/41.

Zeitgleich mit dem Siedlungsbau begann ein Baubataillon der Luftwaffe mit den Ausbauarbeiten innerhalb der Sperrzone für den Übungsbetrieb. Am höchsten Punkt des Weinsberges wurde ein Leit- und Beobachtungsturm für den Übungsbetrieb errichtet, auch naturgetreue Darstellungen von diversen Angriffszielen wurden aus Holzstämmen gebaut. So auch eine Attrappe eines Kriegsschiffes in Originalgröße…

Mit Fortdauer des Kriegsverlaufes und der Wandlung von Angriffs- in Verteidigungs- u, Rückzugsoperationen änderte sich auch die Nutzungsweise des Übungsplatzes. Statt Bombenzielwürfen und diversen Bordwaffenübungen der fliegenden Verbände erfolgten ab 1943 die Ausbildung von Flak-Einheiten… Zwischendurch wurde das Sperrgebiet auch als Jagdgebiet für hochrangige Gäste genutzt, auch Göring soll dort gewesen sein.
Gutenbrunn war mit dem Fliegerübungsplatz Göpfritz a.d. Wild das 2. größere LW-Übungsgelände in der näheren Umgebung des großen Tüpl Döllersheim im niederösterreichischen Waldviertel.

Nach dem Krieg wurde das Gelände und die Siedlung Teil des sowjetischen USIA-Imperiums. Nach Abzug der Besatzer 1955 ging das Forstgebiet wieder an die Altbesitzer zurück und die Siedlungshäuser wurden nach schwierigen juristischen Verhandlungen von den Bewohnern gekauft.

1. Karte des Fliegerübungsgeländes Gutenbrunn
2. „Luftwaffensiedlung“ für Forstarbeiter in Gutenbrunn 1940/41

Informations- u. Bildquelle: Maria Theresia Litschauer;
„Architekturen des Nationalsozialismus – Erhaltene bzw. geplante/entfernte Bauten der Region Waldviertel / NÖ.;Böhlau-Verlag Wien-Köln-Weimar; Wien 2012
 

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josef

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#2
Auf den interessanten Seiten des "Historischer Verein Weinsbergerwald" fand ich auch Beiträge über den Luftwaffenübungsplatz "Gutenbrunn-Weinsberger Wald":

Verbrannte Erde - Übersicht

Im Frühjahr 1940 nahm die Deutsche Luftwaffe Teile des Weinsbergerwaldes in Besitz. Es wurde ein Schulungs- und Bombenabwurfplatz eingerichtet. Abgeworfen wurden Übungsbomben aus Beton.

Das Gebiet in einem Umkreis von drei Kilometern rund um den Hummelberg wurde zum Sperrgebiet erklärt, die Bewohner ausgesiedelt. Davon betroffen waren unter anderem auch die Siedlungen In der Stift, Königwald, Ödteich und Berglucke.
Für die Vertriebenen wurde in Gutenbrunn eine neue Siedlung gebaut - ein Zeugnis nationalsozialistischer Vertreibungspolitik. Am Bau arbeiteten nicht nur einheimische Unternehmen mit, sondern auch französische Kriegsgefangene, die im Forsthaus am Stifterteich untergebracht waren. Im Sommer 1941 konnten die neuen Häuser von den bisher provisorisch untergebrachten Aussiedlern bezogen werden.

Am Ende des Krieges benutzten verschiedene Waffen-SS-Einheiten den Weinsbergerwald als Rückzugsgebiet oder versuchten, von hier in die spätere amerikanische Zone zu gelangen.

Dass die "Evakuierung" jüdischer Zwangsarbeiter Richtung Mauthausen durch das gleiche Gebiet stattfand, stellte sich als besonders verhängnisvoll heraus. Viele fielen den Mordkommandos der Waffen-SS zum Opfer.


Leiteinrichtung und Mannschaftsraum
Auf dem Gipfel des Weinsberges wurde 1940 ein ca. 20 Meter hoher Holzturm als Leiteinrichtung für die anfliegenden Flugzeuge gebaut, dessen Fundament - so wie das des Mannschafts- und Lagerraumes unterhalb des Weinsberg*gipfels - heute noch sichtbar ist.

Als Ziel für die Übungsbomben wurde in Schöneck eine hundert Meter lange Schiff*attrappe errichtet. Die Sand- und Betonbomben wurden aus großer Höhe abgeworfen, viele verfehlten ihr Ziel und schlugen auch außerhalb des Sperrgebiets ein.


Gästehaus der Luftwaffe
(Direkt am Hanslteich bei Gutenbrunn)

Errichtet 1940, diente dieser Bau der Deutschen Luftwaffe als Gästehaus. Häufig erschienen auch hochrangige NSDAP-Parteimitglieder zur Jagd.Nach Kriegsende wurde das Gebäude weiter als Wohnbaracke benutzt, bis es in der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts abgerissen wurde.
(Text und Fotoquelle :
http://www.weinsbergerwald.at/nc/spuren/objekte/ )


1. - 3. ehem. Beobachtungsturm
4. - 6. ehem. Gästehaus der LW
 

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josef

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#5
Fundamentreste Leit- und Beobachtungsturm am Weinsberg (1041 m)

Besuchte am 18.06.2018 den "Weinsbergerwald" um Gutenbrunn und "bestieg" auch den Gipfel des "Weinsberges" (1041 m). Der tatsächliche Anstieg von der Straße Gutenbrunn-Bärnkopf beträgt ab "Weinsbergwiese" aber nur rund 100 Höhenmeter...

Am Gipfelplateau sind noch die Fundamentreste des Leit- und Beobachtungsturmes zu erkennen. Die in den Publikationen angeführten Reste eines Mannschafts- und Lagerraumes unterhalb des Gipfels konnte ich wegen einsetzenden Regens nicht mehr lokalisieren...

1. - 2. Der Aufstieg von der Straße bei der "Weinsbergwiese" führt an mächtigen Felsformationen vorbei
3. Knapp vor dem im Bildhintergrund erkennbaren Gipfelplateau geht es an den Mauerresten eines Turmes der Burgruine "Weinsberg" vorbei
4. Hinweis auf die Reste des Mannschaftsraumes den ich am Rückweg wegen des einsetzenden Starkregens nicht mehr finden konnte...
5. - 7. Die Fundamentreste des ehemaligen ca. 20 m hohen Leit- u. Beobachtungsturmes
8. Vom Westen her kündigt sich die Regenfront an...
9. ...während es Richtung NO noch freundlich aussah (-> Richtung Zielraum des Bombenabwurfplatzes...)
10. Karte des damaligen Sperrgebietes (Quelle "Truckerhaus" Gutenbrunn)
 

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josef

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#6
Entstehung der "Luftwaffensiedlung" in Gutenbrunn:

Wie in Beitrag #1 bereits beschrieben, wurde am Gelände des ehemaligen Schnittholzlagerplatzes der in der Zwischenkriegszeit eingestellten "Körner-Werke" eine Wohnsiedlung errichtet. Dorthin wurden die Bewohner der Streusiedlungen des Weinsbergerwaldes umgesiedelt, die im neu geschaffenen Sperrgebiet des LW-Übungsplatzes lagen.

1. - 2. Situationsbeschreibung - Schautafeln im "Truckerhaus"
3. Karte des Sperrgebietes mit den Umgesiedelten Einzelgehöften bzw. Streusiedlungen (-> innerhalb des Kreises)
4. Lubi aus der Nachkriegszeit der LW-Siedlung Gutenbrunn am Gelände des einstigen Schnittholzlagerplatzes der Körnerwerke
5. - 7. Aktuelle Fotos der LW-Siedlung v. 18.06.2018 - Ein Großteil der ursprünglichen Bauten ( -> Bild 1, Beitrag #1) wurde durch Um- und Zubauten verändert...


(1. - 4. Eigene Fotos aufgenommen von Bild-bzw. Schautafeln im "Truckerhaus" Gutenbrunn, 5. -7. eigene Aufnahmen "in der Natur"...)
 

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josef

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#7
"Gästehaus der Luftwaffe" am Hanslteich

An der NO-Ecke des idyllisch am Rand der Sperrzone gelegenen "Hanslteiches" befand sich eine hochtrabend als "Gästehaus der LW" bezeichnete Wohnbaracke für hochrangige Jagdgäste des damaligen Regimes.
-> Foto der Baracke siehe Beitrag #2, Bild 4.


Teilweise sind die Streifenfundamente des Objektes noch vorhanden:

1. Der "Hanslteich" (Relikt aus der Zeit der Stauhaltung für ein System von Holzschwemmkanälen...).
2. Auf einer Schautafel wird das Gästehaus als "Offiziersbaracke" bezeichnet. (Solche Schautafeln -> Holzrahmen mit den auf durchsichtigen Kunststofftafeln gemalten Ansichten inkl. Kurzbeschreibung der ehemaligen Objekte wurden an verschiedenen Stellen in Gutenbrunn von der "Kulturinitiative Weinsbergerwald" aufgestellt...)
3. Hinter den geparkten Autos stand die Baracke
4. - 5. Reste des Streifenfundamtes.
 

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josef

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#11
Hier noch mehr vom Holzschwemmen in diesem Gebiet Schwemmkanäle
Hallo Peter,
es kommen noch weitere Berichte zur Region Gutenbrunn-Weinsbergerwald:
- "Kronprinz-Rudolph-Säge" bzw. Nachfolgebetrieb "Körnerwerke"
- Industriebahn Martinsberg - Gutenbrunn
- Waldbahn Weinsberger Wald (Gutenbrunn - Bärnkopf usw. ...)
- Ehem. Glashütte Gutenbrunn
- Schwemmtunnel und Kanäle "Berglucke", Kampleitenteich, Hanselteich, Florianiklause usw. ...
- Ort Gutenbrunn mit "Truckerhaus" ...

...bin gerade bei der Aufarbeitung der Fotos und Zusammenstellung der Berichte, dauert noch bis alles fertig ist, habe ja als Pensionist auch andere wichtige Arbeiten zu erledigen :):D

lg
josef
 
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