Europas Straßen sollen "panzerfit" werden

josef

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Abbau von Hürden bei Truppenbewegung

Es ist eine Art Schengen-Raum für schweres militärisches Gerät: Im Rahmen der vor Kurzem beschlossenen verstärkten Kooperation bei Verteidigung will die EU für mehr militärische Mobilität sorgen. Konkret sollen bürokratische Hindernisse und bauliche Nadelöhre bei Truppenverlegungen beseitigt werden. Entsprechend sanierungsbedürftige Straßen und Brücken sollen mit EU-Geldern „panzerfit“ gemacht werden. Explizit genannt wurde von EU-Seite kein konkretes Bedrohungsszenario. Die NATO ist da deutlicher - und schielt Richtung Russland.

Mehr „militärische Mobilität“
Freie Fahrt für Panzer in ganz Europa - zumindest bei Militärtransporten soll diese Vision der EU-Kommission bald Wirklichkeit werden. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc haben am Mittwoch in Brüssel einen Aktionsplan zur Verbesserung der militärischen Mobilität vorgelegt. Der Plan sieht vor, Straßen, Brücken und Schienennetze auszubauen und bürokratische Hürden zu beseitigen.

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Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen darauf ab, die zahlreichen bürokratischen Hindernisse zu beseitigen, die grenzüberschreitende militärische Bewegungen erschweren, insbesondere wenn es um den Transport von Sprengstoff und anderen gefährlichen Materialien geht. Außerdem soll die Straßen- und Schieneninfrastruktur angepasst werden.

Straßen und Brücken werden überprüft
Zunächst sollen Straßen, Schienen und Brücken in Europa bis 2019 auf ihre militärische Tauglichkeit hin überprüft werden. Etliche besonders schwere oder überdimensionierte Militärfahrzeuge können derzeit nämlich nicht überall passieren, wie es in dem Bericht heißt. Anschließend soll eine Liste mit den am dringendsten renovierungsbedürftigen Streckenteilen erstellt werden. Für die Ausbauarbeiten sollen im künftigen Haushaltsrahmen der EU ab 2020 zusätzliche Gelder bereitstehen.


Reuters/Ints Kalnins
Truppenübung in Litauen

Bei künftigen Infrastrukturvorhaben sollen zudem zivile und militärische Verwendungsmöglichkeiten bedacht werden. „Unser Ziel ist, unsere Transportwege besser zu nutzen und sicherzustellen, dass militärische Anforderungen bei der Planung von Infrastrukturprojekten berücksichtigt werden“, sagte EU-Verkehrskommissarin Bulc. Die Länder müssten dem Plan noch zustimmen.

Mehr Kooperation im Vorjahr beschlossen
Der Plan der Kommission ist Teil der Bemühungen, die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung zu intensivieren. Dafür hatten die EU-Mitgliedstaaten im Dezember die ständige strukturierte Zusammenarbeit (PESCO) aus der Taufe gehoben. Sie soll die EU auf dem Weg zur Verteidigungsunion voranbringen. Daran beteiligt sind alle EU-Staaten bis auf Malta, Dänemark und Großbritannien.

NATO mischt ein bisschen mit
Die geplante Vereinfachung der Militärtransporte solle jedenfalls alle EU-Staaten umfassen, unabhängig davon, ob diese neutral seien oder nicht, so Bulc. Die Strategie der EU-Kommission beschränke sich nicht auf die Mitgliedstaaten der NATO.

Es wäre auch nicht fair, in diesem Zusammenhang von einer „Militarisierung der EU“ zu sprechen, sagte die slowenische Politikerin. Fünf EU-Staaten seien nicht Mitglieder der NATO (Österreich, Finnland, Schweden, Irland und Zypern). Alle EU-Mitgliedstaaten seien bei der Verteidigungsunion an Bord. Wie weit die Pläne gehen werden, darüber würden die EU-Staaten entscheiden.

Allerdings: Kurz bevor PESCO im Vorjahr aus der Taufe gehoben wurde, hatte die NATO von der EU und der Privatwirtschaft eine stärkere Beteiligung an den Bemühungen zur Verbesserung der zivilen Infrastruktur eingemahnt: Straßen, Schienennetze und Flughäfen müssten militärischen Anforderungen entsprechen.

Augen auf Russland gerichtet
Dass gerade jetzt der Plan in Angriff genommen wird, ist freilich kein Zufall: Der Konflikt des Westens mit Moskau hat sich zuletzt über den Fall des vergifteten russischen Ex-Spions Sergej Skripal deutlich zugespitzt. Führende NATO-Vertreter führen an, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen nötig seien, um gegenüber einer potenziellen russischen Aggression ernsthaft abschreckend wirken zu können. Bisher würden aufwendige Grenzkontrollen und ungeeignete Infrastruktur rasche Truppenbewegungen verhindern.

Angesprochen auf Russland sagte Bulc, die Lage in der Weltpolitik sei nicht vorhersehbar, sie weise aber darauf hin, dass sich die EU stark koordinieren müsse. Das gelte für den Fall des Falles, wenn das Militär zur Verteidigung aktiviert werden müsse. Sie wünsche sich Frieden in Europa, „deshalb wurde die EU geschaffen“, so die EU-Kommissarin, „aber ich möchte nicht kalt erwischt werden“. Die Welt sei unberechenbar und in den vergangenen Monaten habe sich vieles verändert.

Polen rüstet auf
Wie Russland auf die EU-Pläne reagiert, bleibt abzuwarten: Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass Polen und die USA einen Vertrag über den Kauf von US-Flugabwehrraketen im Wert von 3,8 Milliarden Euro geschlossen haben. Polen und die baltischen Staaten sorgen sich wegen der russischen Militärpräsenz an ihren Grenzen. Im vergangenen Jahr hatte die NATO im ehemaligen Einflussgebiet der Sowjetunion zusätzliche Truppen stationiert, was in Moskau für Irritationen sorgt.

Links:
red, ORF.at/Agenturen

Publiziert am 28.03.2018
http://orf.at/stories/2432068/2432067/
 
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