Eis der heimischen Gletscher ging weiter zurück, Hoffnung für die nachfolgenden Gletscherjahre

josef

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#41
Pasterze verlor Eis in Donauturm-Länge
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Noch nie gab es einen größeren Gletscherschwund: Die Pasterze verlor allein im Bereich der Gletscherzunge ein Volumen von 14,7 Millionen Kubikmeter Eis, das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von 245 Meter, also ungefähr der Höhe des Donauturms in Wien.
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Ein größerer Gletscherschwund wurde in der bis 1891 zurückreichenden Geschichte des Alpenvereins-Gletschermessdienstes noch nie gemessen: Im Mittel wurden die 89 vom Alpenverein beobachteten österreichischen Gletscher um 28,7 Meter kürzer. Dieser enorme Anstieg des mittleren Rückzugs im Vergleich zum Vorjahr (elf Meter) bedeute „Alarmstufe Rot“. Das im Zerfall befindliche Schlatenkees (Tirol) wies mit -89,5 Metern den höchsten Rückzugswert in Österreich auf. Die Pasterze hat sich um 87,4 Meter Länge zurückgezogen. Den dritthöchsten Wert, nämlich Minus 84,3m, haben die Alpenvereins-Messer am Diemferner (Tirol) gemessen.

ÖAV / APA / picturedesk.com
Der Gletschermessdienst des Österreichischen Alpenvereins beobachtet bereits seit 132 Jahren die heimischen Gletscher und registriert akribisch deren Längenänderungen

Saharastaub beschleunigte Abschmelze
Spätestens ab der zweiten Julihälfte 2022 waren die meisten Gletscher zu weit mehr als der Hälfte ihrer Fläche eisfrei. Somit verfügte kein Gletscher noch über ein nennenswertes Nährgebiet, sondern die österreichischen Gletscher waren beinahe vollständig zu Zehrgebieten geworden und verloren auch in den höchsten Bereichen massiv an Eis. Wichtig für das sommerliche Abschmelzgeschehen auf den Gletschern war außerdem der Mitte März durch Strömungen aus südlicher Richtung erfolgte Eintrag von Saharastaub: Dieser blieb in der Schneedecke im Hochgebirge eingelagert und verdunkelte nach Abschmelzen der darüber liegenden Schneeschichten im Sommer die Schneedecke, was deren Abbau durch stärkere Absorption der Strahlung beschleunigte.

Gletscher spätestens 2075 verschwunden
Das letzte Jahr gehöre in Hinblick auf Witterung und Schnee – „selbst in einer Periode, in der jedes Jahr gletscherungünstig ist“ – zu den ungünstigsten in der Geschichte der Gletscherforschung, heißt es von Gerhard Lieb und Andreas Kellerer-Pirklbauer, beide Leiter des Alpenvereins-Gletschermessdienstes: „Der heurige bei weitem höchste Rückzugswert seit Beginn der Alpenvereins-Messreihe vor 132 Jahren macht unzweifelhaft die Folgen des anthropogen massiv verstärkten Klimawandels deutlich. Der aktuell und in Zukunft wohl weiter herrschende drastische Gletscherschwund macht langfristig die österreichischen Alpen so gut wie eisfrei – ‚optimistisch‘ wird dies 2075 sein, wahrscheinlich aber deutlich früher.“

Die Gletscher zehren noch von Eisreserven der Vergangenheit und wären schon verschwunden, würden die gegenwärtigen Klimabedingungen nicht erst seit etwa 1990, sondern schon ein paar Jahrzehnte länger anhalten.“

Alpenverein gegen Ausbau der Gletscherskigebiete
Der Österreichische Alpenverein als Naturschutzorganisation setzt sich seit Jahren für den ausnahmslosen Gletscherschutz und den Schutz der umliegenden hochalpinen Regionen ein. Er spricht sich deshalb erneut vehement gegen den weiteren Ausbau von Gletscherskigebieten aus. Die touristische Neuerschließung von Gletscherflächen sei in einer Zeit, in der die Klimakrise den Gletschern ohnehin enorm zusetze, einfach nicht mehr vertretbar.

ÖAV / APA / picturedesk.com
Die Gletscher ziehen sich immer weiter zurück und in vielen Gebieten ist es inzwischen so, dass die Zugänglichkeit nicht mehr gegeben ist: Denn die Geländebedingungen werden schwieriger, wenn sich die Gletscher zurückziehen. Dann bleibt in den meisten Gebieten sehr steiles, lockeres Schuttmaterial zu¬rück oder die höheren Geländeteile sind nur über sehr schwierige Felspartien zugänglich.

Meeresspiegelanstieg, Muren und Trockenheit
Wichtig sei auch sich gegen ein Fortschreiten der Klimakrise einzusetzen: „Wir müssen uns die unangenehmen Folgen für die Menschen vor Augen führen“, so Ingrid Hayek, Vizepräsidentin des Österreichischen Alpenvereins. "Das rasche globale Abschmelzen der Gletscher trägt einen wesentlichen Anteil zum Anstieg des Meeresspiegels bei, Überschwemmungen und Vermurungen inklusive. Die fehlenden natürlichen Wasserspeicher im Gebirge führen in weiterer Folge zu regionaler Trockenheit“.
31.03.2023, red, kaernten.ORF.at

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#42
KLIMAWANDEL
Touren im Hochgebirge werden riskanter
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Er hält die Gipfel im Hochgebirge zusammen wie eine Art „Klebstoff“: der Permafrost. Dabei handelt es sich schlicht um dauerhaft gefrorenes Gestein. Doch genau das schwindet aufgrund der steigenden Temperaturen auch in großen Höhen. Felsen und Gesteinsmassive würden dadurch stetig instabiler, warnt Robert Supper, Bereichsdirektor für Geologie der GeoSphere Austria. Manche hochalpine Berggipfel sind mittlerweile im Sommer nur noch schwer begehbar, viele Touren werden riskanter.
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Seit dem vergangenen Wochenende ist der Südgipfel des Fluchthorns ohne Gipfelkreuz und vorerst nicht begehbar. Ein großer Felssturz ließ den 3.000er an der Grenze zwischen Österreich und der Schweiz um geschätzte 19 Meter schrumpfen. Verletzt wurde dabei niemand. Grund für den Bergsturz war laut Expertinnen und Experten der tauende Permafrost – ein Vorgang, der in Zukunft nicht nur in der Silvretta-Gruppe zum Problem werden wird. Bergtouren im hochalpinen Raum werden gefährlicher werden, sagt Thomas Wanner vom Österreichischen Alpenverein (ÖAV) gegenüber dem ORF.

Dass Naturereignisse dieser Art künftig häufiger vorkommen, davon ist auch Geophysiker Supper überzeugt: „Tatsache ist, dass der Permafrost auftaut und es mittlerweile auch in sehr hoch gelegenen Bereichen zu Aufschmelzungen kommt. Das Gestein wird mobilisiert, und Gipfel, die zuvor das ganze Jahr gefroren waren, werden nun instabil.“

Gletscher dienen oft als Stützmauern
Das Risiko für Berg- und Felsstürze ist aber nicht überall gleich groß. Einerseits spielt die Art des Gesteins eine entscheidende Rolle – je stärker zerklüftet, desto mehr gefährdet –, andererseits müsse die tektonische Prägung berücksichtigt werden, erklärt Supper. Der rasante Gletscherschwund sorge für eine zusätzliche Destabilisierung.

„Viele Gletscher haben bisher wie eine Art Stützmauer gewirkt. Durch ihr Abschmelzen fällt diese stützende Wirkung auf das Gestein weg, und Felsen können abbrechen. In der Geschwindigkeit, in der die Gletscher zurückgehen, entstehen jetzt natürlich viele Gebiete mit großer Steinschlaggefahr“, so Supper.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Manche Gipfel kaum noch begehbar
Bei heimischen Bergführern ist diese Tatsache längst im Berufsalltag angekommen. Touren im Hochgebirge müssen oftmals neu, anders und besser geplant werden. Die Gefahren von Steinschlag machen manche Gipfel mittlerweile in den Sommermonaten unbegehbar. Die Risiken wären einfach zu hoch, sagt Wanner und nennt prominente Beispiele.

„Den Normalweg auf die Wildspitze (3.768 Meter, Anm.) kann man nicht mehr zu jeder Zeit unbedenklich gehen, weil er einfach stark steinschlaggefährdet ist. Das Gleiche ist auf dem Zuckerhütl (3.507 Meter, Anm.) in den Stubaier Alpen. Im Hochsommer gehen die Bergführer mit den Gästen diesen Berg mittlerweile gar nicht mehr, weil das Risiko für Steinschlag viel zu hoch geworden ist. Im Winter ist das kein Problem, da ist alles recht stabil und sicher, aber im Sommer ist es einfach zu riskant“, so Bergführer Wanner.

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Pizza~commonswiki unter cc-by-saCC BY-SA 3.0
Das Zuckerhütl ist der höchste Berg in den Stubaier Alpen und im Winter eine beliebte Skitour
APA/LAND Tirol
Im Bereich der Nordwestflanke des südlichen Fluchthorns brachen die Gesteinsmassen ab

APA/AFP/Tiziana Fabi
Im Sommer 2022 kam es auf der Marmolata in Italien zu einem großen Gletschersturz

APA/LAND Salzburg/Gerald Valentin
Der Schauplatz eines Felssturzes im Ortsteil Karteis der Gemeinde Hüttschlag in Salzburg am 24. Oktober 2019

Auch Gletscherschmelze lässt Risiko steigen
Zusätzlich lässt der fortschreitende Schwund der Gletscher das Gefahrenpotenzial steigen. Die über die Wintermonate aufgebaute Schneedecke schmilzt durch die steigenden Temperaturen auch im Hochgebirge schneller, Gletscherspalten treten früher zutage. „Letztes Jahr waren bereits Ende Juni viele Gletscher blank – bis zu sechs Wochen früher als normal. Dadurch ist die Absturzgefahr in Spalten und die Gletschersturzgefahr wesentlich höher, und auch der Steinschlag nimmt zu“, sagt Wanner.

Die Wissenschaft bestätigt die Wahrnehmung der heimischen Alpinisten. „Wir haben in den Ostalpen durch den Klimawandel eine wesentlich stärkere Temperaturerhöhung als im globalen Mittel. Da sprechen wir zum Teil von mehr als zwei, drei Grad in den letzten 120 Jahren an Erwärmung, und das hat natürlich Konsequenzen“, sagt Markus Keuschnig von Georesearch. Er und sein Team beschäftigen sich seit mehr als zehn Jahren mit Umweltveränderungen in alpinen Regionen.

Freiluftlabor überwacht Gesteinsbewegung
Seit 2010 wird etwa mittels eines Freiluftlabors der Gipfelbereich des 3.203 Meter hohen Kitzsteinhorns überwacht und erforscht. Anhand von fünf Bohrlöchern, die bis in eine Tiefe von 40 Metern in das Gestein reichen, betreiben die Wissenschaftler dort unter anderem seismisches Monitoring. Dabei würden bereits minimale Erschütterungen gemessen, erklärt Geomorphologe Keuschnig. Auch die Entwicklung des vorhandenen Permafrosts wird ständig überwacht.

„Man kann sich das vorstellen, wie wenn man ein Fieberthermometer in den Berg steckt, um die Temperatur zu messen. Bei uns am Kitzsteinhorn liegen die Permafrosttemperaturen bei minus zwei Grad. Wenn sich diese Temperatur erhöht, sehen wir, dass das Gestein sogar noch im Minusbereich bereits an Stabilität verliert“, so Keuschnig. Laborergebnisse zeigten, dass von minus vier auf minus ein Grad die Festigkeit um bis zu 30 Prozent abnimmt.

„Wenn der Fels durch die Festigkeitsabnahme zu brechen beginnt, erzeugt das Geräusche bzw. seismische Signale. Nehmen diese in unseren Messungen zu, ist das ein klares Indiz, dass etwas in Bewegung ist – das können wir bis in den Sub-Millimeter-Bereich vor Ort und auch mit Satelliten messen. Und das gehört natürlich beobachtet“, sagt Keuschnig.

georesearch.ac.at
Abbildung des Freiluftlabors mit seinen angewandten Methoden im Gipfelbereich des Kitzsteinhorns

„Risikokalkulation wäre sicher notwendig“
Als große Herausforderung für die heimische Forschung sieht Supper die Risikoeinschätzung möglicher Berg- und Felsstürze wie auf dem Tiroler Fluchthorn und auch Gletscherstürze wie im vergangenen Sommer auf der italienischen Marmolata. Vorhandene Gefährdungskarten betreffen meist nur Siedlungsräume und beziehen nur die Folgen von Ereignissen ein.


DEBATTE
Wie sehr ist man der Klimakrise ausgeliefert?


Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt ein Ereignis auftritt, wann sich also wo genau Gesteinsmassen lösen könnten, sei derzeit extrem schwierig vorauszusagen und wird in aktuelle Gefährdungskarten meist nicht einbezogen. Es fehle an den notwendigen Forschungsergebnissen, sagt Supper. „Das wird in Zukunft aber immer wichtiger werden. So sollten vermehrt Forschungsvorhaben auf diese Problematik fokussiert werden“, so der Geophysiker.

Da die Forscher davon ausgehen, dass die Zahl von Felsstürzen in den kommenden Jahrzehnten steigen wird, könnten künftig auch bewohnte Gebiete davon betroffen sein. Gefahrenzonenpläne ähnlich wie die der Lawinen- und Wildbachverbauung wären eine Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit und das Gefahrenpotenzial einzustufen, ergänzt Supper.

Alpenverein rät zu guter Vorbereitung
Auch beim Alpenverein geht man davon aus, dass das Gesamtrisiko bei Touren im Hochgebirge weiter steigen wird. „Es wird gefährlicher, weil alles instabiler wird. Eine gute Tourenwahl und Vorbereitung wird immer wichtiger werden“, so der Appell von Bergführer Wanner.
Er rät, sich vorab mittels verschiedener Quellen über die geplante Bergtour zu informieren, etwa über Tourenportale, soziale Netzwerke mit aktuellen Fotos und über Webcam-Portale: „Dort sieht man viele Bergketten und die aktuell vorherrschenden Bedingungen meist in guter Auflösung. In Kombination mit einem klassischen Hochtourenführer kann man sich gut einlesen und bekommt normalerweise ein gutes Bild, wie die Situation wirklich ist.“

Entscheidend sei auch, die richtige Uhrzeit für den Start seiner Bergtouren zu wählen. „Sehr häufig ist die Situation in der Früh besser, weil durch das Gefrieren des Bodens über Nacht das Gestein tendenziell stabiler ist. Wenn man am Nachmittag unterwegs ist, wird das Steinschlagrisiko meist höher. Also, man sollte immer früh genug unterwegs sein“, sagt Wanner.
18.06.2023, Carina Schwab, für ORF.at/Agenturen

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#43
Gletscher 50 Jahre früher verschwunden
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Das prognostizierte Ende der Gletscher ist um rund 50 Jahre nach vorne gerückt. Eisreste wird es in den Ostalpen gegen 2050 nur noch in Schattenlagen in sehr hoch gelegenen Gebieten geben. Das erklärte Glaziologin Andrea Fischer vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
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Das beispiellose Tempo der Gletscherschmelze in den Ostalpen führte in den vergangenen drei bis vier Jahren dazu, dass die einst massiven Eiskörper nahezu vor den Augen der Forscher zerbröseln. Dementsprechend braucht es neue Messmethoden, um Modelle zu erstellen, die diese völlig neue Entwicklung abbilden können. Die Gletscherforschung in Österreich steht vor vielen Herausforderungen, die mit dem aktuellen Personalstand schwer zu bewältigen sind.

Das schnelle Schmelzen der Gletscher mache die Arbeit auch ein Stück weit zu einem Kampf gegen die Zeit – bei steigenden Anforderungen, denn alleine die Zeit für die notwendigen Messungen habe sich vervielfacht. „Wir haben die dreifache Abflussmenge und den entsprechenden Aufwand“, so Fischer.
APA/EXPA/JOHANN GRODER/EXPA/JOHA
Nach Einschätzung von Andrea Fischer sind die Gletscher der Ostalpen in wenigen Jahren beinahe völlig verschwunden

Längenänderungen der Gletscher seit 1891 dokumentiert
Die grundsätzlichen Messmethoden der Gletscherforschung gehen noch auf das ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Seit 1891 werden die Längenänderungen in Österreich systematisch dokumentiert, seit 1952 die Oberflächenmassebilanzen – also die Veränderungen der Eismassen, die an den Gletscheroberflächen gemessen werden. „Beide Methoden sind mittlerweile unzureichend“, betonte Fischer.

Die Gesamtschmelze wird damit nicht mehr abgebildet, weil eben der Zerfall von allen Seiten um sich greift. So bleiben aktuell Fragezeichen zu den echten Abgängen. Dazu kommt die Frage, wie sich die rasch frei werdenden Flächen entwickeln, wie sie von der Vegetation in Beschlag genommen werden sowie wie und ob sie dadurch stabilisiert werden.

Rolle der Eisreste bei Hangrutschungen unklar
Auch die Fragen zu dem wenigen zurückbleibenden Eis sind vielfältig. So weiß man nicht, welche Rolle Eisreste, die unsichtbar unter Schutt verborgen sind, bei Hangrutschungen spielen können. Auch zur Bildung unterirdischer Blasen aus Schmelzwasser, die rasch ausbrechen und zu Überschwemmungen im Unterlauf und Muren führen können, gibt es noch viele Fragen. Ebenso gebe es zur Kombination der durch den Gletscherschwund freigelegten Sedimente und der durch den Klimawandel zunehmenden Starkregenereignisse noch vieles zu erforschen, erklärte Fischer.

APA/EXPA/JOHANN GRODER
Das Schmelzwasser sammelt sich unter den Eismassen

All das hilft letztlich, die Naturgefahrensituation besser einschätzen zu können. Fischer: „Wir sind mit Prozessen konfrontiert, die noch nie jemand beobachtet hat.“ Hier müssen auch die Messmethoden in internationalem Verbund entsprechend neu aufgesetzt und angepasst werden.

Altes Gletschereis als Klimaarchiv bergen
Die Alpen seien hier leider „an vorderster Front, weil sie besonders niedrig liegen“. Die Expertise, die man sich hier nun erarbeitet, würde später vielerorts gebraucht. Ebenso gilt es jetzt, hierzulande besonders altes Gletschereis zu bergen, um es als Klimaarchiv der letzten Jahrtausende und als Zeuge des menschlichen Einflusses über die Zeit hinweg weiter erforschen zu können, auch wenn es nur noch im Labor existiert. Die Chance, all das zu erfassen, zu verstehen und dann Warnsysteme zu verbessern, bietet sich nur im aktuellen engen Zeitfenster. „Wir wollen die Menschen in den Talräumen rechtzeitig warnen können“, betonte Fischer. Dazu brauche es aber Ressourcen abseits der üblichen Forschungsförderschienen, die aufgrund langwieriger Peer-Review-Abläufe nur bedingt für die Arbeit an so schnell fortschreitenden Prozessen ausgerichtet sind.

Bewusstsein in Bevölkerung schaffen
Es gehe darum, grundlegend neues Wissen zu erarbeiten, um es den Behörden zur Verfügung zu stellen. Angesichts der österreichweit etwa rund 20 Personen, die sich hauptamtlich mit Glaziologie und angrenzenden Themen beschäftigen, sei das eine große Herausforderung. Denn eine der wichtigsten Aufgaben ist auch noch: der Öffentlichkeit ohne Alarmismus bewusst zu machen, wie rasch sich die Gebiete hoch oben verändern.
„Diese Prozesse werden uns in den Tälern betreffen“, so Fischer, die im Klimawandel durchaus auch Chancen sieht, „wenn wir es richtig angehen“. Angesichts des „großen Gletscherzerfalls“ dürfe man nicht die Nerven verlieren und solide an Herangehensweisen für die nächsten Jahrzehnte arbeiten. Angst sollte nicht zum treibenden Faktor in Bevölkerung, Politik und Wissenschaft werden, so die Glaziologin: „Wir haben jetzt die Chance, die Dinge zu erkennen und zum Besseren zu verändern.“
21.08.2023, red, tirol.ORF.at/Agenturen

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Gletscher 50 Jahre früher verschwunden
 

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#44
Ausapern von Gletscherleichen nimmt zu
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Der Fund der Gletscherleiche im Glocknergebiet (Pinzgau) dürfte nicht der letzte sein. Gletscherexperten gehen jedenfalls davon aus, dass Salzburgs Gletscher in den nächsten Jahren noch zig anderes hervorbringen werden, das seit Jahrzehnten im ewigen Eis verschollen ist.
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Erst Mitte August hat ein Tourengeher in Tirol etwa eine seit 37 Jahren verschollene Person entdeckt und Ende Juli sind die sterblichen Überreste eines Alpinisten im Schweizer Zermatt gefunden worden.

Gletscherschmelze
Die Funde häufen sich heuer besonders – für den Salzburger Gletscher-Experten Bernhard Salcher von der Uni Salzburg kein Wunder: „Durch die Klimaerwärmung gehen auch die hochgelegenen Schneefelder weg und natürlich tauen dann Überreste auf und werden freigelegt – ganz sicher.“

LPD Salzburg
Im aktuellen Fall ist der Bergsteiger aus Wels über 52 Jahre im ewigen Eis des Glocknergebiets verschollen gewesen. Er wäre mittlerweile 106 Jahre alt. Seine Überreste dürften laut Gletscher-Experten noch recht gut erhalten gewesen sein, weil er sich nicht im Gletscherinneren befunden hat, wo sich das Eis bewegt. „Also der am Hochgruberkees ist wahrscheinlich in ein Schneefeld gestürzt, das dann einfach komplett ausgeapert ist und dadurch ist dann auch keine große Zerstörung passiert.“

Toter hatte Reisepass bei sich
Der DNA-Abgleich der Gletscherleiche ist immer noch ausständig, weil es laut Polizei nur noch eine Verwandte gibt und die lebt im Ausland. Aber im Rucksack des Toten hat die Polizei einen Reisepass gefunden, der die Identität bestätigt, auf die auch alle anderen Ermittlungen hindeuten. Mehr dazu in Gletscherleiche im Glocknergebiet gefunden(salzburg.ORF.at).

LPD Salzburg
14.09.2023, red, salzburg.ORF.at

Ausapern von Gletscherleichen nimmt zu
 
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