Eine Art Golf-Cart aus Holz mit elektrischem Motor aus Wiener Neudorf

josef

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#1
WOOD-E
Ein Holzauto aus Österreich: Yabba Dabba Doo!
Ein Trio aus Österreich will seinen nachhaltigen Teil zur Mobilitätswende beitragen. Mit einer Art Golf-Cart aus Holz mit elektrischem Motor. Inspiriert von einer italienischen Insel
Diese Geschichte beginnt in einem Hotel auf der italienischen Insel Albarella. Der Besitzer beschwert sich seit längerem über seine Golf-Carts. Diese seien zu fehleranfällig. Dabei werden sie gebraucht, Albarella ist verbrennerfrei, die elektrischen Carts sind ein beliebtes Transportmittel. Da muss es doch eine andere Möglichkeit geben. Reinhard Haiden, ein Gast aus Wiener Neudorf, bekommt davon Wind und schlägt vor, eine nachhaltige Alternative zu entwickeln.
Aus dieser Idee ist ein Prototyp entstanden, der in einer Garage in Wiener Neudorf steht. "Wood-e", der Name, ist in die Front eingraviert und nennt darin sofort die wichtigsten Eigenschaften: Elektro und Holz.

Für seine Beschleunigung braucht sich der Wood-e nicht verstecken. Zur Sicherheit ist er bei 30 km/h abgeriegelt.
Foto: Johannes Raimann

Die Köpfe dahinter: die Cart Brothers. Reinhard Haiden, zuständig für die Elektronik und regelmäßiger Albarella-Urlauber, Christian Manser, Geschäftsführer und Designer, und Marc Schuran, Designer und Senior Engineer.

Es erinnert auf den ersten Blick an das Tretauto der Comic-Familie rund um Fred Feuerstein. Ein Holzrahmen sitzt auf vier Rädern mit entsprechenden Aufhängungen, die (noch) einem Quad entliehen sind. Türen gibt es keine, ob es die im fertigen Produkt geben wird, steht noch zur Debatte. "Wir wollen eine offenere Philosophie fahren, sodass man sich auch mit anderen unterhalten kann. Da stören Türen nur", erklärt Christian Manser. Doch nicht nur das: Man will damit auch spontane Fahrgemeinschaften attraktiver machen, ein "Komm, ich nehm dich mit"-Gefühl. Eine Windschutzscheibe gibt es immerhin, sonst müsste man sich ja jedes Mal die Fliegen aus der Kauleiste pulen. Statt eines Head-up-Displays gibt es ein Tablet, das Geschwindigkeit und Ladestand preisgibt. Die zwei Sitze aus einem Korkmaterial sind nicht sehr bequem.

Wer braucht Reichweite?
Das müssen sie aber auch nicht sein. Denn das Wood-e ist kein Langstreckengefährt. "Wir wollen damit eine Nische bedienen, die bisher vernachlässigt wurde", sagt Manser. Er meint die Kurzstrecke. Fünf bis zehn Kilometer, die Fahrt zum Supermarkt, zur Apotheke in die Nachbargemeinde oder das Pendeln in der Stadt.

Deswegen wollen die Cart Brothers auch nichts von dem Buhlen um Reichweiten, das da draußen auf dem E-Mobilitätsmarkt stattfindet, wissen. Unter den Sitzen sind in einer Box aus Aluminium vier Zwölf-Volt-Blockbatterien verbaut. "Mit einer Ladung kommen wir damit rund 120 Kilometer weit", sagt Haiden. Doch auf die Batterien will man sich gar nicht verlassen.


Über Stock und Stein sollte man mit dem Wood-e vorerst nicht fahren. Das ruckelt ganz schön, Schlüsselverlustgefahr!
Foto: Johannes Raimann

Denn auf dem Dach des Holzautos sind Solarzellen angebracht. Die sollen die Hauptarbeit für die Kurzstrecken leisten. 40 Kilometer am Tag – bei sonnigem Wetter – sollen drin sein. Und das bei einer Höchstgeschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Stunde.

Das reicht völlig aus, merkt man beim Selbsttest. "Denk dran, es gibt noch keine Servolenkung", warnt Haiden. Und das ist tatsächlich ungewohnt. Lenken im Stand? Fehlanzeige. Leicht aufs Gas gehen, dann einlenken, so macht man das. Aber das mit dem leicht aufs Gas gehen, das ist so eine Sache. Wie bei anderen Elektroautos ist auch beim Wood-e die Leistung sofort und ohne Verluste abrufbar. Gut, das sind im Falle des Feuerstein-Mobils zwar nur rund 6 kW, aber das bei einem Gesamtgewicht von 350 Kilogramm. Das geht gut nach vorne.

Gleichzeitig ist man froh, dass bei rund 30 km/h Schluss ist. Denn das Holzgerüst ruckelt und zuckelt, wo es nur Platz hat. Schlüssel sollte man dabei nicht in der Hosentasche haben, die könnten gut und gerne rausfallen. Es hat ein bisschen etwas von einem Kart – das jemand in der heimischen Garage gebaut hat.


Die beiden Sitze aus Kork sind alles andere als bequem. Das ist aber in dem für Kurzstrecken ausgelegten Wood-e zu verschmerzen.
Foto: Johannes Raimann

Manser ist vor allem die Nachhaltigkeit hinter dem Produkt wichtig. "Von der Terrasse meiner Schwiegereltern im Bregenzerwald aus kann man Jahr für Jahr fantastisch sehen, wie sich die Autokolonnen des Skiverkehrs durch das Tal schleppen. Eines Tages dachte ich mir, das kann doch alles nicht wahr sein." Und mit diesem Nachhaltigkeitsfieber hat er auch Haiden angesteckt. Der bisherige Autonarr, ein Porsche-Schild hängt noch in seiner Garage, gibt zu, in den letzten Jahren das Interesse an verbrennermotorisch angetriebenen Fahrzeugen verloren zu haben. Der Wood-e ist das Resultat.

Bloß ohne Big Player
Dieses Bewusstsein will das Trio auch in den Köpfen der Hersteller und Verbraucher schaffen. Autoherstellung muss nicht schmutzig sein. Es geht mit Herz, Nachhaltigkeit und einem Blick für das Regionale.

Das Trio will das Wood-e in Serie bringen. Zum Beispiel für das Hotel auf Albarella. Daher sind sie aktuell auf der Suche nach Geldgebern, denn so etwas will finanziert sein. Die drei Gründer haben alle einen Vollzeitjob, die bisherigen Kosten haben sie selbst getragen. Für den Prototypen haben Sie Fördergelder der AWS erhalten.
Mit einem großen Autobauer kooperieren, das wollen sie aber nicht. "Unser Ziel ist es aufzuzeigen, dass Fahrzeugbau auch anders gedacht werden kann, lokal und dezentral", sagt Manser. Denn das ist das Ziel: Märkte erkennen und die Produktion temporär an diese Orte verlegen, während dabei, soweit es geht, lokale und vor allem nachhaltige Produkte eingesetzt werden. Ein Beispiel: Für die Herstellung von Karosserie teilen sind CNC-gefräste Holzelemente notwendig. Diese Elemente könnten von vielen verschiedenen Herstellern gefertigt werden, quasi "wer gerade Zeit dafür hat".

2022 soll das Jahr des Wood-e werden. Und wer weiß, vielleicht fahren dann auf Albarella die Gäste bereits mit den neuen hölzernen, auf der Insel hergestellten Carts zu Loch 16 und darüber hinaus. Denn nur weil die Geschichte dort beginnt, heißt das nicht, dass sie dort auch endet.
(Thorben Pollerhof, 30.1.2022)
Ein Holzauto aus Österreich: Yabba Dabba Doo!
 
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