"Deitsche Sproch, schwere Sproch"

didi42

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#61
Als Niederländer möchte ich bitte eine Frage zur deutschen Sprache stellen:

'Was ist der Unterschied zwischen den Schreibweisen zwischen 'Tal', 'Thal' und 'Tahl'? Diese unterschiedlichen Schreibweisen begegne ich gelegentlich bei meiner Recherchen und es ist für mich nicht einfach zu verstehen, da es sich eindeutig immer um ein „Tal“ handelt.
Wir lesen nämlich „Jonastal“ in Relation zu „Luisenthal“.
Vielleicht liege ich falsch mit dem Wort „tahl“, aber ich verstehe es nicht mehr.
Hat ihr eine antwort für mich?

Also meines Wissens nach
ist "Tal" die richtige Rechtschreibung.

Früher hat man Tal auch "Thal" geschrieben,
deshalb sind manche Ortsbezeichnungen noch mit "thal" geschrieben.

Die Schreibweise "Tahl" ist mir selbst nicht bekannt oder geläufig.
 

josef

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#62
DEUTSCH IM WANDEL
Reden in Österreichs Städten bald alle wie Deutsche?
Dialekte gehen verloren, und manche Menschen scheinen immer mehr wie Deutsche zu sprechen. Wird das Idiom von Wienern, Grazern oder Salzburgern verschwinden?
Wer die Welt von jungen Wiener Youtubern und Influencerinnen betritt, wird schnell feststellen, dass dort kaum noch etwas "leiwand" ist, dafür vieles "richtig nice". Und vieles schmeckt "lecker". Das hat man zuvor meist im "Laden" gekauft, nicht im "Geschäft".

Umgekehrt wird von anderen – ebenfalls in den sozialen Medien – beklagt, dass das sogenannte österreichische Deutsch vom bundesdeutschen Deutsch verdrängt werde. Auch die inflationäre Verwendung von Anglizismen wird von vielen bedauert. Die Journalistin Claudia Zettel schrieb kürzlich auf Twitter, dass "diese ganzen Gen-Z-Menschen in der Stadt alle so reden, als würden sie am Burgtheater spielen", und bekam viel Zustimmung. Mit der Generation Z sind grob gesagt Menschen gemeint, die von 1997 bis 2012 zur Welt gekommen sind.


Sprechen junge Paare in der Wiener U-Bahn noch Wienerisch – und wenn ja, wie viele?
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Identitätsstifter
Sprache wird wohl so emotional diskutiert, weil sie unser Ausdrucksmittel ist, "um unsere Identitäten nach außen zu tragen, aber auch nach innen zu bewahren", wie die Germanistin Alexandra N. Lenz einmal zum STANDARD sagte. Fest steht: Der Sprachgebrauch unterscheidet sich zwischen den Generationen stark. Das betrifft nicht nur einzelne Wörter, sondern auch Satz- und Wortmelodien, wie Sprachforscher bestätigen. Was passiert da gerade, und wie werden wir in Österreich in naher Zukunft sprechen?

Die Wahrnehmung mancher, dass junge Menschen wie Deutsche reden, bezieht sich vor allem auf die Städte in Österreich. Warum wird dort anders gesprochen als im ländlichen Raum? "In Städten treffen unterschiedliche Personengruppen zusammen. Dadurch werden lokalsprachliche Merkmale ausgeglichen und nivelliert", sagt die Grazer Germanistin Stefanie Edler zum STANDARD.

Dialekte am Ausklingen
Die Universität Graz hat im Projekt "Stadtsprachen" die Sprachgewohnheiten in Wien und Graz sowie in je drei Gemeinden im Umland erforscht. Dafür wurde zum einen mit Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren gesprochen, zum anderen mit Menschen ab 65. "Die jungen Sprecher verwenden mehr Standardsprache und weniger Dialekt als die älteren Sprecher", resümiert Edler, die im Projekt mitgearbeitet hat.

Woran die Uni Graz das unter anderem festmachte? Erstens am Kasus: Die Älteren verwendeten häufiger Formulierungen wie "mit die Kinder", die Jüngeren öfter den grammatikalisch richtigen Fall, also "mit den Kindern". Zweitens beim Komparativ: Die ältere Gruppe sagte im Vergleich zu den Jüngeren öfter Sätze wie "Wien ist größer wie Graz" oder "Wien ist größer als wie Graz". Drittens am Konjunktiv II: Jüngere sagten häufiger "Ich würde dorthin gehen", Ältere häufiger "Ich tät' dorthin gehen".

Edler erzählt außerdem von einer persönlichen Beobachtung bei den Befragungen: Junge Menschen in Wien und Graz "sagen häufiger als früher 'Könich' statt 'König' oder 'lustich' statt 'lustig'". In weiten Teilen Deutschlands wird die Endung "-ig" wie ein "ich" ausgesprochen, in Süddeutschland und Österreich lange nicht. Am Grazer Institut für Germanistik spricht man dennoch lieber von "Deutsch in Österreich", wie auch ein großes Forschungsprojekt heißt, als von österreichischem Deutsch. Man halte die Vorstellung für falsch, dass an der Staatsgrenze zu Deutschland ein bestimmtes Deutsch beginne oder ende, erklärt Edler.

Junge Städter können nicht switchen
Der Salzburger Linguist Hannes Scheutz beobachtet in seiner Heimatstadt starke Veränderungen in der Alltagssprache, wobei er betont, das passiere "nicht als Quantensprung, sondern in einem Kontinuum". Die Kinder in Salzburg sprächen heute "ein stark am Standarddeutsch orientiertes Deutsch mit zum Teil sogar norddeutschen Einschlägen", sagt Scheutz zum STANDARD. Sein Befund: "Die Kinder in der Stadt Salzburg sprechen durchwegs nicht dialektal. Sie sind nicht muttersprachlich 'bilingual', was mich schmerzt. Da fehlt die innere Mehrsprachigkeit." Eine Ursache dafür sei die Sprache, die in deutschen TV-Sendern, aber auch in sozialen Medien wie Youtube und Tiktok zu hören sei.

Scheutz hat sogenannte Sprachatlanten entworfen, in denen man österreichische Dialekte online anhören und vergleichen kann. Er beobachtet, dass die Dialekte erodieren, immer großräumiger werden und teilweise verschwinden. "Auch in ländlichen Gebieten, die durchwegs noch dialektfester sind, sind sehr viele 'altdialektale' Merkmale verlorengegangen. Wenn man den jüngeren Leuten in der Stadt zuhört, sind dialektale Merkmale zumeist fast vollständig verschwunden. Diese Kinder und Jugendlichen können nicht mehr zwischen Standardsprache und Dialekt switchen", sagt Scheutz. Auch in Zukunft werde es im ländlichen Raum noch Dialekte geben, aber nicht so kleinteilige.

Das Falsche kann richtig sein
Kann die Politik oder die Schule eigentlich etwas machen, um österreichische Sprachmerkmale zu bewahren? Mit Tipps für die Bildungspolitik will sich die Germanistin Edler zurückhalten, macht aber einen Vorschlag: "Man könnte im Deutschunterricht zum Beispiel darüber sprechen, welche unterschiedlichen Sprachausprägungen es im Sprachalltag gibt. Dabei kann man auch bewusst machen, dass das sprachlich Richtige nicht immer richtig ist." Wie ist das gemeint? "In manchen Situationen kann auch das Falsche richtig sein", sagt Edler. "Wenn ich zum Beispiel mit meiner Oma spreche, ist die informellere Variante vermutlich die richtigere."

In der Phonetik, der Lautlehre, beobachtet man in Österreichs Städten auch Veränderungen in der Aussprache. Im Österreichischen gebe es das stimmhafte S im Anlaut traditionell nicht, erklärt Sprachwissenschafter Scheutz. "Bei den Kindern in Salzburg hört man es in Wörtern wie 'Sonne' und 'sicher' aber mittlerweile."

Unser Sprechen in 50 Jahren
Werden die Menschen in Städten wie Wien, Graz, Linz und Salzburg in wenigen Jahrzehnten also wie Deutsche klingen? Das schließt Scheutz aus: "In 50 Jahren wird man auch noch großflächige regionale Zuordnungen vornehmen können. Man wird sehr wohl noch hören können, ob ein Mensch aus Wien oder Frankfurt kommt." In anderen Worten: Die Alltagssprache der Österreicherinnen und Österreicher in den Städten wird der Sprache der Bundesdeutschen künftig näher sein, aber sicher nicht dieselbe wie im Nachbarland. "Wenn Sie heute einen Nachrichtensprecher im Fernsehen aus Wien, Innsbruck, Saarbrücken und München vergleichen, dann werden Sie natürlich Unterschiede hören, obwohl die alle 'lupenreines' Standarddeutsch sprechen", begründet das Scheutz.

Die Entwicklung der Sprache gehe hin "zur überregionalen Vereinheitlichung mit immer noch hörbaren regionalen Einflüssen", sagt der Professor. Wer das sogenannte österreichische Deutsch bewahrt wissen will, kann sich also trösten: In unserem Sprachgebrauch ist zwar nichts safe, aber auch nicht alles lost.
(Lukas Kapeller, 24.7.2023)
Reden in Österreichs Städten bald alle wie Deutsche?
 
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josef

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#67
Die „Päbstin“ der österreichischen Sprache
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Abgesehen von den zahlreichen Dialekten gibt es formale Arten der deutschen, schweizerischen und österreichischen Sprache. Über die Eigenheiten in Österreich wacht Christiane Pabst, Chefredakteurin des österreichischen Wörterbuchs.
Online seit heute, 17.03 Uhr
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Sprache ist ein sich ständig veränderndes Gebilde. Immer wieder kommen Ausdrücke und Wörter dazu, andere fallen weg. Das österreichische Wörterbuch in der 44. Ausgabe ist das aktuelle Nachschlagewerk. Es soll auch in Schulen dafür sorgen, dass typisch österreichische Ausdrücke nicht von importierten verdrängt werden – ein ständiger Kampf gegen Windmühlenflügel.

Die schillernde Vergangenheit von Christiane Pabst umfasst vier Studien, dazu ein Postdoktorat in Brasilien, einen Lehrstuhl in Ungarn und ihre Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften – alles im Zeichen der Sprache, die sie seit acht Jahren als Chefredakteurin des österreichischen Wörterbuchs hegt und pflegt. „Chefredakteurin ist in diesem Fall nicht mit tagesaktueller Berichterstattung wie in den Medien zu vergleichen, wir denken da eher in Jahren. Aber wo wir ganz aktuell sein müssen, das ist beim Wortschatz“, erklärt sie.

ORF
Sprache bestimmt einen großen Teil von Christiane Pabsts Leben

Coronavirus beeinflusste die Sprache
Konkret bedeute das, „dass wir versuchen müssen, den neuesten Wortschatz in der nächsten Ausgabe zu integrieren, ohne dass wir allzu viel verlieren“, so Pabst. Einen extremen Anstieg an neuen Wörtern habe es etwa in der Zeit des Coronavirus gegeben, „geradezu eine Flut“, berichtet sie. „Das ist einerseits dadurch entstanden, dass behördliche neue Begriffe geboren wurden wie Impfstraße, aber es haben sich auch andere entwickelt, wie etwa Impfneid oder Covidiot.“

Das alles fand Aufnahme in die neueste Auflage. 5.000 neue Begriffe weist sie auf, viele davon aus CoV-Zeiten. Inzwischen ist die Zahl aller Begriffe sechsstellig. Pabst sagt: „Es sind inzwischen 100.000. Ich kann nicht alle aufzählen, ich bin ja nicht das wandelnde Wörterbuch, aber in der Hand hatte ich sicher jeden Einzelnen schon.“

Österreichisch behauptet sich
Durch soziale Medien entsteht ein immer größerer Einfluss bundesdeutscher Ausdrücke. Trotzdem behaupte sich das Österreichische, betont Pabst. Sie sieht sich nicht als Hüterin der österreichischen Sprache, sondern als wissenschaftliche Begleiterin. Das Österreichische habe eine nicht zu unterschätzende Eigendynamik und lasse sich nicht verdrängen.

Einen Austausch mit internationalen Begriffen habe es außerdem schon immer gegeben, so Pabst. Trotzdem tue sie viel für die österreichische Ausdrucksweise, etwa beim Erklären von Sprichwörtern auf Radio Niederösterreich (siehe Bild ganz oben). „Die liegen mir am Herzen, weil sie viel Individualität haben, so viel Humor oft. Diese Leidenschaft geht weit über meine Arbeit am Wörterbuch hinaus.“ Das liebste Steckenpferd der Sprachwissenschaftlerin ist also wieder – die Sprache.
13.08.2023, Robert Salzer, noe.ORF.at
Die „Päbstin“ der österreichischen Sprache
 
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