Brand in der Kirche Notre Dame

josef

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#2
Notre-Dame-Brand
Das Ausmaß der Schäden in Bildern
Am Tag nach dem verheerenden Brand in der Kathedrale Notre-Dame de Paris wird zunehmend das Ausmaß der Schäden sichtbar. Der Dachstuhl brannte vollständig aus – die Struktur der gotischen Kirche konnte nach Angaben der Einsatzkräfte zwar „in ihrer Gesamtheit erhalten“ werden, das verheerende Feuer hinterließ dennoch am gesamten Gebäude Spuren.

https://orf.at/stories/3118995/
 

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#3
Die neue Notre-Dame als Macrons mögliches Erbe

Frankreichs Parlament debattiert am Freitag über die Restauration. Die Opposition wirft Präsident Macron vor, ein modernes Projekt realisieren zu wollen
Die nationale Eintracht nach dem Dachbrand der Notre-Dame hat weniger als einen Monat gewährt. Nicht ganz überraschend gehen die Meinungen über das zukünftige Antlitz des Pariser Wahrzeichens bereits weit auseinander. Die französische Urdebatte zwischen "Anciens" (Traditionalisten) und "Modernes" lebt wieder auf: Die Ersteren verlangen eine originalgetreue Restauration der zerstörten Bausubstanz. Letztere sind offen für Neues und wollen die Gelegenheit nutzen, den 800 Jahre alten Bau fortzuentwickeln.

Der Disput ist längst nicht nur kunsthistorischer oder ästhetischer Natur: Im Hintergrund geht es auch um die sehr politische Frage, ob Notre-Dame als Symbol der Christenheit zu bewahren und zu beschützen sei – oder ob sie selber mit der Zeit gehen soll. Entsprechend hoch wogt bereits die Debatte über ein Spezialgesetz, das am Freitag vor die Nationalversammlung kommt. Es erlässt zum einen 75 Prozent der Steuern auf Spenden bis zu 100 Euro.

"Ausnahmen" von den Normen
Zentraler sind zwei andere Gesetzesbestimmungen: Die in Staatsbesitz befindliche Kathedrale erhält ein öffentliches Gremium vorgestellt, ein "établissement publique", das finanzielle und andere Fragen klären soll. Dazu soll die Regierung das Recht erhalten, auf dem Ordonnanzweg – also ohne Parlamentsvotum – "Ausnahmen" von den geltenden urbanistischen und kunsthistorischen Normen zu erlassen.

Die Opposition wirft Präsident Emmanuel Macron vor, er wolle mit diesen zwei Bestimmungen das Zepter der Renovierung an sich reißen. Die kommunistische Abgeordnete Marie-George Buffet erklärte, die zwei bereits bestehenden Notre-Dame-Gremien – auf die der Staatschef weniger Einfluss hat – genügten vollauf.

Vorwurf des Größenwahns
Die konservativen Republikaner verdächtigen Macron megalomaner Absichten: So wie Georges Pompidou das gleichnamige Kulturzentrum, Valéry Giscard d'Estaing das Musée d'Orsay, François Mitterrand die Bastille-Oper und Jacques Chirac das Völkerkundemuseum Branly gebaut hätten, wolle der aktuelle Präsident der neuen Notre-Dame seine eigene Handschrift aufdrücken.

Will er ein modernes, progressives Zeichen setzen, wie es seinem politischen Credo gegen die "rückwärtsgewandten" Populisten entspricht? Macron hat bereits erklärt, er könnte sich beim Wiederaufbau des abgebrannten Dachreiters – des zentralen Objekts des Wiederaufbaus – gut eine "zeitgenössische Geste" vorstellen, also eine moderne Version der filigranen Turmspitze.

Diese Bemerkung ist nicht unbeachtet geblieben. Die Republikanerin Constance Le Grip versuchte deshalb in der vorberatenden Kommission, das Adjektiv "identisch" vor das Wort "Restauration" setzen. Die Macronisten lehnten dies aber ab.

In die gleiche Richtung zielt die Kritik, Macron handle übereilt, um sich mit der vollendeten Renovierung einen Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Schon im April hatte er erklärt, der Wiederaufbau solle "binnen fünf Jahren", also rechtzeitig für die Olympischen Spiele von Paris 2024, beendet sein.

Die republikanische Abgeordnete Brigitte Kuster fragte darauf in der Kommission: "Kathedralenbauer arbeiten für die Ewigkeit. Wer sind wir, dass wir uns auf die Restauration stürzen und die Urbanismus-Regeln vernachlässigen?"

Petition an Macron
Ein Schuss vor den präsidialen Bug ist auch eine Petition von 1170 französischen und internationalen Konservatoren, Architekten und Kunstexperten. "Herr Präsident, lassen Sie nicht die Kulturerbeexperten beiseite" lautet ihr Titel, gefolgt vom Ratschlag: "Nehmen wir uns die Zeit, den richtigen Weg zu finden". Unverhohlen werfen die Spezialisten Macron vor, er opfere die "Komplexität des Denkens" der "zur Schau gestellten Effizienz".

Kulturminister Franck Riester beschwichtigt, Frankreich kenne strikte Regeln für den Schutz historischer Güter. Dass aber gerade die Möglichkeit vorgesehen ist, darüber hinwegzusehen, ließ er unbeantwortet. Dank seiner absoluten Mehrheit dürfte Macrons Regierungslager keine großen Probleme haben, die Sondervollmacht für die Regierung – das heißt den Präsidenten – in der Nationalversammlung durchzubringen. Schwieriger dürfte es sein, die öffentliche Meinung auf seine Seite zu ziehen.
(Stefan Brändle aus Paris, 10.5.2019)

WISSEN: Von Bäumen und goldenen Flammen

In Frankreich gibt es bereits zahlreiche Vorschläge für die Renovierung der Notre-Dame. Dem bekannten Architekten Jean-Michel Wilmotte schwebt zum Beispiel ein Dachreiter aus Glas vor. Als die Turmspitze im 19. Jahrhundert renoviert worden ist, habe man sich auch nicht an die Glocken-Vorgabe aus dem 13. Jahrhundert gehalten, argumentiert er. Jean Nouvel meint hingegen, die ins Mittelschiff gestürzte Turmspitze gehöre zu den "unberührbaren Aspekten" der Kathedrale und müsse unverändert wiederaufgebaut werden.


foto: vincent callebaut architectures
Der Dachreiter aus Glas?


foto: miysis
Bäume auf dem Kirchenschiff Notre-Dames?


foto: alexandre fantozzi
Das Dach aus Kirchenfenstern? Man wird sehen.

Ein brasilianisches Büro schlägt ein neues Dach einzig aus Kirchenfenstern vor, ein russischer Architekt ein durchsichtiges Glasdach. Ein Pariser Designer stellt sich eine riesige goldene Flamme auf dem restaurierten Dachrücken vor, ein slowakisches Büro eine weiße Turmspitze, die sich per Lichtstrahl "unendlich" in den Himmel verlängert.

Dass das eingestürzte Hochgebälk von Experten "la forêt" (Wald) genannt wurde, inspirierte mehrere Zeichner. Die einen siedeln Bäume über dem Kirchenschiff an, andere zumindest ein Biotop unter einem halb offenen, lichtdurchfluteten Dachstock – ein sogenannter "Hafen des Friedens".

Die Fantasie beschränkt sich nicht auf die Kathedrale selbst. Der Architekt Jacques Ferrier nimmt ein zwanzig Jahre altes Projekt auf, den vielbesuchten Vorplatz von Notre-Dame in einen Glasboden mit sichtbaren Untergeschoßen zu verwandeln.

Ein verärgerter Traditionalist fragte sarkastisch, ob man nicht gleich Sonnenkollektoren auf dem Dach installieren wolle, um im Innern mit künstlichen Kerzen ein Christus-Hologramm zu beleuchten. Der Architekt Alexandre Chassang antwortete, ein identischer Wiederaufaufbau sei so unmöglich wie die Erstellung einer Kopie nach der Beschädigung der Mona Lisa. Antwort aus dem Netz: "Vielleicht eine Mona Lisa mit Piercing und Haarbleiche?"
(brä) - derstandard.at
Die neue Notre-Dame als Macrons mögliches Erbe - derStandard.at
 

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#4
Mit Notre-Dame zurück ins Mittelalter
Zwei Jahre nach dem Brand der Kathedrale wählt Frankreich 2.000 Eichenstämme für einen neuen Dachstuhl aus. Der Wiederaufbau soll so originalgetreu wie möglich erfolgen

Am 15. April jährt sich zum zweiten Mal der Brand von Notre-Dame, der die ganze Welt erschütterte.
AFP

Geht es nach Präsident Emmanuel Macron, soll die Kathedrale bis zu den Olympischen Sommerspielen 2024 wieder frei von Baugerüsten sein.
Foto: AP

Dafür werden im ganzen Land 2.000 Eichen gefällt.
AFP

Auch Bäumen ist kein ewiges Leben beschieden. Pfarrer Amaury de la Motte Rouge segnet die hohe Eiche mit einem Kreuz, dann machen sich die Holzfäller ans Werk. In wenigen Minuten fällt der Stamm, der hundert Jahre lang gewachsen war, mit einem gewaltigen Rauschen und Krachen zu Boden. Als er aufschlägt, erzittert der ganze Wald von Vibraye, unweit der französischen Stadt Le Mans.

Der Eichenstamm ist einer von 2.000 Artgenossen, die ab 2024 das neue Dachgebälk der berühmtesten Kathedrale der Welt bilden sollen, die am Donnerstag vor zwei Jahren Opfer eines Großbrands geworden ist. Vertreter des Branchenverbandes France Bois Forêt bestimmen und nummerieren derzeit Bäume im ganzen Land. Von Korsika bis an den Ärmelkanal, vom Elsass bis in die Bretagne soll jede französische Region, jeder passende Großwald vertreten sein.

Im Wald von Vibraye herrscht das Hochgefühl, zu einer Mission von mindestens nationaler Bedeutung beigesteuert zu haben. Die gefällte Eiche sei eine der schönsten des ganzen Bestands – schnurgerade und genau zentriert, freute sich der Baumverwalter Bernard D’Harcourt in der Lokalzeitung L’Echo sarthois. Die Baumfällung, fügte er an, sei paradoxerweise ein Zeichen, dass "das Leben trotz des Dramas weitergeht und Notre-Dame wiederauferstehen wird".

"Ökozid und Absurdität"
Nicht alle sind so euphorisch. Eine nationale Petition hält sich darüber auf, dass so viele, teils jahrhundertealte Bäume dem Wiederaufbau eines noch so speziellen Gebäudes geopfert werden. "Im Zeitalter der nachhaltigen Entwicklung stellt das einen Ökozid und eine Absurdität dar", heißt es in dem Schreiben, das 42.000 Menschen unterzeichnet haben. "Ein hundert Jahre alter Baum ist Teil unseres Kulturerbes; er stellt ein Ökosystem für sich allein dar. Unser Planet ist in Gefahr, unser Wälder leiden unter dem Klimawandel, weshalb dieser Entscheid unverständlich ist."
Die Worte sind stark, der Erfolg der Petition hält sich allerdings in Grenzen. Der Wiederaufbau der Kathedrale geht in Frankreich vor. Und die gefällten Bäume bilden laut dem Nationalen Forstamt gerade mal 0,1 Prozent der jährlichen "Eichenernte" zu Gewerbezwecken. Überhaupt sei die Waldfläche in Frankreich wie in ganz Europa heute am Zunehmen, sagen Förster.
Die Petition verlangt den Einsatz von "verantwortungsvollen, weniger schädlichen Ingenieurtechniken" als eine Holzkonstruktion. Konkreter wird sie nicht – denn Alternativen gibt es kaum. Die Kathedralen von Reims und Nantes sind mit viel Beton restauriert worden. Im Fall von Notre-Dame bestand aber rasch ein Konsens, dass der Wiederaufbau "à l’identique" – also wie vor dem Brand – zu erfolgen habe.

Kein Schwimmbad auf dem Dach
Diese Vorgabe hat Emmanuel Macron im letzten Sommer offiziell bestätigt. Nachdem der Präsident anfangs einem zeitgenössischen Neuprojekt den Vorzug gegeben hat, schließt er sich nun der Meinung der Experten und der breiten Öffentlichkeit an. Das bedeutet zugleich das Aus für gewagte Restaurierungsideen wie ein Biotop oder ein Schwimmbad auf dem Kathedralendach.

Zwei "halbindustrielle" oder "betonunterstützte" Gegenvorschläge wurden in einer internen Abstimmung fallengelassen. Alberic de Montgolfier, Vorsteher der französischen Architekturkommission, freut sich über die Wahl der Option Holz. Das mittelalterliche Gebälk sei zudem bestens dokumentiert, erklärte er. "Man kann es exakt nachbauen."

Noch genauere Pläne bestehen vom Vierungsturm, den der Architekt Eugène Viollet-le-Duc im 19. Jahrhundert auf dem Dachfirst platziert hatte – und der bei dem Brand spektakulär in das Kirchenschiff gestürzt war. Dieser hohe, fein ziselierte Dachreiter ist viel dünner als die beiden wuchtigen Glockentürme aus Stein an der Kirchenfront, aber er sitzt auf einer sehr exponierten Stelle des steilen Dachs. Allein tausend Eichenstämme sind nötig, um ihn in das Dachgebälk einzubauen und eine Höhe von 93 Metern über der Seine zu erreichen.
Weitere tausend Eichen dienen dem Wiederaufbau des eigentlichen Dachstuhls. Da das Gebälk von Grund auf neu errichtet werden muss, wird es genau wie im 13. Jahrhundert aussehen. Später erfolgte Reparaturen können weggelassen werden. Die Zimmerleute werden die Holzarbeiten teils wie im Mittelalter ausführen. Die Baumstämme werden zwar mechanisch zersägt – im Giebel aber mit Äxten und Handsägen eingepasst, wie es die Kathedralenbauer vor 800 Jahren überlieferten.

Macron drückt aufs Tempo
Während sie sich beim Bau ihrer himmelsstrebenden Gotteshäuser noch Zeit gelassen hatten, eilt es nun: Präsident Emmanuel Macron will die einst vielbesuchte Basilika zu Beginn der Olympischen Sommerspiele im April 2024 wieder öffnen. Die Eichenstämme können deshalb nur zwölf bis 18 Monate trocknen. "Wie früher, als auch ‚grünes‘ Holz eingesetzt wurde, können sich die Balken und Sparren noch leicht verformen", erklärt Emmanuel Maurin vom Forschungslabor der historischen Monumente (LRMH). "Es ist wichtig, die besten Bäume auszuwählen und sie richtig zu bearbeiten", sagt der Wissenschafter, der nach dem Brand wochenlang als einziger Holzexperte Zugang zur Brandruine der Notre-Dame hatte. "Die Bäume müssen deshalb absolut gerade sein, und der Mittelpunkt der Balken muss dem Mittelpunkt des Stammes entsprechen."

Das genüge allerdings noch nicht, führt Maurin aus: Die Holzfachleute müssten parallel dazu die Verformung der trocknenden Balken antizipieren. Das sei schwierig, aber genauso möglich wie im Mittelalter, als die Schreiner keine Software mit zukunftsorientierten Algorithmen zur Seite gehabt hätten. "Das Holz trocknet als Faustregel jährlich einen Zentimeter in die Tiefe. Es ‚arbeitet‘ also noch sehr lange, bis ein neues Gleichgewicht entsteht. Es vorauszusehen, erfordert Erfahrung und ein Gefühl für das Material", meint Maurin.
Ob die Kathedralenbauer von heute so gut waren wie ihre Vorgänger vor 800 Jahren, wird sich also erst in vielen Jahren zeigen. Aber Notre-Dame hat Zeit: Sie wird für die Ewigkeit gebaut.
(Stefan Brändle aus Paris, 14.4.2021)

Nachlese:
Notre-Dame: Chor singt zu Weihnachten erstmals wieder
Notre-Dame wird originalgetreu wiederaufgebaut
Notre-Dame-Brand: Ein Jahr und eine Ewigkeit

Mit Notre-Dame zurück ins Mittelalter
 

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#5
Notre-Dame
Erste Einblicke in renovierten Innenraum
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Vor fünfeinhalb Jahren hat ein Brand große Teile der Pariser Kathedrale Notre-Dame zerstört. Bereits einen Tag nach dem verheerenden Feuer im April 2019 kündigte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an, den Kirchenbau „schöner als zuvor“ wiederaufzubauen. Am Freitag gab Macron der Öffentlichkeit nun erste Einblicke in den renovierten Kirchenraum – neun Tage bevor die Kathedrale feierlich wiedereröffnet werden soll.
Online seit heute, 14.13 Uhr
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AP/Christophe Petit TessonFünfeinhalb Jahre nach dem Brand erstrahlt der Innenraum von Notre-Dame wieder in altem – beziehungsweise eigentlich neuem – Glanz. Die Mauern, Säulen, Bögen und Gewölbe wurden nicht nur von den Folgen des Brandes, sondern auch von jahrhundertealten Dreck- und Rußschichten befreit.

AP/Christophe Petit Tesson
Die offizielle Eröffnung durch eine Messe soll erst am 8. Dezember – passenderweise Mariä Empfängnis – erfolgen. Präsident Macron ließ es sich aber nicht nehmen, bereits eine Woche vorher der Kathedrale einen medial begleiteten Besuch abzustatten.
AP/Christophe Petit Tesson
Macrons Besuch gab zugleich der Öffentlichkeit das erste Mal die Möglichkeit, einen Blick auf den von Grund auf renovierten Innenraum der von 1163 bis 1345 erbauten Kathedrale zu erhaschen

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Blick in den Altarraum nach dem Brand...

APA/AFP/Stephane de Sakutin
...und heute: Gleich und doch ganz anders, nach der Renovierung erinnert nichts mehr an die Brandschäden von 2019
APA/AFP/Stephane De Sakutin
Viele Buntglasfenster hatten den Brand überstanden. Sie mussten dennoch aufwendig gereinigt und restauriert werden. Bei vier davon übernahm das die Kölner Dombauhütte. Es war die einzige nicht französische Werkstatt, die an der Restaurierung beteiligt war.
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Manch Gläubige sprachen von einem Wunder – für viele war es jedenfalls ein Symbol der Hoffnung: Die mittelalterliche Marienstatue der Kathedrale überstand den Brand weitgehend unversehrt. Rund drei Wochen vor der Eröffnung wurde sie bereits Mitte November in die Kirche zurückgebracht.
APA/AFP/Stephane De Sakutin„
Es ist großartig“, sagte Macron, als er mit dem Pariser Erzbischof Ulrich Laurent und Kulturministerin Rachida Dati die Kathedrale betrat. Dabei hatte der französische Präsident für den Wiederaufbau der Kathedrale ursprünglich wohl etwas mehr kreative Freiheit im Sinn. Er wünschte sich einen „erfinderischen“ Wiederaufbau, wie es Architekt Viollet-le-Duc in seiner Zeit gemacht habe: „Eine Verbindung von Tradition und Moderne, mit respektvollem Wagemut“, sagte Macron kurz nach dem Brand.
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Unter anderem wünschte sich der Präsident eine einfallsreichere Turmspitze. Doch mit solchen Wünschen verbrannte sich Macron die Finger. Nach heftigem Protest wurde entschieden, den Vierungsturm in der ursprünglichen Form aufzubauen. Für die gesamte Dachkonstruktion wurden mehr als 1.000 Eichen aus ganz Frankreich verarbeitet.
APA/AFP/Stephane De Sakutin
Macron bedankte sich bei seinem Besuch auch bei den zahlreichen Handwerkerinnen und Handwerkern, die an der Restaurierung beteiligt waren. „Sie haben mit ganzen Herzen dafür gearbeitet“, sagte er.
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Nach dem Rundgang Macrons zogen auch Hunderte an der Restaurierung beteiligte Handwerkerinnen und Handwerker in die Kathedrale ein. Eine Menschenmenge vor der Kirche begrüßte sie mit anhaltendem Applaus.
Reuters/Gonzalo Fuentes
Die Renovierungsarbeiten nach dem Brand waren Staatsangelegenheit und Macron als Präsident offiziell der oberste Bauherr. Das liegt im Laizismusgesetz begründet, das die strikte Trennung von Staat und Kirche festschreibt. Das 1905 verabschiedete Gesetz bestimmt aber auch, dass alle vor diesem Zeitpunkt errichteten Kirchen dem Staat gehören. Er ist deshalb auch für ihren Erhalt verantwortlich.
Reuters/Benoit Tessier
Am Abend des 15. April 2019 brach im Dachstuhl der Kathedrale eine Feuer aus. Innerhalb kurzer Zeit breiteten sich die Flammen auf das gesamte Dach und den Vierungsturm der Kirche aus. Der Turm brach unter den Flammen zusammen.
AP/Christophe Petit Tesson
Die Trümmer des Vierungsturms durchschlugen das Dach der Kathedrale und brachten das Gewölbe über der Vierung – der Ort, wo Lang- und Seitenschiff zusammentreffen – zum Einsturz.
Reuters/Philippe Wojazer
An den Löscharbeiten waren mehr als 600 Feuerwehrleute beteiligt. Die Feuerwehr hatte rund 70 Fahrzeuge am Brandort. Darüber hinaus pumpten zwei Boote der Pariser Feuerwehr Löschwasser aus der Seine. Zum Einsatz kamen auch Drohnen, Hubschrauber und ein ferngesteuerter Löschroboter.
29.11.2024, mars (Text), viko (Bilder), filz (Lektorat), alle ORF.at

Link:
Notre-Dame de Paris

Notre-Dame: Erste Einblicke in renovierten Innenraum
 

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#6
Feuerprobe
Überraschende Entdeckungen beim Wiederaufbau von Notre-Dame
Nach dem Brand vor mehr als fünf Jahren erstrahlt die französische Kathedrale heller als zuvor. An welchen Baustellen sie erneuert werden musste und was die Forschung dabei lernte

An der Kathedrale mussten vor allem Dach und Vierungsturm erneuert werden, viele andere Teile blieben jedoch weitgehend unbeschadet.
Fatih Aydogdu, NYT

Die alte Dame von Paris lädt zum Besuch: Ab Sonntag ist die Kathedrale Notre-Dame wieder offen für Touristinnen und Gläubige, erstmals seit dem Brand am 15. April 2019. Mit neuen und alten Technologien wurde das Bauwerk im gotischen Stil erneuert. Wir fassen die wichtigsten Baustellen zusammen – und was die Forschung dabei lernen konnte.

Rund 2000 Fachleute arbeiteten in einer koordinatorischen Meisterleistung am Wiederaufbau, oft mit traditionellen Werkzeugen und Techniken, die es schon beim Errichten des Gotteshauses vor 900 Jahren gab. Als besonders nützlich entpuppten sich aber auch moderne 3D-Laser-Aufnahmen, die vor dem Brand vom unversehrten Bauwerk aufgenommen wurden.


Der hölzerne Dachstuhl musste neu gebaut werden.
AFP/POOL/CHRISTOPHE ENA

Das Feuer war am Dach ausgebrochen und hatte dort von der immensen Holzkonstruktion gezehrt, die auch als "Wald" bezeichnet wurde. Sie stammte teils noch aus dem 13. Jahrhundert. Das geschmolzene Blei sorgte für giftige Dämpfe. Aus 1300 Eichen und neuer Bleiabdeckung wurde das verwüstete Dach nachgebaut.


Notre-Dame am 16. April 2019 von innen. Das Dach war stellenweise nicht mehr vorhanden.
Alexis Sciard / Imago

Wo sich Quer- und Längsschiff kreuzen, bei der sogenannten Vierung, konnte man nach dem Feuer vom Innenraum aus gar den Himmel sehen. Dort musste das Steingewölbe unter dem Dach neu gebaut werden. Auch an anderen Stellen nahm der Kalkstein durch Hitze und Löschwasser Schaden und musste erneuert werden.


Der Spitzturm wurde wieder aufgebaut.
IMAGO/MAXPP Pierrick Delobelle/Berry Republicain/PhotoPQR

Hähne und Fabelwesen
Damit kein Brand mehr entstehen kann, ist nun im Gebälk ein Sprinklersystem installiert. Quasi ein Wasserspeier für drinnen, der aber vielmehr Sprühnebel verteilt, sollte es ein weiteres Mal zu brennen beginnen. So wird die Temperatur rasch gesenkt und den Flammen der Sauerstoff entzogen.


Der Spitzturm fällt, 2019. Dieser sogenannte Vierungsturm bildet den höchsten Punkt von Notre-Dame und wurde mittlerweile neu gebaut.
AFP/GEOFFROY VAN DER HASSELT

Das deutlichste Zeichen der Brandkatastrophe war der spitze Vierungsturm, der völlig einstürzte. Der Turm wurde in seiner jüngsten Form im 19. Jahrhundert errichtet, ebenfalls aus Holz und Blei. Nach diesem Vorbild, das auf den Architekten Eugène Viollet-le-Duc zurückgeht, rekonstruierte man ihn auch – mit einem neuen, vergoldeten Hahn an der Spitze des Kreuzes.


Auf der Spitze des Vierungsturms löst ein goldener Hahn den bronzenen Vorgänger ab.
IMAGO/Henri Szwarc / Starface

Die 16 Kupferstatuen der Apostel auf dem Dach im Vierungsbereich haben den Brand in Abwesenheit überstanden: Sie waren wenige Tage vorher zur Restaurierung entfernt worden.


Die Statuen der Apostel sind auf diesem Foto von 2013 in Hellgrün zu sehen. Im Vordergrund erkennt man einige der Tier- und Fabelwesen der Chimärengalerie.
imago images/Darrault/Andia.fr

Steinerne Fabelwesen zieren die Fassade an der "Galerie des Chimères" der vorderen Türme seit dem 19. Jahrhundert. Die "chimères" oder Mischwesen werden im Deutschen auch Grotesken genannt und sind nicht zu verwechseln mit den Wasserspeiern aus dem Mittelalter, den "gargouilles" oder englisch "gargoyles".


Als Notre-Dame brannte, floss flüssiges Blei durch manche Wasserspeier. Einige der mittelalterlichen Skulpturen wurden nun restauriert.
IMAGO/IP3press/VincentIsore

Letztere sorgen bei Regen dafür, dass das Wasser nicht die Kathedralenwände entlangrinnt, schon Victor Hugo zollte den nützlichen Figuren in seinem berühmten Roman Der Glöckner von Notre-Dame Tribut. Insgesamt mussten etwa 2000 Statuen und Verzierungen restauriert oder neu gemeißelt werden, darunter fünf von 54 Mischwesen, weil die Steine und Fugen am Südturm zu heiß geworden waren.


Die Kathedrale in schematischer Seitenansicht.
Fatih Aydogdu / NYT

Erhellend restauriert
Zudem ist die Kathedrale für die großen Rosettenfenster bekannt. Sie blieben heil, aber die Glasbausteine wurden von Bleistaub gereinigt und andere teils beschädigte Fenster erneuert. In den kommenden Jahren werden hier weitere Arbeiten durchgeführt.


Eines der Rosettenfenster drei Monate nach dem Feuer. Die riesigen Buntglasfenster wurden nicht zerstört, mussten aber gesäubert werden. Zu sehen ist auch ein abgedecktes Loch im Dach.
STEPHANE DE SAKUTIN / AFP / picturedesk

Gerüste am Bauwerk werden ebenfalls noch nicht ganz verschwinden: Am Längsschiff verlaufen außen die Strebebögen, die weiter renoviert werden.


Der Kalkstein erscheint nach den Renovierungsarbeiten viel heller als zuvor.
Julio Piatti

Im Südturm befindet sich die größte Glocke mit dem Namen Emmanuel, die 300 Jahre alt und 13 Tonnen schwer ist. Sie überstand den Brand schadenfrei; kleine Glocken im Vierungsturm und im Dachgeschoss wurden hingegen im Feuer vernichtet. Acht der 20 Kirchenglocken wurden zur Restaurierung entfernt und sind zurück an ihrem Platz.


Der angeschnittene Innenraum der Kathedrale.
Fatih Aydogdu / NYT

Im Inneren mussten Wände und Säulen von Ruß und Schlieren des Löschwassers befreit und teils durch neuen Kalkstein ersetzt werden. Über Jahrhunderte wurden die Mauern durch Kerzenqualm verdüstert, die Steine sind nun wesentlich aufgehellt.


Viele, die an der Restauration mitgewirkt haben und Notre-Dame vor der Eröffnung sehen konnten, zeigten sich erstaunt angesichts des hellen Innenlebens.
Julio Piatti

Inneneinrichtung und Reliquien blieben beim Brand erstaunlich gut erhalten oder konnten rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden, die Gemälde erlitten keinen Schaden. Im Gegensatz zur Hauptorgel wurde die Chororgel stark durch Löschwasser beschädigt und muss großteils neu gebaut werden. Zudem wurde ein neuer Altar aus Bronze errichtet.


Die Hauptorgel, die auf diesem aktuellen Bild zu sehen ist, wurde nach dem Brand gründlich gereinigt. Bei der Chororgel waren umfangreiche Arbeiten nötig.
EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON

Erste eiserne Lady?
Etwa 50 Forschungsteams waren im Einsatz, um einerseits die Restauration mit Fachwissen zu unterstützen und andererseits die Katastrophe zu nutzen, um an unzugängliche Orte zu gelangen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Sie untersuchten die Baumaterialien der Kathedrale und die Struktur, aber auch die Akustik. Dafür war Mylène Pardoën vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS zuständig, deren Arbeit von der New York Times in einem beeindruckenden Beitrag vorgestellt wurde. Sie ist überzeugt davon, dass sich Kulturerbe stets verändert und lebendig ist, durch Klang könne man etwas von der Lebendigkeit zurückbringen. Da Notre-Dame sich quasi immer im Bau befand und umgewandelt wurde, könne die Kathedrale nach dem Brand ebenfalls "nicht mehr in demselben Zustand sein wie davor" sein.

Neu sind auf jeden Fall die Ergebnisse, zu denen das Team um den Mittelalterforscher Maxime L'Héritier von der Universität Paris VIII gelangte. Es belegte, wie innovativ Notre-Dame im zwölften Jahrhundert konstruiert wurde: Sie war die erste gotische Kathedrale, bei der Eisen genutzt wurde, um Steinblöcke von innen zusammenzuhalten. Das fanden die Fachleute beim Datieren von Eisenklemmen an unterschiedlichen Stellen im Bauwerk heraus und hielten die Resultate im Fachjournal Plos One unter dem Titel "Notre-Dame de Paris: The first iron lady?" fest.


Die Erbauer von Notre-Dame nutzten schon im zwölften Jahrhundert Eisenkonstruktionen, um die Steine zu verbinden, wie eine Forschungsgruppe erstmals feststellte.
L'Héritier et al. 2023, Plos One

Tote unter der Kirche
Selbst unterirdisch stieß man auf Überraschungen. Um Gerüste zu errichten, wurde unter der Vierung gegraben. Dabei fanden Archäologinnen und Archäologen bis dahin unbekannte Särge, darunter zwei menschenförmige Sarkophage aus Blei. Einer war mit dem Namen des hochrangigen Kirchenmannes Antoine de la Porte versehen, der 1710 mit 83 Jahren verstarb. Der zweite Tote wurde erst nach eingehenden Analysen identifiziert. Es handelt sich wahrscheinlich um den mit nur 37 Jahren verstorbenen Joachim du Bellay, einen der bekanntesten französischen Lyriker der Renaissance.


Die Geheimnisse zweier mysteriöser Bleisärge unter dem Boden von Notre-Dame wurden gelüftet.
AFP/JULIEN DE ROSA

Andere Untergrundfunde halfen, die Baugeschichte besser zu verstehen. Man stieß auf Reste einer früheren Abtrennung im Kirchenschiff, einem sogenannten Lettner, der im 18. Jahrhundert zerstört wurde, aber offenbar nicht vollständig verschwand. Bestückt war er offenbar mit Skulpturen. Weil diese bunt bemalt waren, dachte man erst an eine relativ junge Dekoration.


Archäologinnen und Archäologen entdeckten bei Grabungen in der Kathedrale bemalte Figuren, die im 18. Jahrhundert abgebaut und verborgen wurden.
JULIEN DE ROSA / AFP / picturedesk

Die Fachleute stellten allerdings fest, dass sie wesentlich älter waren und aus dem 13. Jahrhundert stammten. Farbenfrohe Figuren, eisenverstärkte Strukturen und prominente Pariser: Die wiederhergestellte Kathedrale, die in neuem Glanz erstrahlt, verbirgt womöglich noch weitere Geheimnisse. (Text: Julia Sica, Grafik: Fatih Aydogdu, 7.12.2024)
Überraschende Entdeckungen beim Wiederaufbau von Notre-Dame
 
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