josef

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#41
Großreinigung in Wiener Wasserbehälter
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In Wien sind aktuell 29 Wasserbehälter in Betrieb. Zwei weitere befinden sich außerhalb in Niederösterreich. Im imposantesten Behälter der Wiener Wasserversorgung in Neusiedl am Steinfeld (NÖ) findet derzeit eine Großreinigung statt.
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Wasserbehälter spielen in der Wiener Wasserversorgung eine wichtige Rolle. Insgesamt werden in ihnen 1,6 Milliarden Liter Trinkwasser gespeichert. Das ist in etwa die Menge, die Wienerinnen und Wiener in vier Tagen verbrauchen. Der größte Behälter von Wiener Wasser befindet sich in Neusiedl am Steinfeld.

Ohne Einsatz von Pumpen
Er fasst rund 600 Millionen Liter. Das entspricht einer Fläche von zehn Fußballfeldern, die zehn Meter hoch gefüllt sind. Der Behälter ist damit einer der größten Wasserbehälter Mitteleuropas. Auch der Standort macht ihn zu etwas Besonderem: Beim Bau wurde der Behälter in das Gefälle der I. Hochquellenleitung eingebunden. Das Wasser fließt daher durch alle vier Wasserkammern des Behälters und weiter bis nach Wien – ohne Einsatz von Pumpen.

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PID/VOTAVA
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Wasserzulauf unterbrochen
„Mit dem Bau des Wasserbehälters leistete die Stadt Wien in den 1950er Jahren die erste große Investition in die Versorgungssicherheit der Stadt. Das hohe Speichervolumen wird durch das Sanieren und Erweitern von Wasserbehältern ausgebaut. Dadurch kann auch in Zukunft optimal auf Veränderungen des Wasserverbrauches reagiert werden“, sagte Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky bei einer Besichtigung.

Der Wasserbehälter in Neusiedl am Steinfeld besteht aus vier Wasserkammern, die durch einen 307 Meter langen Rohrkanal verbunden sind. Die Decke jeder Kammer wird von 288 Stahlbetonsäulen getragen. Derzeit wird eine der vier Kammern aufwändig gereinigt. Dazu wurde der Wasserzulauf in die Kammer unterbrochen und der Wasserstand größtenteils durch den normalen Verbrauch abgesenkt.

Reserve für erhöhten Wasserbedarf
Im Zuge der Reinigung wird Feinsediment vom Boden der Kammer entfernt. Die feinsten mineralischen Partikel setzen sich im Laufe der Zeit ab und sind hygienisch unbedenklich. Nach Entfernung des Feinsediments wird die Kammer mit Wasserschläuchen gespült. Wände, Säulen und Boden werden allein durch den Wasserdruck gereinigt. Dabei wird auch der Zustand der Bausubstanz überprüft. Etwaige Schäden werden saniert. Anschließend wird die Wasserkammer wieder in Betrieb genommen.

„Wasserbehälter sorgen dafür, dass der Wasserdruck konstant ist und die Wassermenge immer ausreicht. Durch das hohe Speichervolumen kann Wiener Wasser einen Ausgleich zwischen der verfügbaren Wassermenge in den Quellgebieten und dem aktuellen Wasserverbrauch in Wien schaffen. Die Wasserbehälter bieten damit eine wichtige Reserve für Zeiten des erhöhten Wasserbedarfs“, erklärte der Betriebsvorstand von Wiener Wasser, Paul Hellmeier.
21.01.2023, red, wien.ORF.at/Agenturen

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Großreinigung in Wiener Wasserbehälter
 

josef

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#42
Wien baut Wasserspeicher aus
Hitzeperioden und Winterdürre machen sich auch in Wien bemerkbar. Jetzt will die Stadt ihre Infrastruktur für Trinkwasser an die veränderten Bedingungen anpassen, um die Versorgung zu garantieren. Geplant ist, die Wasserspeicher auszubauen.
Online seit heute, 7.05 Uhr
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Es sind mehrere Maßnahmen, die Klimastadtrat Jürgen Czernohorzsky jüngst bei der Klubklauser der Wiener SPÖ vorgestellt hat. Die Infrastruktur müsse an die Veränderungen durch den Klimawandel, aber auch an das Bevölkerungswachstum angepasst werden. Die Maßnahmen haben zwei Ziele: einerseits Vorsorge treffen und andererseits Sicherheit schaffen. Längere Trockenperioden werden wahrscheinlicher, Starkregenereignisse werden häufiger auftreten.

Eine der Maßnahmen ist demnach, mehr Wasser aus einigen Quellen in der Steiermark nach Wien zu leiten. Das soll etwa durch einen zusätzlichen Rohrstrang in der Höllbachquelle passieren, durch den mehr Wasser aus dem Hochschwabgebiet nach Wien kommt.

Speicher für eine Milliarde Liter Wasser
In Neusiedl am Steinfeld in Niederösterreich soll zudem ein zusätzlicher Wasserbehälter gebaut werden. Schon jetzt steht dort laut Stadt Wien einer der größten Speicher Europas. Der neue Speicher soll das Volumen um mehr als 60 Prozent erhöht werden. "Im Endausbau können dort bis zu einer Milliarde Liter Wasser gespeichert werden“, betonte Czernohorszky. Damit würde ca. das 2,5-fache des durchschnittlichen Tagesverbrauchs gedeckt.
Für Infrastrukturprojekte wie diese investiert Wiener Wasser bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr. Damit soll etwa auch das Wasserwerk Donauinsel in den kommenden Jahren ausgebaut werden. Das Grundwasser werde nach modernsten Standards aufbereitet. Damit können bis zu 22 Prozent des Wiener Tagesbedarfs gedeckt werden. Das Gebäude soll auf der Donauinsel südlich der Nordbrücke errichtet und vollflächig begrünt werden.

Vorausschauendes Handeln wichtig
Wiener Wasser feiert heuer das 150-Jahr-Jubiläum. Mit dem Bau der I. Hochquellenleitung habe damals die moderne Wiener Wasserversorgung begonnen, so Czernohorszky. Auch heute sei es wichtig, vorausschauend zu handeln und nötige Maßnahmen zu treffen. Damit werde die Versorgung Wiens auch in den nächsten 30 bis 40 Jahren gesichert und Wasser aus den Alpen nach Wien fließen.
18.03.2023, red, wien.ORF.at/Agenturen

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Wien baut Wasserspeicher aus
 
#44
Hallo HF130C,
auf dich ist verlass! Danke für die Einzelheiten und technischen Details zu den Apperaten! Bei der Führung, hatte ich die Telefone kurz angesprochen, die Information war ernüchternd und eher wie es schien Nebensache. Finde ich eigentlich schade, die Telefone sollen die Übermittlung der Messdaten "historisch" darstellen.

So wie es jedoch zu lesen ist, dürften es doch die Originalen Geräte sein die hier verwendet wurden?

Auf dem Bild als Ergänzung kann man die einzelnen Stationen, wo Messdaten ermittelt wurden ablesen. Hoffe, ich liege mit meiner Vermutung richtig? Auch hierzu konnte ich keine Informationen erlangen.
Anhang anzeigen 66347


Lg
Michi
super Foto - sehr interessant!
bin begeistert, danke für den Beitrag :))
 

josef

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#45
Putz-Gokarts in Hochquellenleitung

150 Jahre ist die älteste Wiener Hochquellenleitung alt. Vier Mal im Jahr muss sie gereinigt und auf Schäden überprüft werden. Dafür kommen auch eigens umgebaute Gokarts zum Einsatz.
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Bei vergleichsweise geringerem Wasserverbrauch – im Frühjahr und im Herbst – ist Putzen in der ersten Hochquellenleitung angesagt. Vier Mal im Jahr wird sie gesperrt , repariert, wo es notwendig ist, und gereinigt: „Aus der Quelle kommt bei stärkeren Niederschlagsereignissen ganz feines Sediment mit. Das wird dann auch immer dicker und deshalb versuchen wir im Laufe der Zeit, jede Stelle alle vier Jahre einmal durchzureinigen. Bei jeder Abkehr wird ein kleines Stück gereinigt“, sagte Astrid Rompolt von „Wiener Wasser“ bei einem „Wien heute“-Lokalaugenschein.

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ORF Wien
ORF Wien
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ORF Wien
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Wasserbehälter vor Abkehr voll gefüllt
Bis zu fünf Tage kann eine sogenannte Abkehr dauern. Wenn es von Hand gehen muss wo die Leitung eng ist, nimmt die Arbeit natürlich mehr Zeit in Anspruch. Im Vorfeld jeder Reinigung werden alle Wasserbehälter Wiens maximal gefüllt. Der größte Behälter von Wiener Wasser befindet sich in Neusiedl am Steinfeld (Niederösterreich). Sein Fassungsvermögen beträgt 600 Millionen Liter.

Doch das ist nicht genug, der Wasserbehälter soll ausgebaut werden: „In einem nächsten Schritt soll eine weitere Wasserkammer gebaut werden, mit noch einmal 400 Millionen Liter, sodass wir hier langfristig 1 Mrd. Liter Wasser speichern können.“ Zweieinhalb Tage würde man allein mit dieser Wassermenge in Wien mit auskommen. „Wir haben aber 31 Wasserbehälter“, so Rompolt.

3.000 Kilometer langes Rohrnetz
Hinzu kommt ein Rohrnetz, das 3.000 Kilometer lang ist, gespeist aus den beiden Hochquellenleitungen, die eben nicht nur gereinigt , sondern auch auf Schäden kontrolliert werden: etwa beim Messen möglicher Risse, die mit älteren Messungen verglichen werden. Um an viele dieser Stellen zu gelangen – ob zum Messen oder zum Putzen, dienen eigens umgebaute Gokarts. So sind die Wege im kilometerlangen Leitungsnetz unterirdisch am rückenschonensten zu bewältigen.
30.04.2023, red, wien.ORF.at

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Putz-Gokarts in Hochquellenleitung
 

josef

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#46
Seit 150 Jahren frisches Wasser für Wien
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Die erste Wiener Hochquellwasserleitung wird heuer 150 Jahre alt: Ihre Eröffnung ermöglichte erstmals den Zugang zu sauberen Trinkwasser für so gut wie die gesamte Wiener Bevölkerung. Das bedeutete auch ein Ende vieler Seuchen und Krankheiten.
Online seit heute, 13.42 Uhr
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Seit 1873 fließt Gebirgsquellwasser in die Wiener Haushalte. Rund elf Jahre sollte es dauern, bis nach einem Baubeschluss im November 1862 die erste 95 Kilometer lange Wiener Hochquellleitung auch Realität werden konnte. Die Bauzeit selbst dauerte nur vier Jahre. Als wichtigster Wegbereiter des Projekts gilt Eduard Suess (1831-1914), ein auch oft als „Vater der modernen Geologie“ bezeichneter Wiener Geowissenschafter. Er führte jene Vorarbeiten durch, die zu dem Beschluss führten, dass der Kaiserbrunnen im Rax-Schneeberg-Gebiet als beste Lösung zur zukünftigen Wasserversorgung auserkoren wurde.

Auch zuvor gab es bereits erste Anläufe für eine Alternative zu zunehmend krankheitsbringenden Hausbrunnen und dem auch nicht gerade hochwertigen Donauwasser. Die erste „Albertinische Wasserleitung“, die von 1804 bis 1890 betrieben wurde, reichte jedoch nicht einmal im Ansatz für eine flächendeckende Versorgung.

Fotostrecke
APA/Roland Schlager
Rohre der II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen
APA/Roland Schlager
Ein Aquädukt der II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen

APA/Roland Schlager
Ein Blick in die II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen

ORF.at/Roland Winkler
Aquädukt der Wiener Hochquellwasserleitung

APA/Roland Schlager
Ein Blick in einen Stollen der II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen

APA/Georg Hochmuth
Das Wasserreservoir der ersten Wiener Hochquellleitung am Rosenhügel

APA/Roland Schlager
Blick in eine Wasserkammer am Wienerberg in Wien, wo Wasser aus der I. Wiener Hochquellenwasserleitung ankommt und gespeichert wird

APA/Georg Hochmuth
Das Wasserreservoir der ersten Wiener Hochquellleitung am Rosenhügel

Zweite Hochquellleitung 1910 eröffnet
Nach der ersten Hochquellwasserleitung folgte 1910 eine zweite. Während die erste Hochquellenleitung ihr Wasser überwiegend vom Schneeberg, der Rax und der Schneealpe nach Wien führt, holt die zweite ihre Fracht vom Gebirgsstock des Hochschwab und führt sie in 36 Stunden 180 Kilometer weit bis in die Bundeshauptstadt. Die beiden Quellgebiete erstrecken sich auf einer Fläche von über 600 Quadratkilometern und sind damit deutlich größer als das „Mutterland“ Wien mit nur über 400 Quadratkilometern.

Von diesen Gebieten gelangt das Wasser über Stollen und Aquädukte im natürlichen Gefälle in die Hauptstadt, erst landet es in Wasserspeichern, um dann in das städtische Rohrnetz eingespeist zu werden. Aktuell sind 29 Behälter in Wien und zwei Behälter in Moosbrunn und Neusiedl/Steinfeld in Betrieb. Das gesamte Speichervolumen beträgt rund 1,6 Millionen Kubikmeter, also 1,6 Milliarden Liter Wasser, heißt es im Strategiepapier der Wiener Stadtregierung namens „Wiener Wasser 2050“.

Gesamtvolumen nicht ausgeschöpft
Von der Nutzung des Gesamtvolumens sei man damit weit entfernt, der aktuelle durchschnittliche Wasserbedarf liege mit 390.000 Kubikmeter (390 Millionen Liter) pro Tag bei etwa bei einem Viertel dieses Maximalvolumens. Der Gesamtwasserverbrauch der Stadt Wien war in den vergangenen 40 Jahren rückläufig und ist laut den Angaben von 150 Liter pro Person und Tag auf 130 Liter gesunken. Das hänge mit großen Investitionen ins Rohrnetz zusammen, sowie mit zunehmend wassersparenden Geräten im Haushalt und nicht zuletzt mit den Stopp-Tasten beim WC.
Das hohe Speichervolumen brauche es dennoch, um auf Veränderungen des Wasserverbrauches reagieren zu können, heißt es in dem im März 2022 publizierten Papier der Stadt. Für die langfristige Versorgungssicherheit werden jährlich ca. 30 Kilometer der Wasserleitungen in Wien erneuert, ungefähr ein Prozent der Gesamtrohrnetzlänge. Insgesamt besitzt die Stadt Wien rund ein Drittel der rund 90.000 Hektar an Quellschutzwäldern, aus denen das Wasser für die Bundeshauptstadt fließt. Neben Hirschwang und Nasswald gehört dazu noch das Gebiet Wildalpen.

Wiener Wasser/Novotny
Das Wasserreservoir am Schafberg wird mit Photovoltaik ausgestattet

Gefälle für Wasserkraft genutzt
Der Höhenunterschied zwischen Bergen und der Bundeshauptstadt sorgt dafür, dass Hochquellwasser nur mithilfe des natürlichen Gefälles nach Wien fließt. Dieses nutzt der MA13 – Wiener Wasser seit Anfang des 20. Jahrhunderts zur Erzeugung klimaneutraler Energie in Form von Wasserkraft. Inzwischen liefern 16 Kraftwerke entlang der beiden Hochquellenleitungen und in Wien rund 65 Millionen Kilowattstunden Strom, was laut MA13 etwa dem Strombedarf von Wiener Neustadt entspricht.

In Döbling beim Wasserbehälter Hungerberg befindet sich das 17. Wasserkraftwerk in Bau, das 2024 fertiggestellt werden soll. Auch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Wasserbehälter Unterlaa versorgt zudem 600 Wiener Haushalte mit Sonnenenergie. Auf den Wasserbehältern Schafberg in Wien Hernals sowie auf dem Wasserbehälter Moosbrunn (NÖ) werden Photovoltaik-Anlagen errichtet.
14.05.2023, red, wien.ORF.at/Agenturen

Seit 150 Jahren frisches Wasser für Wien
 

josef

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#47
UMSTRITTENES MEGAPROJEKT
Vor 150 Jahren wurde die Wiener Hochquellenleitung eröffnet
Am 24. Oktober 1873 brach ein neues Kapitel der Stadtgeschichte an. Aller Kritik zum Trotz brachte die Wasserversorgung aus dem Gebirge enorme Vorteile – bis heute
Die Aufregung auf dem Wiener Schwarzenbergplatz war groß am 24. Oktober des Jahres 1873. Tausende Schaulustige hatten sich versammelt, um die Inbetriebnahme eines Megaprojekts mit eigenen Augen mitzuverfolgen: In Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph sollte der eigens für diesen feierlichen Anlass errichtete Hochstrahlbrunnen die ersten Fontänen des Wassers in den Himmel schießen, das aus den Kalkalpen im niederösterreichisch-steirischen Grenzgebiet in die Kaiserstadt geleitet worden war.

Das aufwendige Vorhaben, Gebirgswasser aus dem Rax-Schneeberg-Gebiet fast 100 Kilometer in die rasant wachsende Großstadt zu leiten, war heftig umstritten gewesen. Dass die Hochquellenwasserleitung trotz erheblicher Widerstände gebaut werden konnte, war vor allem zwei der auf dem Schwarzenbergplatz Anwesenden zu verdanken: dem Geologiepionier Eduard Suess und dem seit 1868 amtierenden Wiener Bürgermeister Cajetan Felder. Beide hatten sich jahrelang energisch für den Bau eingesetzt, um die mangelhafte Wasserversorgung und die katastrophalen hygienischen Bedingungen in Wien zu verbessern.


Insgesamt 30 Aquädukte und andere Talquerungen wurden für den Bau der ersten Hochquellenleitung errichtet. Einer der bis heute eindrucksvollsten Bauten ist das 788 Meter lange Aquädukt Baden (im Bild beim Bau 1870)
Picturedesk/M. Weinghartshofer

"Peinliche Pause"
Während die Spannung auf dem Schwarzenbergplatz langsam in Ungeduld umschlug, passierte zunächst aber: nichts. Auf Suess’ Zeichen hin drehte der Oberingenieur schwitzend am Handrad des Wasserventils, doch Wasser kam keines. "Eine peinliche Pause", schrieb Suess später über den denkwürdigen Tag. "Nach einigen Minuten wiederhole ich das Zeichen. Wieder nichts. Ich beginne die Pulse an meinen Schläfen zu verspüren."

Bis dahin war 1873 für Wien ein krisenhaftes Jahr gewesen. Auf einen verheerenden Wiener Börsenkrach im Frühjahr, dessen Erholung auf sich warten ließ, folgte eine Cholera-Epidemie – just, während Wien mit der bis dahin größten Weltausstellung zum internationalen Publikumsmagneten werden wollte. Die Gäste flohen oder blieben überhaupt aus, die Weltausstellung geriet zum finanziellen Desaster. Nun, eine Woche vor dem offiziellen Ende der Ausstellung, sollte das Jahr mit der Eröffnung der Hochquellenleitung eine positive Wende nehmen.

Nach quälenden Minuten der Angst, Leitungsrohre könnten geplatzt sein und die kaiserliche Zeremonie gewissermaßen vor einem staubtrockenen Brunnen ins Wasser fallen lassen, schoss unter tosendem Jubel der erste Wasserstrahl empor. "Eine einzige kolossale Wasserlinie strebt senkrecht nach Aufwärts, wo sie erst in der Höhe von 184 Fuß, dreimal so hoch als die höchsten Häuser der Umgebung, sich theilt und in einer Reihe von Wasserfällen in das Basin sich ergießt", triumphierte ein Reporter des "Illustrirten Wiener Extrablatts".


Der Geologe Eduard Suess gilt als "Vater" der Wiener Hochquellenleitung. Der Bau des gigantischen Projekts war aber bei weitem nicht seine einzige Errungenschaft.
Picturedesk/Bridgeman Art Library

Kaiserliche Verkostung
Der Kaiser verkostete das Wasser pflichtbewusst und zog davon. Wien hatte seine erste Hochquellenleitung, die bis heute, 150 Jahre nach ihrer Eröffnung, exzellentes Wasser liefert. Hätte sich ihr Bau nicht immer wieder verzögert, wäre der Cholera-Ausbruch von 1873 vielleicht verhindert worden. Eines der ersten Opfer war die Britin Anna-Maria Brewster, die im Juni zur Weltausstellung reiste und durch verunreinigtes Brunnenwasser erkrankte, wie der Journalist Alexander Bartl in seinem Buch "Walzer in Zeiten der Cholera" (Harpercollins 2021) rekonstruiert hat. Mitte Juli wütete die Seuche schon in allen Wiener Bezirken, besonders in den Armenvierteln.

Dass die prekäre Wasserversorgung der wachsenden österreichischen Metropole ein drängendes Problem war, lag auf der Hand. Die Stadt hatte schon um 1860 die Halbe-Million-Einwohnergrenze überschritten und wuchs schnell weiter. Wie man das Problem des steigenden Wasserbedarfs lösen sollte, war jedoch umstritten: mit Wasser aus der Donau und anderen Flüssen um Wien, aus Tiefquellen im Wiener Becken oder aus den weit entfernten Hochquellen?

Hitzige Debatten
Der Geologe Suess plädierte nach eingehenden Untersuchungen der Bodenverhältnisse für den Bau der Hochquellenleitung und fand in Cajetan Felder einen Mitstreiter. Auch einige angesehene Mediziner sprachen sich mit Blick auf die desaströsen hygienischen Bedingungen für diese eindeutig qualitativste Variante aus. Die enormen Kosten des Projekts, letztlich wurden es 17 Millionen Gulden (heute etwa 221 Millionen Euro), sorgten allerdings für Gegenwind im Gemeinderat.

Für Felders Vorgänger als Wiener Bürgermeister, Andreas Zelinka, war es unbegreifbar, "Wasser mit einem Millionenaufwand vom Schneeberg herbeizuführen, während dasselbe in der Donau an uns vorüberfließt". Es gab zudem geschäftstüchtige Gegner der Hochquellenleitung, die sich durch eine andere Lösung große Einkünfte versprachen. Nach langen Diskussionen und Kampagnen wurde 1866 schließlich abgestimmt: Mit 65 Für- und 45 Gegenstimmen fiel die Wahl des Gemeinderats auf die Hochquellenleitung.

Dem gigantischen Bauprojekt haben der Stadthistoriker Peter Payer und der Fotograf Johannes Hloch in ihrem soeben erschienenen Buch "Gebirgswasser für die Stadt" (Falter-Verlag) ein Andenken gesetzt. Vor allem durch italienische Arbeiter wurden unzählige Stollen, Kanäle und dreißig Aquädukte errichtet. Nur 24 Stunden brauchte das Wasser, nach der Fertigstellung des Baus, nach Wien.


Der Hochstrahlbrunnen am Schwarzenbergplatz wurde zum Symbol der modernisierten Wiener Wasserversorgung.
Picturedesk/Burger, Wilhelm / ÖNB-Bildarchiv

Identitätsstiftendes Wasser
Bei allem technischen Erfolg zeigte sich jedoch bald: Die Wassermenge reichte nicht aus, um den Bedarf der Stadt zu decken. Zwar erhielten bis 1888 schon 90 Prozent der Häuser in Wien Gebirgswasser, vor allem in den Wintermonaten herrschte aber Mangel. Selbst der Hochstrahlbrunnen auf dem Schwarzenbergplatz versiegte immer wieder. Auf die Erschließung neuer Quellen folgte der Bau einer zweiten Leitung, die 1910 eröffnet wurde und Wasser vom Hochschwab heranführt.

Eduard Suess, der auch die Wiener Donauregulierung zur Minderung der Hochwassergefahr maßgeblich vorantrieb, machte sich indes vor allem durch seine Forschung weltweit einen Namen: Er revolutionierte die Annahmen über die Entstehung der Alpen, führte Begriffe wie Atmosphäre und Biosphäre in die Geologie ein und trug maßgeblich zu einer systemischen Betrachtung unseres Planeten bei. Suess erkannte auch, dass es einst einen Superkontinent und einen Ur-Ozean gegeben haben muss, bis heute tragen sie die Namen, die er ihnen gab: Gondwana und Tethys.

Während sein internationales Ansehen stieg, war Suess, Sohn einer Jüdin, in Wien zunehmend antisemitischen Attacken ausgesetzt. Als er 1888 zum Rektor der Universität Wien gewählt wurde, eskalierten die antisemitischen Anfeindungen und Protestaktionen deutschnationaler Burschenschaften derart, dass er das Amt nach nur wenigen Monaten zurücklegte. Suess war Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Akademien, ab 1898 stand er als Präsident der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien vor.

Einen Orden für seine Beiträge zum Bau der Wiener Hochquellenleitung lehnte Suess höflich ab. Sein Name blieb auch so untrennbar mit dieser Errungenschaft verbunden, die Wien nicht nur von Wasserproblemen befreite, sondern auch identitätsstiftend wurde. Das klang schon am Eröffnungstag 1873 in einer Ansprache des Innenministers Josef Freiherr Lasser von Zollheim an: "Das Wasser Wiens gehört fortan zu den Merkwürdigkeiten der Stadt, und wer, wie ich, heute so glücklich war, Zeuge des Schauspiels zu sein, der wird es begreiflich finden, wenn der Fremde künftig sagt: Das Wiener Wasser allein ist eine Reise nach dieser Stadt werth."
(David Rennert, 24.10.2023)

Literatur
Peter Payer, Johannes Hloch: Gebirgswasser für die Stadt. € 24,90 / 128 Seiten. Falter-Verlag, Wien 2023
Alexander Bartl, Walzer in Zeiten der Cholera. € 24,95 / 352 Seiten. Harpercollins, Hamburg 2021

Vor 150 Jahren wurde die Wiener Hochquellenleitung eröffnet
 

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#48
Frisches Gebirgswasser fürs darbende Wien
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Am 24. Oktober 1873 wurde der Hochstrahlbrunnen am Wiener Schwarzenbergplatz feierlich eröffnet. Es war der offizielle Start der Nutzung der Ersten Wiener Hochquellenleitung. Wien verfügte nun über bestes Gebirgswasser. Davor gab es nur verunreinigtes Wasser aus der Donau.
Online seit heute, 17.44 Uhr
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Lange hatte der Wiener Gemeinderat in den 1860er-Jahren herumüberlegt, Gremien und Ausschüsse beauftragt und Ausschreibungen in die Wege geleitet, um die Trinkwassermisere der stetig wachsenden Metropole in den Griff zu bekommen. Die Einwohnerzahl hatte damals die Halbmillionen-Grenze überschritten. Der Donaukanal war extrem mit Fäkalien und anderen Abwässern kontaminiert und zu Recht als krankheitsauslösend erachtet. Auch andere Grundwasserquellen boten kein befriedigendes Ergebnis bei der Wasserqualität.

Bürgermeister Andreas Zelinka war sehr irritiert, dass Wien an einem großen Fluss liegt und dennoch über kein sauberes Trinkwasser verfügt. Verschiedene Pläne wurden geprüft, wie etwa Wasser aus der Traisen oder aus dem Wiener Neustädter Raum nach Wien zu leiten. Sie wurden aber letztlich verworfen, weil sie im Betrieb zu teuer gewesen wären oder zu unsicher in der verfügbaren Menge.

Technisches Museum Wien
Errichtung des Wasserspeichers im 10. Wiener Gemeindebezirk

„Sueß, Sie sind ein Narr!“ – Die Worte des Bürgermeisters
Cajetan Felder, der damalige erste Stellvertreter von Bürgermeister Zelinka, bevorzugte offenbar große Lösungen und agierte laut dem Historiker Peter Payer fortschrittsoptimistisch. Felder fand im Geologen und Paläontologen Eduard Sueß einen kongenialen wie mutigen Kompagnon. „Wasser mit einem Millionenaufwand vom Schneeberg herbeizuführen, während dasselbe in der Donau an uns vorüber fließt, Sueß, Sie sind ein Narr“, zeigte sich Zelinka skeptisch.

Im Jahr 1866 kam es im Wiener Gemeinderat zur Abstimmung über das Hochquellenprojekt. Nach stundenlanger Debatte zeigte sich ein deutliches Ergebnis: 65 Prozent der Abgeordneten entschieden sich dafür. Am längsten dauerte die Planung. Vorbild war die Hochquellenleitung von Paris, die Mitte der 1860er-Jahre in Betrieb genommen wurde und das Wasser aus 130 Kilometer Entfernung in die „Hauptstadt Europas“ transportierte.

Technisches Museum Wien
Stollenbau im Höllental im südlichen Niederösterreich

Das teuerste Kommunalprojekt der Habsburgerzeit
„Die 95 Kilometer lange Wiener Hochquellenleitung, die Wasser im freien Gefälle aus dem alpinen Gebiet in die Großstadt transportieren sollte, war – so gesehen – ein kleiner Bruder des Pariser Mammutprojekts. Wenngleich: Für Wiener Verhältnisse stellte das durch Anleihen finanzierte Kommunalprojekt eine neue Dimension dar. Mit 17 Millionen Gulden (heute 221 Millionen Euro; Anm.) sollte es letztlich das teuerste Infrastrukturprojekt dieser Ära werden“, schreibt Peter Payer in seinem aktuellen Buch „Gebirgswasser für die Stadt“, das im Falter Verlag erschienen ist. Die Bilder steuerte der Fotograf Johannes Hloch bei.

Am 7. Dezember 1869 wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Unglaubliche vier Jahre später wurde der Hochstrahlbrunnen in Wien in Betrieb genommen. Ein immenses Heer an niederösterreichischen, steirischen und italienischen Arbeitern, Mineuren und Ingenieuren war am Werk. Es sollte eine Wasserleitung werden, die ohne Pumpen, rein durch das Gefälle von drei Promille, das Wasser nach Wien leitet. Der Höhenunterschied zwischen dem Höllental und dem ersten Auffangbecken am Wiener Rosenhügel beträgt nur 254 Meter.

Eine technische Meisterleistung bis heute
Es mussten bereits in den Quellgebieten, dem Kaiserbrunnen im Höllental und der Stixensteinquelle bei Sieding (Bezirk Neunkirchen) lange Stollen in den Berg gesprengt werden. Es galt bis Wien elf Kilometer Stollen zu bauen und viele überwölbte Kanäle zu errichten, die sich heute im Schnitt zwei Meter unter der Erde befinden. Die spektakulärsten Bauwerke der Wasserleitung bildeten die Viadukte. Das längste befindet sich auf der Höhe von Leobersdorf (Bezirk Baden) mit einer Ausdehnung von etwas mehr als einem Kilometer, Baden folgt mit 788 Metern und Liesing mit 794 Metern Länge.

Die Erste Hochquellenleitung ist bis heute eine technische Meisterleistung, bedenkt man vor allem die technische Ausrüstung und Messgeräte der berechnenden Ingenieure der damaligen Zeit. Bis heute braucht das Wasser bis nach Wien rund 24 Stunden ohne zusätzliche Energie. Im Gegenteil: In Wien wird in den großen Becken das Gefälle noch ausgenutzt, um Trinkwasserkraftwerke zu betreiben. 17 derartige Anlagen gibt es. Damit werden rechnerisch 50.000 Menschen, das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Wiener Neustadt, mit elektrischem Strom versorgt.

Ein Stadion voller Wasser pro Tag
In den 1860er-Jahren hatte Wien die 500.000-Einwohner-Marke überschritten. Vor zwei Wochen wurden in der Bundeshauptstadt zwei Millionen Bewohner erreicht. Die kommunale Einrichtung „Wiener Wasser“ habe mit den mittlerweile beiden Hochquellenleitungen die Grenze der Möglichkeiten erreicht, erläutert Paul Hellmeier im Gespräch. Nun werden – für die kommenden 200.000 Bewohner der Stadt – die Grundwasserbrunnen forciert. Die Qualität des Wassers der Donaubegleitströme im Raum Wien sei mit der von 1860 in keiner Weise vergleichbar, betont Hellmeier.

Rund 380 Millionen Liter Wasser verbraucht Wien pro Tag, das entspricht in etwa einem voll gefüllten Ernst-Happel-Stadion. 3.000 Kilometer lang ist das Leitungsnetz in der Stadt, von den Speichern bis zu den einzelnen Haushalten. Den Spitzenverbrauch verzeichnet Wien in einem heißen Juni-Monat, den geringsten Verbrauch am 25. Dezember und am 1. Jänner, wenn die Wiener und Wienerinnen sich noch im Ruhemodus befinden.
24.10.2023, Hannes Steindl, noe.ORF.at

Links:

Frisches Gebirgswasser fürs darbende Wien
 
#49
150. Geburtstag
Wiens Bergwasserader
25. Oktober 2023, 09:26 Uhr

Seit genau 150 Jahren bringt die Wiener Hochquellenleitung klares Gebirgswasser in die Bundeshauptstadt. Das visionäre Projekt galt zunächst als waghalsig, erwies sich aber als die beste aller Lösungen: Es beendete die Zeit der großen Seuchen und liefert bis heute weltberühmte Qualität. Zum Jubiläum hat die Künstlergruppe Gelatin einen neuen Brunnen gebaut.

Paula Pfoser
Täglich bis zu 237 Millionen Liter Wasser fließen nach Wien, aus insgesamt 70 Quellen aus der Steiermark und Niederösterreich. 330 Kilometer legt das Wasser zurück, ehe es über 28 riesige Wasserbehälter in die 940.000 Haushalte Wiens fließt: So die beeindruckenden Zahlen zum Wiener Wasser, dessen Reinigungsprinzip Paul Hellmeier, Leiter der Magistratsabteilung 31 – Wiener Wasser so erklärt: „Die Alpen sind hier wie ein riesiger Filter, gleichsam ein Schwamm, der sich mit Wasser vollsaugt und dieses dann – glücklicherweise – wieder abgibt.“
Nur „minimal“ und behutsam werde das Wasser an der Stadtgrenze zur Desinfektion mit UV-Licht in Kombination mit Chlordioxid behandelt. Als „großartige Idee“ beschreibt Hellmeier die Zuleitung des Qualitätsprodukts aus den Alpen, eine Idee, die, wenn man zurückblickt, aber bis Mitte des 19. Jahrhunderts keinesfalls als gesetzt galt.

Anlässlich des Jubiläums der Hochquellenleitung wurde am 24. Oktober „WirWasser“ eröffnet, vom Fassungsvermögen Wiens zweitgrößter Brunnen (größter ist der Hochstrahlbrunnen auf dem Schwarzenbergplatz, den man zur Leitungseröffnung vor 150 Jahren baute – es schließt sich also ein Kreis). Standort ist das neue Sonnwendviertel im zehnten Wiener Gemeindebezirk, Sonnwendgasse Ecke Gudrunstraße. Dicht beieinander, Rücken an Rücken, sitzen die 33 Brunnenfiguren im Kreis. Für die Gestaltung zeichnet das Künstlerkollektiv Gelatin (manchmal auch Gelitin genannt) verantwortlich, das sich in einem von „Kunst im öffentlichen Raum“ (KÖR) geladenen Wettbewerb durchsetzte. Das Becken von „WirWasser“ ist nur aus Körpern geformt, was durchaus symbolisch gemeint sei, so Gelatin-Mitglied Florian Reiter gegenüber ORF Topos: „Wir alle halten das Wasser zusammen.“ Dieses ‚Wir‘ sei schließlich „das Wichtigste“ (siehe Video oben).

„Lauwarm“ und „trübe“
Klar war zunächst nur der Handlungsbedarf: Das Trink- und Nutzwasser der Kaiserhauptstadt wurde einst zu einem Großteil noch aus Hausbrunnen gewonnen. „Lauwarm“, „trübe“ und „nicht ohne einen gewissen Ekel zu trinken“ nannte so mancher Einwohner damals das Wasser, zitiert der Stadthistoriker Peter Payer in seinem kürzlich erschienen Buch „Gebirgswasser für die Stadt“ (gemeinsam mit dem Fotografen Johannes Hloch) die zeitgenössischen Kommentare.


Johannes Hloch fotografierte die Stationen der Wiener Hochquellenleitung – hier das Aquädukt Leobersdorf


Einstiegsturm bei Weikersdorf


Schieberkammer des früheren Wasserreservoirs Schmelz – dort waren die Sperrorgane (Schieber) und Rohre für den Betrieb des Behälters Schmelz untergebracht


Bau des Aquädukts in Baden, um 1865


Blick in einen Stollen der II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen



Rohre der II. Wiener Hochquellenleitung in Wildalpen

Dass die Qualität oft zu wünschen übrig ließ, war weit mehr als ein kulinarisches Problem. Allein zwischen 1831 und 1873 starben 18.000 Wienerinnen und Wiener an Cholera. Längst hatten Ärzte nachgewiesen, dass die Seuche in engem Zusammenhang mit der Trinkwasserversorgung stand. Auch die aufkommende Hygienebewegung machte auf das Problem aufmerksam, das zugleich immer mehr Menschen betraf: Die Stadt, die eine halbe Million Einwohner zählte, wuchs damals rasant.

Buch- und Ausstellungshinweis
Peter Payer, Johannes Hloch: Gebirgswasser für die Stadt. Die I. Wiener Hochquellenleitung. Falter-Verlag, 128 Seiten, 24,90 Euro. Das Buch versteht sich auch als Begleitpublikation zu einer Fotoschau, die ab 10.10. im Rahmen der Dauerausstellung „Alltag“ im Technischen Museum Wien zu sehen ist.

Option Donau-Wasser
Zur Lösung der drängenden Frage wurde 1862 eine eigene Versorgungskommission ins Leben gerufen, die den Ausbau der Wasserversorgung als Wettbewerb international ausschrieb, noch rechtzeitig vor dem Start der Weltausstellung 1873. Das Vorhaben war nur eines von vielen Großprojekten, die Wien zu dieser Zeit vorantrieb: Sechs Bahnhöfe wurden damals gebaut, die Ringstraße zur Großbaustelle verwandelt, die Kanalisation umfassend ausgebaut, die Hauptstadt zur modernen Metropole umgestaltet.



Der Maler Rudolf von Alt, bekannt als Schöpfer unzähliger Wien-Ansichten, schuf eine Bildserie mit den Hauptattraktionen der Wasserleitung. Hier: das Aquädukt bei Leobersdorf.


Die Vorschläge, die damals eingereicht wurden, sahen die Zukunft der Wiener Wasserversorgung allerdings zunächst im Naheliegenden: Die ufernahen Grundwasserströme der Donau und ihrer Nebenflüsse sollten angezapft werden, trotz fraglicher Wasserqualität. Anders der Geologe und Gemeinderat Eduard Sueß, der beim Leiter der Wasserversorgungskommission, Cajetan Felder, dem späteren Bürgermeister Wiens, auch ein offenes Ohr fand: Sueß sah die Zukunft im Wasser aus Wiens nahen Bergen. Als Vorbild diente Paris, das seit Mitte der 1860er Jahre Leitungen von 130 Kilometer Länge errichtet hatte.

Schwur bei der Kaiserbrunnquelle

Der visionäre Vorschlag führte im Gemeinderat und in den Zeitungen zu heftiger Kritik. Mit 17 Millionen Gulden (heute rund 221 Mio. Euro) galt das Projekt als das teuerste der Kommune Wien und die Idee des Gebirgsquellwassers als buchstäblich zu weit hergeholt. „Sueß, Sie sind ein Narr“, soll der liberale Bürgermeister Andreas Zelinka ihm zugerufen haben, als dieser die entsprechenden Pläne vortrug.


Triangulierungsplan des Stollens zwischen Kaiserbrunn und Hirschwang an der Rax, 1881


Warum die Wahl doch auf das qualitativ einzigartige Quellwasser fiel? Stadthistoriker Payer nennt zwei Ereignisse als Wendepunkte in der Debatte: einerseits eine gemeinsame, fast mythisch aufgeladene Reise, die Sueß, Kommissionsleiter Felder und der Regierungsrat Heinrich von Fellner im August 1864 unternahmen. Nach der Inspektion des Schwarza-Flussbetts und zahlreicher Quellen, unter anderem der von Franz Josef I. genutzten Kaiserbrunnquelle, habe man bei der Rückreise auf dem Bahnhof den Schwur geleistet, das Projekt umzusetzen, so heißt es.

30 Aquädukte und unzählige Stollen

Der zweite Meilenstein: die Schenkung der Quelle durch den Kaiser ein knappes Jahr später. Der Gemeinderatsbeschluss war zwar keinesfalls einstimmig, fiel aber nach wissenschaftlichen Gutachten doch klar auf die Idee, das „beste Wasser“ nach Wien zu leiten. Und dann ging es ganz schnell: Ab 1869 wurden in nur vier Jahren über 30 Aquädukte errichtet und unzählige kleinere und größere Stollen gegraben – das Wasser floss so allein durch die Gravitation.

Die Reise bewältigte es in 24 Stunden, mündete zunächst in drei Behältern auf dem Rosenhügel, der Schmelz und dem Wienerberg, ehe es in die Haushalte floss: Parallel zum Leitungsbau war in Wien das Rohrnetz weiter ausgebaut worden, und viele Wohnungen konnten an das System angeschlossen werden.


Es schließt sich ein Kreis: 150 Jahre nach dem Hochstrahlbrunnen lädt das Künstlerkollektiv Gelatin zum Pritscheln und Brunnenbeklettern ein



Vom „herrlichsten Denkmal“ zum Spottobjekt

Die Hochquellenleitung wurde am 24. Oktober 1873 feierlich eröffnet, mit dem eigens dafür errichteten Hochstrahlbrunnen auf dem Schwarzenbergplatz. Ein Jubiläum, dessen die Stadt Wien nun mit einem neuen Brunnen im Sonnwendviertel im zehnten Bezirk gedenkt (was es mit dem neuen „WirWasser“-Brunnen auf sich hat, erklärt das Künstlerkollektiv Gelatin im Video oben). Während diesen Dienstag alles problemlos sprudelte, musste man vor 150 Jahren bangen.

Erst nach einigen Fehlversuchen schoss das Kaiserbrunner Quellwasser schließlich doch mit kräftigem Strahl in die Höhe – unter tosendem Applaus Tausender Schaulustiger. In Ansprachen lobten der Kaiser und Innenminister Josef Freiherr Lasser von Zollheim das Bauwerk und die touristische Strahlkraft der neuen Wasserleitung, die internationale Presse sprach vom „herrlichsten Denkmal bürgerlichen Gemeinsinns und zugleich einem Triumph der modernen Wissenschaft“.
Das Wasser Wiens gehört fortan zu den Merkwürdigkeiten der Stadt, und wer, wie ich, heute so glücklich war, Zeuge des Schauspiels zu sein (…), der wird es begreiflich finden, wenn der Fremde künftighin sagt: Das Wiener Wasser allein ist eine Reise nach dieser Stadt werth.​
Innenminister Josef Freiherr Lasser von Zollheim beim Festbankett im Kursalon Hübner, 24. Oktober 1873

Die Euphorie währte aber nur kurz. Die Karstquellen waren im Winter weit weniger ergiebig als gedacht, technische Gebrechen wie Wasserrohrbrüche sorgten für weiteres Ungemach. Von einer teuren Fehlplanung und einer „Hochqualenleitung“ (Satirezeitschrift „Kikeriki“) war schon die Rede. Zum Symbol dieser Misere wurde der Hochstrahlbrunnen, der immer wieder versiegte.

Mythos Wiener Wasser

Doch die Stadt reagierte. Zur Verstärkung der Wasserzufuhr wurde bald ein Grundwasserpumpwerk errichtet, ab 1887 neue Quellen oberhalb von Kaiserbrunn und im Höllental erschlossen. Die Eröffnung der zweiten Hochquellenleitung vom Hochschwabgebirge im Jahr 1910 sorgte schließlich für deutliche Milderung der Wasserknappheit. Aber schon nach der Eröffnung der ersten Leitung waren die Krankheiten stark zurückgegangen – und bald entdeckte auch die Werbung das Wasser für sich. Straßenhändler bewarben um 1880 „Hochquellen-Soda-Wasser“, das mit oder ohne Geschmack verkauft wurde, Restaurants boten es an, Zeitungsinserate versprachen, dass das Wasser auch beim Wäschewaschen die Haut „zart und fein“ mache.
Am 25. Oktober ist in ORF2 um 22.30 Uhr die Dokumentation „Wasser für die Kaiserstadt – Die Wiener Hochquellenleitung“ zu sehen.

Was lange als selbstverständlich galt, steht nun in Zeiten der Klimakrise wieder als kostbares Gut in der Aufmerksamkeit: Die Kapazitäten der beiden Hochquellenleitungen sind noch heute ausreichend für die Millionenstadt Wien – auch für den prognostizierten Bevölkerungszuwachs. Nur in großen Hitzeperioden muss man zusätzlich auf Grundwasser zurückgreifen, so Hellmeier im Interview. Die Wiener Hochquellenleitung hat sich also auch langfristig als weitsichtige Lösung erwiesen.
Paula Pfoser (Text, Gestaltung), ORF Topos, Jürgen Bauernfeind (Kamera), Annika Sophie Müller (Schnitt), für ORF Topos

Links:
Geschichte der Wiener Wasserversorgung (wien.gv.at)
So funktioniert die Wiener Hochquellleitung (Interview Paul Hellmeier, Wien Museum Magazin)
Gelatin (Homepage)
Quelle: ORF Topos
 

josef

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Wiener Hochquellenleitung: Wie eine Erfolgsgeschichte zum Mythos wurde
Der 22. März, alljährlicher Weltwassertag, bietet Anlass dazu, auf die mehr als 150-jährige Geschichte der Wiener Hochquellenleitung zu blicken
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Dass Wien nicht nur beim Schnitzel, g'mischten Satz und der Musik den Ton angibt, sondern auch bei der hohen Qualität des Trinkwassers ganz vorn mitmischt, ist weit über die Grenzen hinaus bekannt – und das schon seit 1873.

"Die Ausgangslage war klar: Wien benötigte dringend Wasser", beginnt der Historiker Peter Payer sein Buch "Gebirgswasser für die Stadt" und fährt fort: "Um das Jahr 1860 hatte die Einwohnerzahl die Halbmillionen-Grenze überschritten, Tendenz weiterhin rasch steigend."

Lokale Trinkwasserversorgungen, Hausbrunnen, die vielfach verkeimt und Träger von Krankheiten waren, konnten den Anforderungen der Reichshaupt- und Residenzstadt nicht länger und schon gar nicht nachhaltig entsprechen. Wien war damals nicht alleine, auch Paris und London suchten in Sachen Trinkwasserversorgung Lösungen.

Folgende Optionen standen in Wien zur Diskussion: Wassergewinnung aus der Donau, dem Wienfluss und anderen nahen Gerinnen, aus Tiefquellen (Fischer-Dagnitz) des südlichen Wiener Beckens oder – als zunächst kaum vorstellbare Idee – aus den Hochquellen des Rax- und Schneeberggebietes. Zur Entscheidungsfindung setzte der Gemeinderat auf die Expertise einer eigens gegründeten Wasserversorgungskommission. Deren Obmann war (ab 1863) Vizebürgermeister Cajetan Felder. Als Felder 1868 Bürgermeister wurde, war das Wasserthema zur Chefsache geworden.


Eine klassische Bassena, wie sie in jedem Wiener Haus vorhanden war.
© Thomas Hofmann

Der Schwur von Leobersdorf
Payer zeichnet fachlich fundiert die Chronologie der Entstehungsgeschichte von der Wassermisere, über Entscheidungsfindung, Bau und Eröffnung nach. Entscheidender erster Meilenstein war der sogenannte Schwur von Leobendorf. Cajetan Felder, der Geologe Eduard Suess, den Felder in die Kommission geholt hatte und Regierungsrat Heinrich von Fellner hatten die Kaiserbrunnquelle im Höllental (Niederösterreich) besucht, deren glasklares Quellwasser erste Wahl sein sollte.

Als es am Bahnhof von Leobersdorf zu einer Wartezeit kam, gelobten die drei einander, alles zu unternehmen, um dieses Wasser nach Wien zu holen. Felder resümierte in seinen Memoiren: "So wurde […] Leobersdorf der Rütli der Hochquellenleitung." Wussten die drei was so wollten, galt es 1866 den Gemeinderat zu überzeugen. Die Abstimmung ging mit 65 Ja und 45 Nein-Stimmen für das Projekt der 95 Kilometer langen Hochquellenleitung aus.

Zahlreiche historische Fotos, Karikaturen und Aquarelle, unter anderem von Franz und Rudolf von Alt, dokumentieren den Bau der Leitung mit ihren imposanten Aquädukten in Leobersdorf, Baden und Liesing bis zu den drei Reservoiren in Wien (Rosenhügel, Schmelz und Wienerberg).

Nach der Eröffnung: Mythenbildung und Optimierung
Mit der Eröffnung durch den Kaiser am 24. Oktober 1873 beim Hochstrahlbrunnen am Schwarzenbergplatz, ist noch lange nicht Schluss. An diesem Tag endet bloß die Vorgeschichte. Schon der erste Winter (1873/74) brachte eine Wasserknappheit, zum einen lieferten die Karstquellen weniger Wasser, zum anderen gab es erhebliche Leitungsverluste. In den Jahren 1887 bis 1900 wurden weitere Quellen angeschlossen.

Abseits der Baugeschichte zeichnet Payer auch den Mythos und die Popularisierung des Hochquellenwassers durch zeitgenössische Dokumente nach. Musikstücke, Ansichtskarten, euphorische Medienberichte und vieles mehr, steigerten den Ruf des Wiener Wassers und manifestieren deren Wert nachhaltig in der Bevölkerung. Wer beim Publikum punkten wollte, setzte auf "Hochquellen-Sodawasser". Legendär ist der Werbespruch der Anker-Brotfabrik aus den 1930er Jahren: "Worauf freut sich der Wiener, wenn er vom Urlaub kommt? Auf Hochquellenwasser und Ankerbrot."


Das Denkmal von Eduard Suess und der Hochstrahlbrunnen auf dem Schwarzenbergplatz in Wien.
© Thomas Hofmann

Die Schäden des Zweiten Weltkrieges werden ebenso beleuchtet wie der Ausbau und die Leitungsverbesserung in den 1960er Jahren, die dazu führte, dass heute bis zu 220 Millionen Liter pro Tag ohne (!) Pumpleistung, rein mit natürlichem Gefälle, nach Wien fließen.

Zur aktuellen Situation
Neben dem Artikel von Peter Payer geben ein Gespräch mit Paul Hellmeier, Leiter der Magistratsabteilung 31 Wiener Wasser und die fotografische Erkundung ("Wasserschlösser, Einstiegstürme, Aquädukte") von Johannes Hloch Einblicke in das Heute der ersten Hochquellenleitung. Einmal mehr zeigt sich, wie gut alles funktioniert und organisiert ist. "Wir sind bisher nicht an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen", so Hellmeier.

Das abschließende Quellen- und Literaturverzeichnis listet nicht nur Bücher, sondern auch Zeitungsartikel und Musikkompositionen wie auch Filme (unter anderem von Georg Riha) auf. Die Zeittafel beginnt mit 1861, dem Jahr der Ausschreibung eines internationalen Wettbewerbs, und endet 162 Jahre später (2023).

Fazit: Das Buch, ein Querformat mit Hardcover, ist eine gut lesbare, übersichtliche und umfassende Darstellung der Erfolgsgeschichte der ersten Wiener Hochquellenleitung mit ansprechendem Layout.
(Thomas Hofmann, 22.3.2024)

Thomas Hofmann ist leitender Bibliothekar der Geosphere Austria, Autor und Blogger der Wissenschaftsgeschichte(n).

Wiener Hochquellenleitung: Wie eine Erfolgsgeschichte zum Mythos wurde
 
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