Allgemeines zur Grundbeschaffung und Bauablauf bei Errichtung von FAn

Sebastian__

Well-Known Member
#1
in der Hochblüte des Kalten Krieges gab es in ganz Österreich rund 600 Festen Anlagen…

Spezial Grund Abtretung

damalige Maßnahmen Grundabtretung / Ankauf / Pachtvertrag / Mietvertrag /
Grundbuch Vereinbarung: „persönliche Dienstbarkeit“ für die Republik Österreich und deren Organe / …

Wie ist es damals gewesen? Wie hat so ein damaliger Vertrag ausgesehen? damalige Geheimhaltungsverträge? Preis? Wer oder welche Firmen waren am Bau beteiligt? Anrainer Wiederstand? Wie erfolgten die ersten Schritte? Gab es die Möglichkeit, Nein zu sagen? Damalige Rückbau versprechen? Was ist passiert, wenn die Geheimhaltung nicht eingehalten wurde?
 
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Db1

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#2
Genau die Phase des Baues interessiert mich auch sehr. Es muss doch unmöglich gewesen sein, so eine Baustelle geheim zu halten, oder?

Daniel
 

josef

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#4
Habe die ersten 3 Beiträge aus "Rechtliches beim Kauf einer ehemaligen Festen Anlage" herausgelöst und einen eigenen Themen-Thread eingerichtet, da es sich um die "Anfänge" und nicht um die "Nachnutzung (Verkauf)" von FAn handelt.
@Sebastian - wende dich am besten an Herrn Scherer vom Bunkermuseum am Wurzenpass, der hat eine (ich glaube Master- (Dr.-) Arbeit dazu geschrieben
Hier unter Beitrag #1 ist der Link zur Dissertation von Dr. Scherer zu finden...
 

josef

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#5
Zur Grundbeschaffung für FAn im Land Salzburg einige Textauszüge aus persönlichen Vermerken, Handakten, Gedächtnisprotokollen usw. von damals am Grunderwerb beteiligten Offizieren, wiedergegeben bei:
Vzlt Sepp Gruber; "Wehrhaftes Salzburg - sicher, effizient, stachelig"

Zuerst einige eher negative Beispiele:

Handakt des Pionier- und Sperroffiziers Oberst Edmund A. (S. 24):
Oftmals war es schwierig, mit den betroffenen Bürgermeistern oder den Grundeigentümern einen Konsens herzustelle.Besonders unter den Bauern musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Die finanziellen Hürden waren zum Teil hoch...

Bericht des ehemaligen Kommandanten des II. Korps, General i.R. Engelbert L. (S. 25-26):
Wie durch die Nichteinräumung eines Wegerechtes eine Stollenanlage am Wolfgangsee verhindert wurde und dadurch ein bequemer Wanderweg für den damalige deutschen Bundeskanzler H. Kohl nicht gebaut wurde...

Gedächtnisprotokoll vom April 1974 betreffend einer abermaligen Erkundung von Grundstücken zur Situierung von FAn im Salzkammergut (S. 60):
Nach einer Aussprache mit dem Bürgermeister von St.Gilgen zwecks weiteren Grunderwerb durch das ÖBH teilte dieser den anwesenden hohen Militärs (Militärkommandant von Slbg., Sperr-Offizier des MilKdo Salzburg, Korps-Pionier-Offizier des damaligen KpsKdo II usw.) mit, dass mit dem vom Heer gebotenen ö.S. 50,-/m² nichts zu erreichen sei. Mindesterfordernis sei ein Kaufpreis von ö.S. 100,-/m². Es wurden neue Verhandlungen in Beisein des Bürgermeisters und Offizieren des zuständigen Militärkommandos an Stelle der Zivilbeamten des Wiener Ministeriums mit den Grundeigentümern vereinbart. Durch das "Auftreten in Uniform" seien lt. Bürgermeister die Erfolgsaussichten größer...

Anmerkungen des Kommandanten Landwehrstammregiment 82 (Salzachtal mit Pass Lueg und Eingang Lammertal) Oberst Joachim H. (S. 127):
So wie anderswo auch, war die Skepsis gegenüber militärischen Anlagen in der Nähe von Wohngegenden groß. Daraus ergaben sich Probleme bei der Beschaffung von Grundflächen für derartige Anlagen. Das erforderliche Fingerspitzengefühl der Verhandler aus Wien war entweder nicht vorhanden - oder man blickte auf das "Volk im Gebirge" herab. An einen Verhandlungserfolg war damit oft nicht zu denken...


Und ein paar Kurzbemerkungen zu positiven Erledigungen der Grundstückstransaktionen:

Weiterer Bericht des ehemaligen Kommandanten des II. Korps, General i.R. Engelbert L. (S. 25):
Voraussetzung für den Bau von Anlagen war natürlich das Vorhandensein eines geeigneten Grundstückes, eine "Hürde", die auch bei privaten Grundstückseignern mit etwas Verhandlungsgeschick oft überraschend leicht genommen werden konnte...

Gedächtnisprotokoll vom 25. April 1974 - Raum Scharfling West (S. 63).:
Geplante Stelle für FAn als Gegenanlage zu Scharfling Ost auf der Trasse der ehemaligen "Ischlerbahn" liegt auf Privatgrund. Der Besitzer zeigt volles Verständnis und ist nach Rücksprache mit seinem Verwandten mit einem Betrag von ö.S. 45.000,- einverstanden. Eine Befahrung mit dem Traktor muss aber aufrecht erhalten werden...

Keine größeren Probleme gab es bei Grundstücken des Landes oder der Bundesforste. Soweit einige Eindrücke von den Grundstücks - Beschaffungsvorgängen im Salzkammergut.
 

josef

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#6
Geheimhaltung
Was ist passiert, wenn die Geheimhaltung nicht eingehalten wurde?
Ebenfalls ein Textauszug aus im Vorbeitrag zitierten Buch "Wehrhaftes Salzburg...":
Beitrag von Brigadier Viktor W., Kommandant der 8. Jägerbrigade (S. 13):
Feste Anlagen und der taktische Einsatz der Sperrtruppen unterlagen bis in die 80iger Jahre strengster Geheimhaltung. Für das Betreten einer Anlage bedurfte es einer Sondergenehmigung. Dort eingesetztes Personal konnte erst nach Überprüfung durch das Abwehramt verwendet werden. Baufirmen verbot man ausländische Arbeitskräfte zu beschäftigen...

Als Querverweis ein Link zu einem alten Beitrag aus 2006, wo User @HF130C über ein Erlebnis beim fotografieren eines Güterzuges 1973 an der Strecke Petronell-Carnuntum - Bruck an der Leitha berichtet:
FAn "Brucker Pforte" (Grenzraum NÖ./Bgld.)
 

josef

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#7
Ergänzungen zu "Bauabwicklung und Geheimhaltung"

In der Nähe meiner Wohnumgebung wurde vor ca. 45 Jahren mit der Errichtung von FAn begonnen. So weit ich mich noch erinnere, gab es eigentlich keine Diskussionen in irgend einer Form darüber. Das Thema wurde aus Geheimhaltungsgründen in regionalen Medien nicht behandelt und die Ortsbevölkerung bekam die länger andauernden Bauarbeiten natürlich mit und sie wurden einfach akzeptiert. Nach der Montage der Pz-Türme, Verfüllung und Überdeckung der Betonbauwerke, Umzäunung der Anlagen und Begrünung wurde es dann überhaupt jahrelang still bis zur Auflassung um 2004: Damals erschienen einige Artikel in der Regionalpresse...

Anzunehmen ist, dass sich die Anlagen verstärkt im Fokus der Aufklärung der "Warschauer Pakt Staaten" befanden! Besonders jene FAn, die direkt entlang des rechten (südlichen...) Donauufers lagen, waren ab der Bauphase ständig im Blickfeld der am Strom vorbeifahrenden "Ostblockschiffe"!
 

Tom69

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#8
Mir ist kein einziger Fall bekannt, bei dem es zur Enteignung kam - ich kenne aber nicht alle Grundstücksverträge bzw. Historien zum Erwerb der Fläche ;)
Es war das Einvernehmen mit den Grundstückeigentümern herzustellen, was dazu führte, dass die eine oder andere FAn an einer Stelle errichtet wurde, die gefechtstechnisch nicht optimal war. Es gab die Varianten Erwerb und Pacht.
Die Errichtung wurde gesetzeskonform ausgeschrieben. Während der Bauphase standen die Anlagen offen, teilw. gab es nicht einmal einen Bauzaun. Habe selber viele Anlagen in deren Bauphase als Abenteuerspielplatz benutzt. Von Geheimhaltung kann also keine Rede sein. Das war aber auch teilw. bewusst so: Abhalteeffekt! In der näheren Umgebung wusste jeder was da gebaut wurde "ein Bunker fürs Bundesheer" - was es genau wird, war aber nicht bekannt. Die, die es wussten, waren zur Geheimhaltung verpflichtet. Natürlich haben die Medien nicht darüber berichtet und Handys und Facebook&Co für die "Live-Berichterstattung" gab es ja noch nicht. Erst mit Fertigstellung der Anlage kamen die Beschränkungen - Zutritt nur nach Genehmigung durch AbwA, Kontrollen durch die Militärstreife,...
Es ist davon auszugehen, dass der Standort jeder FAn der WAPA- und NATO-Aufklärung bekannt war. Und wenn man sich nicht sicher war, ging man auf das Gemeindeamt und hat Einblick ins Grundbuch genommen: Die kleinen Grundstücke mit Eigentümer BMLV - das waren die Standorte der FAn
 
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