130 Jahre Sonnblick-Observatorium auf 3106 m

josef

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#1
130 Jahre Sonnblick-Observatorium

Klima, Luft und Radioaktivität werden auf dem 3.106 Meter hohen Sonnblick (Pinzgau) beobachtet. Das Höhenobservatorium ist eine hochtechnologische internationale Forschungsstation und wird heuer 130 Jahre alt.

„Wie ist eigentlich das Wetter in den Bergen?“ - diese Frage stellte sich der Rauriser Ignaz Rojacher. Er baute auf dem Sonnblick die erste Beobachtungsstelle für das Wetter vor 130 Jahren. Heute ist der Sonnblick mehr als nur eine Wetterwarte - er ist eine Forschungsstelle, wie es sie weltweit nur selten gibt. Hinauf geht es mit einer für Personen zugelassenen Materialseilbahn. Mit bis zu 45 Grad Neigung über der senkrechten Felswand hängend ist nicht jedermanns Sache.

Wetterbeobachtung auch in Kriegszeiten
Das Observatorium blieb auch während der kriegsbedingten Wirren im 20. Jahrhundert stets in Betrieb und besetzt. Denn die meteorologischen Erkenntnisse und Beobachtungen waren auch für die Kriegsparteien wichtig. Nach dem zweiten Weltkrieg war der Weiterbestand nur durch engagierte Spendenaktionen möglich. Mitte der 1980er Jahre stand dann der Neubau an. Das war nach einhundert Jahren eine notwendige Sache.


Klimaveränderung machte Renovierung notwendig
Die Klimaveränderung wurde nicht nur in langen Messreihen festgehalten, sie führte auch beinahe zur Zerstörung des Observatoriums. Immer stärkere Tauphasen ließen den Gipfelfelsen zerbröseln - eine aufwändige Sanierung des brüchigen Gesteins war notwendig und wurde nach der Jahrtausendwende abgeschlossen.


Zentrum internationaler Forschungen
Über all die Jahre machen Wetterwarte den Dienst auf dem Sonnblick - täglich von 6.00 Uhr früh bis nach 20.00 Uhr abends. Es werden Wetterdaten erhoben und neuerdings auch hoch-komplexe Messgeräte verschiedenster Art gewartet. Viele internationalen Institute haben am Sonnblick ihre Messgeräte positioniert - für wichtige Beobachtungen wie Feinstaubbelastungen, Permafrost, Gletscherschwankungen, Hochwasserforschung, Ozon-Beobachtung, Messung von Luftschadstoffen oder Radioaktivität. Viele Geräte sind so sensibel, dass sie bereits die Anwesenheit eines Menschen nur durch die CO2-Veränderung aufgrund des Ein-und Aus-Atmens messen können.


Perfekte Position am Alpenhauptkamm
Das Sonnblick-Observatorium liegt am Alpenhauptkamm. Für die Forschung ist das ein Vorteil, weil jegliche Luft aus der Ferne dort drüber muss, sagte die Leiterin des Sonnblick-Observatorium Elke Ludewig. Auch radioaktive Werte, wie etwa nach den Atomunfällen in Fukushima oder Tschernobyl, können am Sonnblick gemessen werden. Man wolle die Forschung aber im Bereich der Wolkenphysik noch ausbauen, erklärte Ludewig.
130 Jahre Sonnblick-Observatorium

1. Plattform am Observatorium
2. 1886 errichtete der Rauriser Bergwerksbesitzer Ignaz Rojacher die Wetterbeobachtungsstelle
3. Der Blick vom Sonnblick-Observatorium auf den Alpenhauptkamm
 

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#3
Neue Seilbahn für die Meteorologen:


Letzte Saison für legendäre Sonnblick-Seilbahn
Beim Wetterobservatorium auf dem Rauriser Sonnblick (Pinzgau) geht heuer eine Ära zu Ende: Das legendäre „Kisterl“, die schwindelerregende Seilbahn, mit der Material und Forscher auf über 3.000 Meter transportiert wurden, wird ersetzt.
Die Meteorologen und Forscher verabschieden die mehr als 60 Jahre alte Materialseilbahn mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Denn die Fahrten auf 3.106 Meter Höhe waren nur bei optimalen Windbedingungen möglich - und nichts für schwache Nerven. Schließlich legt die alte Seilbahn vom Talschluss in Kolm Saigurn mehr als 1.500 Höhenmeter in steiler Bergfahrt zurück.

Das „Kisterl“ habe sich seinen Spitznamen redlich verdienst, sagt die Leiterin des Sonnblick-Observatoriums, Elke Ludewig von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Das Kisterl ist eine Stahlkonstruktion mit einem Holzboden, auf dem man sitzt. Man hat keine geschlossenen Wände rechts und links. Wir haben ein Blechdach, um ein bisschen vor Regen und Wetter geschützt zu sein - aber es ist sehr, sehr freizügig.“


ORF
Das alte "Kisterl" bringt seit über 60 Jahren Forscher und Material zu dem Observatorium

Neue Kabinenbahn ersetzt Holz- und Stahl-„Kisterl“
Mit der Seilbahn fahren Forscher, die Mitarbeiter des Observatoriums und der Wirt des Zittelhauses auf den Berggipfel. Das „Kisterl“ transportiert aber auch Forschungsmaterial und Lebensmittel für die ganzjährig besetzte Forschungsstation: „Wir können nur bei geringen Windgeschwindigkeiten fahren - 30, 32 km/h“, so Ludewig. „Danach wird es einfach zu gefährlich. Wir haben einen Seilbahnkalender, wo man sich eintragen kann. Und wenn man dann das Okay bekommt, dass Wind und Wetter passen, muss man sich einen Klettergurt anziehen, hängt sich dann in das Kisterl ein, setzt sich in Bobfahrerstellung mit Blick Richtung Tal hinein und pendelt dann 20 Minuten hinauf zum Sonnblick.“

Bis heuer im Oktober wird das alte „Kisterl“ durch eine neue Seilbahn ersetzt - eine Kabinenbahn für bis zu sechs Personen mit doppeltem Tragseil, die doppelt so schnell unterwegs ist.

„Arbeitsweg wird um fünf bis acht Stunden länger“
Doch die Bauarbeiten werden schwierig: Zurzeit müssen die Vorräte für den Bausommer auf den Gipfel gebracht werden - denn das „Kisterl“ soll am 6. Juni seine letzte Fahrt antreten. Danach sei der Gipfel vier Monate lang nur noch zu Fuß erreichbar, betont Ludewig: „Die Herausforderung während dieser Bauphase wird sein, dass das ganze Personal zu Fuß gehen muss. Wir haben auch beschlossen, dass wir Hubschraubertransporte reduzieren. Dem Nationalpark Hohe Tauern zuliebe wird der Arbeitsweg rund fünf bis acht Stunden länger werden.“

Auch für die Forschungskampagnen in dem Observatorium bedeutet der Baustellensommer Einschränkungen: „Die ganzen Proben müssen eingefroren werden, weswegen wir schon eine weitere Gefriertruhe oben installiert haben“, so Ludewig: „Es ist ein völlig anderer Betrieb.“ Gebaut werden muss dann übrigens im Eiltempo: In über 3.000 Meter Höhe ist das Zeitfenster für Bauarbeiten auf ein paar Wochen im August und im September beschränkt.

Website des Sonnblick-Observatoriums
Publiziert am 18.04.2018

ORF
Die Fahrt in der Stahl- und Holzkonstruktion ist schwindelerregend und führt über 1.500 Höhenmeter steil bergauf


ORF
Das Sonnblick-Observatorium (rechts) und das Zittelhaus sind direkt auf dem 3.106 Meter hohen Gipfel des Rauriser Sonnblicks


ORF
Nur im kurzen hochalpinen Sommer ist der Gipfel des Sonnblicks schneefrei

http://salzburg.orf.at/news/stories/2907513/
 

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#4
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Sonnblick: Neue Seilbahn eröffnet
In Rauris (Pinzgau) ist Sonntag die neue Seilbahn zur Wetterstation auf dem Hohen Sonnblick (3.105 m) offiziell eröffnet worden. Benutzt wird sie schon seit November 2018. Für Bergsteiger und Skitourengeher steht sie nicht zur Verfügung, allerdings bei Notfällen auch für Rettungszwecke.
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Im vergangenen, harten, schnee- und sturmreichen Winter habe sich die neue und nunmehr wetterfeste Verbindung zwischen Berg und Tal schon bewährt, sagt Michael Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Vor seiner Übersiedlung nach Wien war er viele Jahre als Leiter der Salzburger Wetterdienststelle für die Station auf dem Sonnblick direkt zuständig. Die Projektierung der neuen Bahn fiel auch noch in diese Zeit. Oberster Chef da oben ist der gebürtige Tiroler noch immer, während seine Kollegin Elke Ludewig die Station seit einigen Jahren wissenschaftlich und organisatorisch leitet.


ZAMG

Ersatz für sturmanfälliges „Kisterl“
Die neue Bahn hat vier Millionen Euro gekostet. Sie ist technisch eine Sonderanfertigung, hat nur eine Stütze und überwindet auf einer relativ kurzen Horizontaldistanz über eine sehr steile Streckenführung mehr als 1.300 Höhenmeter. Die Kabine wird über zwei parallel geführte Tragseile (und ein Zugseil) seitlich sehr stabilisiert und kann vom Wind kaum noch in gefährliche Schwingungen versetzt werden.
Die Anlage ersetzt das mehr als 60 Jahre alte „Kisterl“, eine sehr sturmanfällige und ausgesetzte Materialseilbahn, mit der bisher das Observatorium versorgt wurde. Auch das Personal benutzte die alte Bahn – gelegentlich mit mulmigem Gefühl, wenn Windböen, Schneesturm und Eisbildung auf dem Tragseil die Reise abenteuerlich machten. Die topografisch auf der Nordseite des Massivs sehr ausgesetzte, steile und gefährliche Umgebung machte über viele Jahrzehnte die Versorgung der Wetterstation in so größer Seehöhe nicht gerade einfach. Das Terrain zeigt auch unsere Bildergalerie ein wenig:

ZAMG
Tiefblick aus der Bergstation über 1.300 Meter Höhenunterschied in die Nordwand und nach Kolm Saigurn


Flugbild: Links Bergstation mit sturmfestem Tor über der Nordwand


ZAMG
Neue Kabine für Personen, Güter und wissenschaftliche Instrumente. Das doppelte Tragseil stabilisiert seitlich auch bei Sturm


Flugbild Gerald Lehner
Bergstation an der Ostseite des Observatoriums. Hinten: Lienzer Dolomiten


Flugbild: Gerald Lehner
Großglockner und Rauriser Sonnblick


Flugbild: Gerald Lehner
Rauriser Sonnblick mit dem Observatorium (rechts) und Schareck bei Bad Gastein bzw. Flattach (Skizirkus Wurtenkees = „Mölltaler Gletscher“) – Blick vom Hochtor bei Fusch an der Glocknerstraße


Gerald Lehner
Sonnblick-Nordwand, durch die vom Rauriser Ortsteil Kolm Saigurn die neue Seilbahn sehr steil zum Gipfel führt


ZAMG
Doppelte Tragseilführung

Chefin erleichtert
Die starke Windanfälligkeit der alten Bahn ließ ihren Betrieb nur zu, wenn es keine Windböen gab, die schneller als 30 km/h waren: „Dadurch kam es immer wieder zu Stehzeiten, was für die vielen nationalen und internationalen Forschungsprojekte auf dem Sonnblick oft organisatorische Probleme verursachte", sagt Elke Ludewig von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Sie leitet nun das Sonnblick-Observatorium leitet: „Die Erneuerung war aber auch eine Sicherheitsangelegenheit. Ich trage die Personalverantwortung für das Observatorium, das rund um die Uhr besetzt ist. Hier muss gewährleistet sein, dass unsere Angestellten und die Forschungsgruppen jederzeit medizinisch und bergrettungstechnisch versorgt werden können. Dies funktioniert nun mit der neuen Seilbahn."

Zahlreiche Unterstützer und Förderer
Die neue Seilbahn wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, Salzburgs Landesregierung, Sonnblick Verein, Alpenverein, Nationalpark Hohe Tauern, Naturfreunden und weiteren Förderern und Spendern finanziert und unterstützt. Ende November luden der Sonnblick Verein und die ZAMG den damaligen Wissenschaftsminister Werner Faßmann, Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer und seinen Amtsvorgänger Franz Schausberger (alle ÖVP) zu einer ersten Fahrt auf den Sonnblick ein, um die fertige Seilbahn vorzuführen. Alle Politiker hatten sich um den Ausbau bemüht.

Nur für Station und Hüttenversorgung
Die neue Seilbahn ist ausschließlich für die Versorgung der Wetterstation und des benachbarten Zittelhauses des Alpenvereins vorgesehen – und nicht für den Publikumsbetrieb. Der Rauriser Sonnblick muss auch weiterhin zu Fuß bestiegen werden. Als Dreitausender ist er in Sommer und Winter nur Erfahrenen, Ausdauernden und Fortgeschrittenen vorbehalten. Anfänger sollten sich ohne staatlich geprüften Berg- und Skiführer da nicht hinauf wagen.
Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Links:
Wissenschaft: Sonnblick: Neue Seilbahn eröffnet
 

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#5
Giftige Luftschadstoffe stark verringert

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Internationale Maßnahmen gegen Luftschadstoffe aus Industrien würden mittlerweile gut wirken. Nachweisbar sei das in den Hochalpen, die dennoch eine „Schadstoff-Senke“ bleiben, wo Gifte noch messbar sind, sagen Experten. Ihre neuen Messreihen stammen vom Rauriser Sonnblick (Pinzgau, Oberkärnten) und von der Zugspitze (Bayern, Tirol).
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Seit 15 Jahren gibt es in Österreich und Bayern dieses systematische Monitoring solcher Substanzen. Unter dem Projekttitel „PureAlps“ arbeiten Experten des Bayerischen Landesamts für Umwelt und des Umweltbundesamtes Österreich zusammen daran, den Eintrag von schwer abbaubaren organischen Schadstoffen („Persistent organic pollutants“, kurz POP) in den Alpenraum zu dokumentieren.

Messungen über und unter 3.000 Meter
Gemessen wird neben dem Sonnblick (Salzburg) auch an der bayerischen Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze in 2.650 Metern Seehöhe knapp an der Grenze zu Tirol.

Mehr als einhundert Schadstoffe, die wiederum in Gruppen, wie etwa die Dioxine zusammengefasst sind, werden dort erfasst. Für die hochalpinen Bedingungen mit nur wenigen Tagen pro Jahr über dem Gefrierpunkt, mussten die Forscher eigene Vorrichtungen zum Probensammeln entwickeln, sagte Peter Weiss, Schadstoff-Experte des Umweltbundesamtes, im Gespräch mit der APA im Vorfeld der Präsentation der Messreihe am Mittwoch in München.

Flugbild: Gerald Lehner
Nordwand des Rauriser Sonnblick mit dem Observatorium auf dem höchsten Punkt (3.106 Meter)

Einerseits wird bei den Messungen die Luft angesaugt und gefiltert, andererseits werden Niederschläge gesammelt und dann im Labor analysiert. „So erfahren wir, wie hoch die Luftkonzentration oder der Eintrag an diesen persistenten organischen Schadstoffen war“, so Weiss.

Konzentration: „Ein Würfelzucker im Neusiedler See“
Bei den Konzentrationen bewege man sich vielfach im Bereich Nanogramm pro Kilogramm. Das entspreche im Verhältnis in etwa „einem Stück Würfelzucker im Neusiedler See“, so der Wissenschafter. Es handle sich hier also großteils um „Hintergrundkonzentrationen“. Im Niederschlag verzeichne man aber durchaus auch Werte „in der Größenordnung, wie sie in quellennahen Gebieten vorkommen“. Weiss erläuterte: „Das ist ein eindeutiger Beleg, dass die Alpen durchaus eine Senke für diese Schadstoffe sind.“ In Bereiche, in denen akute Gesundheitsgefahr droht, komme man natürlich bei weitem nicht.
Trotzdem können sich auch in alpinen Nahrungsketten Schadstoffe anreichern, die hormonartig, giftig oder erbgutschädigend wirken. Für viele dieser Substanzen gebe es keine belastbaren Grenzwerte, „da hilft man sich mit dem Minimierungsgebot“, so der Experte.
Flugbild: Gerald Lehner
Sonnblick-Observatorium, hinten der Großglockner

„Regulierungsmaßnahmen wirken“
Mehr als drei Dutzend dieser Schadstoffe weist die Stockholm-Konvention aus, in der POP verboten bzw. ihr Einsatz beschränkt wird. Das in dieser Form international einzigartige Monitoring in Österreich und Deutschland zeige auch, dass die Regulierungsmaßnahmen wirken: So ging etwa die gemessene Luftkonzentration des Insektenvernichtungsmittels Endosulfan nach dem Verbot innerhalb der vergangenen 15 Jahre um 96 Prozent zurück. „Das ist ein ganz markantes Beispiel für die Sinnhaftigkeit der Konvention einerseits und andererseits des Monitorings“, so Weiss. Die Wissenschafter erweiterten im Laufe des Projekts die Kandidatenliste der potenziell schädlichen Substanzen auch kontinuierlich mit.

Viele Substanzen stark reduziert
Bei insgesamt 35 Prozent der analysierten Schadstoffe gingen die Werte in den vergangenen Jahren signifikant zurück. Bei vier Prozent der Substanzen waren sie zumindest an einer der Messstationen jedoch im Steigen, so etwa bei der im Flammschutz eingesetzten Substanz Diphenylether. Keine eindeutigen Trends weisen die Messungen bei den polychlorierten Biphenyle (PCB) auf. Diese werden zwar seit den 1970er-Jahren nicht mehr produziert, sind aber als Weichmacher und Flammschutzmittel etwa in Fugendichtungsmassen älterer Gebäuden enthalten und entweichen weiterhin aus diesen.
19.02.2020, Giftige Luftschadstoffe stark verringert
 

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#6
Sonnblick: Längstdienender Wetterwart in Pension
In Rauris (Pinzgau) geht auf dem Sonnblick der bisher längstdienende Wetterwart Ludwig Rasser nach 41 Jahren nun in Pension. Der gelernte Installateur, Spengler und ehrenamtliche Bergrettungsmann begann da oben 1980 als 21-Jähriger. Damals war das heute hochmoderne Observatorium noch ein alter Holzbau aus der Nachkriegszeit.

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Es ist ein sehr außergewöhnlicher Arbeitsplatz in 3.106 Meter Seehöhe mit extremen Temperaturunterschieden zwischen Hitze, extremer Sonnenstrahlung und arktischer Kälte und Einsamkeit. Auch wochenlange Schneestürme muss man mögen , wenn man hier auf Dauer arbeitet.

Wochenlange Stürme, 100 Kilometer Fernsicht
Ein letztes Mal übermittelte der gebürtige Rauriser Ludwig Rasser diese Woche die aktuellen Wetterdaten in die ZAMG-Zentrale nach Wien und Salzburg. Die Wetterbeobachter auf dem Sonnblick sind jeweils 15 Tage am Stück im Dienst – immer zu zweit, und jede Tagesschicht dauert von 6.00 bis 20.00 Uhr: „Ich habe nie gedacht, dass ich so lange heroben bleiben werde. Wenn ich jetzt bis 65 bleiben hätte müssen, dann hätte ich es auch geschafft. Es war eine super schöne Zeit.“
Rasser erinnert sich an Schneestürme, die ganze drei Wochen dauerten: „Dann ging dann eine große Lawine hinunter. Dadurch dauerte mein erster Dienst nicht zwei Wochen, sondern einen ganzen Monat.“

Fotostrecke
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Rasser in der Stube des Observatoriums
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Auf dem Dach der Wetterwarte, viele Messsonden und Anlagen
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Rasser (rechts) als 24-Jähriger drei Jahre nach seinem Dienstantritt (1983) mit dem Meteorologen Michael Staudinger, dem damaligen Leiter des Observatoriums. Der war lange auch Chef der Wetterdienststelle Salzburg. Seit einigen Jahren leitet Staudinger die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien, der auch die Wetterdienste in Bundesländern unterstehen.

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Meteorologin Elke Ludewig, aktuell die Leiterin des Observatoriums, mit einem Blumenstrauß für den scheidenden Ludwig Rasser
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Freude und Wehmut vor dem Abschied
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Altbau, so sah die Wetterwarte bis in die 1980er-Jahre aus – letztlich der Standard der ärmlichen Kriegs- und Nachkriegszeit
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Beginn für den Neubau mit Materialtransporten auf den Gipfel
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Arbeitsplatz der Wetterwarte auf dem Sonnblick
Flugbild: Gerald Lehner
Sonnblick, Goldzechkopf und Hocharn im Februar 2021. Im Hintergrund der Großglockner und das Große Wiesbachhorn mit ihren zahlreichen Trabanten, die höher als 3.000 Meter sind

Wind bis 240 km/h
Der Lebensstandard auf dem Gipfel war früher niedrig, aus heutiger Sicht fast unvorstellbar. Die Männer mussten in einer Art Dachboden des Observatoriums hausen – mit schlechter Heizung. Erst mit dem Neubau in den 1980er-Jahren kamen gute Heizung und mehr Komfort. Jeder Wetterwart bekam sein eigenes Zimmer. Das von Rasser wird jetzt frei für den Nachfolger. An seinem letzten Arbeitstag hing nun der Sonnblick bei minus fünf Grad in den Wolken.



Der Rauriser ist mit 41 Dienstjahren der längstdienende aller Wetterwarte: „Wir haben Windgeschwindigkeiten bis zu 240 km/h und Raureif bis zu einem Meter. Da hat man außerhalb des Hauses nicht mehr viel verloren. Es gibt hier im ganzen Jahr nur ein bis zwei Wochen, die schneefrei sind. Das sind Verhältnisse wie in der Arktis.“

Ehrenamtlicher Bergretter und Hundeführer
Ludwig Rasser ist privat ein sehr erfahrener Alpinist, ehrenamtlicher Bergrettungsmann und Suchhundeführer der ÖBRD-Ortsstelle Rauris. Er war an vielen Einsätzen zur Lebensrettung beteiligt. Oft eilte er mit seinem vierbeinigen Gefährten von der Gipfelstation her zu Unfall- und Lawinenopfern oder Erfrierenden weiter unten, bis das größere Team anrücken konnte.

Seinen besten Berggefährten und Jugendfreund hat der Pinzgauer vor Jahren auf dem Sonnblick verloren. Der verunglückte beim Mineraliensuchen tödlich. Und Rasser war dabei, als er gefunden und geborgen wurde.

Flugbild: Gerald Lehner
Der Gipfel im Spätherbst mit Tiefblick ins Rauriser Tal und hinüber nach Gastein

Viele künftige Touren geplant
Konditionell kann Rasser mit jungen Wilden beim Bergsteigen noch immer mithalten. Er wird auch in Zukunft auf den Sonnblick und benachbarte Gipfel kommen – auf Tourenski oder zu Fuß, privat oder bei Bergrettungseinsätzen.
Vielleicht wird er ab und zu im Tal auch seinen einzigartigen Job und das tägliche Gipfelpanorama vermissen: „Man sieht bei bestem Wetter weiter als hundert Kilometer, dazu diese unvergesslichen Sonnenuntergänge. Da wirst du dann entschädigt, wenn du wieder zwei Wochen im Zimmer sitzen musst bei Schneesturm.“
28.04.2021, Verena Bauer, Gerald Lehner - salzburg.ORF.at
Sonnblick: Längstdienender Wetterwart in Pension
 

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#7
Europäische Wolkenforschung auf Sonnblick
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Das Sonnblick-Observatorium in Rauris (Pinzgau) wird zum europäischen Zentrum der Wolkenforschung. Damit übernimmt die ZAMG eine Vorbildfunktion für Wetterstationen in ganz Europa. Die Ergebnisse und entwickelten Messgeräte sollen dann im europaweiten Wetter- und Klimaforschungsprojekt ARCTIS vernetzt werden.
Online seit heute, 7.47 Uhr
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Wolken sind etwas ganz Alltägliches, und dennoch ist ihr Inneres größtenteils unerforscht. Auf gut 3.100 Höhenmetern auf dem Sonnblick soll sich das jetzt ändern: Im Observatorium wird das Zusammenwirken von Aerosolen, Wolken und Spurengasen gemessen und erforscht.

ORF
Auf 3.100 Metern Seehöhe werden künftig Daten für die europäische Wolkenforschung gesammelt

Wie funktionieren Wolken?
Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wolle damit wichtige Daten für die Wetter- und Klimaforschung sammeln, erklärte die Leiterin des Observatoriums, Elke Ludewig. „Mit diesen Wolkenparametern, die wir erfassen – wie etwa der Flüssigwassergehalt oder auch die Tröpfchenspektren, die wir analysieren –, tragen wir dazu bei, dass wir besser verstehen, wie Wolken funktionieren.“ In diesem Bereich seien noch sehr viele Fragen offen, so Ludewig: „Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen diesen Kleinstpartikeln und der Wolke? Wie funktioniert das mit dem Klima?“
ORF
Mit dieser Forschung sammle man wichtige Daten, um zu verstehen, wie Wolken funktionieren

Erstmals werden längerfristige Daten gesammelt
Wolken wurden bisher zwar in Einzelprojekten untersucht, jetzt können aber erstmals über Jahre hinweg Daten direkt aus den Wolken gewonnen werden. Diesen langfristigen Datensatz brauche man, um zu verstehen, wie das alles funktioniere, so Ludewig. „Weil heute haben wir schönes Wetter, morgen ist es vielleicht wieder nebelig, und diese Zusammenhänge könnte man sonst nicht festlegen.“
Die ZAMG investiert 100.000 Euro jährlich in das neue Projekt. Derzeit laufen die Vorbereitungen, der Vollbetrieb startet 2025.
13.04.2022, red; salzburg.ORF.at
Europäische Wolkenforschung auf Sonnblick
 

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#8
Höchste Methan-Konzentration beim Sonnblick
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Noch nie sei in Salzburg so viel Methan in der Luft gewesen wie jetzt, sagen Experten. Das zeigen aktuelle Messdaten des Observatoriums auf dem Gipfel des Hohen Sonnblicks (3.105 Meter) im Gemeindegebiet von Rauris (Pinzgau) und Heiligenblut (Oberkärnten). Methan ist ein sehr starkes Treibhausgas, viel stärker als Kohlendioxid.
Online seit heute, 12.16 Uhr
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Der Treibhauseffekt ist zwar lebenswichtig für die menschliche Existenz auf Erden ist- durch den höheren Ausstoß verstärken die Menschen den Effekt. Der Anstieg ist laut Experten seit Jahrzehnten ein Trend, die Methanmessungen überraschen die Fachleute aber.

„Grenze überschritten“
Das Treibhausgas Methan schwankt in den Messungen recht stark, jetzt habe es aber eine bisher unberührte Grenze überschritten, sagt die Leiterin des Sonnblick-Observatoriums, Elke Ludewig: „Wir haben jetzt eine Marke von zwei PPM überschritten. Das ist nicht gut, denn dadurch haben wir mehr von diesem Gas in der Atmosphäre und tragen damit mehr zur Erwärmung der Erde bei.“

Der Sonnblick im Wandel der Jahreszeiten:
Fotostrecke
Flugbild: Gerald Lehner
Das Sonnblick-Observatorium mit Ritterkopf (links), Steinernem Meer, Watzmann, Hochkönig, Tennengebirge und Gosaukamm
Flugbild: Gerald Lehner
Nordwand
Flugbild: Gerald Lehner
Nordwand mit den Karnischen Alpen im Hintergrund an der Grenze zu Friaul
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Hinten Steinernes Meer und Hochkönig
Flugbild: Gerald Lehner
Sonnblick mit dem Großglockner im Spätsommer
Flugbild: Gerald Lehner
Goldbergkees und Sonnblick mit Großglockner im Spätsommer
Flugbild: Gerald Lehner
Flugbild: Gerald Lehner
Sonnblick und Hocharn, hinten Loferer und Leoganger Steinberge

Anstieg nicht restlos geklärt
Zwei PPM (Anm.: engl. für Parts per million) Methan, das bedeutet zwei Methanteilchen auf eine Million Teilchen. Das klingt nach einer kleinen Menge, hat aber große Auswirkungen. Elke Ludewig vergleicht es mit Gift im Körper. Hinweise, warum Methan so stark steigt, sind zum Beispiel das Auftauen der Permafrostböden oder Naturereignisse. Auch der Mensch produziert Methan durch Tierhaltung oder Mülldeponien. Restlos geklärt ist der Anstieg aber nicht, sagt Ludewig: „ Wir können den Anstieg wissenschaftlich nicht restlos erklären. Das Problem ist, Methan ist ein sehr klimawirksames Treibhausgas. Man sagt, Methan sei 25 Mal klimawirksamer als CO2.“

Zwar baut sich Methan schneller ab als CO2. Aber je mehr Treibhausgase vorhanden seien, umso schneller erwärme sich die Atmosphäre, sagen Experten.
04.05.2023, red, salzburg.ORF.at
Höchste Methan-Konzentration beim Sonnblick
 

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#9
Observatorium: Schwierige Suche nach Techniker
Das Sonnblick-Observatorium in Rauris (Pinzgau) sucht einen Techniker oder eine Technikerin für die höchste Wetterstation Österreichs. Die Suche nach Personal im Hochgebirge ist aber alles andere als einfach.
Online seit heute, 6.00 Uhr
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Der Techniker oder die Technikerin müsste auf der Klima- und Umweltforschungsstation sowohl die Messungen vor Ort unterstützen als auch die Haus- und die Seilbahntechnik betreuen. Dazu gehört ein Schichtdienst bei dem 13 Tage durchgehend am Berg verbracht werden, anschließend gibt es jeweils 14 Tage Zeitausgleich im Tal.

Arbeitsbedingungen werden oft unterschätzt
Observatorien sind keine leichten Arbeitsplätze – Was sich viele als romantische Bergidylle vorstellen, ist oft eine Nebeldecke oder bitterkalter Winter. Auch das macht die Suche nach einem neuen Techniker oder einer neuen Technikerin so schwierig, sagt die Leiterin des Observatoriums, Elke Ludewig: „In der Vergangenheit habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Job doch sehr beliebt ist, dass wir sehr viele Bewerbungen bekommen, aber der Arbeitsplatz an sich oft falsch eingeschätzt wird.“

„Viele haben ein bisschen die schöne Vorstellung, dass man ständig im Gebirge draußen ist, sich im Gelände aufhält. Aber man muss auch sagen, dass es innerhalb von einem Schichtdienst zum Beispiel 14 Tage lang sehr nebelig sein kann oder gar stürmisch und man kann gar nicht raus“, so Ludewig.

Bewerbungsverfahren: Besuch auf 3.106 Metern
Außerdem müsse jeder, der am Sonnblick oben arbeiten will, auch Alpinist sein und mit den harschen Bedingungen des Hochgebirges klarkommen. Am 1. Jänner soll der neue Techniker oder die neue Technikerin mit der Arbeit am Sonnblick beginnen – zum Einstellungsgespräch gehört auch ein Besuch der Station auf 3.106 Metern.
21.08.2023, red, salzburg.ORF.at

Link:
Observatorium: Schwierige Suche nach Techniker
 

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#10
Vom Leben und Überleben der Wissenschaft(er) am Alpenhauptkamm
Das Sonnblick-Observatorium wurde 1886 auf 3.106 Meter Seehöhe gegründet und verfügt über die längsten klimatologischen Hochgebirgsmessreihen Europas
Blog
Im Gastblog betrachten Thomas Hofmann, Geologe und Bibliothekar, und die Historikerin Christa Hammerl von der Geosphere Austria die Geschichten von Menschen am Sonnblick und das Auf und Ab des Observatoriums.
Heute werden am Sonnblick Observatorium (SBO) mehr als 30 meteorologische Parameter gemessen. Ein Blick auf das dazugehörige Datenportal zeigt das breite Spektrum der hier rund um die Uhr automatisch erfassten Daten der Atmosphäre, der Kryosphäre (Stichwort: Permafrost) und der Biosphäre. Dazu kommt die seismische Messstation (SOSA) unter dem Gipfel, die Bewegungen der Lithosphäre aufzeichnet. Der Forschung stehen Echtzeitdaten und historische Zeitreihen ausgehend von ersten manuellen Ablesungen im Jahr 1886 zur Verfügung.

Vom Bergbau zur Meteorologie
Beim ersten Internationalen Meteorologenkongress 1873 in Wien wurde die IMO (Internationale Meteorologische Organisation), Vorläuferin der WMO (World Meteorological Organization) gegründet. Beim nächsten Kongress 1879 in Rom stand die Erforschung höherer Luftschichten im Raum. Julius von Hann (1839 bis 1921), Direktor der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus (später: ZAMG; heute: Geosphere Austria), wurde aktiv. Er hatte die Notwendigkeit permanenter Beobachtungsstationen im Hochgebirge erkannt. Die damals existierenden Stationen am Obir (2.044 Meter) in Kärnten und am Schafberg (1.776 Meter) in Oberösterreich, sollten durch eine neue Station am Hohen Sonnblick in über 3.000 Meter Höhe ergänzt werden.


Ignaz Rojacher aus Kolm Saigur (Salzburg) realisierte am Hohen Sonnblick Julius Hanns Vision einer Hochgebirgswetterstation.
Sonnblickverein / GeoSphere Austria.

Ein kühner Gedanke in einer Zeit, als die Erschließung der alpinen Hochgebirgsregionen noch in der Frühphase war. In der Person von Ignaz Rojacher (1844 bis 1891), der seit 1876 den Goldbergbau in Kolm Saigurn (Pinzgau, Salzburg) am Nordhang des Hohen Sonnblicks betrieb, fand der Visionär Hann einen Macher. Der technikaffine Rojacher, vulgo "Kolm Naz", und seine hochgebirgserfahrenen Knappen errichteten die Station.


Die fast fertige Hochgebirgswetterstation im Sommer 1886 auf dem Hohen Sonnblick auf 3.106 Meter.
Sonnblickverein.

Der Alpenverein übernahm die Kosten für das Holzhaus am Berggipfel. Die Österreichische Meteorologische Gesellschaft (heute: ÖGM) kümmerte sich um die Finanzierung des gemauerten Anemometer-Turms in 3.106 Meter Höhe, die Telefonleitung vom Gipfel via Kolm Saigurn zum 25 Kilometer entfernten Rauris, sowie um die Instrumente. Das nötige Geld kamen durch Sammlungen zustande; Kaiser Franz Joseph I. trug 500 Gulden bei.

Mit dem Erzwagen bergauf
Für die Bezwingung des Gipfels stand die bergmännische Infrastruktur Rojachers, ein Schrägaufzug bis auf 2.100 Meter Seehöhe, zur Verfügung. Bei der Eröffnung des Observatoriums, am 2. September 1886 beförderte die Bahn auch die weit angereisten Gäste. "In den Erzwagen lagen je zwei Festgäste auf dem Boden, die begleitenden Führer, Knappen oder die sonst mit diesem Transport Vertrauten, standen auf den Balken, welche die Gestellsrahmen des Wagens bildeten; sie neigten sich wohl auch über die Insassen des Wagens, wenn es sehr steil in die Höhe ging und schnitten dadurch den etwas unheimlichen Blick in die Tiefe ab", beschreibt Generalmajor Albert Edler von Obermayer (1844 bis 1915), langjähriger Präsident des Sonnblickvereins, die abenteuerliche Fahrt nach oben.


Generalmajor Albert Edler von Obermayer, langjähriger Präsident des Sonnblickvereins, erinnerte sich an abenteuerliche Fahrten mit dem Erzwagen.
Sonnblickverein.

Die Versorgung der Beobachterstation, die in der Frühzeit von Bergknappen Rojachers betrieben wurde, war eine stete Herausforderung: "Bei dem vierten und letzten Aufstieg am Sonnblick, den ich mit Rojacher Mitte September des Jahres 1886 unternahm, waren die Vorräthe so ziemlich ausgegangen, es wurden infolgedessen Pflanzeln [Dialekt: für faschierte Laibchen] in Wasser gekocht, bestehend aus Mehl, etwas Fett und jährigem, geselchtem Bockfleisch." Rojacher hatte zwar gleich gesagt: "gut is nöt, aber essen kann ma's", so Obermayer. Ab 1887 war die Kulinarik am Berg besser – die Verpflegung wurde täglich hinaufgetragen.


Schon bald bekam das Sonnblick Observatorium an dessen Westseite mit dem Zittelhaus einen Zubau für Touristinnen und Touristen.
AKON / onb.ac.at.

Die Station verfügte neben einem Beobachterzimmer auch über eine Gelehrtenstube. Im Dachboden gab es zwei Zimmer mit je vier Betten für Touristinnen und Touristen, die Möblierung hatte der Österreichische Touristenklub beigestellt. Westlich bekam das Observatorium mit dem Zittelhaus, benannt nach dem Münchner Paläontologen Karl Alfred von Zittel (1839 bis 1904), der von 1886 bis 1888/89 Präsident des Alpenvereins war, einen Zubau für Touristinnen und Touristen.

Wissenschaftliche Fragestellungen
Einige Monate vor der Eröffnung des Observatoriums skizzierte der Meteorologe Josef Maria Pernter (1848 bis 1908) die wissenschaftliche Infrastruktur am Hohen Sonnblick. "Die laufenden Beobachtungen werden am Barometer, Thermometer, Hygrometer, Regen- und Schneemesser und der Windfahne angestellt werden. Der Beobachter wird telephonisch mit Kolm-Saigurn und Rauris in Verbindung stehen und von da wird täglich seine Morgenbeobachtung der Centrale in Wien telegraphisch mitgetheilt." Neben dem permanenten Monitoring und der Datenlieferung nach Wien bot die Station auch Gelegenheit "für alle jene Forscher, welche für kürzere oder längere Zeit in dieser freien, reinen Höhe ihren Aufenthalt nehmen wollen, um Fragen der Wissenschaft zu lösen, die nur auf hohen Gipfeln, in reiner Luft beantwortet werden können." (Das Vaterland, 16. Mai 1886). Diese Zeilen Pernters, der 1897 als Nachfolger Hanns Direktor der "Zentralanstalt" in Wien wurde, gelten im Wesentlichen bis zum heutigen Tag.

Pernter, der unter anderem die Windverhältnisse am Sonnblick auswertete und sich mehrmals länger im Sonnblickobservatorium für Forschungen aufhielt, publizierte seine Erfahrungen auch in der renommierte Zeitschrift Nature (17. Juli 1890) unter dem Titel "A Winter Expedition to the Sonnblick". Das Sonnblick-Observatorium rückte damit ins Bewusstsein der internationalen Community. Diese Bekanntheit wurde später zu einem Überlebensfaktor der Station.


Der Meteorologe Josef Maria Pernter wertete 1891 die mit dem Anemometer am Turm des Sonnblick Observatoriums gemessenen Windverhältnisse aus.
GeoSphere Austria / Sonnblickverein.

Die wichtige Rolle des Sonnblickvereins
Zunächst finanzierten die Österreichische Gesellschaft für Meteorologie (ÖGM) und der Alpenverein den laufenden Betrieb des Observatoriums. Doch der Finanzierungsmix erwies sich bald als zu wenig nachhaltig. Im Sommer 1888 regte Pernter an "einen spiciellen [sic!] Sonnblickverein zu constituiren, der sich aus touristischen und wissenschaftlichen Interessenten bilden sollte und durch eine kleine jährliche Mitgliedstaxe im Stande wäre, alle Existenzsorgen unserer Lieblingsstation zu beseitigen." (Das Vaterland, 14. Juli 1888). Bis zur konstituierenden Generalversammlung des Sonnblickvereins im Grünen Saal der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien sollte es noch dauern. Am 18. Dezember 1892 war es so weit. Als Präsident wurde Albert Edler von Obermayer gewählt, unter den Mitgliedern der ersten Stunde, die mit Beiträgen von zwei Gulden pro Jahr die Grundlage für die Finanzierung des Observatorium lieferten, war auch der Geograf und Meteorologe Wladimir Köppen (1846 bis 1940) aus Hamburg.

Folgt man der Reichspost vom 21. März 1902, ging Pernter am Beginn des 20. Jahrhunderts in Sachen Sicherung des Sonnblickobservatoriums einen Schritt weiter. Er schlug vor, "bei der Unterrichtsverwaltung [=Unterrichtsministerium] Schritte einzuleiten, damit die Sonnblick-Station in die Pflege des Staates übernommen werde."

Von den Kriegsjahren zum Kongress 1922
Während des Ersten Weltkrieges wurde es eng. Der Verlust von Mitgliedsbeiträgen durch Austritt, Tod oder Einrücken und die Versorgung der Station mit Lebensmitteln waren kaum zu bewältigen. Im zweiten Kriegsjahr hungerten die Menschen. "Das ganze Tal hinein herrschte empfindlicher Mangel an Mehl, Brot, Fett und Fleisch, Eiern, Erdäpfeln und Milch, Dingen, die sonst die Kost des Beobachters ausmachten, sich aber nun auf die Entfernung kaum beschaffen ließen. Jeder hatte drunten schließlich mit sich selber zu tun und konnte sich wenig um den Beobachter oben kümmern." In dieser Not schickte die ZAMG in Wien "mehrere Kisten Konserven und Militärzwieback", die allerdings "bei dem Mangel an Fahrwerk und Trägern" nur mit größten Mühen und Kosten auf den Berg gebracht werden konnten (Jahresbericht Sonnblickverein 1915). Im nächsten Jahr half die ÖGM aus.


1922 sorgte Felix Maria Exner mit einem Kongress auf dem Hohen Sonnblick für Schlagzeilen, mit dabei war auch der Physiker und Meteorologe Alfred Wegener.
© GeoSphere Austria / WIKIPEDIA Gemeinfrei.

Im Oktober 1922 sorgte der damalige Direktor der ZAMG, Felix Maria Exner (1876 bis 1930), mit einer "zwanglosen Meteorologenzusammenkunft" für Schlagzeilen. Unter den 28 Gästen aus Deutschland, Skandinavien, Holland, Ungarn und Österreich waren auch drei Frauen. Erwähnt sei Else Wegener, Ehefrau von Alfred Wegener (1880 bis 1930). Er hatte 1912 mit der Arbeit "Die Entstehung der Kontinente", die Theorie der Kontinentaldrift begründet. Else war die Tochter von Wladimir Köppen, einem frühen Förderer des Sonnblicks. Sie erinnert sich an "drei unvergeßliche Tage" (14. bis 16. Oktober) und hält in der Biographie Wegeners (1960) fest: "Wir drei Frauen, die wir mit heraufgekommen waren, saßen vor dem Zittelhaus und staunten in diese Schönheit hinaus, während die Männer brav im Zimmer Vorträge hörten."

Exner nennt Details von drinnen, "es mag dies der erste Fall gewesen sein, dass in einer wissenschaftlichen Versammlung der Vortragende in Hemdärmeln und Pantoffeln vor seinem Auditorium stand und ihm an der Tafel die zum Trocknen ausgehängten Stiefel und Strümpfe um das gelehrte Haupt baumelten." Doch die Wissenschafter hatten ihre Freude. "Am Abend wurde sogar getanzt, nicht nur auf österreichisch, sondern auch auf norwegisch und ungarisch." (Neue Freie Presse, 2. November 1922). Neben unvergesslichen Erinnerungen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer brachte die Tagung auch ansehnliche Spendenbeiträge seitens der internationalen Wissenschaftsgemeinde.

"Wiener Kinder retten Sonnblickobservatorium"
Erfolgte während des Zweiten Weltkriegs die Versorgung mit Trägern, begann nach Kriegsende der Bau einer Materialseilbahn. 1946, als es mit der Versorgung eng wurde, rief man die amerikanischen Besatzungsmächte zu Hilfe. Douglas-Transportmaschinen warfen fünf Tonnen Kohle zum Heizen, mehr als 500 Kilogramm Nahrungsmittel und Treibstoff für den Generator ab (Die Weltpresse, 15. November 1946). 1947 war die Materialseilbahn fertig. Als es Probleme gab, halfen im April 1949 erneut Flugzeuge aus ("Eine Luftbrücke für zwei Mann"; Neue Zeit, 27. April 1949). Im Sommer stand die Materialseilbahn vor dem Aus, der Betrieb des Observatoriums war fraglich. "Sonnblick-Observatorium vor Auflösung" titelte der Wiener Kurier am 28. Juli 1949.


"Der Sonnblick ruft" löste 1951 als Buch und 1952 als Film eine österreichweite Welle der Solidarität und Unterstützung aus. 2011 erlebte das Buch eine Neuauflage.
© Österreichische Nationalbibliothek [Digital] / Rupertus Verlag.

Was dann folgte, war eine einzigartige Crowdfunding-Aktion, eine österreichweite Kampagne für die Wissenschaft. Treibende Kraft war der Wiener Lehrer Josef Bendl (1914 bis 1984). Er konnte in der schweren Zeit der Besatzung Kinder motivieren, durch unzählige kleine Spenden zur Rettung des Observatoriums beizutragen, wie der Wiener Kurier vom 25. Februar 1950 mit seiner Schlagzeile über die Rettung des Observatoriums verkündete. Bendl schrieb auch das Buch "Der Sonnblick ruft" (1951), das 1952 verfilmt (Regie: Eberhard Frowein, Uraufführung 8. April 1952 in Wien) und als Klassiker der Jugendliteratur 2011 neu aufgelegt wurde. Er löste eine Welle der Solidarität aus. Bis zum Sommer 1951 hatte der "Verein zur Erbauung einer Material-Seilbahn auf den Sonnblick" rund 100.000 Schilling gesammelt. 1953 ging sie in Betrieb und wurde in den 1980er Jahren saniert.

Die internationale Klima- und Umweltforschungsstation
Im 21. Jahrhundert wurde und wird das Messprogramm stetig erweitert. Das Monitoring folgt internationalen Messprogrammen und Standards, koordiniert werden sie von der WMO (World Meteorological Organization), der Weltwetterorganisation. 2016 wurde das Observatorium innerhalb der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) eigenständig und bekam mit der Erdsystemwissenschaftlerin Elke Ludewig, die ab 2014 das meteorologische Observatoriums der Neumayer-Station in der Antarktis geleitet hatte, eine ambitionierte Chefin. Damit war die Verantwortung über Personal, Infrastruktur, Monitoring und Wissenschaft in einer Hand. Wissenschaftlich führte dies zur internationalen Stärkung des Observatoriums. Im Bereich Infrastruktur begann die Ära Ludewig mit der Planung und Erneuerung der alten Sonnblick-Seilbahn. 2018 wurde sie samt sicherer Personenkabine eröffnet.


Aus der Vogelperspektive ist die Anordnung der zahlreichen Messgeräte auf der Messplattform des Sonnblick Observatorium gut zu überblicken.
GeoSphere Austria_Weyss.

Das Observatorium ist integriert in europäische Forschungsinfrastrukturnetzwerke, wie dem langfristigem Ökosystemprogramm LTER (Long-Term Ecosystem Research in Europe) oder ACTRIS (Aerosol, Clouds and Trace Gases Research Infrastructure), wo es unter anderem um Aerosole geht. Sie trägt zum GAW-Programm (Global Atmosphere Watch) der WMO, wo die Atmosphäre im Mittelpunkt steht, bei. Am Hohen Sonnblick befindet sich auch das europäische Zentrum von ECCIN (European Center for Cloud ambient Intercomparison), einem Forschungsprogramm über Wolkeneigenschaften.

Mit Mai 2022 wurde die Infrastruktur des Sonnblick Observatoriums vom Sonnblick Verein an die ZAMG, die mit 1. Jänner 2023 zur Geosphere Austria wurde, übergeben. Damit kam – 120 Jahre nach Pernters Vision – die höchste Wetterstation des Landes in staatliche Obsorge.
(Thomas Hofmann, Christa Hammerl, 12.9.2023)

Thomas Hofmann ist Leiter der Bibliothek, des Verlags und des Archivs der Geosphere Austria und freier Autor.
Christa Hammerl ist Historikerin an der Geosphere Austria und Spezialistin für historische Erdbebenforschung.


Links
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