Berliner Flughafen Tegel wird mit 8. 11. 2020 geschlossen und der neue Flughafen Berlin Brandenburg - "BER" nimmt mit 31.10.2020 den Flugbetrieb auf

josef

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#1
Berliner Flughafen Tegel macht endgültig dicht
Die letzte Maschine soll am 7. November Richtung Paris abheben. Für die Weiternutzung des Flughafengeländes gibt es bereits Pläne

Die Zeit des Berliner Flughafens Tegel ist abgelaufen.
Foto: imago images/Schöning

Die Architektur war für damalige Verhältnisse außergewöhnlich.
Foto: imago images/Günter Schneider

Auch die Concorde flog den Airport an.
Foto: imago images/Gerhard Leber
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Für viele Berliner ist Tegel ein emotional aufgeladenes Symbol.
Foto: imago images/Jürgen Ritter
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Am 7. November soll hier die letzte Maschine Richtung Paris starten.
Foto: imago images/Metodi Popow

Berlin – Wer die Reichstagskuppel besucht, kann dort regelmäßig die Maschinen beobachten, die von Tegel aus in den Himmel über Berlin starten. So manchen stimmen solche Szenen inzwischen nostalgisch, denn wenn der Hauptstadtflughafen BER Ende Oktober wie geplant eröffnet wird, muss der alte Flughafen Tegel schließen. Dass er überhaupt noch in Betrieb ist, liegt nur an der beispiellosen Pannenserie beim BER-Bau, der deshalb mit neun Jahren Verspätung an den Start geht.

Viele Berlinerinnen und Berliner waren in der Zwischenzeit heilfroh, weiter mit Bordkarten reisen zu können, auf denen der vertraute Flughafencode TXL zu lesen war. Manche halten den Flughafen im Nordwesten Berlins sogar weiterhin für unverzichtbar, auch wenn er längst aus allen Nähten platzt. Ähnlich wie der Flughafen München-Riem, der bereits 1992 geschlossen wurde und heute Standort der Neuen Messe München ist.

Sechseckiges Terminal
Als in Tegel 1948 kurz nach Beginn der Berlin-Blockade in heute schwer zu glaubenden 90 Tagen ein Flugplatz gebaut wurde, war nicht abzusehen, dass er für die Menschen im Westteil der Stadt zum Tor zur Welt würde. Die erste Linienmaschine landete erst im Jänner 1960.

Die Flughafenarchitektur, die die Berliner heute kennen, ist ein Entwurf der Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg. Beim Wettbewerb für Tegel punkteten sie mit ihrem ungewöhnlichen, als Sechseck konzipierten Terminal. Baustart war 1970, Einweihung vier Jahre später. Seitdem ist die Zahl der Fluggäste bis zum Einbruch in der Corona-Krise fast kontinuierlich gestiegen und hat Dimensionen erreicht, die zu Baubeginn kaum vorstellbar waren: Rund 24 Millionen waren es im vergangenen Jahr.

Ob die britische Königin Queen Elizabeth II, Staatsmänner wie Barack Obama oder Wladimir Putin, Stars wie Marlene Dietrich oder Renée Zellweger, für ihre Berlin-Besuche schwebten sie in Tegel ein. Genau wie Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm, der mit dem goldglänzenden Pokal in der Hand nach dem Sieg bei der Fußballweltmeisterschaft im Juli 2014 in Brasilien aus der Maschine stieg.

Emotionale Erinnerungen
"Das war für viele Fans in Deutschland, auch für mich persönlich, ein sehr emotionaler Moment", gestand der Chef der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Engelbert Lütke Daldrup, kürzlich vor Journalisten. Und solche emotionalen Erinnerungen an den Flughafen Tegel gebe es viele. "Aber Tegel ist viel zu klein geworden und entspricht nicht mehr den Standards eines modernen Flughafens", sagte er. "Wer mal mit 1.500 Personen im Terminal C morgens um sechs an der Security angestanden hat, weiß, wovon ich spreche."

Das sehen viele so, aber nicht alle. Berlins FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja etwa hält die geplante Schließung für einen großen Fehler: "Als Cityairport ist er nicht nur ein unschlagbarer Standortvorteil für den Wirtschafts- und Messestandort Berlin, er ist auch ein Entlastungsprogramm für den augenscheinlich dysfunktionalen BER."

Der Kreis schließt sich
Czaja hat jahrelang für den Erhalt des Flughafens gekämpft. Zusammen mit dem Verein Pro Tegel startete die Berliner FDP 2015 eine entsprechende Initiative. Bei einem Volksentscheid, der den Senat allerdings nicht verpflichtete, den Flughafen offen zu halten, gab es 2017 für das Anliegen fast eine Million Stimmen und damit eine knappe Mehrheit. Alles umsonst.

Letzter Tag mit regulärem Flugbetrieb soll der 7. November sein. Am Tag darauf startet am Nachmittag noch einmal ein Airbus A320 der Air France Richtung Paris. Da schließt sich ein Kreis: Mit der französischen Fluggesellschaft begann 1960 der Linienflugverkehr.

Aber selbst viele Berlinerinnen und Berliner, die gar nicht fliegen wollten, zog es immer wieder nach Tegel. Manche nur, um in der Zeit der Teilung der Stadt von der Besucherterrasse aus Maschinen abheben zu sehen, die bald darauf im Westen landen durften. Tegel sei eben auch ein Symbol für die Freiheit Westberlins gewesen, sagte Lütke Daldrup. Wegen der Corona-Krise war die Besucherterrasse monatelang geschlossen. Seit dem vergangenen Wochenende ist sie wieder offen – bis 7. November.

Urban Tech Republic
Wenn der Flughafen dann tatsächlich dicht ist, soll TXL nicht verschwinden. Das Kürzel steht künftig für ein Projekt, das erst noch entstehen muss: ein neues Stadtquartier mit über 5.000 Wohnungen und Platz für mehr als 10.000 Menschen, direkt neben einem Forschungs- und Industriepark mit dem futuristisch klingenden Namen Urban Tech Republic. Die für die Entwicklung verantwortliche landeseigene Tegel Projekt GmbH will dort Gründer, Studenten, Investoren, Industrielle und Wissenschafter zusammenbringen.

In der Urban Tech Republic sollen einmal bis zu 1.000 Unternehmen und Institute ihren Platz finden. Das bisherige Terminal A ist als Hochschulstandort vorgesehen. Die Häuser im weitgehend autofreien neuen Schumacher-Quartier sollen in Holzbauweise entstehen. An sogenannten Mobility Hubs können Bewohner vom Auto auf Rad oder ÖPNV umsteigen.

Noch ist das Zukunftsmusik. Ein halbes Jahr lang muss Tegel ohnehin betriebsbereit bleiben, die Tegel Projekt GmbH übernimmt das Gelände erst im Sommer 2021. Noch im selben Jahr sollen die ersten Arbeiten beginnen. GmbH-Geschäftsführer Philipp Bouteiller rechnet für 2026 mit den ersten Bewohnern im Schumacher-Quartier – und mit 20 bis 30 Jahren für das gesamte Projekt. Falls sich die Bauzeit nicht unerwartet verlängert. Berlin ist da einiges gewohnt.
(APA, dpa, 8.10.2020)

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Tausende Komparsen testen Berliner Pannenflughafen BER
Berliner Flughafen Tegel macht endgültig dicht - derStandard.at
 
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Berliner Flughafen BER: Der Probebetrieb steht vor dem Abschluss
Der Eröffnung des neuen Berliner Flughafens in zwei Wochen sollte nichts mehr im Wege stehen


Geflogen werden soll am BER nach jahrelangen Verzögerungen ab 31. Oktober.
Foto: Günter Wicker / Flughafen Berlin Brandenburg GmbH
– Gut zwei Wochen vor der geplanten Eröffnung endet am Donnerstag der Probebetrieb auf dem neuen Berliner Hauptstadtflughafen BER. Seit Juni haben 9.000 freiwillige Testpassagiere alle Abläufe im neuen Terminal geprobt – von der Ankunft über den Check-in bis zum Gate. Statt in ein Flugzeug ging es dort jedoch allenfalls in einen Bus. Geflogen werden soll am BER nach jahrelangen Verzögerungen ab 31. Oktober.

Die Verantwortlichen wollen nächste Woche eine Bilanz des Probebetriebs ziehen. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat jedoch schon deutlich gemacht, dass die Testläufe keine schwerwiegenden Mängel zutage gefördert haben. Zugleich dämpfte er die Erwartung, dass bei der Inbetriebnahme alles glatt laufe.

"Es wird sicherlich nicht alles hundertprozentig funktionieren", sagte Lütke Daldrup nach einer Aufsichtsratssitzung am Freitag. Große Schwierigkeiten werde es aber nicht geben. "Die wesentlichen Prozesse sind solide vorbereitet." Die Erfolgsquote beim Probebetrieb sei bis dahin bei gut 82 Prozent gelegen. 80 Prozent seien das Ziel gewesen.

Abläufe kennenlernen
Schon früh zeigte sich etwa, dass die Beschilderung im Terminal verbessert werden konnte. Schließlich sollen die Passagiere ohne Umwege zum Flugzeug kommen. Deutlich wurde auch, dass es vor den Sicherheitskontrollen leicht zu Gedränge kommen kann.

Auch Mitarbeiter der Betreibergesellschaft und weiterer Unternehmen am Flughafen machten beim Probebetrieb mit, um die Abläufe kennenzulernen. Eigentlich sollten rund 20.000 Freiwillige den Flughafen testen. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie erhielten sie alle eine Absage und mussten sich neu bewerben. Weniger Teilnehmer sollten das Abstandhalten ermöglichen. An einem Tag im Juli wurde der Probebetrieb abgebrochen, ein Brandmelder hatte Alarm ausgelöst.

Der Probebetrieb ist nicht vorgeschrieben. Pflicht war nur eine Evakuierungsübung für den Bahnhof, der unter dem Terminal liegt. Sie ging im April über die Bühne.
(APA, dpa, 14.10.2020)

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Vom Pannen-Airport zum Hoffnungsträger Berlins: BER wird eröffnet
Am kommenden Samstag wird der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) nach jahrelangen Verzögerungen eröffnet – eine Chronologie

Der BER soll am 31. Oktober mit der parallelen Landung zweier Flugzeuge – vom britischen Billigflieger Easyjet und der Lufthansa – offiziell eröffnet werden.
Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Berlin – Viele Berliner können es kaum glauben: Der Großflughafen der Hauptstadt wird nun wirklich eröffnet. Am 31. Oktober geht der BER an den Start – rund acht Jahre später als geplant. "Wir deutschen Ingenieure haben uns geschämt", räumte Airportchef Engelbert Lütke Daldrup jüngst ein. Wegen jahrelanger Bauverzögerungen steht das Infrastrukturprojekt als Sinnbild für Fehlplanung, Missmanagement, Aufsichtsversagen und milliardenschwere Verschwendung von Steuergeldern.

Berlin und ganz Deutschland seien dadurch zur Lachnummer geworden, betonte Lütke Daldrup. Deshalb gebe es nun keine große Party. Für Tristesse sorgt zudem die Corona-Krise. Wegen des eingebrochenen Flugverkehrs schreibt der Airport noch auf Jahre hinaus Verluste und benötigt staatliche Hilfen.

40 Millionen Passagiere pro Jahr
Bereits kurz nach dem Mauerfall reifte die Idee eines Flughafens für die Hauptstadtregion. Anfang der 1990er-Jahre suchte die Politik den idealen Standort für einen Neubau, aber vergeblich. Berlin, Brandenburg und der Bund konnten sich erst 1996 einigen, stattdessen den alten DDR-Airport Schönefeld auszubauen. Nach der gescheiterten Beteiligung privater Investoren dauerte es zehn Jahre bis zum ersten Spatenstich am 5. September 2006. Seitdem wurde die Eröffnung wiederholt verschoben. Als peinlicher Höhepunkt gilt der 8. Mai 2012: Nur rund vier Wochen vor der im Juni geplanten Inbetriebnahme zogen die Verantwortlichen überraschend die Reißleine – wegen Mängeln an der Brandschutzanlage. "Kein guter Tag für den Flughafen Berlin Brandenburg", sagte Berlins damaliger Regierender Bürgermeister und Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, Klaus Wowereit. Die Wende zum Besseren gelang erst 2017, als der studierte Raumplaner Lütke Daldrup den Job übernahm, den Airport fertigzustellen.

Kritiker unkten bisher, der BER sei kurz nach Eröffnung bereits zu klein. Dieses Problem hat sich wegen des Passagiereinbruchs in der Corona-Krise nun in Luft aufgelöst. Derzeit kann der BER mit drei Terminals rund 40 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen. Diese Kapazität könnte nach dem Masterplan BER 2040 auf 55 Millionen ausgebaut werden. Doch seit der Corona-Krise und wegen des Klimawandels scheuen viele Experten vor konkreten Prognosen zur Zukunft des Luftverkehrs zurück. So wird das frisch gebaute BER Terminal 2 mindestens bis zum Frühjahr gleich wieder eingemottet, weil in der Viruspandemie schlicht die Fluggäste fehlen. Fertigten die Airports Tegel und Schönefeld 2019 noch knapp 36 Millionen Passagiere ab, bricht die Zahl laut Lütke Daldrup dieses Jahr wohl auf zehn Millionen ein. Das Vorkrisenniveau sei erst 2024 wieder in Sicht.

Arg strapaziert
Damit ist auch die Planung Makulatur, dass der BER ab 2025 Gewinne abwirft. Stattdessen erhöht sich der angepeilte Finanzierungsbedarf von rund 792 Millionen Euro für die Jahre 2021 bis 2024 durch die Viruskrise "signifikant", wie die Flughafengesellschaft FBB einräumt. Also müssen die Eigentümer Berlin, Brandenburg (je 37 Prozent) und der Bund (26 Prozent) zuschießen, da die FBB in den unsicheren Zeiten der Pandemie derzeit kein Fremdkapital anzapfen kann. Der Airport rechnet für 2020 mit weiteren 300 Millionen Euro an Zuschüssen und Darlehen. Im nächsten Jahr dürfte der zusätzliche Finanzbedarf bei 540 Millionen Euro liegen, wenn die Passagierzahl mit knapp 18 Millionen die Hälfte von 2019 erreicht. Finanzexperten befürchten, dass der Airport noch über Jahre unter der hohen Verschuldung ächzen und lange rote Zahlen schreiben wird.

Dabei hat das Projekt die Kassen der öffentlichen Hand bereits arg strapaziert. Lütke Daldrup nannte die Kostensteigerung von rund 2,7 Milliarden auf knapp sechs Milliarden Euro jüngst nicht akzeptabel. Wegen einer Vergrößerung des Airports zu den ursprünglichen Planungen von 2005 verdreifachten sich die Kosten sogar fast.

Hohn und Spott
Eine Sehnsucht von Flughafenbetreiber, Politik und regionaler Wirtschaft dürfte unerfüllt bleiben: mehr Non-Stop-Langstreckenflüge von Berlin aus in die weite Welt und zurück. Diesen Appell hat Lütke Daldrup wiederholt an Lufthansa und die deutsche Bundesregierung gerichtet. Lufthansa-Chef Carsten Spohr schmetterte dies jüngst im "Tagesspiegel"-Interview nüchtern ab: "Wenn es sich rechnen würde, würden das viele Fluglinien sofort anbieten." So haben die Großflughäfen in Frankfurt und Düsseldorf ein deutlich größeres Einzugsgebiet als Berlin.

Der Anfang des BER sorgt für ein Ende vieler Kalauer. Denn das jahrelange Bauchaos bescherte dem Airport Hohn und Spott. So heißt es etwa in Anlehnung an das berühmte Zitat des früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht kurz vorm Mauerbau 1961: "Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu errichten." Doch die Zeit der Witze ist nun vorbei. Wegen der dramatischen Corona-Folgen haben die Airportbetreiber ohnehin nicht viel zu lachen.

Die wichtigsten Etappen im Überblick:
1996
Die BER-Gesellschafter Berlin, Brandenburg (je 37 Prozent) und der Bund (26 Prozent) verzichten nach jahrelanger Suche nach einem idealen Standort auf einen neuen Flughafen und einigen sich stattdessen auf den Ausbau des DDR-Airports Schönefeld zum Großflughafen Berlin-Brandenburg. Die innerstädtischen Berliner Flughäfen Tegel und Tempelhof sollen geschlossen werden. Geplant ist auch die Beteiligung privater Investoren, die nach mehreren Anläufen 2003 letztlich scheitert.

2004
Nach dem Planfeststellungsbeschluss durch die brandenburgische Luftverkehrsbehörde wird der Bau vorbereitet.

2006
Das deutsche Bundesverwaltungsgericht gibt grünes Licht für den Ausbau. Am 5. September kommt es zum ersten Spatenstich mit geplanter Eröffnung im Oktober 2011.

2008
Der vor allem durch die Luftbrücke 1948/49 bekannt gewordene Flughafen Berlin-Tempelhof schließt am 31. Oktober.

2010
Der BER-Eröffnungstermin 30. Oktober 2011 wird auf den 3. Juni 2012 verschoben. Grund sind unter anderem Verzögerungen bei der technischen Gebäudeausstattung.

2012
Am 8. Mai wird die für den 3. Juni 2012 geplante Eröffnung überraschend abgesagt und mit Mängeln an der Brandschutzanlage begründet. "Kein guter Tag für den Flughafen Berlin Brandenburg", sagt Berlins Regierender Bürgermeister und Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, Klaus Wowereit. Zunächst gehen die Verantwortlichen davon aus, dass der Airport nach den Sommerferien seine Pforten öffnen kann. Nach einer Bestandsaufnahme des neuen Technikchefs Horst Amann am 7. September gilt der 27. Oktober 2013 als neuer Eröffnungstermin.

2013
Wegen Problemen an der Brandschutzanlage wird die Eröffnung erneut verschoben.

2014
Die Geschäftsführung nennt am 12. Dezember 2014 das zweite Halbjahr 2017 als neuen Terminkorridor zur Inbetriebnahme des BER.

2017
Die Flughafen-Betreibergesellschaft FBB teilt am 21. Jänner mit, dass der Flughafen BER nicht wie geplant 2017 in Betrieb gehen kann. Erst am 15. Dezember wird als neuer Termin Oktober 2020 genannt. Berlins Flughafenkoordinator und Staatssekretär Engelbert Lütke Daldrup übernimmt als Chef der FBB den Steuerknüppel, um den Bau zu Ende zu bringen.

2019
Am 29. November wird der Eröffnungstermin auf den 31. Oktober 2020 festgelegt.

2020
Die zuständige Bauaufsichtsbehörde bestätigt am 28. April die Fertigstellung des Terminala 1. Ende April beginnt der Probebetrieb mit Flughafenmitarbeitern, der Anfang Juli auf rund 10.000 Freiwillige ausgeweitet wird. Der BER soll am 31. Oktober mit der parallelen Landung zweier Flugzeuge – vom britischen Billigflieger Easyjet und der Lufthansa – offiziell eröffnet werden. Am 8. November soll der vor allem bei Westberlinern beliebte innerstädtische Airport Tegel schließen.
(APA, Reuters, 29.10.2020)
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#6
Das Milliardengrab öffnet seine Pforten
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Weit über die deutschen Grenzen hinweg haben der Flughafen Berlin Brandenburg und sein Kürzel BER es jahrelang in die Schlagzeilen geschafft – die dortigen Vorgänge haben vielfach für Fassungslosigkeit gesorgt. Zu kurz geratene Rolltreppen, falsch gepflanzte Bäume, unauffindbare Räume und ein Licht, das sich nicht ausschalten ließ – augenscheinliche Negativhighlights eines dunklen Milliardengrabs. Jetzt, ausgerechnet in der schwersten Krisenzeit für die Luftfahrt, kann eröffnet werden.

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Dass eine Inbetriebnahme nun mit neun Jahren Verspätung tatsächlich möglich ist, war das Fazit des seit April abgehaltenen, zuletzt beendeten Probebetriebs – aus einem fertiggestellten Gebäude sei in den Monaten ein funktionsfähiger Airport gemacht worden, hieß es. Fast 10.000 Komparsinnen und Komparsen waren am drittgrößten deutschen Flughafen unterwegs, rund 179.000 Gepäckstücke wurden abgefertigt, 54.000 Buchungen für 2.350 fiktive Flüge wurden vorgenommen.

Am Samstag geht das alles in den Echtbetrieb über – da landen am frühen Nachmittag zwei Maschinen von Lufthansa und easyJet. Dass um dieses denkwürdige Ereignis kein großes Aufsehen gemacht werden soll, liegt ausnahmsweise in erster Linie nicht an der laufenden Gesundheitskrise – es hätte wohl auch ohne das Coronavirus keine allzu große Party gegeben: „Wir werden einfach aufmachen“, wollte sich Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup auf das Wesentliche beschränken.

Reuters/Annegret Hilse
Die Inbetriebnahme beginnt mit der Eröffnung des Terminals 1 (im Bild)

Explodierte Kosten
Dazu geben die Umstände allen Anlass – denn noch mehr als die neunjährige Verspätung wiegt die Kostenexplosion: Mit 1,9 Milliarden Euro wurde zum Baustart 2006 kalkuliert, am Ende wird das Projekt wohl über sechs Milliarden Euro kosten. Für den Großteil davon kommen die Steuerzahlerin und der Steuerzahler auf, denn der Flughafen gehört der öffentlichen Hand. Die Länder Berlin und Brandenburg haben jeweils 37 Prozent Anteil, 26 Prozent der Bund. Die drei Gesellschafter bürgen zu 100 Prozent für das Großprojekt, sonst wäre die Finanzierung nicht zustande gekommen.

Dass der Betrieb mittelfristig in wirtschaftlicher Hinsicht kein Schlager wird, passt gut zur Geschichte – wenngleich an den eingebrochenen Passagierzahlen freilich niemand schuld ist. Immerhin bietet die vorerst geringere Auslastung (gerechnet wird mit etwa 20 Prozent) die Chance auf einen sanften Einstieg – freilich ein zweifelhafter Vorteil. Entsprechend wurde zuletzt über anstehende Kosten debattiert: So sah etwa Verkehrsminister Andreas Scheuer weiteren Bedarf an staatlichen Hilfen für den Airport.

„Klotz am Bein“
Dass dem neuen Airport also auch in Zukunft wohl viel Geld zugeschossen werden muss, sei absehbar, so der Tenor – oder wie es der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, ausdrückte: Der Hauptstadtflughafen bleibe „ein Klotz am Bein“. Hofreiter zeigte sich überzeugt davon, „dass der Flughafen entschuldet werden muss“, es brauche „ein Entschuldungskonzept, und das muss ehrlich auf den Tisch“, so der Grünen-Politiker.

Reuters/Annegret Hilse
Eine teils verhüllte Lufthansa-Maschine auf dem neuen Airport in Berlin im Vorfeld der Eröffnung

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller ging indes davon aus, dass der neue Airport kein Zuschussgeschäft bleibt. „Wir haben mit Tegel und Schönefeld gesehen, dass ein Flughafen Geld verdient“, sagte der SPD-Politiker der dpa. Zwar habe man durch die Pandemie „weniger Passagiere und weniger Unternehmen (…)“, so Müller, doch „wenn wir die Krise überwunden haben, wird man mit dem neuen Flughafen Geld verdienen, genauso wie mit dem alten.“

„Viele Köche verderben den Brei“
Wieso die Kosten so derart in die Höhe schossen, dass bereits vor der Eröffnung über eine Entschuldung geredet werden muss? Einer der Auslöser war die besagte Eigentümerstruktur. Das meint zumindest der frühere Flughafenchef Hartmut Mehdorn. Berlin, Brandenburg und Bund hätten stets unterschiedliche Interessen, Behörden und Parteienkonstellationen gehabt. „Viele Köche verderben den Brei“, so Mehdorn. Er war 2015 nach Konflikten mit dem Aufsichtsrat nach zwei Jahren im Amt zurückgetreten. Jetzt übt er sich in Zuversicht, BER werde ein „Wirtschaftsmotor“ für die Region sein.
Bis dahin wird es wohl noch dauern – als Trost dafür kann herhalten, dass die Zukunft kaum noch schlimmer werden kann als die Vergangenheit. Ganze sechs Eröffnungstermine sind im Laufe der Jahre geplatzt. Baumängel, technische Probleme, Personalwechsel und Planungsfehler warfen das Projekt immer wieder zurück. Allen voran Letztere hätten sich laut Mehdorn infolge der anfangs zu kleinen Konzeption fatal ausgewirkt: „Wer ein Einfamilienhaus plant und es heimlich in ein Dreifamilienhaus ändert, darf sich am Ende nicht über Zeit- und Terminüberschreitungen wundern.“

Reuters/Arnd Wiegmann
Spatenstich im Jahr 2006: der damalige Bahn- und spätere Airport-Chef Mehdorn, die Ex-Regierungschefs Klaus Wowereit (SPD, Berlin) und Matthias Platzeck (SPD, Brandenburg) sowie der damalige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (v. l. n. r.)

„Havariertes Projekt auf Kurs zu bringen, ist schwer“
Auch Mehdorns Nachfolger, Karsten Mühlenfeld, kritisierte anlässlich der Eröffnung zuletzt, dass die Verantwortlichen die Pläne für den Flughafen zu häufig geändert hätten, ohne auf bautechnische Themen zu achten. Etwa als ins Terminal noch nach Baubeginn 2006 ein zusätzliches Geschoß eingezogen wurde sowie Seitenflügel und Gates für das mittlerweile schon wieder aus der Mode gekommene Riesenflugzeug A380 angedockt wurden. „Ein havariertes Projekt auf Kurs zu bringen, ist immer schwer“, so Mühlenfeld, der heute für Ryanair arbeitet.

Apropos aus der Mode gekommen: Die lange Bauzeit und die bereits viele Jahre zurückliegende Konzeption bringen es mit sich, dass mit dem neuen Airport auch das ein oder andere Stück Vergangenheit eröffnet – konkret könnten Fluggäste an so mancher Stelle bemerken, dass der Hauptstadtflughafen aus einer anderen Zeit stammt.

Vieles wurde freilich nachgerüstet, etwa Self-Check-in-Schalter. Und weil es kaum Steckdosen gibt, wurden USB-Ladestationen für Handys an die Gates gestellt. Auch die Bildschirme in den Ankunfts- und Abflugbereichen sind neu, schließlich waren 750 Stück jahrelang in Betrieb, zeigten testweise Flugziele und Schalternummern – bis sie schrottreif waren und entsorgt werden mussten.

Tegel sperrt zu, Schönefeld läuft unter BER
Die Inbetriebnahme des neuen Flughafens wirkte sich unterdessen auch auf die übrigen Airports der Stadt aus: Der Flughafen Tegel (TXL) – immerhin 60 Jahre in Betrieb und von vielen Berlinerinnen und Berliner aufgrund kurzer Wege geliebt – wird am 8. November seine Pforten schließen. Der bisherige Flughafen Schönefeld hingegen hat „nur“ seinen Status als eigenständiger Flughafen verloren – er wird als „BER Terminal 5“ Bestandteil des neuen Hauptstadt-Airports.

Hätte der Flughafen im Übrigen unter normalen Bedingungen eröffnet, wäre er – trotz stetiger Vergrößerungen im Laufe der Jahre – fast zu klein gewesen: Der neue Hauptterminal ist laut Flughafengesellschaft für 22 Millionen Passagiere jährlich konzipiert. Im Jahr 2019 sind aber bereits 35,6 Millionen Menschen von den Berliner Airports abgeflogen. Deshalb wurde ab 2017 der Terminal 2 gebaut – hier können jährlich zusätzlich sechs Millionen Fluggäste abgefertigt werden. Ergänzt wird das alles noch durch den Terminal 5 in Schönefeld.

„Riesenglück gehabt“
Es ist also schon fast eine Ironie des Schicksals, dass nun infolge des Passagiereinbruchs tatsächlich von Glück die Rede ist: „Die haben ein Riesenglück gehabt“, sagte Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) in der „Zeit“. Jetzt sei der neue Flughafen „vermutlich genau richtig dimensioniert“.

Begleitet dürfte die Eröffnung von Protestmaßnahmen werden – eine Reihe von Protestaktionen ist angekündigt. Die Polizei rechnet insgesamt mit rund 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Gruppe „Am Boden bleiben“ kündigte an, sie wolle die Eröffnungsfeier mit einer Aktion zivilen Ungehorsams „massiv stören“. Es könne nicht sein, dass in Zeiten der immer heftiger werdenden Klimakrise ein neuer Flughafen eröffnet werde.
31.10.2020, sime, ORF.at/Agenturen

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Neuer Berliner Flughafen: Das Milliardengrab öffnet seine Pforten
 

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#7
Abschied vom Berliner Flughafen der Herzen
Am Wochenende schließt, nach 70 Jahren, der Flughafen Tegel. Die Berliner verabschieden sich mit Wehmut von ihrem legendären Wohnzimmer-Airport

Der Flughafen, benannt nach dem Ortsteil Tegel, hat nach der Eröffnung des BER ausgedient. Auf dem Areal entsteht nun ein Forschungs- und Industriepark.
Foto: Imago

Still ist es geworden – und leer. Die meisten kleinen Läden sind schon geschlossen. Nur noch ein paar Magazine liegen dort, wo man früher Berliner Bären, Schokolade, Regenschirme, Duschgel und schrecklich teure Sandwiches kaufen konnte. Einsam sitzt ein Sicherheitsmann auf seinem Platz und schaut aufs Handy.

Früher kam man im Terminal A manchmal kaum vorwärts, weil die Warteschlange nach Madrid den Weg versperrte oder, gleich daneben, die Ankommenden aus Wien so freudig begrüßt wurden, dass man Platzangst bekam – erst recht, wenn sich vor dem Lost-&-Found-Counter auch viele versammelt hatten.

Doch in diesen letzten Tagen des Berliner Flughafens Tegel ist nicht mehr viel los. Auch zum Gate A 13 zum Flug nach London wollen nur noch ein paar Passagiere. "Das ist mein letzter Flug heute von Tegel, und das tut mir schon sehr leid. Es ist einfach schade um diesen sehr besonderen Flughafen", sagt Sabine. Sie hat ihn, wie viele andere Berlinerinnen und Berliner, immer ein wenig als "Wohnzimmer" empfunden.

Nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernt, erschwingliche Taxifahrten, und am Airport selbst keine langen Fußmärsche – so werden viele TXL in Erinnerung behalten. Irgendjemand hat einmal ausgerechnet, dass man im günstigsten Fall vom Auto zum Gate nur 28 Meter gehen musste. "Du warst klein und hast Großes geleistet", heißt es unter dem Hashtag #dankeTXL.

"Da hat es der BER extrem schwer, auch nur ansatzweise heranzukommen", meint ein Tegel-Fan im Netz. Doch der BER ist genau der Grund, warum Tegel nun in Pension muss. Es war immer klar: Wenn der BER ans Netz geht, dann schließt der alte Hauptstadtflughafen.
Jetzt ist es so weit, auch wenn es viele Berlinerinnen und Berlin nicht wahrhaben wollen. Doch die Eröffnung des BER hat sich tatsächlich nicht noch einmal verzögert, sie gelang am vergangenen Wochenende mit neun Jahren Verspätung.

Der letzte Flug geht nach Paris
Heute, Samstag, starten in Tegel die letzten Maschinen, und am Sonntag schließt sich der Luftkreis mit einem allerletzten, besonderen Abflug. Eine Maschine der Air France wird in den Himmel steigen und nach Paris fliegen. Vor 60 Jahren, am 2. Jänner 1960, war es ein Flugzeug aus Paris, das den Linienverkehr in Tegel einläutete. Damals durften nur die Fluglinien der drei Westalliierten (Frankreich, USA, Großbritannien) den Airport anfliegen.

Auch der Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist betrübt, dass dieses Kapitel nun endet. "So ein Flughafen mitten in der Stadt mit so kurzen Wegen, wo man quasi vom Auto aus den Check-in-Schalter sieht, den wird es so wohl nie wieder geben", bedauert er, fügt aber hinzu: "Auf der anderen Seite eröffnet uns der BER wieder neue Möglichkeiten, die Tegel nie bieten konnte."

Wohl wahr. Denn bei aller Nostalgie, es war häufig zum Aus-der-Haut-Fahren, und das begann schon bei der Anfahrt. Wenn es sich staute – und das tat es oft –, dann war es aber immerhin ein demokratischer Stau, unter dem alle litten. Die einen im Taxi, die anderen im TXL-Bus, aber niemand hatte einen Vorteil, denn es ruckelten eben nur Busse raus zum Flughafen, er hatte keinen U- oder S-Bahn-Anschluss.
Das ist jetzt beim BER anders, dort kann man staufrei mit der Bahn anreisen und direkt unter dem Terminal aussteigen.
Dafür hat der TXL bei seiner Errichtung sehr, sehr eindeutig die Nase vorn. 14 Jahre betrug die Bauzeit für den BER, Tegel hingegen wurde in nur 90 Tagen errichtet.

1948 war das, als die Sowjets den Westteil Berlins blockierten. Die Bevölkerung wurde mittels Luftbrücke mit Lebensmitteln versorgt. Doch die Kapazitäten der beiden bestehenden Flughäfen im Westen – Tempelhof und Gatow – reichten nicht aus, also wurde in Windeseile im französischen Sektor ein dritter Flughafen aus dem Boden gestampft. Die Start- und Landebahn war mit 2428 Metern die damals längste in Europa. Nach dem Mauerbau 1961 wurde Tegel für viele Westberliner das "Tor zur Welt". Nur so konnten sie aus ihrer Stadt ausreisen, ohne einen Fuß in die DDR setzen zu müssen.

Auch Dietrich Rudeloff, Renter aus Ostberlin, verbindet mit dem Flughafen viele besondere Erinnerungen. Er steht in der letzten Woche vor der Schließung in der Schlange für die Besucherterrassen an und will noch einmal einen Blick auf jene Landebahn werfen, auf der er den ersten Westberlin-Kontakt hatte.

Keine große Shoppingmall
"Ich durfte aus Ostberlin nicht zu meiner Schwester nach Westberlin fahren", erzählt er. Aber 1986 bekam er eine Genehmigung zur Ausreise für eine Familienfeier in Nürnberg. Mit dem Zug fuhr er hin, setzte sich in den Flieger und flog nach Tegel, um seine Schwester kurz zu sehen: "Es war überwältigend."

"Schick" geworden war Tegel 1974, als das Hauptterminal A eröffnet wurde. Seither steht dort das berühmte Hegaxon, an das die Flugzeuge andocken – geplant von den damals unbekannten Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg. Beide wurden damit berühmt.
Gerkan hat später den Berliner Hauptbahnhof gebaut, aber der ist das Gegenteil von Tegel: eine Shoppingmall mit angeschlossener Reisemöglichkeit. In Tegel hingegen sollten Menschen einfach an- und abfliegen können.

Und das taten immer mehr, vor allem nach der Wende, als auch die Billigflieger mit Trips, die günstiger waren als die Taxifahrt zum Airport, lockten. Für zwei Millionen Menschen jährlich war Tegel 1974 konzipiert worden, 24 Millionen Passagiere wurden 2019 abgefertigt. Es gab Pläne für eine großzügige Erweiterung, aber diese wurden nie umgesetzt. Die später dazugestellten Terminals waren immer nur eine funktionale Notlösung.

Überfüllung am frühen Morgen
"Tegel ist zu klein geworden und entspricht nicht mehr den Standards eines modernen Flughafens. Wer mal mit 1500 Personen im Terminal C morgens um sechs an der Security angestanden hat, weiß, wovon ich spreche", sagt auch der Chef der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Engelbert Lütke Daldrup, dem gelang, den BER tatsächlich an den Start zu bringen.

Die bescheidenen Einkaufsmöglichkeiten konnten viele leicht verkraften, es gibt in Berlin genug Möglichkeiten zum Shoppen. Aber Toiletten, etwas größer als eine Sardinenbüchse, wären schon fein gewesen. Am BER gibt es die natürlich, und die Berliner werden sich daran gewöhnen. Tegel aber schult komplett um. Auf dem Areal entsteht ein Forschungs- und Industriepark. Der Flugbetrieb ist jedoch Geschichte.
(7.11.2020)
Abschied vom Berliner Flughafen der Herzen - derStandard.at
 

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...und der "Nachruf" vom ORF:

BER statt TXL
Abschied vom Berliner Sechseck
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Für viele Berlinerinnen und Berliner ist es ein Ende mit Wehmut – vielleicht auch, weil es mit so vielen Jahren Verspätung passiert und jahrzehntelange Gewohnheiten beendet: Der Flughafen Berlin-Tegel schließt am Sonntag für immer. Dabei wurde er weit länger am Laufen gehalten als geplant – aufgrund der beispiellosen Pannenserie beim Bau des neuen Flughafens. Doch geht mit dem Aus für Tegel ein Stück Nachkriegsgeschichte zu Ende.
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Zwar galt der Flughafen Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ als nicht mehr zeitgemäß, was nicht zuletzt an der Dimension lag – für das Passagieraufkommen war er einfach viel zu klein. Die eng konzipierte Anlage bot wenig Platz für Passagierinnen und Passagiere in Infrastrukturen wie Check-in- und Wartebereichen sowie Gastronomie und Geschäften. In Airport-Rankings war Berlin zu keiner Zeit zu finden, doch galt der Airport Tegel in mancherlei Hinsicht als Gewinn.

Insbesondere die kurzen Wege waren ein beliebtes Komfortmerkmal, über das viele modernere Flughäfen nicht verfügen. Trotz der Nähe zum Zentrum gab es aber ein Manko in Sachen Verkehrsanschluss: So verfügt der Flughafen über keinerlei Anbindung an das Schienennetz und somit keine Anbindung an die U-, S- oder Straßenbahn. Nur der TXL-Bus pendelt – und das auf einer Strecke, die oft verkehrsüberlastet ist. Gerade für Orte, an denen Zeit eine Rolle spielt, nicht ideal.

APA/AFP/John Macdougall
Der Flughafen Berlin-Tegel „Otto-Lilienthal“ – viele Berlinerinnen und Berliner trauern dem Flughafen nach

Das Verkehrsaufkommen hatte sich seit der Inbetriebnahme stark verändert: Als in Tegel 1948 kurz nach Beginn der Blockade Westberlins durch die Sowjetunion in 90 Tagen ein Flugplatz gebaut wurde, war nicht abzusehen, dass er für die Menschen im eingemauerten Westteil der Stadt zum Tor zur Welt würde. Das war das Fundament dessen, was den Airport zu etwas Besonderem machte. Auch hätte man es wohl für undenkbar gehalten, dass Tegel bis ins Jahr 2020 wichtigster Flughafen der 3,7-Millionen-Metropole sein wird.

„Tegel war ein echtes Wunder“
Dabei war faszinierend, wie Tegel das zuletzt immer höhere Passagieraufkommen schultern konnte: Denn im Zuge des rasant steigenden Flugverkehrs und des Konkurrenzkampfes der Billigflieger geriet der Airport an die Grenzen seiner Kapazität. „Tegel war ein echtes Wunder“, sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister im Interview mit Reuters. Denn der Airport fertigte 2019 rund 24 Millionen Passagiere ab und damit das Zweieinhalbfache der eigentlichen Kapazität.

„Tegel ist viel zu klein geworden und entspricht nicht mehr den Standards eines modernen Flughafens“, sagte Engelbert Lütke Daldrup, Chef der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, unlängst vor Journalisten. Auch wenn er emotionale Erinnerungen an den Flughafen Tegel habe, sei die Kapazität zum Problem geworden: „Wer mal mit 1.500 Personen im Terminal C morgens um sechs an der Security angestanden hat, weiß, wovon ich spreche.“

Reuters/Fabrizio Bensch
Enge Gänge, wenig Platz – in der Zeit vor der Pandemie wurde es hier oft ziemlich eng

Charme durch Form
Dabei verlieh die Form dem Airport auch zu einem guten Teil seinen Charme: Denn die Architekten Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg verpassten dem Airport mit dem berühmten Hexagon-Neubau 1974 das bis heute so markante Aussehen. Ursprünglich waren sogar zwei Sechsecke geplant, umgesetzt wurde das nie. Bereits davor konnte die Anlage schon eine Besonderheit vorweisen, denn bei der Errichtung nach dem Krieg entstand die damals längste Start- und Landebahn Europas.

Bemerkenswert ist auch, dass Frankreich vom Anfang bis zum Ende eine Rolle spielt: War der Flughafen zunächst vor allem von der französischen Besatzungsmacht genutzt worden, begann im Jänner 1960 mit einem Air-France-Flug die Ära der zivilen Luftfahrt in Tegel. Und 60 Jahre später schließt sich der Kreis, so wird es wiederum die Air France sein, die den Airport mit dem letzten Flug verlässt.

Die Berliner hätten TXL gerne noch länger behalten. Im September 2017 stimmen 56 Prozent für den Weiterbetrieb, aber die Berliner Landesregierung ließ sich vom nicht bindenden Volksentscheid in ihrer Politik nicht beirren. Kritiker plädierten zuletzt zwar noch dafür, wegen knapper Kapazitäten auf dem neuen Hauptstadtflughafen Tegel noch weiterzubetreiben. Doch nahm die Pandemie diesem Argument Wind aus den Segeln – schließlich wird es wohl noch dauern, bis Flughäfen wieder auf Vorkrisenniveau ausgelastet sind.

Kürzel soll bleiben
Immerhin das Kürzel TXL soll trotz der Schließung überleben, mit Flughäfen soll es aber nichts mehr zu tun haben: Künftig soll es für ein Projekt stehen, dass erst noch entstehen muss: ein neues Stadtviertel mit über 5.000 Wohnungen und Platz für mehr als 10.000 Menschen, direkt neben einem Forschungs- und Industriepark. Die für die Entwicklung verantwortliche landeseigene Tegel Projekt GmbH will dort Gründer, Studierende, Investoren, Industrielle und Wissenschaftler zusammenbringen.

Doch bis es in diese Richtung geht, muss der Airport ein halbes Jahr lang betriebsbereit bleiben, die Tegel Projekt GmbH übernimmt das Gelände erst im Sommer 2021. Noch im selben Jahr sollen die ersten Arbeiten beginnen. GmbH-Geschäftsführer Philipp Bouteiller rechnet für 2026 mit den ersten Bewohnerinnen und Bewohnern – und mit 20 bis 30 Jahren für das gesamte Projekt. Falls sich die Bauzeit nicht unerwartet verlängert.
07.10.2020, sime, ORF.at/Agenturen

Links:
BER statt TXL: Abschied vom Berliner Sechseck
 
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