"Kraftwerk Hohenstein" Gemeinde Gföhl (Am Zwickl)

Bunker Ratte

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#1
Dort wo sich die Große und die Kleine Krems zu einem einzigen Fluss vereinen, erlebt man eine einzigartige Flusslandschaft. Nicht weit von Albrechtsberg trifft die Kleine Krems auf die Große Krems. „Am Zwickl“, wie die Einheimischen den Platz hier nennen, vereinen sich die beiden Flüsse und fließen als „Krems“ in Richtung Donau. Bei der Talgabelung liegt auch das Stauwerk des historischen Kraftwerks Hohenstein.

Elektrizitätswerk Hohenstein an der Krems
Die Stadtgemeinde Krems betrieb 1918 ein kalorisches Kraftwerk mit 600 PS Leistung, dass an der Grenze seiner Leitungsfähigkeit war. Durch die Engpässe in der Lieferung von Kohle und Erdöl sowie die ständigen Preissteigerungen wurde beschlossen, verstärkt die Wasserkraft zu nutzen. Für den geplanten Bau einer elektrischen Bahn von Krems nach Gföhl war man ebenfalls auf der Suche nach einer Wasserkraftquelle. Man fand eine geeignete Stelle an der Krems bei Hohenstein, beim sogenannten Zwickl. Das Kraftwerk wurde mit drei Aggregaten für insgesamt 1.500 Pferdestärken geplant, damit auch die Versorgung der Stadt Krems mit elektrischem Strom gewährleistet war. Am 1. Mai 1918 wurde mit den Arbeiten begonnen. Mit 120 Arbeitern sollten bis Ende 1918 das Wehr, der Stollenbau sowie die Fundamente des Maschinenhauses fertiggestellt werden.
Zusätzlich wurde im Juli 1918 das Elektrizitätswerk Zöbing am Kamp angekauft und die Gesamtleistung der Elektrizitätsanlagen der Stadt Krems damit auf 2.300 PS erhöht.
Die 17 Kilometer lange Trasse der Hochspannungsleitung mit ungefähr 300 Doppelmasten wurde von 15. bis 18. Juli 1918 kommissionell begangen. Die Leitung mit 120.000 Volt Spannung führte vom Kraftwerk Hohenstein zur Lederfabrik Schmitt in Rehberg. Der Leitungsbau wurde Ende 1918 abgeschlossen. Der Fertigstellungstermin des Elektrizitätswerks Hohenstein war mit Oktober 1919 geplant.

Hohenstein Kraftwerk, Plan von 1917

Die Schulchronik in Gösing berichtet folgendes über dieses Ereignis:
11. März 1922 Eröffnung des elektrischen Lichtes.
Das von der Firma “A.E.G.Union”(Wien) errichtete Ortsnetz von Gösing wurde am 11. März 1922 zum erstenmale mit dem vom Elektrizitätswerke “Hohenstein” kommenden Strom beschickt. ... Die Eröffnung gestaltete sich zu einer eindrucksvollen Feier. Unter den dröhnenden Böllerschüssen und den Klängen der strammen Ortsmusik bewegte sich der Festzug vom Keller des gastfreundlichen Vizebürgermeisters Herrn Michael [Braun] zum Ortsschalter (Feuerlöschgerätehaus), wo Bürgermeister Leopold Heiß mit kurzen Worten über die Bedeutung des Tages sprach und die Anlage dem Schutze der Gemeinde übergab. Nach dem Herrn Bürgermeister sprachen noch: Bgm Karl Höflinger - Kirchberg als Obmann der Elektrizitätsleitungsgenossenschaft “Am Wagram” ferner die Herrn Ingenieure, Gösing hatte einen gewaltig Schritt nach vorwärts getan.
Quellen: Schulchronik Gösing, Pfarrchronik Gösing
Quelle:
Elektrischer Strom seit 1922 (Gösing) historische Aufnahme des Kraftwerks am Zwickl in der Topothek Albrechtsberg

Wo sich die Große und Kleine Krems vereinen:
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Bunker Ratte

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#3
Bahnkraftwerk Hohenstein:
in nordöstlicher Richtung liegend, nahe dem Ort Hohenstein (Felling)
dazu ein Auszug, von
"Die Vergessene Bahn Krems-Gföhl"
Gerade die heutige Zeit rechtfertigt die Ausnützung der Wasserkraft mehr denn je. Wir haben jetzt im Kriege gesehen, welche ungeheure Preissteigerungen kalorischen Betriebsmaterialien, Rohöl, Benzin, Kohle, Koks usw. erfahren haben und deshalb habe ich den Verfasser des Entwurfes, Herrn Dr. Bertschinger, in erster Linie ersucht, das für den Bahnbetrieb notwendige Wasserkraftwerk ausfindig zu machen. Herr Dr. Bertschinger hat diese Aufgabe in geradezu glänzender Weise gelöst. Es wurde eine Wasserkraft im Kremstale (Hohenstein) ermittelt, die bei einem Gefälle von rund 55 Metern und 900/1500 Sekundenlitern, 520 bzw. 850 effektive Pferdestärken ergibt. Die Wasserkraftanlage ist von einer der ersten Turbinenfirmen Österreichs untersucht worden, welche zweifelos die Ergebnisse des Herrn Dr. Bertschinger bestätigt hat. Die Bahnzentrale ist 3,8 Meter von der Mitte der Bahn entfernt, demnach äußerst günstig gelegen. Da auf den Leitungsgestängen der Straßenbahn die elektrische Energie weitergeleitet wird, steht dem ganzen Kremstal sozusagen kostenlos der Anschluß zur Verfügung. Die Bahn verbraucht für ihren eigenen Zweck nur 210 Pferdestärken, weshalb mindestens 310 Pferdestärke zur freien Verfügung übrig bleiben. In elektrischen Maßeinheiten ausgedrückt, erfordert der Bahnbetrieb 347.000 Kilowattstunden, weshalb als überschüssige Energie noch 2.300.000 Kilowattstunden für Beleuchtungs- und gewerbliche Zwecke abgegeben werden können.

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josef

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#5
Danke Michi für die Beiträge!
Möchte noch darauf hinweisen, dass die zitierten Beiträge lokaler Gemeinde-Geschichtsseiten teilweise den Eindruck erwecken, Hohenstein wäre primär zur Erzeugung von Bahnstrom für die geplante "Elektrische Bahn Krems-Gföhl" errichtet worden (-> "Bahnkraftwerk Hohenstein"...). Hauptaufgabe des Kraftwerkes war die damalige Sicherstellung der Stromversorgung der Stadt Krems! Der überschüssige Strom, welcher über den Bedarf von Krems hinausging, ermöglichte die Versorgung der Umlandgemeinden und mit der Speisung der projektierten Straßenbahn nach Gföhl hätte man zusätzliche Einnahmen erzielen können...

Die weiter oben erwähnte "Elektrische Bahn Krems - Gföhl" war nur eines von vielen Bahnprojekten von Krems ausgehend auf das Waldviertler Hochplateau! Die ersten Planungen gab es um 1896, 1931 wurde die Bahnstrecke nach Gföhl endgültig zu Grabe getragen... Es gab jede Menge an Varianten von Trassen, Spurweiten und Traktionsformen!

Behandelt werden diese Bahnprojekte in einem Artikel bei

Hans Frühwirth; Die Doppelstadt Krems-Stein; Krems 2000
und ausführlich auf 220 Seiten bei
Friedrich Weber; Die vergessene Bahn Krems-Gföhl; Gföhl-Horn 2005
 
#7
Hallo Michi,
Danke für diesen Eintrag! Meine Oma hatte in den Neunzigern eine Ferienwohnung in diesem Bahnkraftwerk, diese Fotos machen mich ganz sehnsüchtig. Diese Modellburg hatte ich komplett vergessen...
 
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