Bundesdenkmalamt arbeitet an der Erstellung eines Verzeichnisses der Zwangsarbeitslager, KZ-Außenstellen und Kriegsgefangenenlager der NS-Zeit

josef

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#1
Die vergessenen Lager
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In der NS-Zeit spannte sich ein Netz aus Zwangsarbeitslagern, KZ-Außenstellen und Kriegsgefangenenlagern über Österreich. Viele der Einrichtungen und ihre Opfer sind in Vergessenheit geraten, wie ein Beispiel aus Niederösterreich zeigt. Das Bundesdenkmalamt arbeitet an einem Verzeichnis dieser Orte. ORF.at und die ZIB2 haben die bisher verfügbaren Daten in eine interaktive Karte gegossen.
Online seit heute, 20.49 Uhr
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Der erste Hinweis, was da einmal war, ist ein aufgelassener Bahnübergang an der Landstraße zwischen Pulkau und Klein-Jetzelsdorf im niederösterreichischen Weinviertel. Die Gleise sind überwachsen, hier fuhr schon lange kein Zug mehr. Gleich dahinter zweigt ein Schotterweg ab – dann ein Schranken. Das ehemalige Zwangsarbeiterlager von Pulkau ist immer noch Sperrzone, wie ein Lokalaugenschein der ZIB2 zeigt.

Wer am Schranken vorbeigeht und sich dann rechts hält, kommt nach fünf Minuten Fußmarsch zu den ersten Ruinen: Ein Gebäude, das wie ein Wachturm aussieht, da waren die Generatoren drinnen, Strom für Lager und Steinbruch. Und ein paar hundert Meter weiter, direkt an der Abbruchkante, die verfallenen Aufenthaltsgebäude.

ORF
Schauplatz Pulkau: Heute erinnern nur noch Ruinen an das ehemalige Zwangsarbeitslager. In der lokalen Bevölkerung ist die Existenz der Einrichtung in Vergessenheit geraten

Bevor der Steinbruch 1938 arisiert wurde, waren es Betriebsbaracken und „Gefolgschaftsräume“. Ab 1944 wurden hier ungarische Juden untergebracht. Leo Ramharter, seit zwei Jahren Bürgermeister von Pulkau, sagte, er habe erst im Zuge der Recherchen des Bundesdenkmalamts von dem Lager erfahren.

Über 2.000 NS-Orte in ganz Österreich
Das Bundesdenkmalamt verfolgt seit einigen Jahren ein großes Projekt: Eine Liste aller NS-Orte in ganz Österreich: Zwangsarbeitslager, KZ-Außenstellen, Kriegsgefangenenlager. „Fremdvölkische Kinderheime“ für die Kinder, die die im Lande eingesetzten Zwangsarbeiterinnen bekommen, und die ihnen gleich nach der Geburt abgenommen wurden.

Im ORF-Beitrag "NS-Opfer: Die vergessenen Lager" kann man die Details (Ortsnamen) der interaktive Karte anklicken:
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Daten: Bundesdenkmalamt, Bearbeitung: ORF.at/OpenStreetMap


Mehr als 2.000 solcher Orte gibt es im ganzen Land. Mehr als tausend davon hat man bisher verorten können, aufgrund schriftlicher Quellen und Zeitzeugenberichte.
Auf einer interaktiven Karte kann man nachsehen, wo in unmittelbarer Umgebung dieser Aspekt der NS-Maschinerie stattgefunden hat. Allein in Wien gab es rund 700 Lager, wo Menschen für Sklavenarbeit untergebracht wurden, oder zur Deportation.

Denkmalschutz der anderen Art
Für Paul Mahringer, den Projektleiter beim Bundesdenkmalamt, steht außer Frage, dass Denkmalschutz nicht nur etwas mit Barockschlössern zu tun hat, wie er sagt, sondern auch mit den Orten des NS-Terrors. Seit den 2000er Jahren sei das Bundesdenkmalamt mit Berichten über NS-Einrichtungen in Österreich konfrontiert gewesen, sagte Mahringer gegenüber ORF.at.

Vor etwa zwei Jahren fiel der Startschuss für die kartografische Erfassung der Einrichtungen. „In der Literatur wird immer von den Lagern gesprochen, in der zeitgeschichtlichen Forschung hat man sich aber in den wenigsten Fällen mit den Orten selbst auseinandergesetzt“, so Mahringer.

Ein Viertellaib Brot für drei Menschen
Das Lager in Pulkau war klein. Rund 30 Personen waren untergebracht. Die Bewachung bestand nur aus einem alten Mann mit einem Schäferhund. Aber wohin wollte man schon fliehen? In Pulkau ging es nicht um Vernichtung, aber es ging trotzdem ums Leben. „Das Essen? Drei haben zusammen ein Viertellaib Brot bekommen. Dazu eine Kartoffel pro Kopf. Im Winter hatten wir Kraut, Sauerkraut. Aber es war ohne Salz, und im März war das faul. Schrecklich“, berichtete die Zeitzeugin Magda Großberger.

„Jeder von uns musste täglich drei kleine Waggons schaffen. Immer um fünf Uhr nachmittags wurde gesprengt, am nächsten Tag musste man die Steine, wenn gut gesprengt war, in die Waggons schmeißen. Wenn große Steine da waren, musste man sie zerschlagen. Am ersten Tag konnte ich den Hammer nicht einmal aufheben, aber das lernt man“, erinnerte sich der Jude Halpert Benö, der im Lager zur Zwangsarbeit gezwungen wurde.

Die Bevölkerung wurde zum Wegschauen angehalten. Nicht alle hielten sich daran. Eine Nachbarin erinnert sich an die Zeit damals: „Meine Mutter hat eine Ziege gehabt, und da haben wir öfter eine Kanne Milch vor die Tür gestellt am Abend, damit es niemand gesehen hat. Wir waren gewarnt worden, ja keinen Kontakt zu halten.“

Eine Geschichte von Rettung, Hilfe und Widerstand
Die Jüdinnen und Juden von Pulkau überlebten. Der Betriebsleiter, ein Herr Liko, schaffte es immer wieder, ihre „Evakuierung“ ins KZ zu verzögern, schließlich gelang es ihm, sie mit Hilfe eines gefälschten Bescheids in den offiziellen Listen verschwinden zu lassen. Und dann marschierte bereits die Rote Armee ein.
Eigentlich ist die Geschichte des Lagers in Pulkau auch eine, die von Rettung, Hilfe und möglichem Widerstand erzählt. Und doch wird sie nach dem Krieg schnell verdrängt, dann vergessen. Nicht mehr denken an diese Zeit, und nicht mehr darüber reden.
04.06.2021. Fritz Dittlbacher, für ORF.at (Text)/cppp, ORF.at (Bearbeitung); Günter Hack, ORF.at (Grafik)

Link:
NS-Opfer: Die vergessenen Lager
 

josef

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#3
Eine ergänzende Datenbank über Zwangsarbeitslager für "ungarische Juden in Österreich" gibt es hier:
http://www.deutschland-ein-denkmal.de/ded/database/category?cat=f.ung


Und als weiterer Hinweis für Interessierte verweise ich auf das (lokal auf das NÖ. Waldviertel eingeschränkte) Buch von
Maria Theresia Litschauer; 6/44 - 5/45 Ungarisch-Jüdische-Zwangsarbeiterinnen - Ein topo/foto/grafisches Projekt
Dieses Buch fokussiert auf die etwa 1200 – von insgesamt etwa 15 000 – Frauen, Männer und Kinder, die 31 Betrieben in 29 Ortschaften im Waldviertel (unter Bezugnahme auf 5 Orte im angrenzenden, 1938 vom 'Deutschen Reich' annektierten tschechischen Gebiet) zugeteilt wurden und deren Arbeits- und Lebensbedingungen nach einer archäologischen Spurensuche und -sicherung in vielschichtigen und komplexen Topografien dargestellt werden. -> maria theresia litschauer / 6|44 - 5|45 Ungarisch-Jüdische ZwangsarbeiterInnen
 
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#5
Spät aber doch erkennt das BDA, dass unser historisches Erbe bis in die Neuzeit und jüngste Vergangenheit reicht. Ein wichtiger, niederschwelliger Schritt zur allgemeinen Bewusstseinsbildung hinsichtlich des Umfangs regionaler Ausprägungen des nationalsozialistischen Terrorsystems. Konsequenterweise müssten entsprechende Initiativen folgen, zumindest einen repräsentativen Teil der Anlagen zu erforschen und für die Nachwelt zu erhalten. Hier sind speziell die Gemeinden gefordert, endlich auch ihre Archive zu ordnen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gesetzliche Grundlagen gibt es z.B. in NÖ schon seit Jahren, nur ist kein politischer Wille erkennbar, das Archivgesetz wirklich flächendeckend umzusetzen.

Link
Liste der NS-Opferorte in Österreich
 

Geist

Worte im Dunkel
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#7
Als Ergänzung:

Zwischenräume www.erlauferinnert.at de

Text von der Website:

Zwischenräume verbindet Orte in Niederösterreich mit dem Ziel, das Gedenken an Widerstand, Verfolgung und Gewalt während der Zeit des Nationalsozialismus zugänglich zu halten.
Ausgehend von der Region um die Erinnerungsorte KZ-Gedenkstätte Melk und Museum ERLAUF ERINNERT verortet das Projekt sichtbare, bekannte und auch wenig bekannte Orte der Erinnerung. Inhaltlich stehen dabei historische Plätze im Mittelpunkt, die Tatorte nationalsozialistischer Verbrechen wurden und gegenwärtig sehr unterschiedliche Beispiele einer sich wandelnden Erinnerungskultur zeigen. Durch die Vernetzung mit Gedenkinitiativen, HistorikerInnen und engagierten BürgerInnen einerseits und die Präsentation einer Auswahl kommentierter Quellen andererseits entsteht eine Wissens- und Vermittlungsplattform und damit eine Topographie der Erinnerung.
 

josef

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#8
NAZI-ZEIT
371 Orte des NS-Terrors in Niederösterreich
Denkmalamt erfasste Kriegsgefangenen- und Arbeitslager. So sollen sie – und vor allem ihre Opfer – in Erinnerung bleiben.
NÖN-NÖ., von Lisa Röhrer und Michaela Fleck. Erstellt am 23. Juni 2021


Mauthausen ist das bekannteste Beispiel. Das größte Konzentrationslager Österreichs ist aber nur einer von vielen Orten, an denen die Nationalsozialisten Menschen zu Zwangsarbeit verpflichteten, folterten und ermordeten. In Österreich gab es zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ein dichtes Netz an KZs, KZ-Außenstellen, Zwangsarbeits- und Kriegsgefangenenlagern. Das Bundesdenkmalamt arbeitete in den vergangenen Jahren an einer Liste dieser Orte – damit sie nicht in Vergessenheit geraten.

Über 2.100 Lager haben die Historiker und Archäologen durch Recherche und Hinweise von Menschen vor Ort erfasst. 371 sind es alleine in Niederösterreich. Die Liste wird nach Einschätzung der Wissenschaftler bestimmt noch länger.

Angesiedelt waren die Lager meist dort, wo es Industrie gab: in NÖ um Wien oder im Zentralraum, zudem entlang der heutigen Westautobahn. „Die wurde von Zwangsarbeitern errichtet“, sagt Projektleiterin Eva Steigberger. Sichtbare Reste der NS-Opferorte wie Mauern gibt es heute nur noch in seltenen Fällen. Während sie sich in der Bundeshauptstadt oftmals auch in heute wieder bewohnten Häusern befanden, wurden die Lager in NÖ extra errichtet. Hinweise auf den genauen Standort und die Grausamkeiten, die sich dort abspielten, könnten Ausgrabungen bringen. „Manchmal findet man Fundamente oder Leitungen“, so Steigberger. In einigen Teilen NÖs sind bereits weitere Forschungen geplant.

In einem nächsten Schritt des Projektes soll geprüft werden, welche Orte Denkmalschutz bekommen. Damit wird ihnen besondere Bedeutung für die Geschichte oder Kulturlandschaft zugesprochen. „Denkmalschutz hat nichts mit einem Denkmal im Sinne von einer Statue zu tun. Bedeutend können schöne, aber eben auch unschöne Orte sein.“ Die Lager-Geschichte zu erhalten ist aus Steigbergers Sicht nötig: „Die Opfer dürfen nicht vergessen werden. Und Dinge bleiben dauerhaft, auch wenn Zeitzeugen sterben.“
371 Orte des NS-Terrors in Niederösterreich
 

josef

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#9
Dazu ein NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommenen Orte im Bezirk Krems:

Bezirk Krems: Orte der Erinnerung fast überall
Schauplätze von NS-Verbrechen in Förthof, Langenlois, Gneixendorf und Droß sind nun unter Denkmalschutz gestellt.
NÖN-Krems, von Johannes Mayerhofer. Erstellt am 23. Juni 2021

Foto Abraham Nemschitz
Geschändet, bombardiert, abgerissen: Wo einst eine Synagoge das Kremser Straßenbild zierte, steht heute ein Wettlokal.


Foto Johannes Mayerhofer
„Bis zu 66.000 Kriegsgefangene“: Die Überreste des Gefangenenlagers Stalag XVII B bei Gneixendorf sind heute stark verwachsen. 1945 wurden 1.600 tote sowjetische Gefangene von der Roten Armee von dort zum Südtirolerplatz in Krems gebracht und beigesetzt. Ende der 50er-Jahre entschied Krems, dieses „Denkmal der Schande“ wieder zu entfernen. Im Bild: Stadthistoriker Robert Streibel.
Wir haben den richtigen Weg gefunden“, ruft der Kremser Stadthistoriker Robert Streibel und deutet mit dem Zeigefinger geradeaus. Nach einem Marsch durch verwachsene Felder, dichtes Gebüsch, Brennnesselstauden und unebenes Wald-Terrain offenbart der Boden Geschichtsträchtiges.

Kriegsgefangenenenlager bei Gneixendorf
Die betonenen Strukturen sind Überbleibsel des NS-Kriegsgefangenenlagers Stalag XVII B bei Gneixendorf. „Hier waren Franzosen, Briten, Belgier, Serben, Polen, Amerikaner, Italiener und Sowjets interniert. Bis zu 20.000 Gefangene konnten zeitgleich untergebracht werden“, erklärt Streibel. Auf etwa 66.000 wird die Gesamtzahl aller dort Inhaftierten geschätzt.

Stalag XVII B ist eine von vielen Reminiszenzen an die Nazi-Zeit in und um Krems, welche vom Bundesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt wurden. Streibel erzählt von bemerkenswerten Biografien rund um Stalag XVII B, wie von jener des Wehrmachtssoldaten Viktor Zelenka. Aufgrund des Verdachts, katholische Taufscheine für Juden organisiert zu haben, wurde er zunächst ins KZ geworfen und dann als Wache im Stalag XVII B stationiert.

„Ein etwas komplexer Lebenswandel“Robert Streibel
Am 21. April 1945 wurde Zelenka gemeinsam mit seinen Kameraden Anton Kilian und Franz Schweiger am Südtirolerplatz in Krems erhängt. Der Vorwurf: Sie seien Deserteure gewesen. Im Mai eröffneten Streibel und sein fachlicher Partner Günther Stockinger einen eigens konzipierten Schauraum zu Stalag XVII B im Gneixendorfer Gasthaus Walzer – zur Kriegszeit ein Anlaufpunkt des Wachpersonals.

Auf die Frage, welchen Alltag die Gefangenen im Lager fristeten, deutet Streibel auf Zeichnungen amerikanischer Insassen, die genau jenen Alltag zeigen. „Die Westalliierten wurden jedoch privilegiert behandelt. Ganz unten in der Hierarchie waren die sowjetischen Gefangenen. Diese wurden zunächst von den Nazis als Untermenschen, und nach dem Krieg vom stalinistischen System als ,Verräter‘ verfolgt.“

Ungarische Juden als Zwangsarbeiter in Droß eingesetzt
Auch die 1.100-Seelen-Gemeinde Droß scheint in der NS-Liste des Bundesdenkmalamtes auf. Hier wurden ungarische Juden als Zwangsarbeiter zu Forst- und Feldarbeiten eingesetzt. „Mir taten diese Leute damals schon leid“, erzählt eine Droßer Zeitzeugin, die damals zehn Jahre alt war. „Da gab es diesen Herrn Friedl, der die Juden beaufsichtigt und wirklich übel behandelt hat. Darunter waren viele Frauen.“

Untergebracht waren sie in einem Keller in der Nähe der Ortsausfahrt nach Stratzing. „Nach dem Krieg wurde nicht darüber gesprochen“, so die Zeitzeugin. Die Geschichte sei „irgendwie eingeschlafen“. Diese Art des Schweigens kennt Streibel nur zu gut. So wurde ein Projekt zur Erinnerung an Severin Worell, einem Wachmann in Droß, vom Gemeinderat zunächst einstimmig abgelehnt.

„Worell warnte die Zwangsarbeiter vor einer anrückenden SS-Einheit. Daraufhin versteckten sich diese im Wald. Die SS, welche bereits Gräben ausgehoben hatte, zog wieder ab.“ Erst Monate nachdem Streibel die Bundesforste für das Projekt gewann, stimmte auch der Gemeinderat dafür – wieder einstimmig.

Heimlich Essen für Juden im Wald versteckt
Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter, viele davon Kinder, gab es auch in Förthof, untergebracht im damaligen Gasthof Hillinger, der heute ein Nachtclub ist. Auf ihre Ausbeutung geht unter anderem der Güterweg am Pfaffenberg zurück. Streibel verweist auf Erzählungen der Förthofer Familie Jell, welche sich den Juden als hilfsbereit erwies. Erwähnt werden auch Leopoldine Beyer und zwei weitere Frauen.
Diese versteckten für die Geknechteten immer wieder Essen entlang deren Arbeitsrouten im Wald. Alles natürlich geheim. In einer Notiz ist von „herumschleichenden“ und „rabiaten“ Nazis die Rede, Juden zu helfen stand unter Strafe. Jahre später stehen plötzlich drei eindeutig als orthodoxe Juden erkennbare Männer im Hof der Leopoldine Beyer. Auch wenn die genauen Umstände dieses Zusammentreffens unklar sind, so überreichten diese ehemaligen Zwangsarbeiter ihrer stillen Helferin Zehn-Dollar-Noten zum Dank. „Davon existiert sogar ein Foto“, so Streibel.

„Judentempel“ in Krems
Unabhängig der Liste des Denkmalamtes stellt die Geschichte der ehemaligen Kremser Synagoge für Stadthistoriker Ernst Kalt und viele andere „ein dunkles Kapitel der Denkmalpflege“ in Krems dar. Ende des 19. Jahrhunderts in der Dinstl-straße 3 erbaut, machte der „Judentempel“ der um 1900 etwa 200 Personen zählenden Kremser jüdischen Gemeinde vieles durch: Das Novemberpogrom samt Schändungen und sogar den 1945er Bombenangriff auf Krems überstand das Gebäude.

Dennoch wurde das Gotteshaus 1978 abgerissen – „es gibt ja keine Juden mehr in Krems“ – und durch Bürohäuser ersetzt. Heute erinnert eine Gedenkstelle an die Synagoge. Streibel betont jedoch: „Wir sollten nicht vorrangig um Gebäude trauern, sondern um Menschen.“
Bezirk Krems: Orte der Erinnerung fast überall

Siehe dazu auch:
Kriegsgefangenenlager Krems-Gneixendorf - Stalag XVII B
Krems-Gneixendorf STALAG XVII B
 

josef

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#10
NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager im Bereich Herzogenburg - Traismauer:

REGION HERZOGENBURG
NS-Lager unter Denkmalschutz: Schuften für die Rüstung
Das österreichische Bundesdenkmalamt hat soeben eine Liste mit sogenannten „Opferorten“ aus der NS-Zeit veröffentlicht, die unter Denkmalschutz gestellt worden sind. In ganz NÖ gibt es 371 solcher „Opferorte“, darunter befinden sich auch einige in der Region Herzogenburg-Traismauer, wobei die Recherche dazu mitunter sehr schwierig verlaufen ist.
NÖN Herzogenburg, von Alex Erber. Erstellt am 23. Juni 2021


Vom sogenannten „Ostarbeiterlager“ in Traismauer existieren sogar heute noch Pläne.
Foto privat
Eigene Anmerkung zum Plan: Die Baracken des "Ostarbeiterlager" sind links der Mitte oben (heute Bereich Fußballplatz...). Die darunter befindlichen dunkel eingefärbten Objekte sind die Baulichkeiten der heute noch existierenden Wohnsiedlung.
Entweder es fehlen Zeitzeugen oder es scheint niemand darüber etwas zu wissen, beispielsweise über die NS-Vergangenheit des Schlosses Thalheim, wo ein sogenanntes Umschulungslager existierte, in dem Zwangsarbeiter jüdischer Abstammung landwirtschaftliche Tätigkeiten erlernen sollten, oder über die Firma Rudolf Riefenthaler in Herzogenburg, wo es in nicht näher präzisierten Betonwerken ein Zwangsarbeiterlager für ungarische Juden gegeben haben soll.


Elisabeth Eder: „Ostarbeiter stammten auch aus Frankreich und Italien.“
Foto Schwab

Immerhin: Die passionierte Historikerin Elisabeth Eder hat profunde Kenntnisse über ein sogenanntes „Ostarbeiterlager“ in der Römerstadt, die sie den NÖN-Lesern weitergibt. Ab 1939 wurde das Stahlwerk Martin Miller in die Kriegsrüstung (Bauteile für Flugzeugmotoren) eingegliedert, dafür vergrößerte man auch das Werk. Im Zuge der Erweiterung ist der erhöhte Bedarf an Arbeitskräften durch rekrutierte Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene abgedeckt worden.

„Da sie zum großen Teil aus der Sowjetunion - meist Ukraine oder Russland - stammten, wurden sie gesamt als Ostarbeiter bezeichnet, obwohl auch Franzosen und Italiener hier zur Zwangsarbeit eingesetzt waren“, weiß Elisabeth Eder.

Die Anzahl bleibt unklar
Die Unterbringung dieser Arbeiter erfolgt anfangs teilweise im Pfarrhof, in der Pfarrhofscheune, in der sogenannten „Bierhalle“ und anderen Notquartieren. Ende November 1940 wurde das neu errichtete Wohnlager neben der Arbeitersiedlung an der Donaustraße liegend, von den Zwangsarbeitern bezogen. Wie hoch die durchschnittliche Anzahl der Zwangsarbeiter im Lager war, lässt sich laut den ungleich berichtenden schriftlichen Quellen nicht mit Bestimmtheit festlegen. In einem Schreiben des Reichsstatthalters Niederdonau vom 29. Juni 1942 wird die Zahl der Gefolgschaftsmitglieder im Werk mit 647 und die der Kriegsgefangenen mit 310 angegeben.

Eine 1944 geplante weitere Werks- und Lagererweiterung wurde nicht ausgeführt. Von einem Zwangsarbeiterlager in Wohnwägen, in einem gettomäßig abgegrenzten Bereich direkt beim Werk Miller in Venusberg, in dem Sinti und Roma angehalten wurden, informiert die neuere Geschichtsforschung.
NS-Lager unter Denkmalschutz: Schuften für die Rüstung
 

josef

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#11
NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager im Bereich St.Pölten:

REGION ST. PÖLTEN
Zwangsarbeit bis 1945: Vergessen und verdrängt
Bis 1945 wurden hunderte Menschen als Zwangsarbeiter in der Region St. Pölten ausgebeutet und mussten ihr Dasein in Barackenlagern fristen.
NÖN-St.Pölten, von Lukas Kalteis. Erstellt am 23. Juni 2021


Foto R. Thoma, ARDIG
Drohnenaufnahme der freigelegten Baustruktur des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers der Glanzstoff-Fabrik aus dem Jahr 2017.


Magistrat St. Pölten
Ausschnitt aus einem Luftbild der US-Luftaufklärung vom April 1944. Die Gebäudeanordnung des Glanzstoff-Lagers deckt sich genau mit den ausgegrabenen Fundamentresten.


Topothek
Der St. Pöltner Hauptbahnhof liegt nach schwerem Bombardement 1945 in Schutt und Asche. Die Gleisanlagen und Zugwaggons gleichen nach dem Bombenhagel einem Trümmerfeld.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs zogen auch über der Region um die Traisenstadt schwarze Wolken auf. Da die wehrfähigen Männer alle vom Militär eingezogen worden waren, wurden sie durch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene ersetzt, die in Baracken eingepfercht wurden.
Der Liste des Bundesdenkmalamtes zufolge gab es allein im Gebiet der heutigen Stadt 23 dieser Lager.

„Es war eine Sklavenhaltergesellschaft, die die billige Arbeitskraft von Männern, Frauen und sogar Kindern ohne Mitleid ausgenutzt hat und finanziellen Profit aus dem Holocaust schlug. Beinahe alle Betriebe in der Stadt und alle größeren Bauernhöfe in der Region nutzten Zwangsarbeiter für ihre Produktion“, gibt Archivar Thomas Lösch zu bedenken.

Viele schufteten in Glanzstoff-Fabrik
Das größte Lager der Stadt wurde um 1942 nahe der Glanzstoff-Fabrik errichtet. Die dort internierten sowjetischen Frauen und Männer aus verschiedensten Ländern wurden in der Fabrik für die Produktion von „kriegswichtigen“ Dingen wie Fallschirmen eingesetzt. „Wir haben in Baracken geschlafen, 30 Leute in einem Zimmer mit vielen Flöhen. Ich war jung, 16Jahre, und musste zwei Webstühle mit 77 Spulen zwölf Stunden pro Tag beobachten und wechseln. Wenn etwas schiefging, kam der Obermeister und gab mir eine Watsche“, schilderte die Ukrainerin Nina Sharikowa ihr Martyrium in einem Interview. Das Areal des ehemaligen Lagers wurde 2017 unter der Leitung von Stadtarchäologe Ronald Risy ausgegraben. Bis auf die Fundamentreste des Lagers wurden auch Artefakte wie Stacheldraht und Scherben freigelegt. Der Großteil der Funde stammte allerdings aus der Zeit nach dem Krieg, da die Baracken noch einige Jahrzehnte zu einem Zufluchtsort für ärmere Menschen wurden.

Lager für Juden aus dem Osten
Auch im Bereich des heutigen Viehofner Sees, wo an heißen Tagen hunderte Menschen ihre Freizeit genießen, befand sich damals ein Lager für jüdische Zwangsarbeiter, die in Viehwaggons aus Ungarn hergekarrt wurden, nachdem die St. Pöltner Juden bereits nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938 vertrieben, ermordet oder deportiert worden waren.
„Die Waggons waren geschlossen. Sie gaben uns tagelang nichts zu essen, nur durch kleine Schlitze haben sie mit einem Schlauch Wasser hereingespritzt. Wir waren 72 Personen in einem Waggon und hatten kaum Platz. Daher habe ich mich furchtbar aufgeregt, als ich gesehen habe, dass einer den besten Platz an der Tür bekam und sich hinlegen konnte. Ich wusste nicht, dass er tot war“, erzählte die Jüdin Olga Balog.

Jüdische Zwangsarbeiter regulierten Traisen
Die circa 180 jüdischen Frauen und Männer mussten bei der Regulierung der Traisen unter widrigsten Bedingungen schuften. Die Erwachsenen wurden gezwungen, Böschungen aufzuschütten und Schotter zu gewinnen und zu transportieren.
„Wir Kinder mussten Holzstämme millimetergenau zusägen und dann exakt stapeln. Im Lager mussten wir uns immer alle in einer Reihe aufstellen, wenn wir gezählt wurden, und die SS-Leute überprüften, ob wir auch genug gearbeitet hatten“, beschrieb Olga Balog ihren traumatischen Alltag im Lager.

Während die Rote Armee vorrückte, nutzten viele die Luftangriffe der US-Luftwaffe, um zu entkommen. „Wenn die Bomben kamen, sind die deutschen Wachen in die Keller und haben uns alleine gelassen. Unter dem schrecklichsten Bombardement sind wir dann geflüchtet und zu den Russen gelaufen“, erzählte Olga Balog weiter.

Andere hatten weniger Glück. Die Menschen, die in den Lagern ausharrten, wurden von der Waffen-SS in einem Todesmarsch in Richtung Konzentrationslager Mauthausen getrieben. Kranke und nicht gehfähige Menschen wurden von den Soldaten noch im Lager erschossen und im Schotter verscharrt.

Aber auch rund um St. Pölten gab es verschiedene Lager. Darunter ein Zwangsarbeiterlager bei Böheimkirchen und das Kriegsgefangenenlager des ehemaligen Fliegerhorsts in Markersdorf, das allerdings durch Luftangriffe und die fliehenden Deutschen zerstört wurde.
„Um den Russen kein intaktes Rollfeld zu überlassen, mussten die Lagerinsassen den Flugplatz vor der Flucht der Deutschen umpflügen. Die Russen zwangen uns Kinder dann, dieses wieder zu glätten“, erinnert sich der 91-jährige Ferdinand Kalteis, der damals seiner Tante entrissen und von Soldaten einfach mitgenommen wurde.

Das Rad der Zeit dreht sich unaufhaltsam weiter und tilgt Erinnerungen, die nicht aktiv vor dem Vergessen bewahrt werden. „Es ist dringend an der Zeit, zu dieser dunklen Vergangenheit zu forschen, da sonst sehr viel Wissen für immer verloren geht. Es gibt kaum noch Zeitzeugen und auch die materiellen Spuren werden stetig weniger“, so die Direktorin des Instituts für jüdische Geschichte, Martha Keil, die ankündigt, einen weiteren Forschungsantrag zu diesem Thema zu stellen.
Zwangsarbeit bis 1945: Vergessen und verdrängt
 

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#12
REGION WIENERWALD
NS-Lager: „Gefangene haben um Essen gebettelt“.
In der Region Wienerwald gab es mehrere NS-Lager. Manche Bewohner hatten Mitleid mit den Arbeitern und verköstigten sie.
NÖN-Neulengbach, von Renate Hinterndorfer. Erstellt am 23. Juni 2021
Das Bundesdenkmalamt hat eine Liste der NS-Opferorte in Österreich zusammengestellt, in der auch der Finsterhof in Inprugg genannt wird. „In unserer Familie ist es nie geheim gehalten worden, dass Juden da waren“, erzählt Ursula Fischer gegenüber der NÖN. Der Finsterhof gehört der Familie ihres Mannes, aus Erzählungen wisse sie von dem Lager: „Fast 40 ungarische Juden haben auf dem Hof gewohnt. Der Bauer am Finsterhof war verpflichtet, die Leute unterzubringen.“ Erzählt werde, dass die Juden bei der Bachregulierung arbeiten mussten und dass sie untereinander recht gestritten hätten, so Ursula Fischer.

Mit dem Thema NS-Lager hat sich auch die Neulengbacher Historikerin Hedi Fohringer beschäftigt. Von einer Markersdorferin hat sie erfahren, „dass in den 40er-Jahren Juden auf den Erdäpfelfeldern rings um Markersdorf arbeiten mussten.“ Zehn bis 15 Männer sollen es gewesen sein. Ihre Familie habe zum Ärger anderer Markersdorfer Mitleid mit den Menschen gehabt und die jüdischen Arbeiter verköstigt, so die Zeitzeugin, die damals ein kleines Mädchen war.

Ein Lager hat es auch in Ollersbach/Schönfeld gegeben. Der genaue Standort ist unklar. Historikerin Hedi Fohringer kann sich vorstellen, dass im ehemaligen Kinderheim ein Lager eingerichtet gewesen sein könnte. „Bedauerlicherweise konnte ich bis jetzt noch keine brauchbaren Beweise finden.“

Recherchen über diese Zeit sind schwierig. Bürgermeister Franz Wohlmuth berichtet: „Ollersbach und Inprugg waren damals eigene Gemeinden. Wir haben für die Jubiläumsfeiern der Gemeinde alles durchgesehen. Die Protokolle von 1938 bis 1945 sind leer. Entweder wurde bewusst nichts niedergeschrieben oder wurden eigene Bücher verwendet, die dann vernichtet wurden.“

Wie der Kirchstettener Historiker Marcel Chahrour berichtet, gab es jedenfalls in der Region viele solcher Lager: „Es gab zum Beispiel die so genannten Reichsautobahnlager, die sich entlang der heutigen Autobahntrasse befanden.“

In Pettenau, das damals noch zu Ollersbach gehörte, gab es ein Kriegsgefangenenlager bei der Eisenbahn. Dazu hat Marcel Chahrour einen Zeitzeugenbericht aus dem Jahr 2011.

„Sie wurden geschlagen und haben am Zaun immer wieder um Essen gebettelt.“
Franz Wagner aus Pettenau, geboren 1933, erinnerte sich: „Das Lager wurde unmittelbar nach Kriegsausbruch errichtet. Es umfasste sechs Baracken für Gefangene, eine Küchenbaracke, ein Wirtschaftsgebäude und eine Häuschen für die Wachmannschaft. Die gesamte Lagerfläche war mit einem hohen Zaun umschlossen, oben mit Stacheldraht. In der Nacht war das Lager mit Scheinwerfern ausgeleuchtet. Die Baracken waren in einer Art Holzriegeltechnik errichtet mit Pressspannplatten, für damalige Verhältnisse eine moderne Technik.“ Wie Franz Wagner berichtete, waren zirka 120 Gefangene im Lager. Die ersten Gefangenen waren Serben. „Zu ihnen hatte die Bevölkerung wenig Kontakt, in Erinnerung sind nur noch die Waschtage, den einheimischen Frauen hat damals imponiert, wie sauber die Wäsche zum Trocknen im Wind geflattert ist und dass die „finsteren Gesellen“, wie die Gefangenen uns erschienen sind, das so hinbekommen.“

Nach den Serben seien die Franzosen gekommen und anschließend für kurze Zeit sogar englische Offiziere. Die Offiziere wurden laut Wagner mit Rot-Kreuzpaketen versorgt und die Kinder, die ins Lager kamen, um etwas zu liefern, hätten von den Gefangenen Schokolade bekommen. Die russischen Gefangenen, die dann in dem Lager untergebracht wurden, seien wesentlich schlechter behandelt worden als die Nationalitäten davor. „Sie wurden geschlagen und haben am Zaun immer wieder um Essen gebettelt.“ Franz Wagner erinnerte sich auch, dass er einmal durch den Zaun eine kleine Schnitzerei gegen ein Stück Brot getauscht hat.

Es gab immer wieder Tote. Russische Kriegsgefangene wurden generell von den Wachmannschaften sehr schlecht behandelt. „Zeitzeugen erinnern sich auch, beim Reichautobahnlager in Kirchstetten gesehen zu haben, wie die Männer mit der Peitsche geschlagen wurden“, weiß Marcel Chahrour zu berichten.

Beim Gleisbau eingesetzt
Die Gefangenen in Pettenau wurden im Gleisbau eingesetzt. Kurz vor Kriegsende wurde das Lager aufgelöst. Die Baracken wurden nach Ende der Kampfhandlungen von der Bevölkerung der Nachbarschaft abgebaut. „Das hochwertige Material war willkommen zur Reparatur der schwer beschädigten Häuser in Pettenau und entlang der Straße. So wurde der abgebrannte Stadel der Familie Wagner aus Holz des Lagers wieder aufgebaut.
NS-Lager: „Gefangene haben um Essen gebettelt“
 
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josef

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#13
NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager im Bereich des damaligen 26. Wiener Gemeindebezirkes (Klosterneuburg und Umgebung):

NS-OPFERORTE
NS-Stätte in Klosterneuburg: Von Gräuel und Zwang
Im damaligen 26. Wiener Bezirk gab es Heilanstalten und Zwangsarbeiterlager.
NÖN-Klosterneuburg, von Claudia Wagner. Erstellt am 23. Juni 2021


Die Martinstraße 56-58 um 1900: Nur wenige Jahrzehnte später war hier die „Wiener Sonderschule für schwererziehbare Kinder“.
Bild Stadtarchiv Klbg.
Das Bundesdenkmalamt beleuchtet das dunkelste Kapitel der Geschichte neu: 2.113 – teils vergessene – NS-Opferorte wurden österreichweit dokumentiert und in einer Liste erfasst. In Klosterneuburg – damals dem 26. Bezirk von Groß-Wien – finden sich acht mehr oder weniger bekannte Standorte, die einst Schauplätze von Zwangsarbeit oder Folter waren.

Zwangsarbeiter in Groß-Wien
Ungarische Juden, Jugoslawen, Polen und Italiener wurden im 26. Wiener Bezirk zur Zwangsarbeit gezwungen. Groß-Wien zählte gesamt über 100.000 Zwangsarbeiter – viele der 610 Lager sind heute überbaut. Auch in Klosterneuburg erinnert kaum noch etwas an die Gräueltaten von damals.

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv hat die 610 Standorte jedoch auf einer interaktiven Online-Karte gesammelt. Und auch der Alltag der Zwangsarbeiter ist dokumentiert: Sie mussten – etwa in der Rüstungs- oder Bauindustrie, bei Aufräum-Arbeiten oder Sprengsatz-Entschärfung – schwere Dienste verrichten. Untergebracht in eigenen, oft überbelegten Lagern, Baracken auf Firmengeländen, Gastgewerbe-Betrieben oder auch auf öffentlichen Plätzen, war die Situation der Arbeiter prekär.

Martinstraße 28: Heil- und Arbeitsanstalt
Der schlossartige Komplex hat eine facettenreiche Vergangenheit: Ursprünglich war dort eine Weberei beheimatet, später die Landesirrenanstalt, ein Altersheim und ein Frauenhospiz. In den 1920er-Jahren gründeten das Volksgesundheitsamt und die Gemeinde Wien die Heilanstalt für geschlechtskranke Frauen – auch im NS-Regime wurde die Einrichtung weitergeführt. Das Ziel: die „Fürsorge“ und „Erziehung“ von „besserungsfähigen“ und „asozialen“ Frauen – meist im Alter von 18 bis 25 Jahren.

Die Realität in der Heil- und Arbeitsanstalt mit gesamt rund 300 Betten war freilich eine andere: Epileptikerinnen oder mit Geschlechtskrankheiten infizierte Vergewaltigungsopfer, die vermutlich ins Schloss Hartheim transportiert und dort ermordet wurden. Frauen, die in die Zwangsarbeit gezwungen wurden – etwa wegen „Rassenschande“, weil der Freund den arischen Vorstellungen nicht entsprach. Ein ähnliches Schicksal mussten Arbeitsverweigerinnen, Prostituierte, Alkoholkranke oder als debil Abgestempelte erleiden. Der Alltag in der Einrichtung: Schwerstarbeit – Kohle tragen, Leitungen stemmen, mit Stahlbürsten putzen oder Näh- und Wäschedienst im enormen Pensum verrichten.

Dem Rassenpolitischen Amt war das aber nicht genug: Unmut über die Klosterneuburger Anstalt kam wegen hoher Rückfallquoten auf – die Asozialenkommission versuchte daher ab Mitte 1944, Frauen in die Arbeitsanstalt Am Steinhof zu übersiedeln.

Martinstraße 56: Erziehungsheim
Wo einst der Verwaltungssitz des Klosters St. Jakob war, war während der NS-Zeit das „Wiener Städtische Erziehungsheim Klosterneuburg“ – eine Kooperations-Einrichtung des benachbarten Arbeitshauses. In die Wiener Sonderschule für Schwererziehbare wurden, Überlebenden zufolge, Kinder aus dem Erziehungsheim am Spiegelgrund überstellt – der Anstaltskomplex würde, so die Wissenschaft, vor allem ob der Kooperation mit dem Spiegelgrund größeres Forschungsinteresse als bisher verdienen.

Heilanstalt Gugging
In der Liste des Bundesdenkmalamts nicht berücksichtigt ist die wohl bekannteste und berüchtigste NS-Einrichtung: die Nervenheilanstalt in Maria Gugging. Zwischen 1939 und 1946 fielen insgesamt 2.200 Patienten der Psychiatrie Gugging den Nazis zum Opfer. Rund 700 Menschen mit Behinderung erlagen der Vernichtungsaktion T4. Sie wurden ins Schloss Hartheim nahe Linz abtransportiert und dort vergast. Unter ihnen waren rund 100 Kinder – das jüngste Opfer im zarten Alter von vier Jahren. Auch in der Anstalt selbst wurde getötet: durch Hunger, Vernachlässigung oder Folter.
NS-Stätte in Klosterneuburg: Von Gräuel und Zwang
 

josef

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#14
NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager:

REGION PURKERSDORF

Auch Zwangsarbeiterlager entlang der Autobahn
Mehrere Zwangsarbeiterlager gab es in der Region Purkersdorf. Recherchen zu den Opfern gestalten sich jedoch schwierig.
NÖN-Purkersdorf, von Kristina Veraszto. Erstellt am 23. Juni 2021



Eine alte Ansicht vom Reichsautobahnlager, das in Kirchstetten stand.
Foto: ZeitZeigen
Das Bundesdenkmalamt hat im Zuge von zwei aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten über 2.000 NS-Opferlager in ganz Österreich dokumentiert und unter Denkmalschutz gestellt. Zwangsarbeitslager, KZ-Außenstellen und Kriegsgefangenenlager wurden erfasst. Viele dieser Einrichtungen und ihre Opfer sind in Vergessenheit geraten.

Das Bundesdenkmalamt hat im Zuge von zwei aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten über 2.000 NS-Opferlager in ganz Österreich dokumentiert und unter Denkmalschutz gestellt. Zwangsarbeitslager, KZ-Außenstellen und Kriegsgefangenenlager wurden erfasst. Viele dieser Einrichtungen und ihre Opfer sind in Vergessenheit geraten.

Auch in der Region Purkersdorf wurde das Bundesdenkmalamt fündig. In Wolfsgraben in der Leopold Mitterstöger-Straße 6a/6b gab es ein Zwangsarbeiterlager für ungarische Juden. 70 Männer, Frauen und auch Kinder hausten in einem Barackenlager unmittelbar neben dem Wolfsgrabenbach. Arbeiten mussten sie bei den Wiener Elektrizitätswerken.

„Zwangsarbeiter wurden von den Unternehmen angefordert und beschäftigt."
Ein Lager für russische Zwangsarbeiter befand sich beispielsweise im Purkersdorfer Steinbruch in der Dambachstraße sowie am Gelände des Purkersdorfer Bahnhofes. „Zwangsarbeiter wurden von den Unternehmen angefordert und beschäftigt. Der Steinbruch im Dambachtal gehört den Bundesforsten, damals Reichsforste. Das Lager am Bahnhof Unter-Purkersdorf war ein Zwangsarbeiterlager der Reichsbahn“, erklärt Historiker Christian Matzka. Um genauere Daten über die Lager zu bekommen, müssten die Firmen und Institutionen ihre Archive öffnen, ist der Purkersdorfer überzeugt: „Da müsste es eine Zusammenarbeit mit den jeweiligen Unternehmen geben, denn diese waren ja für die Anforderung der Zwangsarbeiter verantwortlich.“

Die Stadtgemeinde Purkersdorf hat sich in den vergangenen Jahren ihrer Geschichte gestellt, so der Historiker: „Die Stadtgemeinde hat ab dem 15. Oktober 1938 rechtlich nicht mehr existiert und war ein Teil des 14. Bezirkes von Groß-Wien. Allerdings haben Purkersdofer an der Vertreibung und der Deportation der jüdischen Bevölkerung mitgewirkt.“

„Kann nicht genug Gedenkstätten geben“
Um diesen Teil aufzuarbeiten, gab es verschiedenste Projekte. 2005 wurde der Holocaustgedenkstein errichtet. Es gab die Veranstaltung „Purkersdorf denkt nach“ mit einer Ausstellung und mit Zeitzeugen am Podium im Stadtsaal. Im Jahre 2009 kam es zu der Veranstaltung „Lichter für den Frieden“ am Friedhof bei den Gedenkstätten. Der Weg der Versöhnung wurde 2014 errichtet. 2015 hielt man eine Gedenkveranstaltung zur Befreiung vom Nationalsozialismus am Friedhof mit Vertretern der russischen Botschaft ab und organisierte die Ausstellung im Museum zum Jahr 1945. „Gedenkstätten kann es nicht genug geben, da erst dadurch sichtbar wird, dass diese Verbrechen der Sklavenarbeit, Verfolgung etc. in der Mitte der Gesellschaft stattfanden und viele Menschen mitgemacht haben“, sagt Matzka.

In Pressbaum hat es ein Zwangsarbeiterlager für ungarische Juden gegeben. Frauen wurden für Waldarbeiten eingesetzt. Die genaue Lage der Einrichtung ist aber bisher unklar. „Ich bin mir sicher, dass man hier noch etwas herausfinden kann, wenn man alle Möglichkeiten ausschöpft“, sagt der Pressbaumer Historiker Dieter Halama. ÖVP-Bürgermeister Josef Schmidl-Haberleitner hat für die NÖN mit Zeitzeugen gesprochen. An ein Zwangsarbeiterlager für ungarische Juden konnten sie sich nicht erinnern. Bekannt ist aber in der Stadt, welche Rolle das Schulgebäude des Sacre Coeurs in der NS-Zeit innehatte: Es diente als Außenstelle der „Nervenheilanstalt“ Spiegelgrund, in der Kinder mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen medizinischen Versuchen ausgesetzt waren.


Für die Purkersdorfer Holocaustopfer wurde ein Gedenkstein errichtet.
NOEN

Der Kirchstettener Historiker Marcel Chahrour erzählt, dass es in der Region viele solcher Zwangs- oder Kriegsgefangenenlager gegeben habe, wie das Bundesdenkmalamt sie erfasst hat: „Zum Beispiel befanden sich die sogenannten Reichsautobahnlager entlang der heutigen Autobahntrasse.“

In Pettenau, das damals noch zu Ollersbach gehörte, gab es ein Kriegsgefangenenlager bei der Eisenbahn. Dazu hat Chahrour einen Zeitzeugenbericht aus dem Jahr 2011. Franz Wagner aus Pettenau, geboren 1933, erinnerte sich: „Das Lager wurde gleich nach Kriegsausbruch errichtet. Es umfasste sechs Baracken für Gefangene, eine Küchenbaracke, ein Wirtschaftsgebäude und ein Häuschen für die Wachmannschaft. Die gesamte Lagerfläche war mit einem hohen Zaun umschlossen, oben mit Stacheldraht. In der Nacht war das Lager mit Scheinwerfern ausgeleuchtet. Die Baracken waren in einer Art Holzriegeltechnik errichtet mit Pressspannplatten, für damalige Verhältnisse eine moderne Technik.“
Auch Zwangsarbeiterlager entlang der Autobahn
 

josef

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#15
NÖN-Bericht über das in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene KZ-Außenlager St. Aegyd, während zu den Zwangsarbeiterlagern des oberen Traisentales derzeit noch wenig erforscht wurde...

HISTORIE ZUM KZ-LAGER
NS-Regime: St. Aegyd strategisch gut gelegen
Die Historie zum KZ-Lager ist mittlerweile gut rekonstruiert, nicht so die Zwangsarbeiter-Baracken im Bezirk.
NÖN-Lilienfeld, von Teresa Lobinger. Erstellt am 23. Juni 2021


Das St. Aegyder Außenlager im Dezember 1944. Historiker Christian Rabl steht aktuell mit dem Enkel von einem der 46 St. Aegyder KZ-Opfer aus Polen in Kontakt.
NÖN, aus Datenbank Dr. Carls GmbH
Robert Weiss ist Jahrgang 1933 und in einer großen Familie mit zwölf Kindern aufgewachsen. Das NS-Regime hat er als Schüler miterlebt: „Wir haben ja fast vis-à-vis von einer Baracke gewohnt.“

In Marktl sei die Firma Neumann damals ein Rüstungsbetrieb gewesen; Robert Weiss kann sich an vier Baracken, ein Küchen- und Waschgebäude am südlichen Ortsende erinnern. „Vor allem Ukrainer und Russen waren da, ein paar hohe französische Offiziere haben im Wirtshaus Kerschner gewohnt, das dann abgerissen wurde, aber ein paar der Offiziere waren in den Siebzigern sogar zu Besuch“, erzählt Weiss. Viele Tote habe es auf den Bergen rundherum gegeben, vom Lager in St. Aegyd habe er damals nicht gewusst.

Ehemaliges Außenlager sehr gut dokumentiert
Das Außenlager des KZ Mauthausen ist am 2. November 1944 entstanden, bis April 1945 befand es sich am Areal der heutigen Mittelschule, Kindergarten und Pfarrsiedlung. Aber schon 1943 wurden in St. Aegyd einige Gebäude beschlagnahmt, wie das noch heute erhaltene Caritas-Haus.

Doch warum war St. Aegyd so interessant für das Regime? „Es wurde als strategisch wertvoller Ort ausgewählt, durch die Enge des Tales und die Bahnanbindung, eine eigene Abzweigung führte direkt durch die Lager-Anlage“, weiß der Historiker und GISTA-Obmann Christian Rabl. Nachdem die Gedenkkultur in den 2.000er-Jahren an Fahrt aufnahm, erfolgte 2010 die Gründung der überparteilichen Gedenkinitiative St. Aegyd (GISTA).

So ist die Geschichte des Außenlagers mittlerweile sehr gut dokumentiert. In den letzten Kriegsjahren setzte das Regime auf sogenannte „Wunderwaffen“, fragwürdige Technologien und Kfz-Mechanismen wie neuartige Panzer. Die sollten möglichst rasch zur Serienreife gebracht werden.

Das St. Aegyder Lager galt als „Kraftfahrtechnische Versuchsanstalt“ (KVA) der Waffen-SS, unter dem Decknamen „Alfred“. Eigene Prüfstände wurden im südlichen Waldgebiet, heute als Pfarreben bekannt, geplant.

Ein bereits verstorbener Zeitzeuge konnte Christian Rabl Einblick in das „Lager-Leben“ geben, beschrieb das perfide System der sogenannten Funktionshäftlinge – genannt Toni, Max und Robert – samt ihrer Züchtigungs-Methoden. Diese Männer genossen Privilegien und galten als verlängerter Arm der SS.

„Bislang ist keine historische Aufarbeitung erfolgt, es gibt lediglich vereinzelt Hinweise auf das Bestehen dieser Zwangsarbeitslager."
Neben St. Aegyd seien aus Rabls Sicht zudem die früheren Zwangsarbeiter-Lager in Stangental und Kerschenbach , bei Wiesenfeld, von Relevanz. Diese werden in der 2.100 Orte umfassenden Karte des Bundesdenkmalamts jedoch nicht berücksichtigt: „Vermutlich deshalb, weil es nach derzeitigem Forschungsstand keine baulichen Überreste mehr zu geben scheint. Sowohl in Stangental als auch in Kerschenbach wurden ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen eingesetzt“, erklärt Christian Rabl. In Stangental für die Firma Oberleitner & Schneider, in Kerschenbach für die Ziegelfabrik der Gebrüder Schlarbaum. „Bislang ist keine historische Aufarbeitung erfolgt, es gibt lediglich vereinzelt Hinweise auf das Bestehen dieser Zwangsarbeitslager. Klar ist, dass beide Lager im Frühjahr 1945 geräumt und die Menschen in Richtung Mauthausen getrieben wurden.“
NS-Regime: St. Aegyd strategisch gut gelegen
 

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#16
NÖN-Bericht über einen Teil der in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommenen Lager des Bezirkes Amstetten:

NS-Lager: Dunkle Jahre in Amstetten
In der Stadt gab es in der NS-Zeit viele KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter.
NÖN-Amstetten, von Hermann Knapp. Erstellt am 23. Juni 2021


Stadtarchiv Amstetten


Foto Kovacs
Bauliches Relikt: Eine letzte Baracke des damaligen Wehrmachtslagers hat die Jahrzehnte überdauert und steht noch heute in der Grillparzerstraße.
Das Bundesdenkmalamt hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Liste der NS-Opferlager in Österreich zu erstellen. 2.113 haben Archäologen in zwei aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten bereits dokumentiert. Von den wenigsten Lagern sind heute noch Überreste wie zum Beispiel Mauern oder Baracken erhalten, weshalb eine Zusammenführung der Daten und wissenschaftliche Dokumentation umso dringlicher erscheint.

Bei zwei Drittel dieser Lager, die auch Lager von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern umfassen, wurde durch intensive Forschungen und unter Verwendung der GIS-Atlanten der Bundesländer, Orthofotos und Lidar-Bildern eine parzellengenaue Lokalisierung erreicht. Bei etwa einem Drittel bleibt die genaue geografische Lage bislang ungeklärt.

Arbeiterlagerin Biberbach Oismühle
Auch im Bezirk Amstetten gibt es Lager, deren genauer Standort ungeklärt ist – jenes in Biberbach Oismühle zum Beispiel. Da sind die Informationen spärlich. Gut erforscht und dokumentiert sind hingegen die Lager in der Stadt Amstetten.

Das KZ-Außenlager Amstetten Bahnbau I war in der Grillparzer-straße (heutige Voralpensiedlung) situiert. Ursprünglich war es als Panzerlager gedacht, 1945 wurde es aber zu einem der letzten Außenlager des KZ Mauthausen umfunktioniert.

Bis zu 3.000 männliche KZ-Häftlinge dürften dort untergebracht worden sein. Sie sollten die Bahnanlagen instandsetzen, die durch alliierte Bombenangriffe zerstört worden waren. Am 19. April 1945 wurde das Lager aufgelöst, weil die Rote Armee im Anmarsch war. Der Großteil der Häftlinge wurde ins KZ Ebensee getrieben.

Zahl der Todesopfer unklar
Wie viele Menschen in diesem Lager umkamen, ist nicht klar, mehrere Morde sind belegt und auch, dass zahlreiche Häftlinge aufgrund der katastrophalen Versorgung und der gefährlichen Arbeit – sie mussten Bombenblindgänger räumen – umgekommen sind.

Ebenfalls dokumentiert ist in Amstetten das KZ-Außenkommando Amstetten Bahnbau II . Dabei dürfte es sich aber um ein Pendellager gehandelt haben, die Häftlinge waren also nicht fix in Amstetten untergebracht.

Mit diesem Lager ist eine der größten Tragödien in Amstetten im Zweiten Weltkrieg untrennbar verbunden. Am 20. März 1945 wurden 500 weibliche KZ-Häftlinge (aus Frankreich, Sowjetunion, Polen, Ungarn und Belgien) aus dem KZ Mauthausen beim Amstettner Bahnhof für Aufräumarbeiten eingesetzt.

Viele Frauen bei Angriff getötet
Am Nachmittag des 20. März kam es zu einem der größten Bombenangriffe auf die Stadt. Die Häftlinge durften nicht in die Luftschutzstollen und flüchteten mit ihren Bewachern in ein Waldstück in Eisenreichdornach, wo sie aber getroffen wurden. Die Bomben warfen Bäume auf Menschen und schleuderten umgekehrt Körper in Baumkronen.
Mindestens 34 Menschen starben, viele erlagen noch später ihren Verletzungen, weil es keine medizinische Versorgung für sie gab.

Vermutlich in der Viehdorferstraße dürfte das Zwangsarbeiterlager Klee und Jäger gelegen haben. Die Wiener Firma war ab Anfang 1944 mit dem Bau der groß angelegten Amstettner Luftschutzstollen in der Reitbauernsiedlung und am Krautberg beauftragt, die der gesamten Amstettner Bevölkerung Platz bieten sollten.

Wer nicht mehr arbeiten konnte, wurde getötet
Dafür eingesetzt wurden vor allem sowjetische Zwangsarbeiter, aber auch ungarisch-jüdische Häftlinge. Wenn sie nicht mehr arbeiten konnten, wurden sie getötet. Die Überlebenden wurden in die KZ Mauthausen, Gusen und Ebensee transportiert und die meisten von ihnen dort ermordet.

In Amstetten gab es noch eine bis heute nicht geklärte Zahl an weiteren Zwangsarbeiterlagern, vermutlich zehn bis 20. Im Reitbauernhof waren ab 1940 kriegsgefangene Franzosen untergebracht, die in Amstettner Betrieben Zwangsarbeit leisten musten.

Bei der Firma Hopferwieser waren von Sommer 1944 bis Frühling 1945 Häftlinge des KZ Melk beschäftigt. Die Firma lieferte Bauholz für Stollenanlagen, das von den Häftlingen in Amstetten geschnitten wurde. Neben den KZ-Häftlingen waren auch viele Zwangsarbeiter in den Baracken in der Reichsstraße untergebracht.

Alle im Artikel angeführten Informationen wurden der NÖN dankenswerterweise vom Amstettner Stadtarchiv zur Verfügung gestellt.
NS-Lager: Dunkle Jahre in Amstetten
 

josef

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#17
NÖN-Bericht über das in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Barackenlager Göstling:

Barackenlager in Göstling: „Der ganze Himmel war rot“
Am 13. April 1945 steckten SS-Männer Barackenlager in Göstling in Brand und ermordeten 76 Menschen.
NÖN-Erlauftal, von Claudia Christ. Erstellt am 23. Juni 2021


Foto Georg Perschl
Das Göstlinger Barackenlager


Foto Georg Perschl
Heute befindet sich auf dem Gelände das Sägewerk Gusel.
Das Bundesdenkmalamt hat österreichweit 2.100 Orte ausgemacht, an denen es NS-Lager gab, darunter auch das ehemalige Barackenlager in Göstling. Hier ereigneten sich kurz vor Kriegsende furchtbare Gräueltaten.
In der Göstlinger Gemeindechronik heißt es: Das Barackenlager, in dem die ungarischen Zivilinternierten untergebracht waren, stand unterhalb des Gasthauses Kirchberger (heute Gusel-Paumann) bei der Kapelle. Darin waren Frauen, Kinder, Männer untergebracht. Dieses Lager wurde in der Nacht von einem Sonderkommando der SS angezündet, und sämtliche Insassen, 76 Männer, Frauen und Kinder, wurden durch Maschinengewehr- und Maschinenpistolenfeuer bestialisch ermordet.

„Als unser Knecht vor vier Uhr früh mit seinem Ladewagen zum Lager fahren wollte, brannte bereits alles lichterloh. Zeitzeugin Rosa Dippelreuther
Die jüdischen Zwangsarbeiter, darunter auch Familien, die von der Sammelstelle in Wien, wohin sie von Ungarn unter schrecklichen Bedingungen transportiert worden waren, nach Göstling ins Lager kamen, wurden natürlich immer wieder im Ort gesehen, wenn sie zur Arbeit gingen.
Mit einem Davidstern an der Kleidung gekennzeichnet und schrecklich unterernährt waren sie unentwegt auf der Suche nach Essbarem und erhielten auch immer wieder heimlich Nahrungsmittel zugesteckt. Dies wurde auch bekannt, sodass der Bürgermeister von der Kreisleitung den Auftrag bekam, die Bevölkerung vor solcher Hilfeleistung zu warnen und schwere Strafen anzudrohen. Dies wurde auch mittels Lautsprecher kundgetan.

Zeitzeugin berichtet
In der Chronik erinnert sich Zeitzeugin Rosa Dippelreuther: „Die Ungarn aus dem Lager waren vielen von uns bekannt, sie wurden ja für verschiedene Arbeiten eingeteilt. Es waren aber auch viele Kranke und Gebrechliche dabei. Zum Essen hatten sie ja auch nichts.“ Sie bettelten, aber die Menschen durften ihnen in der Öffentlichkeit nichts geben. Das war streng verboten.
„Ich sah sie oft Erdäpfel aus dem Misthaufen klauben, und bei uns im Kaufhaus Senoner durften sie die faulen Erdäpfel aussortieren und mitnehmen.“ Wie sehr sie über ihre wirkliche Lage getäuscht wurden, zeigte, dass sie schöne Handarbeiten fertigten, die sie nach Hause als Geschenk mitnehmen wollten.

Lagerleiterin wollte erträgliches Leben für Häftlinge
Wie jedoch im Nachhinein festgestellt werden konnte, hat sich die Lagerleiterin bemüht, den Häftlingen ein den Umständen entsprechendes halbwegs menschenwürdiges Dasein zu bieten. Tatsächlich kamen die Zwangsarbeiter bei verschiedenen Arbeiten mit der Bevölkerung in Kontakt, die sich, wie erwähnt, oft hilfsbereit zeigte.

Rosa Perschl erzählte, dass sie, als sie noch in Schmiedlehen war, den Frauen öfter Lebensmittel zusteckte. Sie gab ihnen auch Stoffe, und die ungarischen Frauen nähten für sie Bettwäsche und einen Pyjama. Sie wollten sich ihre Lebensmittel buchstäblich „verdienen“. Diese Textilien befinden sich auch heute noch im Besitz der Familie Perschl.

Wie die jüdischen Familien getäuscht wurden, erzählt Leopold Heigl: „Noch am Vorabend war ein Großvater mit seinem Enkel bei ihnen gewesen und er habe sich gefreut, dass sie endlich am nächsten Tag nach Amstetten abtransportiert würden. Tatsächlich aber sollten sie ins KZ Mauthausen in den Tod geschickt werden.

„Der ganze Himmel war rot“Rosa Dippelreuther
„In der besagten Nacht war unser Knecht für den Abtransport bestellt worden. Er sollte das Gepäck zum Bahnhof bringen. Als er aber vor vier Uhr früh mit seinem Ladewagen zum Lager fahren wollte, brannte bereits alles lichterloh. Der ganze Himmel war rot und es krachte furchtbar vom Feuer und der Schießerei. Wir waren entsetzt“, schildert Rosa Dippelreuther.

SS-Männer schossen, wie berichtet wird, wie wahnsinnig um sich. Menschen, die aus den brennenden Baracken fliehen wollten, wurden am Zaun erschossen, zwei, die den Kreuzweg erreichten, wurden dort niedergemacht, man schoss auf alles, was sich bewegte, auf Leute, die sich in den Plumpsklos versteckten und die Mörder erschossen auch eine Frau, bei der eben die Wehen eingesetzt hatten.

Leichen auf Straße nach Massenerschießung
Die Leichen blieben liegen, selbst an der Straße zum Kreuzweg, bald herrschte weithin übler Verwesungsgeruch, und die Schulkinder mussten das Grauen am Schulweg mit ansehen. Wolfgang Staudinger erzählt in seinen Erinnerungen , dass nach dem Massaker Bürgermeister Stepan kreideweiß zu seinem Vater gekommen war und von einer „Wahnsinnstat“ sprach, die „man uns büßen lassen“ würde. Eine Frau überlebte das Massaker, die Ärztin Charlotte Wieser. Sie war von der Lagerleiterin einen Tag davor nach Wien geschickt worden. Sie war es auch, die sich nach dem Krieg um eine würdige Bestattung der Toten kümmerte.

Geschichte im Ort aufgearbeitet
Die Toten wurden an Ort und Stelle begraben, am 10. Dezember 1950 exhumiert und im Pfarrfriedhof in Göstling bestattet. Ein Grabdenkmal mit den Namen der Ermordeten und eine Gedenktafel am ehemaligen Lager-Standort erinnern heute an diese schreckliche Tat. „Die traurige Geschichte dieses Ortes wurde in der Gemeinde aufgearbeitet. Auch die Kinder in der Schule werden darüber unterrichtet“, sagt der ehemalige Vizebürgermeister Hermann Strobl, der gemeinsam mit Georg Perschl für die Gemeindechronik recherchierte.
Barackenlager in Göstling: „Der ganze Himmel war rot“
 

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#18
NÖN-Bericht über das in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene KZ-Außenlager St. Valentin:

NAZI-GRÄUEL

KZ-Außenlager St. Valentin mit bis zu 1.480 Gefangenen
Das KZ-Außenlager St. Valentin wurde brutal geführt. Heute wird daran bei einer jährlichen Gedenkfeier erinnert.
NÖN-Haag, von Karl Fuchs und Peter Führer. Erstellt am 23. Juni 2021


Foto Fuchs/Archiv
Am Anna-Strasser-Platz, wo sich der von Schülern entworfene Gedenkstein für das KZ-Außenlager in St. Valentin befindet, findet jährlich eine Gedenkfeier statt. Der Platz wurde nach der St. Valentiner Wider-standskämpferin benannt, die 2010 im 91. Lebensjahr verstarb


Foto Karl Fuchs/Archiv
Am Geburtshaus von Anna Strasser wurde 2013 zur Erinnerung und Würdigung ihres Lebenswerkes eine Gedenktafel von Bürgermeisterin Kerstin Suchan-Mayr und Stadtrat Leopold Feilecker (am Bild) enthüllt.
Aufgrund des Nibelungenwerks, dem größten Panzer-Montagewerk des Dritten Reiches, das sich in St. Valentin befand, entschloss sich das NS-Regime, in unmittelbarer Nähe 1942 ein KZ-Außenlager zu errichten.

In seinem Buch „Mostviertel, Geschichte, Gschichtln und Erlebtes“ berichtet NÖN-Mitarbeiter Karl Fuchs über die Geschichte des Lagers und die Gräueltaten in St. Valentin (Auszug): „Das Konzentrationslager Mauthausen hatte 46 Nebenlager. Eines davon wurde 1942/43 in Herzograd (St. Valentin) errichtet, um sich die täglichen Fahrten mit den Häftlingen aus Mauthausen zum Arbeitsplatz in das Panzerwerk zu ersparen. Durch den ständigen Ausbau des Nibelungenwerkes wurden immer mehr Arbeitskräfte gebraucht.
Der 20-jährige Karel Troup kam aus Böhmen und wurde zum deutschen Arbeitseinsatz verpflichtet. Er wurde ein St. Valentiner, der in diesem KZ nicht als Häftling, sondern als legaler Arbeiter ein und ausging. Er erlebte den Bau des KZ Herzograd. Seine Arbeit bestand darin, Werkshallen und KZ-Baracken mit Tarnfarben zu versehen.

Gefürchtete SS stellte das Wachpersonal
Neben dem Verwaltungsgebäude umfasste das Lager, das etwa 300 Meter vom Panzerwerk entfernt aufgebaut worden war, zehn Baracken für 800 bis 1.400 Häftlinge. Der Höchststand betrug 1.480 Gefangene – Russen, Polen, Belgier und Juden, die zu Hunderten aus Mauthausen nach St. Valentin gebracht wurden. Besonders grausam verfuhr der Werkschutz mit KZ-Inhaftierten. Manche wurden erschlagen, auf andere hetzte der Sicherungschef seine Bluthunde.

Dutzende Häftlinge brutal ermordet
Das Lager wurde sehr brutal geführt. Zwar stellten Augenzeugen nach dem Zweiten Weltkrieg fest, dass Dutzende Häftlinge brutal ermordet worden waren, doch in den offiziellen Sterbebüchern der Nazis lasen sich die Todesursachen freilich vollkommen anders: Herzschwäche, Lungenentzündung, Hitzschlag, Erschöpfung und so weiter. Im Lager gab es auch einen Bunker, der „Lazarett“ genannt wurde. In diesem stand ein Holzbehälter, in dem die Toten deponiert und dann nach Mauthausen zur Verbrennung abtransportiert wurden.
Dieses „Lazarett“ wurde auch dafür verwendet, an griechischen Frauen künstliche Befruchtungsversuche vorzunehmen. Am 5. Mai 1945 übernahm die SS das Nibelungenwerk St. Valentin und am 7. Mai 1945 trafen amerikanische Truppen in St. Valentin ein. Der Krieg war zu Ende, aber die Angst vor der Besatzung war groß. Viele Personen flüchteten noch schnell über die Enns und konnten dann nicht mehr zurück. Am 11. Mai 1945 wurden die Ennsbrücke und am Bahnhof St. Valentin eine Militärkommandantur errichtet. Es kam zu neun Morden durch unbekannte Täter sowie Plünderungen von Güterzügen.

Gedenkstein erinnert an NS-Zeit
An die Gräueltaten erinnert ein Gedenkstein, der 1996 auf Initiative der vierten Klasse der Hauptschule Langenhart gestaltet wurde. Auf dem Stein befindet sich eine Taube, die sich aus Ketten befreit. Im Rahmen der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge wurde 2015 die Stätte erweitert, um an die in der Euthanasieanstalt Hartheim ermordeten St. Valentiner zu erinnern. Die Skulptur „Menschenwürde“ wurde vom St. Valentiner Künstler Manfred Brandstätter entworfen und gestaltet. Jährlich führen hier das Mauthausenkomitee und die Stadtgemeinde Sankt Valentin eine Gedenkfeier durch.
KZ-Außenlager St. Valentin mit bis zu 1.480 Gefangenen
 

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#19
Dazu ein NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager im Bezirk Melk:

ERINNERN
Auf Spuren verborgener NS-LagerMit einer Liste von NS-Lager- Standorten erinnert Bundesdenkmalamt an Orte mit dunkler Vergangenheit im Bezirk Melk.
NÖN-Melk, von Lisa Schinagl. Erstellt am 23. Juni 2021


Melk Memorial, Foto Schinagl
Eigene Anmerkung, Ergänzung: Das Foto zeigt das Denkmal über die Hinrichtung von 230 ungarischen Juden in Hofamt Priel bei Persenbeug!


Melk Memorial, Foto Schinagl, KZ-Außenlager Melk in der "Birago-Kaserne"


Melk Memorial, Foto Schinagl, KZ-Außenlager Melk in der "Birago-Kaserne"
Wie ein Netz spannten sich die NS-Lager über Österreich – auch über den Bezirk Melk. Von vielen zwar vergessen, aber dennoch von ihrer Vergangenheit geprägt, sind die Orte, die im Zuge des NS-Terrors als Standorte für etwa Konzen trationslager genutzt wurden. Das Bundesdenkmalamt startete ein Projekt, verfolgte knapp 2.100 dieser Orte in ganz Österreich und erfasste sie kartografisch. Eine ganze Reihe dieser Orte befand sich ebenso im Bezirk Melk, erzählt Christian Rabl, wissenschaftlicher Leiter des Zeithistorischen Zentrums in Melk.

KZ Melk
Eines davon direkt in der Bezirkshauptstadt. Zum Kriegsende in Melk errichtet, sollte das KZ-Außenlager Schauplatz für zahllose Gräueltaten werden. Rund 5000 der 14.400 Arbeiter fielen der Gewalt der NS-Soldaten zum Opfer. Als Teil der Biragokaserne ist das Lager heute noch fast gänzlich erhalten. An der Stelle des Krematoriums befindet sich heute eine KZ-Gedenkstätte, beschreibt Rabl.

Auch in Roggendorf waren damals zwei Lager zu finden, wo Bau- und Fabriksarbeiter untergebracht waren. Heute sind diese nicht mehr sichtbar und auch die Forschungen rund um den Ort „müssen als schlecht bezeichnet werden“, bedauert er. Auf dem Areal der „HITIAG“ in Golling und in Annastift befanden sich ebenfalls Lager, wobei die Zwangsarbeiter vermehrt in der Landwirtschaft eingesetzt wurden.

Rabl erzählt außerdem von einigen Lagern im Raum Persenbeug und Ybbs. Etwa in Hofamt Priel, wo ein kurzfristiges Lager existierte. „Dort wurden in einer Nacht fast 230 Personen umgebracht,“ erinnert Rabl. In der Landwirtschaft wurden auch die Zwangsarbeiter der Lager in Zwerbach und Wies bei Mank eingesetzt.

„Die Gewaltorte ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Mostviertel“ Christian Rabl, Zeithistorisches Zentrum Melk
Laut dem Loosdorfer Historiker Gerhard Floßmann sind auch in seiner Gemeinde sowie in Albrechtsberg, Merkendorf, Petzenkirchen und Harlanden bei Melk Lager unterschiedlicher Art zu finden gewesen. Viele dieser Standorte wurden als Konzentrationslager oder Arbeitslager genutzt, erklärt er.

Melk nicht einziger Standort
Neben den Lagerstandorten gab es im Bezirk Melk aber weitaus mehr Gewaltorte: „Das ist mir besonders wichtig zu betonen“, sagt er. Das heutige Mahnmal in Dorna bei Melk erinnert an damalige Grausamkeiten. Es gedenkt an die Ermordung dreier Häftlinge, die sich am Hof der Familie Will versteckten. Initiator des 2010 errichteten Bauwerks ist Alois Will, der als Kind Zeuge der Bluttat wurde.

Solche Schicksalsorte gibt es im Bezirk viele: „Die Gewaltorte ziehen sich wie ein roter Faden durch das Mostviertel“, stellt Rabl fest. Auf vielen Friedhöfen seien heute noch Spuren sichtbar, auch wenn diese teilweise verwischt sind.

An der Aufarbeitung sind heute Gemeinden, aber vielmehr Vereine und Einzelpersonen beteiligt, die die Gedenkstätten außerdem betreuen. So auch der Verein MERKwürdig in Melk. In Hofamt Priel widmet sich das Geschwisterduo Hans und Tobias Hochstöger der Aufarbeitung, die vor Kurzem eine Filmdokumentation über die Ereignisse produzierten. In vielen Regionen stehen jährliche Gedenkfeiern am Programm. Die Aufarbeitung sei aber noch lange nicht abgeschlossen, so Rabl.
Auf Spuren verborgener NS-Lager
 

josef

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#20
Dazu ein NÖN-Bericht über einige in der Liste des Bundesdenkmalamtes aufgenommene Lager im Ybbstal:

AUFARBEITUNG
Ybbstal: Eine Zeit, die nie vergessen wirdHistoriker Walter Zambal hat die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs im Stadtarchiv detailliert aufgearbeitet.
NÖN-Ybbstal, von Anna Faltner. Erstellt am 23. Juni 2021


Foto Stadtarchiv Waidhofen an der Ybbs
Von 1939 bis 1943 befand sich im Sandhof in Windhag ein Umschulungslager.


Foto Stadtarchiv Waidhofen an der Ybbs


Foto Stadtarchiv Waidhofen an der Ybbs
Ein Grab auf dem Waidhofner Friedhof für sechs Unbekannte erinnert an die NS-Zeit.

Das Bundesdenkmalamt hat in Österreich mehr als 2.100 Orte ausfindig gemacht, an denen es während des Zweiten Weltkrieges NS-Lager gegeben hat. Manche dieser Orte wurden vergessen, andere wurden von Historikern akribisch aufgearbeitet und öffentlich thematisiert. Im Ybbstal gibt es mehrere Schauplätze, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern.

Orte, wo Zwangsarbeitslager, KZ-Außenstellen oder Kriegsgefangenenlager beheimatet waren, waren zum Beispiel der Körner Hof in Böhlerwerk, Gleiß, Hollenstein, Hilm, St. Leonhard/Walde, Weyer und in einige Stätten in Waidhofen: Konradsheim, Hauptbahnhof, Fuchslueg, Windhag und der Sandhof in Windhag. Der Stadthistoriker Walter Zambal hat sich intensiv mit der NS-Zeit in Waidhofen auseinandergesetzt. Besonders letzterer Stätte, also dem Sandhof in Windhag, widmete Zambal viel Zeit bei seinen Recherchen.

Windhager Bauernhof war Umschulungslager
Von 1939 bis 1943 befand sich im Bauernhof Sandhof in Windhag, Kronhobl 3, ein sogenanntes „Umschulungslager“ für vorwiegend aus Wien stammende Juden. Es wurde von der SS betrieben und scheint unter dem Eigentümer „Auswanderungsfonds Wien“ auf.
Während der ursprüngliche offizielle Stempel des Lagers noch die Bezeichnung „Auswanderungsfonds Wien Gut Sandhof“ aufweist, trägt der offizielle Lagerstempel ab 1940 die Bezeichnung „Umschulungslager Gut Sandhof Windhag b. Waidhofen a.d. Ybbs“. Von der ursprünglichen Idee einer Umschulung war aber bald nichts mehr übrig geblieben. Der Sandhof galt bis 1943 mehr als Erholungsheim für SS-Angehörige, in dem die Juden Zwangsarbeit leisten mussten.

Das Bauernhaus wurde von den jüdischen Zwangsarbeitern neu aufgebaut und bestand aus den noch heute existierenden Gebäuden sowie einer Wohnbaracke für die Lagerinsassen.

Walter Zambal hat sich Jahrzehnte mit der NS-Zeit in Waidhofen beschäftigt. Das, was es in Waidhofen zu recherchieren und dokumentieren gab, hat er gemacht. „Ich denke, da habe ich alles so gut wie möglich aufgearbeitet. Kriegsgefangene gab es aber natürlich nicht nur in Lagern. Sondern französische Kriegsgefangene waren auch in verschiedenen Bauernhäusern in Waidhofen untergebracht“, schildert der Historiker.

Lager in Böhlerwerk nie aufgearbeitet worden
Ein großes Lager befand sich auch in Böhlerwerk, am Körner Hof. Dort waren an die 1.000 Fremdarbeiter beschäftigt. „Da ist leider nie etwas aufgearbeitet worden. Die Akten dazu dürften nach einer gewissen Zeit verbrannt worden sein“, bedauert Zambal. Gegen Kriegsende kam es dann zur Auflassung vieler Kriegsgefangenenlager.

Die Gefangenen wurden in langen Zügen nach Westen geführt und viele dieser „Todesmärsche“ führten über Waidhofner Gemeindegebiet. Eine Route dieser Transporte war über St. Leonhard am Walde. Eine Quelle schildert die Ereignisse wie folgt: Am 6. April 1945 wurden Insassen eines Konzentrationslagers durch Leonhard getrieben. Manche schätzen, dass bis zu 2.000 durchgetrieben wurden. Bei Kollalehen lagerte eine Gruppe eine Nacht, bewacht von der SS.

Wenn sich einer bewegte, wurde auf ihn geschossen. Sieben Menschen wurden dabei getötet. Nächsten Tag wurde noch einer erschossen im Katzengraben. Angeblich wurden sie nach Oberösterreich weitergetrieben. Auch in der Chronik der Marktgemeinde Allhartsberg wird dieser Todesmarsch erwähnt und am Friedhof in Allhartsberg befindet sich heute noch ein Grab mit der Aufschrift „Ruhestätte von sieben unbekannten KZlern“. Dabei handelt es sich um jene sieben Häftlinge, die auf diesem Todesmarsch bei Hiesbach „niedergeknallt wurden“.
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