Krieg in Europa: Angriff Russlands auf die Ukraine

josef

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EU will eigene Rüstungsindustrie massiv ausbauen
Die Mitgliedstaaten sollen verstärkt gemeinsam Militäreinkäufe tätigen. Über ein Förderprogramm sollen 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2025-27 aus dem EU-Budget fließen
Brüssel – Die EU-Kommission will die Rüstungsindustrie des Staatenblocks stärken. Die Brüsseler Behörde stellte am Dienstag eine entsprechende Strategie sowie ein Förderprogramm vor. Die EU-Mitgliedstaaten sollen verstärkt zu gemeinsamen Militäreinkäufen ermuntert werden. Zudem will die Kommission Investitionen in militärische Produktionskapazitäten finanziell unterstützen.

"Russlands brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine hat mit hoher Intensität geführten Krieg wieder nach Europa gebracht", begründete der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Maßnahmen laut Aussendung. "Nach jahrzehntelanger Unterfinanzierung müssen wir mehr in die Verteidigung investieren, aber wir müssen es besser und gemeinsam tun."

Die Kommission setzt in ihrer Strategie mehrere Ziele fest: Bis 2030 sollen die EU-Staaten mindestens 40 Prozent ihrer Rüstungseinkäufe über gemeinsame Bestellungen abwickeln. Die Hälfte oder mehr der Einkäufe im Verteidigungsbereich soll zudem in Europa getätigt werden – bis 2035 soll der Mindestanteil auf 60 Prozent steigen.


Laut EU-Kommission sollen keine Waffen direkt aus dem EU-Budget gekauft werden –die Entscheidung darüber, was gekauft wird, liege weiterhin bei den Mitgliedstaaten.
APA/HELMUT FOHRINGER

Ukraine soll profitieren
Insgesamt sollen über das Edip getaufte Förderprogramm 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2025 bis 2027 aus dem EU-Budget fließen. Damit werden zum Teil kurzfristige Maßnahmen, die als Reaktion auf den Ukraine-Krieg eingeführt wurden, verlängert und erweitert. Bereits jetzt gibt es zum Beispiel finanzielle Unterstützung für den Ausbau von Kapazitäten der Munitionsproduktion. Dies wird nun auf weitere Rüstungsprodukte ausgeweitet.

Eine weitere Maßnahme sieht vor, dass kleinere Rüstungsunternehmen leichteren Zugang zu Finanzierung erhalten. Rüstungsprodukte, deren Entwicklung im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) mitfinanziert wurde, sollen nun auch auf dem Weg zur Marktreife unterstützt werden.

Neben den Mitgliedstaaten soll auch die Ukraine von dem neuen Programm profitieren können. Das Land soll an gemeinsamen Rüstungseinkäufen teilnehmen können. Weiters sollen ukrainische Rüstungsunternehmen von den EU-Geldern profitieren können. Die Kommission war bemüht zu betonen, dass keine Waffen direkt aus dem EU-Budget gekauft würden und dass die Entscheidung darüber, was gekauft wird, weiterhin bei den Mitgliedstaaten liege.
(APA, red, 5.3.2024)

EU will eigene Rüstungsindustrie massiv ausbauen
 

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MILITÄRTECHNIK
Taurus, die ausgebremste Superrakete aus Deutschland
Längst ist der Taurus-Marschflugkörper zum Politikum geworden. Doch ist die Waffe wirklich so mächtig, wie sie die Politik darstellt?

Die Taurus hat eine Reichweite von über 500 Kilometern und verfügt über Stealth-Eigenschaften.
AP

Marschflugkörper sind im Ukrainekrieg wahrlich keine Seltenheit. Russland setzt seit dem Beginn des Überfalls auf das Nachbarland Marschflugkörper vom Typ Kalibr ein, dazu kommen noch Varianten der KH-Familie, die sogar über Tarnkappeneigenschaften verfügen sollen. Die Ukraine setzt im Gegenzug britische und französische Cruise Missiles ein, die so modifiziert wurden, dass sie von alten Su-24-Bombern aus gestartet werden können. Warum also pocht die Ukraine so auf die deutsche Taurus, wo doch ähnliche Waffensysteme bereits geliefert werden? Und warum wird die Taurus gerne als zu mächtig für die Ukraine dargestellt?

Gar nicht so unterschiedlich
Bei der deutsch-schwedischen Taurus KEPD 350 handelt es sich tatsächlich um das Gegenstück zur britischen Storm Shadow und deren französischer Variante, der Scalp. Tatsächlich gehen alle drei Waffensysteme auf den gleichen Ursprungsgedanken zurück, und die drei Länder hätten eigentlich gemeinsam an einer neuen Generation derartiger Waffen arbeiten sollen. Aber wie bei solchen Projekten nicht unüblich, scheiterte das Vorhaben an unterschiedlichen Zielvorgaben der jeweiligen Länder. So entschloss man sich in Deutschland, gemeinsam mit Schweden die Taurus selbst zu entwickeln.

Seit 2005 ist der Marschflugkörper bei der Bundeswehr im Dienst. Auf den ersten Blick sind die Unterschiede zu Storm Shadow und Scalp nicht besonders groß. Tatsächlich sind sich die beiden Flugkörper auch optisch extrem ähnlich, es handelt sich nämlich um wenig mehr als einen fünf Meter langen Aluminiumquader. Abmessungen und Gewicht stimmen zwischen Taurus und Storm Shadow nahezu perfekt überein, wobei das deutsche Modell etwas schwerer und um einige Millimeter größer ist als die britische Variante. Die Unterschiede muss man rein äußerlich also wirklich mit der sprichwörtlichen Lupe suchen.


Die Taurus unterscheidet sich optisch nicht wesentlich von ihren Cousins aus Großbritannien und Frankreich.
APA/AFP/THOMAS COEX

Was unterscheidet sie nun von der britischen und französischen Konkurrenz, und warum herrscht solche Aufregung? Die Taurus gilt gemeinhin als deutlich leistungsfähiger als Storm Shadow. Das liegt zum einen an der größeren Reichweite. Während die britische Storm Shadow eine Distanz von etwa 250 Kilometern zurücklegen kann, wird die Reichweite der Taurus mit mehr als 500 Kilometern angegeben. Das würde Angriffe auf Ziele tiefer in russischem Territorium möglich machen. Für die Ukraine würde die Taurus noch einen Vorteil bringen: Da das System aus der Luft gestartet wird, müssten die Jets, in Form von Su-24, nicht so nahe an die russische Fliegerabwehr heran und könnten ihre Marschflugkörper von relativer Sicherheit aus starten.

Ansonsten verfolgt die Taurus das klassische Konzept von Marschflugkörpern: Sie werden aus der Distanz gestartet, fliegen in relativ geringer Höhe von 100 bis 150 Metern, um möglichst nicht vom feindlichen Radar erfasst zu werden. Im Zielbereich angekommen, schlägt die Waffe möglichst genau in einem vorher definierten Ziel ein. So zumindest die Urvariante. Denn die Taurus kann deutlich mehr als nur das und verfügt im Inneren über ausgeklügelte Technik.

Der Penetrator und der Pimpf
Die Taurus ist modular aufgebaut, das heißt, sie kann unterschiedliche Nutzlasten tragen. Bei der KEPD-350 handelt es sich um den Mephisto (Multi-Effect Penetrator High Sophisticated and Target Optimized) genannten Sprengkopf. Dabei handelt es sich um einen Tandem-Gefechtskopf, der aus einer Hohlladung um einen Penetrator besteht. Ausgelöst wird diese Kombination von einem intelligenten Zünder: Zwei Laserentfernungsmesser messen die Distanz zum Ziel und lösen die Hohlladung zuerst aus. Diese ist etwa 95 Kilo schwer und hat einen Durchmesser von 36 Zentimetern. Der Stachel aus geformtem Metall soll das Ziel durchschlagen, sodass anschließend der Penetrator tiefer eindringen kann. Dabei handelt es sich um eine Wuchtladung, die 2,3 Meter lang und 400 Kilo schwer ist und für die eigentliche Schadenswirkung verantwortlich ist. Oder um es bildhaft auszudrücken: Der Penetrator ist wie ein riesiger Nagel, der Panzerung durchdringen kann.

Am Heck des Penetrators sitzt der kreativ benannte Zünder namens Pimpf (Programmable Intelligent Multi-Purpose Fuze). Dieser erkennt, wie viele unterschiedlich dichte Materialien das Geschoß bereits durchschlagen hat. Vereinfacht gesagt "zählt" er etwa die Stockwerke eines Bunkers mit. Durch die Vorprogrammierung ist es möglich, den Penetrator im gewünschten Stockwerk explodieren zu lassen. Damit können auch mehrstöckige unterirdische Bunkeranlagen mit Taurus effektiv bekämpft werden.

Jede Menge Navigation
Bevor es so weit ist, muss der deutsche Marschflugkörper aber erst einmal sein Ziel finden. Dafür ist im vorderen Bereich der Taurus ein Navigationssystem untergebracht, das den autonomen Tiefflug durch feindliches Gebiet ermöglicht. Wie genau dieses arbeitet, ist geheim, aber laut Angaben der Bundeswehr verfügt die Taurus über vier verschiedene Navigationssysteme. Darunter GPS, Trägheitsnavigation, eine bildbasierte Navigation sowie Geländereferenznavigation. Bei Letzterer wird der Erdboden unter dem Flugkörper mit einem eigenen Radar abgetastet und mit zuvor abgespeicherten Daten verglichen. Dafür ist es allerdings nötig, dass die Daten möglichst genau sind. Das wiederum ermöglicht es der Taurus aber auch, ihr Ziel zu finden, wenn etwa Satellitennavigation wie GPS nicht zur Verfügung steht – was in der Ukraine relativ häufig der Fall ist, da die russischen Streitkräfte die Signale stören.

Fünf Angriffsarten
Wenn die Taurus im Zielgebiet ankommt, erfasst der Infrarotsuchkopf das Ziel. Wenn mehrere Ziele entdeckt und angegriffen werden sollen, vermisst der Sucher ihre Position im Raum, und der Waffenrechner ermittelt dazu den optimalen Zeitpunkt zum Auslösen der Nutzlast. Je nach Ziel reagiert die Taurus nun unterschiedlich. Gegen Bunker steigt die Waffe auf und stürzt sich im senkrechten Sturzflug auf das Dach. Diese Art des Angriffs wie "Pop-up" genannt.

Beim "Low Level Pop-up" steigt die Taurus nicht ganz so hoch und fliegt im schrägen Sturzflug ins Ziel, was gegen Brücken oder gehärtete Hangars reicht. Bei der "Dive Attack" wird das Ziel in großer Höhe angeflogen und geht in den schrägen Sturzflug über. Die Durchschlagskraft ist etwas höher als beim "Low Level Pop-up", aber die Taurus wird bei dieser Form des Angriffs deutlich verwundbarer, weil sie von der feindlichen Flugabwehr besser zu erfassen ist.

Beim Air Burst detoniert der Gefechtskopf der Taurus über dem Ziel. Damit werden weiche Ziele wie Truppenansammlungen bekämpft. Außerdem beherrscht die Taurus den "Cave Type": Dabei wird ein Ziel in geringer Höhe möglichst flach über dem Boden angeflogen. Diese Form des Angriffs eignet sich etwa für Attacken auf Tunnel.

Die Taurus hat aber noch einen großen Vorteil gegenüber der ähnlich gebauten Konkurrenz: Der Marschflugkörper verfügt über ein Triebwerk P8300-15 von Williams International, das ihm eine Geschwindigkeit von etwa Mach 0,95 verleiht. Der Körper selbst ist mit radarabsorbierendem Material beschichtet. Dadurch und durch die Tatsache, dass die Taurus keinen rechten Winkel hat, verfügt sie über Stealth-Eigenschaften.

Darüber hinaus gibt es noch andere geplante Varianten. So gibt es die leichte Version mit reduziertem Gewicht oder einem Träger für Submunition. Eine davon ist speziell dafür entwickelt, Landebahnen des Gegners zu zerstören. 16 Sub-Gefechtsköpfe werden ausgestoßen, beschleunigen per Raketenantrieb und durchschlagen Start- oder Landebahn, bevor sie anschließend darunter detonieren.

Wichtig, aber kein "Gamechanger"
Bleibt die Frage offen, ob die Taurus der "Gamechanger" ist, den die Ukraine jetzt braucht. Nein, aber es gehe darum, dass die Ukraine die Fähigkeit behält, die Russen unter Druck zu setzen, sagt der österreichische Militärexperte Gustav Gressel gegenüber dem ZDF. Eine Eskalation durch den Einsatz der Taurus sieht er nicht, da ähnliche Waffen ja bereits eingesetzt werden.
(Peter Zellinger, 6.3.2024)
Taurus, die ausgebremste Superrakete aus Deutschland
 

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MILITÄRTECHNIK
Shahed: Russland produziert die Wegwerfdrohne offenbar selbst
Ihre Bestandteile stammen aus Onlineshops oder wurden vom Westen kopiert, richtig smart ist sie auch nicht. Dennoch setzt Russland voll auf die Billigdrohne

Eine ukrainische Polizistin inspiziert eine abgeschossene Shahed-Drohne.
REUTERS

Das Video ist nur 17 Sekunden lang, sorgt aber für Aufregung vor allem in ukrainischen Telegram-Kanälen. In mehreren Kameraschwenks werden die Rümpfe von Shahed-Drohnen gezeigt. Das allein wäre noch nicht außergewöhnlich, schließlich setzt die russische Armee die im Iran gefertigte Drohne in Massen gegen die ukrainischen Streitkräfte und die Zivilbevölkerung ein. Aber: Die Aufnahmen stammen aus Russland, nicht dem Iran. Angeblich zeigen sie eine Werkstatt, in der die Kamikazedrohnen zu dutzenden gefertigt werden. Die Aufschrift in kyrillisch "Geran", was "Geranie" bedeutet. Die russische Armee setzt die Drohnen als "Geran 2" in der Ukraine ein. Angeblich stammen die Aufnahmen aus dem südrussischen Tatarstan.

nexta_tv

Anderes Material
Dass die Drohnen aus russischer Fertigung stammen, verrät aber nicht nur der kyrillische Text, offenbar wurden die Drohnen modifiziert. Diese Drohnen verfügen über vertikale Stabilisatoren, die über und unter den Flügelspitzen verlaufen. Letzteres ist bei der originalen Shahed-Drohne aus dem Iran nicht der Fall, wie "The Warzone" beschreibt. Russland scheint sich bei der Eigenproduktion auf die größere Variante, die Shahed-136, zu konzentrieren.

Die in dem Video und den zugehörigen Fotos zu sehenden Drohnen befinden sich offenbar alle noch in der Montage. Antriebseinheiten oder Avionik sowie die Sprengköpfe fehlen. Jedoch ist die Gesamtzahl der Drohnen besorgniserregend. Die Rümpfe der Drohnen sind in zwei verschiedenen Farben zu sehen, einige in Hellgrau, andere in einem dunkelgrauen Farbton. Letztere dürfte für Nachteinsätze dienen. Die dunkle Farbe soll wohl die Sichtbarkeit der Shaheds verringern.

Aktuell wird spekuliert, dass die Haut der russischen "Nacht-Shaheds" aber auch eine simple Form von radarabsorbierender Beschichtung sein könnte. Eine Verbesserung gegenüber dem Original, das über keine solche Schicht verfügt. Die Radarsignatur der Drohne ist relativ eindeutig, weshalb es den Verteidigern der Ukraine auch immer wieder gelingt, Shaheds in relativ großer Zahl abzuschießen. Aber noch eine Veränderung ist den Ukrainern aufgefallen: Die russischen Shaheds sind aus einem gänzlich anderen Material gefertigt als ihre Vorbilder aus dem Iran. Der Rumpf des iranischen Modells weist üblicherweise eine Struktur wie eine Honigwabe auf. Die russischen Varianten sind aber aus einer Art dichtem Schaumstoff gefertigt, der mit einer Art Kohlfaser umschlossen wird.


Bei der Shahed-136 handelt es sich um eine Kamikazedrohne, die aufgrund ihrer sehr einfachen Konstruktion und der relativ geringen Kosten in großen Mengen eingesetzt werden kann. Die Shahed erwies sich vor allem zu Beginn des russischen Angriffskrieges als eine gefürchtete Waffe. Spätestens ab Oktober 2022 wurden Shaheds für Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Odessa und Saporischschja eingesetzt.

Die Aliexpress-Drohne
Technisch ist die Shahed-136 wie auch ihre kleinere Schwester, die Shahed-131, nicht sonderlich ausgeklügelt. Es handelt sich um einen Deltaflügler mit einer Spannweite von 2,5 Metern. Angetrieben wird sich von einem kleinen Schubpropeller am Heck. Die Drohne selbst wiegt etwa 200 Kilo und kann einen bis zu 60 Kilo schweren Gefechtskopf, meist mit Splitterwirkung, transportieren. Ein Vorteil der Shahed ist ihre Reichweite: Diese soll laut Herstellerangaben bis zu 2.000 Kilometer betragen. Ob eine solche Drohne angesichts ihrer langsamen Geschwindigkeit von etwa 190 bis 240 km/h eine solche Distanz ohne Ausfälle zurücklegen kann, ist allerdings umstritten. Beim Motor selbst handelt es sich um den iranischen Nachbau eines von einem deutschen Unternehmen entwickelten Motors, der eigentlich für Freizeitflugzeuge gedacht ist und 50 PS liefert. Die Shahed verwendet darüber hinaus günstige GPS-Empfänger, höchstwahrscheinlich aus chinesischen Onlineshops, wie aus einer Analyse des "Aviationist" hervorgeht.

Nach dem Start fliegt die Shahed autonom, eine nachträgliche Steuerung ist beim Originalmodell nicht möglich, sie ist in der Luft "taub und blind", wie die unabhängige "Novaya Gazeta" berichtet. Die Drohne selbst verfügt über keine Zielerfassung und kann nur vorher definierte Positionen ansteuern, was sie gegen bewegliche Ziele unbrauchbar macht. Deshalb werden die Shahed-Drohnen auch in Massen eingesetzt. Stichwort: Sättigungsangriff. Durch die Vielzahl an Zielen soll die ukrainische Fliegerabwehr überfordert werden – bis die Munition ausgeht und einige Shaheds ihr Ziel erreichen.

Durch den langsamen Flug und die nicht vorhandene nachträgliche Steuerung erwies sich der Fliegerabwehrpanzer Gepard aus alten Beständen der deutschen Bundeswehr als effektive Waffe gegen die Shaheds. Laut Angaben der Ukraine sei es bereits mehrfach gelungen, ganze Wellen von Drohnenangriffen vollständig mit Kanonenfeuer abzuwehren.

Russland rüstet nach
All diese Mankos versucht Russland nun offenbar auszugleichen. Statt GPS-Empfängern kommt das eigene System GLONASS zum Einsatz. Außerdem dürften die Shaheds mit einem simplen Trägheitsnavigationssystem ausgestattet worden sein, was ihnen zumindest eine rudimentäre Steuerungsmöglichkeit gibt. Im September 2023 tauchten erste Hinweise darauf auf, dass Russland Drohnen der Shahed-Serie einsetzt, deren Sprengköpfe mit Wolframkugeln bestückt sind anstatt mit den ursprünglichen Sprengköpfen mit Splitterwirkung, was die Zerstörungskraft erhöhen soll.

Außerdem wurden von der Ukraine mehrere Shaheds abgeschossen, die mit einem 4G-Modem und ukrainischen SIM-Karten ausgestattet waren. Dies könnte laut dem Bericht darauf hindeuten, dass einzelne Drohnen Informationen über ihre Position und ihren Status an ihre Starteinheit zurücksenden können. Dies würde nahezu in Echtzeit Aufschluss darüber geben, welche Routen sich als sicher für Folgeangriffe erwiesen haben, und vielleicht sogar anzeigen, ob Folgeangriffe überhaupt notwendig sind. Die ukrainische Analyse ging aber davon aus, dass es sich um Experimente der russischen Streitkräfte und nicht um serienreife Modifikationen handelt. Zuletzt wurden jedoch Drohnen beobachtet, die offenbar in der Lage waren, in der Luft ihre Richtung zu ändern.

Dass die Drohnen nun offenbar von Russland selbst in großer Zahl hergestellt werden können, kommt dennoch überraschend. Nach Angaben des in Washington ansässigen Institute for Science and International Security hatte das russische Werk nämlich bis vor kurzem die Drohnen nur zusammengebaut. Die Komponenten wurden aus dem Iran geliefert. Das offizielle Ziel der russischen Armee ist aber klar: Bis zum Sommer 2025 will man bis zu 6.000 Drohnen im eigenen Land bauen.

Im August letzten Jahres berichtete die "Washington Post" über russische Pläne zum Bau von Shahed-Drohnen, darunter das Ziel, "bis zum Sommer 2025 6.000 Drohnen im eigenen Land zu bauen", wie das "Wall Street Journal" berichtet. Ob damit nur die relativ primitive Shahed-136 gemeint ist oder die technologisch weiterentwickelte Shahed-238, ist unklar. Bei letzterem Modell wurde der Propeller durch einen Strahlantrieb ersetzt, was ihr deutlich höhere Geschwindigkeiten von rund 500 km/h verleiht.

Einsatz der Jet-Variante
Anfang dieses Jahres gab es Hinweise darauf, dass Russland damit begonnen haben könnte, Drohnen des Typs Shahed-238 aus iranischer Produktion mit Strahlantrieb einzusetzen, um Ziele in der Ukraine anzugreifen. Die Shahed-238 ist von der Shahed-136 abgeleitet, bietet jedoch mehrere bedeutende Vorteile, die wir bereits ausführlich untersucht haben. Vor allem bietet sie im Vergleich zu ihren propellergetriebenen Vorgängermodellen eine wesentlich höhere Geschwindigkeit und andere zusätzliche Fähigkeiten, die sie zu einer größeren Herausforderung für die ukrainische Luftabwehr machen, schreibt Oberst Markus Reisner vom Bundesheer.

Hinzu kommen bei der Shahed-238 eine Erhöhung der Treffergenauigkeit und eine vermutete höhere Resistenz gegen elektronische Störmaßnahmen. "So wurde die Inert- und GLONASS-Navigation der Shahed-131/136 bei der Shahed-238 um ein bordeigenes Radarsystem sowie eine elektrooptische Zieleinrichtung ergänzt. Somit wäre nicht nur der Einsatz gegen stationäre, sondern auch bewegte Ziele möglich. Trümmer der ersten, bereits in der Ukraine eingesetzten russischen Shahed-238 lassen diese Bewertung bzw. Vermutung zu", so Reisner.

Wobei das Attribut "billig" gerade bei militärischer Luftfahrt immer relativ zu verstehen ist. Eine Shahed-Drohne aus eigener Fertigung dürfte Russland um die 50.000 US-Dollar kosten. Das dürfte immer noch deutlich unter jenen Summen liegen, die der Iran in Rechnung stellt. So soll Russland bei einer Abnahme von 6.000 Shahed 136 einen Kaufpreis von 193.000 US-Dollar pro Stück bezahlt haben. Woher man das weiß? Einer Hackergruppe war es gelungen, in die Systeme eines iranischen Unternehmens namens Sahara Thunder einzudringen. Dieses dient als Fassade für Rüstungsdeals zwischen Russland und dem Iran. Die Dokumente zeigen, dass eine einzelne Shahed den Russen wohl 375.000 Dollar gekostet hätte – sie konnten aber einen günstigeren Preis ausverhandeln.
(Peter Zellinger, 9.3.2024)
Shahed: Russland produziert die Wegwerfdrohne offenbar selbst
 

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MILITÄRTECHNIK
So stellt die Ukraine die Überwachungsdrohne Raybird her
Die Drohne des Herstellers Skyeton im Großraum Kiew kann bis zu 2.500 Kilometer weit fliegen
Unter gleißend hellem Neonlicht montieren zehn Männer Drohnen. Ihre Gesichter zu fotografieren ist verboten, und auch der genaue Ort im Großraum von Kiew muss geheim bleiben. Denn die Firma Skyeton produziert für die Armee im Kampf gegen die russischen Angreifer. "Das ist ein Drohnenkrieg", sagt Skyeton-Chef Andrij Fialkowsky im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.

Über den Schlachtfeldern im Osten und Süden des Landes erkunden sowohl ukrainische als auch russische Drohnen mit hochauflösenden Kameras die feindlichen Stellungen. Nachts versuchen die mit Sprengstoff beladenen Flugroboter Ziele weit hinter der Front zu treffen.

Überwachungsdrohne Raybird
Skyeton stellt die Überwachungsdrohne Raybird her, die im Offlinemodus bis zu 2.500 Kilometer weit fliegen kann. Drohnen könnten entscheidend für einen Sieg der Ukraine sein, ist Maxim Lewkiwsky, der technische Leiter des Unternehmens, überzeugt. "Die Russen haben einen enormen Vorteil in Bezug auf die Menge an Leuten, Panzern, Flugzeugen und Geld", sagt er. "Wir können also nur gewinnen, wenn wir technologisch überlegen sind."


Mitarbeiter arbeiten an der Raybird-Drohne.
AFP/ROMAN PILIPEY

Angesichts der zögerlichen Lieferungen des Westens versucht die Ukraine ihre eigene Rüstungsproduktion hochzufahren. Die Entwicklung einer modernen Waffenindustrie ist jedoch ein kostspieliges und langfristiges Unterfangen. Vorerst setzt Kiew auf Drohnen, die relativ billig und einfach herzustellen sind. Präsident Wolodymyr Selenskyj will dieses Jahr eine Million Stück produzieren lassen.

Die Produktion im Land könne schnell auf die Entwicklungen an der Front reagieren, sagt Fialkowsky. "Niemand außer uns weiß, welche Ausrüstung, welche Technologien wir brauchen." Der technische Leiter Lewkiwsky war selbst beim Militär, und Skyeton stellt bevorzugt Mitarbeiter mit Kampferfahrung ein.

Russische Spionage
Russland versucht die ukrainische Rüstungsindustrie auszuspionieren und zu sabotieren. Bewerber werden bei Skyeton deshalb gründlich überprüft, die Produktion ist auf mehrere Standorte verteilt. "Wir sind ständig in Gefahr, angegriffen zu werden", sagt Lewkiwsky. Die Sicherheit sei eine der größten Herausforderungen für die Branche.

Beim Bau der Drohnen geht es auch um die Sicherheit der Soldaten, die sie nutzen. Bei Skyeton testen Mitarbeiter gerade, wie schnell die Flugmaschinen startklar sind. Denn jede Minute, die ein Soldat mit dem Aufbau im Feld verbringt, setzt ihn feindlichem Feuer aus.

Seit dem russischen Einmarsch vor zwei Jahren hat sich die Zahl der ukrainischen Drohnenhersteller den Behörden zufolge auf rund 200 mehr als verdoppelt. "Letztes Jahr gab es einen Boom, da sind sie wie Pilze aus dem Boden geschossen", sagt Wadym Junyk, der Vorsitzende des Verbands swe Drohnenhersteller und Mitbegründer des Unternehmens ISR Defence. Trotzdem ist die Ukraine in dem Bereich noch nicht autark, Mikroschaltungen, Chips und Akkus muss sie importieren. "Es ist derzeit unmöglich, eine 100-prozentig ukrainische Drohne zusammenzubauen", sagt Junyk.

Wettlauf um Innovation
Die ukrainische Produktion reicht von billigen Kamikazedrohnen bis zu anspruchsvollen Mehrzweckdrohnen. Die R18 von ISR Defence kann Sprengstoff über feindlichen Zielen abwerfen oder Nachschub zu Soldaten an der Front transportieren. Die Vampire-Kampfdrohnen des gleichnamigen Unternehmens lieferte im Juni 2023 im Süden der Ukraine auch Medikamente und Lebensmittel an die Bewohner von Gebieten, die nach der Sprengung des Kachowka-Damms überflutet waren.

Es ist ein Wettlauf um Innovation zwischen ukrainischen und russischen Herstellern. "Sie lernen, ihre Drohnen besser zu tarnen, und wir lernen, sie besser zu erkennen und unschädlich zu machen", sagt ein Sprecher von Vampire, der seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennt.

Aus Angst, Russland mit wertvollen Informationen zu versorgen, halten sich die Produzenten mit Informationen zu Neuheiten zurück. Skyeton setzt auf künstliche Intelligenz, um die Navigation zu verbessern und zur Erkennung feindlicher Stellungen.

Junyk hofft, dass solche Innovationen seinem Land helfen, andere Schwächen auszugleichen, wie zum Beispiel den Mangel an Rekruten. Ein einziger Soldat könne einen ganzen "Schwarm von Drohnen" steuern, sagt er. "Deshalb müssen wir all unsere Kräfte da hineinstecken."
(APA/AFP, 13.3.2024)
So stellt die Ukraine die Überwachungsdrohne Raybird her
 

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UKRAINEKRIEG
Militäranalyst Gady: Munitionsmangel ist nicht Kiews größtes Problem
Der österreichische Militäranalyst erzählt dem STANDARD von seinen Eindrücken an der Front in der Ostukraine. Zwar sei die Lage noch nicht akut, Kiew müsse jetzt aber schnell handeln
Den Krieg in der Ukraine bloß vom Schreibtisch aus zu beobachten kommt für den österreichischen Militäranalysten Franz-Stefan Gady nicht infrage. Regelmäßig reist der 41-Jährige an die Front, um dort nachzuforschen, wie es um die Kapazitäten der ukrainischen Truppen steht. Etwa indem er Interviews mit Soldaten verschiedenster Dienstgrade führt, von hohen Offizieren in Kiew bis zu Kommandanten auf dem Schlachtfeld.

Zuletzt war Gady, der unter anderem für das Londoner Institute for International Strategic Studies (IISS) arbeitet, im Februar und März im Osten der Ukraine unterwegs, von Saporischschja im Süden führte ihn seine gefährliche Reise über Awdijiwka und Bachmut bis Lyman im Norden – als Teil einer Gruppe internationaler Militäranalysten.


Auch wenn der Ukraine durchaus Munition fehlt, dringlicher noch ist der Personalmangel in den Reihen der Armee, sagt Analyst Gady.
REUTERS/RFE/RL/Serhii Nuzhnenko

"Grundsätzlich ist die Moral in der Truppe noch immer sehr gut, auch wenn natürlich Müdigkeit spürbar ist, weil viele der Soldaten seit Monaten kämpfen", schildert er. Und: "Das Narrativ hier im Westen, wonach der Munitionsmangel das größte Problem der Ukraine ist, kann ich so nicht bestätigen." In einem Telefonat mit dem STANDARD skizziert Gady, womit die Ukraine aus seiner Sicht im Moment tatsächlich am meisten zu kämpfen hat: "Erstens der zunehmende Personalmangel, zweitens die mangelnden Befestigungsanlagen."

Kiew gehen die Soldaten aus
So müsse die Kiewer Regierung besser heute als morgen politische Entscheidungen treffen, die dazu führen, dass mehr Menschen mobilisiert, ausgebildet und schließlich bis Herbst zur Truppe geführt werden können, sagt Gady. Passiert das nicht, laufe die Ukraine Gefahr, ihre Verluste bald nicht mehr ausgleichen zu können. "Das Gleichgewicht würde sich dann immer mehr zugunsten Russlands verschieben. Wegen der mangelnden Personalreserven der Ukrainer könnte es dann zu einem tieferen Durchbruch kommen."


Franz-Stefan Gady war zum wiederholten Mal an der ukrainischen Front.
Bastei Lübbe/Katharina Maria Zimmermann

Nun räche sich auch, dass die Ukraine viel zu spät damit begonnen habe, ihr Hinterland ausreichend zu befestigen. 2023 hatte Russland das lange Warten der Ukraine auf westliche Waffenlieferungen bekanntlich genutzt, um entlang der Frontlinie eine unüberwindbare Barriere zu errichten – benannt nach dem mittlerweile in Ungnade gefallenen Befehlshaber Sergej Surowikin. "Es wäre auf jeden Fall notwendig, ein ukrainisches Pendant zur Surowikin-Linie zu bauen", sagt Gady. Während Russland aber über eigene Organisationseinheiten für den schnellen Bau von tiefgestaffelten Verteidigungsanlagen verfügt, fehlt es der ukrainischen Armee nicht nur an adäquatem Pioniergerät, sondern auch an geeigneten Strukturen. Ein so gewaltiges Abwehrnetzwerk aufzubauen brauche zudem Zeit, sagt Gady. Zeit, die Kiew womöglich davonläuft. "Es ist unrealistisch, dass dies innerhalb weniger Wochen gelingt. Die Ukraine hat außerdem nach wie vor ein Defizit an Panzer- und Antipersonenminen", sagt Gady.

Russen suchen Schwachstellen
Den oft beklagten Munitionsmangel vor allem im Bereich schwerer Artillerie hält Gady hingegen für "im Moment noch nicht kritisch". Und auch die beiden anderen von ihm konstatierten Probleme, Personalmangel und schwache Abwehrstellungen nämlich, würde der Analyst aktuell nicht als kriegsentscheidend einstufen. Doch dürfe man nicht außer Acht lassen, dass 2024 für die ukrainische Armee eigentlich als Aufbaujahr gedacht war, um dann 2025 wieder Offensiven möglich zu machen – davon, so Gady, sei man angesichts der Personalsituation weit entfernt.


So wie diese Männer hier in einer Kaserne in Kiew müssten dringend mehr Soldaten einrücken – einfach ist das nicht.
AP/Efrem Lukatsky

Noch mehr Druck auf die ukrainischen Verteidiger erwartet der Analyst südlich von Saporischschja, etwa bei Orihiw und Robotyne. Westlich von Awdijiwka, wo "die Ukrainer die Front derzeit nur mittels energischer Gegenangriffe stabil halten können", dürfte die russische Armee in Richtung des Verkehrsknotens Pokrowsk streben. Besonders gefährlich für die Ukraine: Ihre Verteidigungsanlagen sind dort bisher nur rudimentär befestigt. Auch westlich von Bachmut, konkret bei Tschassiw Jar, drohen Gady zufolge weiterhin intensive Angriffe. Russland dürfte dort früher oder später versuchen, die ukrainische Hauptverteidigungslinie zu umklammern, die sich zwischen Kramatorsk und Slowjansk befindet. Gefahr drohe aber auch weiter nördlich, nämlich bei Lyman in Richtung Torske.

"Noch ist die Situation nicht wirklich prekär, das kann sich aber in den kommenden Monaten ändern, wenn die Probleme nicht bald gelöst werden", warnt Gady.

Neuer Befehlshaber
Und wie denkt man in der Truppe über den neuen Befehlshaber Olexandr Syrskyj, den Präsident Wolodymyr Selenskyj Anfang Februar anstelle des populären Walerij Saluschnyj als Oberbefehlshaber installiert hat? "Die Meinungen sind da sehr geteilt, weil Syrskyj als Mensch sehr polarisiert. Unter den Soldaten gilt er als Offizier sowjetischer Schule, der militärische Disziplin rigoros durchsetzt. Beliebt ist er nicht. Wir müssen erst abwarten, ob er die neue Strategie, nämlich aktive Verteidigung, ohne größere Verluste wird durchsetzen können."
(Florian Niederndorfer, 19.3.2024)
Militäranalyst Gady: Munitionsmangel ist nicht Kiews größtes Problem
 

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Ukraine zerstört angeblich extrem seltenen russischen "Doomsday"-Panzer
Der Ladoga-Panzer sollte die sowjetische Führung im Fall eines Atomkriegs sicher durch den nuklearen Fallout befördern, inklusive Teppich und Ledersesseln
28. März 2024, 06:00

Die ukrainischen Streitkräfte berichten vom Abschuss eines extrem seltenen Ladoga-Panzers.
Screenshot/Ukrdailyupdate

Die Aufnahmen an sich sind für den Ukrainekrieg nicht ungewöhnlich: In einem pixeligen Video sieht man, wie eine FPV-Drohne einen Panzer anvisiert und auf diesen zufliegt. Erst als die Drohne näherkommt, wird klar, dass es sich bei dem Ziel um eine Art Kommandopanzer handeln muss. Derartige Vehikel sind zwar nicht alltäglich, aber auch keine berichtenswerte Seltenheit. Sie sind meist unbewaffnet und dienen als mobile Befehlsstände. Doch in dem aktuellen Video ist etwas anders: Es scheint sich um einen stark modifizierten T-80, einem russischen Kampfpanzer, zu handeln. Der Turm wurde entfernt und stattdessen ein geräumiger Aufbau installiert. Das Video endet abrupt, als die Drohne in dem Gefährt einschlägt.

Wie "Defence Blog" nun berichtet, dürfte es sich bei dem getroffenen Fahrzeug um einen extrem seltenen Ladoga-Panzer gehandelt haben. Dieses auch als Doomsday-Panzer bezeichnete Fahrzeug dient eigentlich nur einem Zweck: Es sollte die russische Führung sicher durch ein potenziell atomar zerstörtes Land transportieren und gleichzeitig als mobiler Befehlsstand für die höchsten Militärs dienen, damit diese im Fall des Dritten Weltkrieges Militäroperationen planen können.

Ledersitze und Teppichboden im Inneren
Anders als die enorm beengten russischen Panzer ist der Ladoga luxuriös ausgestattet. Im Inneren gab es in der originalen Ausstattung gemütliche gepolsterte Ledersessel, Röhrenfernseher, die auch die Bilder von den Außenkameras darstellen konnten. Die Wände waren weiß tapeziert, und sogar an einen Teppichboden hatten die Konstrukteure in Leningrad (heute Sankt Petersburg) gedacht. Im Inneren war Platz für vier sowjetische Würdenträger, jedem stand individuelle Beleuchtung, eine Klimaanlage und ein Telefon zur Verfügung. Die Besatzung bestand aus zwei Soldaten, einem Kommandanten und einem Fahrer.


Der Ladoga war in seiner ursprünglichen Version ein luxuriöses Gefährt und sollte die sowjetische Führung im Fall eines Atomkrieges in Sicherheit bringen.
Artem Beliakov

Das einigermaßen bequeme Interieur war aber nicht das Kernelement des Panzers. Der Ladoga wurde als Fahrzeug für die nukleare Apokalypse konzipiert und bot den Insassen Schutz vor Strahlung sowie vor chemischer oder biologischer Kontamination. Deshalb wurde die Kabine versiegelt, es gab starke Filteranlagen, zusätzliche Sauerstofftanks und eine Klimaanlage an Bord des Ladoga.

Limousine auf Basis des T-80
Der Doomsday-Panzer basiert auf dem Chassis des T-80, der in den späten 70er-Jahren entwickelt wurde und damals als das Spitzenmodell der sowjetischen Panzerflotte galt. Angetrieben wurde der unbewaffnete Ladoga von einer 1.100-PS starken Gasturbine (GTU-1000TF), was ihm eine beeindruckende Mobilität verlieh: Auf Straßen war eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h kein Problem. Die Gasturbine hatte aber einen enormen Treibstoffverbrauch, was die Reichweite des Ladoga auf rund 350 Kilometer begrenzte. Mit den beiden Zusatztanks am Heck dürfte der Ladoga wohl um die 600 Kilometer weit gekommen sein. Das ungewöhnliche Gefährt verwendet die Ketten des T-80U.

Lange war nicht klar, ob und wie viele Ladoga-Panzer es überhaupt noch gibt. Nur fünf Stück wurden je gebaut, und diese galten bis ins Jahr 2019 als verschollen. Damals tauchte in der südrussischen Stadt Kamensk-Schachtinski eines der Gefährte wieder auf. Es war in keinem guten Zustand und wurde zumindest äußerlich restauriert, wo es als Museumsstück im "Park der Patrioten" ausgestellt wurde. Gerüchteweise dürfte der wiedergefundene Ladoga in Tschetschenien im Einsatz gewesen sein. Es ist nur ein Einsatz eines Ladoga aber tatsächlich belegt: Eine dieser "schweren Limousinen" wurde nach dem katastrophalen Störfall im Kernkraftwerk Tschernobyl zu Aufklärungszwecken in der Umgebung eingesetzt. Warum genau ein solch seltener Panzer in der Ukraine im Einsatz war, ist noch nicht klar.
(pez, 28.3.2024)

Nachlese
Mehr über den T-80: Ukraine will eigene Kampfpanzer produzieren

Ukraine zerstört angeblich extrem seltenen russischen "Doomsday"-Panzer
 
Quelle
Hier fertigt Rheinmetall bald Munition für die Ukraine

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine wächst der Rüstungskonzern Rheinmetall unaufhörlich.

Wie gut sich die Ukraine behaupten kann, entscheidet sich nicht nur in westlichen Hauptstädten wie Berlin, Paris und Washington. Ebenso wichtig sind die Lüneburger Heide, Nordspanien oder die ungarische Region Veszprém.
An all diesen Orten erweitert Rheinmetall gerade die Produktion für Munition. Der Konzern will ab 2025 allein dort – genauer: am Rand der Kleinstädte Unterlüß, Burgos und Várpalota – eine halbe Million Schuss pro Jahr herstellen.

Hinzu kommen rund 200.000 Geschosse aus einem halben Dutzend schon bestehender Werke buchstäblich aus aller Welt. Das beginnt im US-Bundesstaat Arkansas am Standort Camden und reicht über Südafrika mit gleich vier Fabriken der Tochter Denel bis nach Australien zu Rheinmetall Nioa in Maryborough an der Ostküste.

Die meisten Werke stehen jedoch in Europa. Drei liegen in Spanien und sind Töchter des Traditionsunternehmens Expal. Es war der größte Zukauf (1,2 Mrd. EUR) in der Geschichte des Unternehmens. Dazu kommen Betriebsstätten in einem passenderweise Rüstorf genannten Ort in Österreich und bei Domusnovas auf der italienischen Insel Sardinien.

Sie und vor allem die neuen Werke machen Rheinmetall endgültig zum weltweit größten Munitionsproduzenten. Der Ausbau dient zwar erstmal der Hilfe für die Ukraine. Doch er verspricht auch viel Geld. Allein das Werk Unterlüß könnte laut Schätzungen für eine Milliarde Euro Umsatz sorgen, von dem erfahrungsgemäß ein Viertel als operativer Gewinn bleibt.
 

josef

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DROHENDE NIEDERLAGE
Verliert die Ukraine gerade den Krieg?
Weil Kiew die Luftabwehrmunition ausgeht, kann es seine Infrastruktur kaum mehr schützen. Fachleute schätzen die Situation noch nicht als akut ein. Sie orten aber noch weitere Probleme
14. April 2024, 07:00
Für Frühlingsgefühle bleibt den Menschen in der Ukraine dieser Tage kaum Muße. Zwar sind die Temperaturen in der Hauptstadt Kiew zuletzt in lichte Höhen geklettert. Statt Vogelgezwitscher und Kinderlachen bestimmen aber andere, bedrohlichere Geräusche den Alltag: das Zischen der Raketen, die Russland aktuell verstärkt gegen die Infrastruktur des leidgeprüften Landes einsetzt, das Dröhnen der Aufklärungs- und das kreissägenartige Zirren der Angriffsdrohnen. Auch an das Stakkato des MG-Feuers, mit dem die Armee versucht, die Drohnen abzuschießen, sind viele Ukrainerinnen und Ukrainer längst gewöhnt.


Immer öfter werden in diesem Frühling die ukrainischen Verteidigungsstellungen – und mit ihnen die verschanzten Soldaten – von russischen Gleitbomben ausradiert.
Helena Lea Manhartsberger

Weil den Verteidigern nach und nach die Luftabwehrmunition ausgeht, treffen Russlands Raketen – und neuerdings vor allem die besonders verheerenden Gleitbomben – in diesem Frühling immer öfter ihr Ziel. Sie zerstören Wärmekraftwerke und Wohnhäuser im Hinterland, aber auch die mühsam errichteten Abwehrstellungen an der 1200 Kilometer langen Front. Vor allem was die Luftabwehr betrifft, herrscht in der Ukraine nach zwei Jahren Krieg Mangelwirtschaft. Tag für Tag stehen heikle Entscheidungen an. Etwa ob zuerst die Einheiten an der Front geschützt werden sollen oder doch die Bevölkerung in den Städten. Christopher Cavoli, als Kommandant des European Command der oberste US-Militär des Kontinents, brachte das Dilemma am Mittwoch auf den Punkt: "Wenn der eine schießt und der andere nicht zurückschießen kann, verliert dieser."

Streitthema Patriots
Und auch in Kiew selbst werden von ganz oben immer harschere Töne angeschlagen. "Gebt uns die verdammten Patriots", appellierte Außenminister Dmytro Kuleba an die USA, der Ukraine lieber heute als morgen mehr Luftabwehrbatterien zu schicken. 26 Stück seien nötig, um das riesige Land effektiv zu schützen, erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj Anfang April, mindestens aber sieben. Freilich: Geliefert wurden bisher gerade einmal drei Patriot-Batterien, zwei aus Deutschland, eine aus den USA – von insgesamt mehr als 70 im Arsenal der beiden Länder. Am Samstag wurde bekannt, dass Deutschland der Ukraine eine dritte Patriot-Batterie liefern will. Trotzdem: Selenskyj warnte Mitte der Woche vor einer Niederlage seines Landes, sollten die US-Republikaner im Kongress das 60-Milliarden-Dollar-Hilfspaket weiter blockieren.

Ausgedünnte Reihen
Zudem gehen der Ukraine die Soldaten aus. Während Russland in den kommenden Monaten laut Schätzungen bis zu einer Dreiviertelmillion Mann mobilisieren kann, musste die überalterte ukrainische Armee – das Durchschnittsalter liegt bei 43 – ein Jahr lang darauf warten, dass sich die Politik zur unpopulären Senkung des Einberufungsalters durchringt. Weil sich immer weniger Ukrainer freiwillig melden, denkt man in Kiew nun auch laut darüber nach, Straftäter dienen zu lassen. Herbststimmung statt Frühlingsgefühle.

Ist die Ukraine gerade dabei, den Krieg zu verlieren? Und liegt es daran, dass der Westen nicht genug dagegen tut? Oder gar: nicht genug tun will? DER STANDARD hat sich bei Fachleuten umgehört.


Der Ukraine gehen die Soldaten aus.
Helena Lea Manhartsberger

"Wenn der Westen jetzt nicht schnell neue Waffen liefert, wird die Ukraine vielleicht schon im Sommer zurückweichen müssen", sagt zum Beispiel Markus Reisner. Der Analyst von der Theresianischen Militärakademie ist für seine grimmigen Prognosen bekannt. "Das bessere der beiden möglichen Szenarien sieht vor, dass die Ukraine sich nur so weit zurückzieht, dass sie besser geschützt den Vormarsch der Russen so lange verzögern kann, bis neue Hilfe kommt, etwa nach der US-Wahl. Im schlimmeren Szenario gelingt es den Russen, bis zum Dnjepr durchzubrechen."

Alexander Graef vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg hält eine territoriale Eroberung der gesamten Ukraine durch Russland zwar für nicht realistisch. Dass die Ukraine diesen Krieg trotzdem verliert, sei aber nicht auszuschließen: "Russland dürfte versuchen, die Fähigkeit der Ukraine zur strategischen Kriegsführung so weit zu reduzieren, dass sie ihre Ziele aufgeben muss, etwa die Rückeroberung der besetzten Gebiete."

Schwächen und Mängel
Der österreichische Militäranalyst Franz-Stefan Gady, der unter anderem für das Institute for International Strategic Studies (IISS) in London forscht und erst im März die Front besucht hat, gibt sich weniger pessimistisch: "Basierend auf unseren Recherchen hat die Ukraine derzeit noch genug Artilleriemunition, um eine defensive Strategie durchzuführen, für die sie zwischen 2000 und 3000 Schuss pro Tag braucht." Schwieriger werde es langfristig aber auf einem anderen, weit weniger beachteten Gebiet: Der Ukraine gehen die Ersatzrohre für die aus verschiedenen Ländern gelieferten Artilleriegeschütze aus. Die Folge: ungenaues Feuer, Rohrkrepierer. Dafür, so Gady, gebe es auch keine schnelle Lösung.

Ähnlich verhält es sich bei dem in seinen Augen weit dringlicheren Personalproblem. Kiews Bemühungen, neue Soldaten zu rekrutieren, hätten bisher schlicht nicht genug gebracht, sagt er. Freilich: Hier kann der Westen auch nicht wirklich weiterhelfen, ohne den "Tabubruch Bodentruppen" zu wagen. "Das Einberufungsalter wird weiter sinken müssen, um junges, fittes Personal für die Infanterieverbände zu bekommen, die man spätestens für Offensiven 2025 brauchen wird."

Russland nutzt die Schwächen und Mängel eiskalt aus. Ein Schreckensszenario wäre für Gady, wenn es irgendwann zu einem "Charkiw 2.0 unter umgekehrten Vorzeichen" komme, wie er es nennt: großflächige, schnelle Gebietseroberungen, wie sie der Ukraine im Herbst 2022 im Nordosten gelangen – nur diesmal durch Russland.

"Mit ihrer Zermürbungsstrategie gegen die ukrainische Luftabwehr wollen die Russen aktuell die Voraussetzungen für eine Offensive schaffen", vermutet Gady. Und das mit aller Gewalt. Etwa 3000 Gleitbomben – im Militärsprech Fab – haben Kiew zufolge russische Kampfjets allein im März abgeworfen. Die ausgedünnte ukrainische Luftabwehr ist dagegen weitgehend machtlos. "Die indirekte Evidenz in der Abschussrate zeigt, dass es bei der Flugabwehr Mängel gibt", sagt Gady.

Weiter hoffen auf Washington
Und was, wenn der Westen einfach nicht mehr liefern will? Der Hamburger Wissenschafter Graef glaubt das nicht: "Es gibt ja im Rahmen der Ramstein-Kontaktgruppe acht verschiedene, langfristige Initiativen, etwa zur Artillerie- und Drohnenbeschaffung. Die Schwierigkeit liegt darin, dass das, was die Ukraine gegenwärtig bräuchte, im Moment schlicht nicht in der Menge auf Lager ist."

Auch Gady glaubt nicht, dass die Ukraine den Krieg wegen fehlender Artilleriemunition verlieren wird. Noch bestehe schließlich durchaus Hoffnung, dass die US-Republikaner doch noch einlenken. "Wenn das Paket einmal beschlossen ist, kann die zusätzliche Munition durchaus auch innerhalb von Tagen oder Wochen an die Front kommen."

Bundesheer-Analyst Reisner, der die westliche Lieferpraxis seit vielen Monaten kritisiert, ortet einen Teil des aktuellen Problems nicht nur in der Masse, sondern auch in der Verteilung der Ausrüstung: "Die vom Westen gelieferten Waffen sind immer nur in kleinen Mengen und versetzt gekommen, sodass sie nie wirklich zusammenwirken konnten." Auch deshalb sei die Gegenoffensive verpufft, bevor die westlichen Waffen ihre Wirkung richtig entfalten konnten. Ohnedies sei bisher nicht einmal ein Drittel der zugesagten Ausrüstung geliefert worden, rechnete Selenskyj unlängst vor.

Kreative Lösungen
Und was könnte der Westen nun tun, um der Ukraine in ihrer Not zu helfen? "Über kurz oder lang ist es Moskaus entscheidender Vorteil, dass die ukrainischen Waffenproduktionsanlagen und die Logistikwege in Reichweite der russischen Raketen liegen, was umgekehrt trotz der zuletzt durchaus erfolgreichen Nadelstiche durch ukrainische Drohnen weit weniger gilt", gibt Graef zu bedenken.

Gady hat eine Idee, wie die Ukraine ihre Rüstungsbetriebe auch ohne weitere Patriot-Batterien schützen könnte: "Eine Möglichkeit wären Joint-Ventures auf Nato-Territorium, in denen ukrainische Betriebe auf polnischem oder bulgarischem Boden Drohnen oder gepanzerte Fahrzeuge produzieren." Dort wären sie jedenfalls vor russischen Raketen sicher.
(Florian Niederndorfer, 14.4.2024)
Verliert die Ukraine gerade den Krieg?
 

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MILITÄRTECHNIK
Ukrainekrieg: Kampfdrohnen aus den USA sind keine große Hilfe
Ukrainische Streitkräfte kritisieren, dass US-Drohnen teils schon an grundlegenden Funktionen scheitern – und greifen bevorzugt auf chinesische Technik zurück
14. April 2024, 18:55

Trotz Milliardeninvestitionen haben Drohnen aus den USA im Ukrainekrieg noch nicht die erhoffte Leistung erbracht, weshalb die ukrainische Streitkräfte bevorzugt chinesische oder selbstgefertigte Drohnen einsetzen.
REUTERS

Der Einsatz US-amerikanischer Drohnen im Ukrainekrieg verläuft offenbar nicht so wie erhofft. Die Drohnen hätten erhebliche Schwierigkeiten, den Anforderungen moderner Kriegsführung gerecht zu werden, kritisierten ukrainische Streitkräfte und ehemalige US-Verteidigungsbeamte gegenüber dem "Wall Street Journal" (kostenpflichtiger Link).

Im aktuellen Bericht weisen sie auf akute Mängel hin. Neben allgemein hohen Kosten und Reparaturproblemen wird vor allem bemängelt, dass die Drohnen nicht in der Lage sind, mit den von Russland eingesetzten elektronischen Störsendern und GPS-Blackout-Technologien umzugehen, was ihre operativen Fähigkeiten stark beeinträchtigt. In vielen Fällen seien die Drohnen nicht einmal in der Lage, grundlegende Funktionen wie den Start, die Durchführung von Missionen oder die Rückkehr zu ihren Stützpunkten auszuführen.

Neue Modelle in Entwicklung
Trotz erheblicher Investitionen – in den letzten zwei Jahren haben die in den USA ansässigen Drohnenunternehmen rund 2,5 Milliarden Dollar aufgebracht – haben die Fluggeräte in Kampfszenarien also noch nicht die erhoffte Leistung erbracht. Das Silicon-Valley-Unternehmen Skydio etwa stellte Hunderte seiner Drohnen zur Verfügung, um die Ukraine in ihrem Konflikt mit Russland zu unterstützen.

Dabei kam es jedoch zu erheblichen Rückschlägen, da diese Drohnen häufig vom Kurs abkamen oder verloren gingen, heißt es im Bericht. Dies zwang Skydio und andere ähnliche Start-ups, ihre Technologie zu überdenken und neu zu entwickeln. Skydio arbeitet nun beispielsweise an einem neuen Modell namens Skydio X10, das auf die besonderen Bedürfnisse des ukrainischen Militärs zugeschnitten ist und den Widrigkeiten unter realen Bedingungen besser standhalten soll.

Chinesische Drohnen zuverlässiger
Angesichts dieser Unzulänglichkeiten greift die Ukraine aber zunehmend auf Alternativen zurück, insbesondere auf preiswerte und leicht verfügbare Drohnen aus China, und hat auch ihre eigene Drohnenproduktion mit chinesischen Teilen ausgebaut. Diese Drohnen sind nicht nur kostengünstiger, sondern haben sich unter Kampfbedingungen als zuverlässiger erwiesen. Die Ukraine stellt inzwischen große Mengen dieser Drohnen her, die Sprengstoff tragen und tief in feindliches Gebiet eindringen können.

DJI, der führende chinesische Drohnenhersteller, der in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielt, hat ausdrücklich beteuert, dass man versuche, den Einsatz seiner Produkte in militärischen Konflikten zu beschränken. Die USA haben unterdessen Sicherheitsbedenken gegenüber DJI geäußert und das Unternehmen als potenzielles Überwachungsinstrument für Peking bezeichnet, was DJI bestreitet. Ein altbekanntes Muster wird somit konsequent fortgeführt – schließlich ist es keine Premiere, dass die USA derartige Vorwürfe gegen chinesische Tech-Unternehmen erheben. (red, 14.4.2024)
Ukrainekrieg: Kampfdrohnen aus den USA sind keine große Hilfe
 

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MILITÄRTECHNOLOGIE
Der russische Superpanzer T-14 wird für den Kreml zum Propaganda-Debakel
Dass der Armata überhaupt funktioniert, gilt im Westen als nahezu ausgeschlossen. Moskau findet aber keinen Ausweg und greift nach abenteuerlichen Strohhalmen

Ein T-14 Armata bei einer Waffenmesse 2023 nahe Moskau. Der Wunderpanzer wurde bereits für tot erklärt, jetzt ist er plötzlich wieder da.
IMAGO/Maksim Blinov

Verfolgt man die Berichte aus Russland über den Superpanzer T-14 könnte man den Eindruck gewinnen, der russischen Propagandamaschinerie ist die Kontrolle über die Message zunehmend entglitten. Einmal ist der hochgepriesene Wunderpanzer das Waffensystem der Zukunft, und Panzerarmeen aus tausenden T-14 werden Europa überrollen.

Dann heißt es, die Entwicklung wurde eingestellt, weil für die "militärische Spezialoperation", also den brutalen Angriffskrieg in der Ukraine, auch der deutlich billigere, aber laut Propaganda immer noch unbesiegbare T-90 völlig ausreicht. Jetzt ist der T-14 wieder da. Richtig: schneller, besser und noch um ein Vielfaches tödlicher. Der Versuch einer Aufarbeitung der bizarren Geschichte des russischen Propagandapanzers.

Der Wunderpanzer mit dem Motorproblem
Auf dem Papier ist der T-14 mehr als nur ein Panzer: Er ist eine Plattform für alle nur erdenklichen Formen von Kettenfahrzeugen. Aber natürlich ist es der Kampfpanzer, den die russischen Streitkräfte 2015 erstmals präsentierten. Damals ließ man sich im Westen noch leichter von russischen Superwaffen beeindrucken: Ein britischer Stabsoffizier bezeichnete den Panzer 2016 als den revolutionärsten der Welt, was natürlich von der russischen Propaganda genüsslich ausgeschlachtet wurde. Doch als die Öffentlichkeit den T-14 zum ersten Mal bei einer Parade anlässlich des Sieges im Zweiten Weltkrieg sah, begann die Erzählung schon zu bröckeln: Einer der gezeigten Panzer blieb liegen, minutenlang wurde vergeblich versucht, das Gefährt wieder in Gang zu bringen. Später hieß es, der Fahrer hätte vergessen, wie man die Handbremse löst.

New Russian Tank Breaks Down: T-14 stops rolling during Victory Day preparations in Red Square
UKRAINE TODAY

Dazu kamen noch andere technische Fragezeichen. Eigentlich sollte der T-14 mit der mächtigen 2A83-152-Millimeter-Glattrohrkanone ausgestattet sein. Wie sich aber herausstellte, sind derart riesige Kanonen unpraktisch und führen außerdem dazu, dass der Munitionsvorrat deutlich kleiner wird. Also wurde doch eine 125-Millimeter-Kanone verbaut. Im Kampfeinsatz dürfte die kleinere Variante durchaus leistungsfähig genug sein, für die Erzählung der übermächtigen Superwaffe war es ein herber Rückschlag.

Den Westen überrollen
Dennoch, die Ambitionen blieben groß: 2.300 T-14 Armata sollten Russland bis 2020 zur Verfügung stehen, hieß es 2015, ein Zeitplan, der nicht halten konnte. Diese Zahl wurde später auf 100 Stück reduziert, man werde T-80 und T-90 stattdessen modernisieren, hieß es. Später wurde die Zahl der Armatas auf 70 reduziert, dann wieder auf 100 angehoben. Ob der Armata jemals wirklich an die Einheiten ausgeliefert wurde, war damals unklar: Verteidigungsminister Sergei Shoigu kündigte 2021 an, dass 20 Exemplare des T-14 bis Ende 2021 beim Heer eingeführt würden. Kurz darauf ruderte er zurück: Die T-14-Produktion sei immer noch experimentell.

Mit dem Überfall auf die Ukraine wartete man im Westen gespannt, wann der T-14 Armata sein Debüt auf dem Schlachtfeld geben würde. Doch stattdessen sah man die üblichen T-72, T-80 und T-90 über das Schlachtfeld rollen und in die Luft fliegen. Später kamen sogar uralte T-64 und sogar T-55 dazu: Museumsstücke aus der Nachkriegszeit des vorigen Jahrtausends.

Keiner wollte ihn kaufen
Doch der T-14 Armata fehlte und war nirgendwo zu sehen. Da vermeldete der staatliche Waffenhändler Rosoboronexport, dass man eine Exportversion des T-14 hergestellt habe. Käufer fanden sich keine. Es sollte erst im Jahr darauf wieder ein Lebenszeichen des T-14 Armata geben: Bei der "Army 2023"-Waffenschau in Moskau wurde ein Exemplar als Waffensystem der Zukunft präsentiert.


Der T-90 (vorne) kostet etwa ein Drittel eines T-14 Armata (hinten).
EPA/YURI KOCHETKOV

Da war man sich Westen schon längst sicher, dass der T-14 wohl nicht das revolutionäre Design darstellt, das die russische Propaganda gerne vermitteln würde. Im Jänner 2023 meldete der britische Militärnachrichtendienst, dass es wohl massive Probleme bei der Produktion des eigens entwickelten 1.500 PS starken Dieselmotors gebe, weil durch die Sanktionen westliches Präzisionswerkzeug fehlte. Außerdem gab es wiederholt Schwierigkeiten, die Komponenten des Nachtsichtsystems des Wunderpanzers selbst herzustellen, weshalb man versuchte, die Geräte gebraucht aus Frankreich zuzukaufen, wie die Cybersicherheitsfirma Taia Global unter Berufung auf ukrainische Hacker berichtet. Die Quelle für die Optiken dürfte mit den Sanktionen gegen Russland versiegt sein.

Propaganda außer Kontrolle
Kurz: Die russische Propaganda zum T-14 geriet außer Kontrolle, es musste ein Befreiungsschlag her. Anfang 2023 sollen einige Armatas – wie viele es überhaupt gibt, ist bis heute unklar – an russische Einheiten in der Ukraine übergeben worden sein. Laut britischen Geheimdienstberichten sollen die T-14 aber in einem derart schlechten Zustand gewesen sein, dass die kämpfende Truppe zögerte, ihn überhaupt einzusetzen.

Da vermeldete das russische Verteidigungsministerium im Frühjahr 2023 Erstaunliches: Der Armata wurde erfolgreich an der Front erprobt. Warum ihn dort niemand gesehen hat, wurde auch schnell erklärt: Der T-14 wurde in der Ukraine zur indirekten Feuerunterstützung eingesetzt, stand also hinter der eigentlichen Frontlinie. Für den Einsatz sei der T-14 mit "verstärktem Seitenschutz" ausgestattet gewesen. Weitere Tests seien nötig. Damit verschwand der Kampfpanzer einmal mehr in der Versenkung.

Wieder waren es die britischen Geheimdienste, die Klarheit brachten: Russland könne den Panzer von den technischen Mängeln abgesehen gar nicht einsetzen. Unvorstellbar, wenn die größte Propagandawaffe live vor den Drohnenkameras der Ukrainer in die Luft fliegt oder wenn – noch schlimmer – ein Exemplar erbeutet wird, so die sinngemäße Argumentation.

Sergei Tschemesow, seines Zeichens Leiter des staatlichen Rüstungskonglomerats Rostec schien Anfang März 2024 den Armata endültig beerdigen zu wollen. Laut Tschemsows Aussagen werde der T-14 nicht mehr in der Ukraine eingesetzt. Die einigermaßen kuriose Begründung: "Es kann sein, dass der T-14 ein bisschen teuer ist. Weshalb ihn die Armee jetzt kaum noch einsetzen möchte", sagte Tschemesow gegenüber der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Stattdessen würde die Armee den T-90 bevorzugen und die Neuentwicklungen von effizienteren Panzertypen vorantreiben, so der Rostec-CEO. Welche "effizientere Panzertypen" er genau meinte, blieb offen. Auch die russische TASS meldete, dass die T-14 zurück in die Werkstätten müssen. War das also das Ende des T-14 Armata und der völlig entgleisten Propagandaerzählung des tödlichen Waffensystems, vor dem der Westen zittert? Nein.

Er ist wieder da!
Wie die Tass nämlich nun vermeldet, wird 2024 das Jahr des Armata, diesmal aber wirklich. Bis Ende des Jahres wird der T-14 vollständig in die russischen Streitkräfte integriert, heißt es da. Die Testphase und die Truppenerprobungen laufen, und die Kritikpunkte des Verteidigungsministeriums wurden ausgemerzt. Die Quelle? Zwei anonyme Mitarbeiter der Rüstungsindustrie.

Bei dem außenpolitischen Fachmagazin "The National Interest" bewertet man den T-14 ein wenig anders: Der Panzer sei nichts als Hype und ein Albtraum für Russland. Noch deftigere Worte findet der ukrainische Militäranalyst Oleksandr Kowalenko für den T-14: Er sei ein Panzer für Selbstmörder, da er gegen Angriffe von oben wie durch Drohnen oder Panzerabwehrwaffen völlig schutzlos sei.

Pläne für einen Nachfolger des Armata gibt es übrigens auch schon: Der Tachanka-B ist die unbemannte Variante des T-14. Der Pleiten-Pech-und-Pannen-Panzer soll also zum autonomen Killerroboter werden. Wenn Russland die Geschichte ähnlich erfolgreich weiterschreibt, hat der Westen aktuell wenig zu befürchten.
(Peter Zellinger, 19.4.2024)
 

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MILITÄRTECHNIK
Das können die neuen ATACMS-Raketen der Ukraine
ATACMS, Himars, M39 und M57: Da noch den Überblick zu behalten ist schwer. Ein Versuch, gängige Irrtümer aufzuklären

Eine ATACMS wird im Rahmen einer Übung in Südkorea von einem älteren M270A1 Kettenfahrzeug aus gestartet.
AFP/South Korean Defence Ministry

Mit dem US-Hilfspaket für die Ukraine macht sich auch Langstreckenartillerie mit Kurzstreckenraketen auf den Weg in die Ukraine. Alles klar, oder? Die Verwirrung ist kein Wunder, schließlich folgt die Nomenklatur von Waffensystemen keiner sinnvollen Ordnung. Noch dazu herrscht eine gewisse Uneinigkeit, was genau Lang- und Kurzstrecke bedeutet und was der Unterschied zwischen ATACMS und Himars nun wirklich ist. Heimliche Waffenlieferungen der USA an die Ukraine erschweren es dem Beobachter zusätzlich, den Überblick zu behalten, was da wo im Einsatz ist. Dazu kommt der allgegenwärtige Nebel des Krieges, der die Dinge zusätzlich verschleiert. Ein Versuch der Aufklärung, welche Waffen wirklich an die Ukraine geliefert werden, was sie können und was nicht.

Verwirrung um Raketen
ATACMS, Himars, M39, M57 – folgt man der aktuellen Berichterstattung zum 61 Milliarden Dollar schweren Militärpakets für die Ukraine, ist es nicht immer ganz einfach, den Überblick zu behalten. Doch der Reihe nach. Wie gestern bekannt wurde, haben die USA im März schon mehr oder weniger heimlich Präzisionswaffen vom Typ ATACMS im Rahmen eines Notfallpakets an die Ukraine geliefert.

ATACMS steht für Army Tactical Missile System. Dabei handelt es sich bei per definitionem um eine Kurzstreckenrakete, obwohl die Waffe eine Reichweite von rund 300 Kilometern hat. Das ergibt tatsächlich sogar Sinn, wenn man bedenkt, dass Interkontinentalraketen über Reichweiten weit über 10.000 Kilometer verfügen können. Aber, und jetzt wird es wieder ein wenig komplizierter, ATACMS ist eigentlich eine Artilleriewaffe, und für diese Waffengattung sind 300 Kilometer zweifelsohne unter "Langstrecke" einzuordnen. Im Grunde ist das alles aber auch ziemlich egal, denn was weit, hoch, schwer oder leicht ist, definiert jedes Land ein wenig unterschiedlich.

Eines ist aber klar: Die ATACMS ist eine ballistische Rakete und wird vom Boden aus gestartet. Vor allem die deutschsprachige Berichterstattung verbreitet gerne einen Irrtum, denn die ATACMS ist eine völlig andere Waffe als Marschflugkörper wie die britische Storm Shadow oder die deutsche Taurus. Diese müssen nämlich aus der Luft gestartet werden und folgen einer flachen Flugbahn.

Mehr Reichweite für die Ukraine
Für die Ukraine heißen 300 Kilometer Reichweite, dass sie russische Nachschubwege wie die Kertsch-Brücke, Depots, Hubschrauber, Flugabwehr- oder Raketenstellungen effektiv aus der relativen Sicherheit des eigenen Hinterlandes angreifen kann. Kein Wunder, denn genau dafür wurde die ATACMS entwickelt. Die Rakete soll hochwertige Ziele bekämpfen können, die sich außerhalb der Reichweite "herkömmlicher" Artillerie, also Rohrwaffen, befinden.

Die ATACMS ist eine Feststoffrakete, die bis zu Mach 3 erreichen kann. Die erste Generation aus dem Jahr 1991 hatte noch eine Reichweite von 165 Kilometern. Ab dem Block 1A wurden leistungsstärkere Raketenmotoren eingebaut, sowie die Trägheitsnavigation mit einem GPS-Empfänger und modernerer Steuersoftware ergänzt, was die Reichweite insgesamt auf rund 300 Kilometer erhöhte und die Waffe auch deutlich präziser machte. Die aktuellste Variante ist die MGM-164 ATACMS 2000 (US Bezeichnung: M57).

Gefechtskopf einer Schiffsrakete
Diese verfügt über einen 215 Kilogramm schweren Gefechtskopf, der auch in der Schiffsrakete Harpoon (AGM-84) eingesetzt wird. Für die Army wurde dieser aber modifiziert. Beim WDU-18/B handelt es sich um einen Penetrations- und Splittergefechtskopf. Dieser soll eigentlich ein Ziel zuerst durchschlagen und erst dann zünden. Diese Form der Anwendung ist gegen gepanzerte Kriegsschiffe durchaus sinnvoll. Auch gegen gehärtete Bodenziele wie Bunker ist diese Form der Bekämpfung wirksam.

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@ukraine_map

Aber: Will man etwa ein Feld voll mit feindlichen Hubschraubern lahmlegen, ist ein Penetrationsgefechtskopf eher nicht das Mittel der Wahl. Deshalb wurde die Waffe so modifiziert, dass sie schon in der Luft gezündet werden kann. Der sogenannte Airburst-Mode. Dabei werden Splitter über ein möglichst großes Gebiet verteilt, was auch die Bekämpfung weicher oder leicht gepanzerter Ziele, wie etwa gelandete Hubschrauber, möglich macht.

icht ganz neu
Genau zu diesem Zweck hat die Ukraine ATACMS sogar schon eingesetzt, weshalb die "heimliche" Lieferung der USA gar nicht so geheim war, wie gerne getan wird. Der Einsatz von ATACMS durch die Ukraine ist sogar ziemlich gut dokumentiert und geht schon auf den Oktober 2023 zurück. Damals griff die Ukraine zwei Flugfelder nahe dem von Russland besetzen Berdjansk mit ATACMS an. Dabei wurden neun Hubschrauber, ein Munitionslager und angeblich ein Flugabwehrraketensystem zerstört, wie das Wall Street Journal damals berichtete. Dabei dürften aber ältere Varianten der ATACMS mit nur 165 Kilometern Reichweite eingesetzt worden sein. Konkret soll es sich um den ältesten Typ MGM-140A (M39) gehandelt haben. Dieser ist mit Steumunition in Form von 300 kleinen Bomblets bestückt. Diese Mini-Bomben verteilen ihre Splitter in einem etwa 15 Meter großen Radius. Insgesamt kann so ein Kreis mit einem Durchmesser von über 200 Metern abgedeckt werden.

Neun Tage später wurde neuerlich eine ATACMS, ebenfalls des alten Typs, erfolgreich gegen eine S400-Flugabwehrraketenstellung der russischen Armee eingesetzt.

Nun bestätigte das Weiße Haus, dass schon vor einigen Wochen Raketen mit deutlich größerer Reichweite als bisher an die Ukraine geliefert wurden. Dabei dürfte es sich also um die oben erwähnte modernste Form der ATACMS handeln. Mit ihnen soll die ukrainische Armee in der Vorwoche bereits ein Flugfeld auf der von Russland besetzen Halbinsel Krim und Stellungen im Süden der Ukraine angegriffen haben. Neu daran ist, dass die USA der Ukraine offenbar rund 100 derartiger Raketen zur Verfügung gestellt haben.

Himars ist ein Lastwagen, keine Rakete
Noch so ein Irrtum: Himars hat sich in der westlichen Berichterstattung als Synonym für "Rakete" etabliert, nicht zuletzt durch die zahlreichen Memes, die in den sozialen Netzwerken kursieren. Dabei bezeichnet Himars (M142 High Mobility Artillery Rocket System) aber eigentlich nichts anderes als einen Lastwagen mit einem Werfer auf der Ladefläche. Davon sind aktuell 39 Stück in der Ukraine im Einsatz. Diese werden aber hauptsächlich dazu verwendet, um M30/31-Raketen mit einer Reichweite von etwa 70 bis 150 Kilometern abzufeuern. Sechs Stück können von einem Himars aus gestartet werden. Auch die improvisierte GLDSB wird von diesem Werfer aus gestartet. Die Himars werden auch als Startfahrzeug für die neuen Raketen der Ukraine dienen. Pro Starter kann aber immer nur eine der modernsten ATACMS abgefeuert werden.
(Peter Zellinger, 26.4.2024)
Das können die neuen ATACMS-Raketen der Ukraine
 

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MILITÄRTECHNIK
Mutterschiffe und Roboter: Der nächste Evolutionssprung im Ukrainekrieg
Die ukrainische Armee will Menschen durch Roboter ersetzen. Erstmals kam es zu einem Kampf zwischen Boden- und Luftdrohnen
4. April 2024, 06:00

Der Minipanzer Ljut ist nur eine von dutzenden Bodendrohnen, die aktuell in der Ukraine in Entwicklung sind.
Militarnyi/Screenshot

Optisch erinnert der neue Minipanzer der ukrainischen Armee ein wenig an ein selbstgebautes ferngesteuertes Rennauto. Ein Spielzeug ist der Ljut allerdings nicht, auch wenn er so aussieht. Ljut heißt so viel wie Wut oder Zorn, bewaffnet ist die unbemannte Bodendrohne mit einem Maschinengewehr im Kaliber 7,62 Millimeter, einem PKT, dem leichten Standard-MG der ukrainischen und auch russischen Armee. Der Ljut soll als eine Art mobile Feuerplattform in hochintensiven Gefechten eingesetzt werden. Er dient auch der Ablenkung und soll Angriffe auf russische Stellungen vortäuschen, wo der Einsatz von Soldaten zu riskant wäre. Außerdem steckt in dem Minipanzer ein Spion, denn natürlich ist er mit Kamerasystemen ausgestattet, mit denen feindliche Positionen aufgeklärt werden sollen, wie die ukrainische Zeitschrift "Militarnyi" berichtet.

Der Ljut entstand aufgrund einer Anforderung der ukrainischen Armee. Diese gab zur Abwehr des russischen Angriffs die Entwicklung von von kampffähigen Robotern in Auftrag. Mittlerweile soll die ferngesteuerte Bodendrohne ihren 30. Test zur Präzision und Geländetauglichkeit erfolgreich absolviert haben.

Militarnyi

Ein Bericht von "The Defense Post" legt nahe, dass im Inneren des Ljut Komponenten ziviler Drohnen verbaut sind. Das wäre nicht weiter verwunderlich, sind doch auch viele Flugdrohnen modifizierte Modelle, wie man sie in diversen Onlineshops bekommt. Mittlerweile werden die Drohnen aber auch in Heimarbeit von Freiwilligen aus den einzelnen Komponenten gefertigt.

Der neue ukrainische Roboter soll eine Reichweite von bis zu zwei Kilometern haben, in flachem Terrain, ohne Hindernisse. Tests haben gezeigt, dass der Minipanzer in Umgebungen mit natürlichen und künstlichen Hindernissen die Verbindung zum Operator auf eine Distanz von bis zu 700 Metern aufrechterhalten kann. Darüber hinaus ist das Maschinengewehr der unbemannten Plattform mit Zielkameras ausgestattet und kann Feinde in einer Entfernung von bis zu 800 Metern treffen, was in etwa der effektiven Reichweite eines PKT entspricht. Der Ljut soll denkbar einfach zu steuern sein, weshalb Soldatinnen und Soldaten der ukrainischen Armee, die bereits Erfahrung mit Drohnen gesammelt haben, auch den Ljut beherrschen sollten.

Der Ljut ist aber nur ein Produkt, das von Brave 1, dem staatlichen Zentrum für Verteidigungstechnologie, evaluiert wurde. Nachdem die ukrainische Armee ihr Interesse an Kampfrobotern bekundete, wurden 50 derartige Systeme zur Überprüfung eingereicht. Dazu kommen noch einmal 140 unbemannte Bodenfahrzeuge hinzu.

Ukraine hofft auf "Game Changer"
Beamte von Brave 1, einem staatlichen Zentrum für Verteidigungstechnologie, das neue Fähigkeiten zur Einsatzreife bringen soll, gaben bekannt, dass mehr als 50 Bodenrobotersysteme und mehr als 140 unbemannte Bodenfahrzeuge zur Bewertung eingereicht wurden. Bei Brave 1 ist man davon überzeugt, dass Bodendrohnen schon bald einen ähnlich großen Einfluss auf die Kämpfe haben werden wie die fliegenden Modelle. Schon in wenigen Monaten sollten hunderte sogenannte UGVs – also Unmanned Ground Vehicles – beschafft werden. Von einem "Gamechanger" sprach man bei der staatlichen Organisation Mitte März in einem Posting auf Linkedin.

"Der Einsatz von Hightech-Lösungen, die dem Feind in puncto Effizienz, Innovation und Preis voraus sind, verschafft der Ukraine einen Vorteil auf dem Schlachtfeld – solche Hard- und Softwareprodukte sind asymmetrische Antworten, die in der Lage sind, die Konfrontation mit den überwältigenden Ressourcen des Feindes zu verändern", erklärte Natalija Kuschnerska, Projektleiterin bei Brave 1, gegenüber "Defense News". "Die Ukraine hat sich zu einem globalen Zentrum für Verteidigungstechnologie entwickelt, und das Wachstum dieses Sektors wird in den kommenden Jahrzehnten eine entscheidende Rolle in der ukrainischen Verteidigungspolitik spielen", fügte sie hinzu.

Evakuierung mit der Drohne
Schon jetzt übernehmen Bodendrohnen Aufgaben, die besonders arbeitsintensiv und gefährlich sind. Dazu gehört etwa die Räumung von Antipanzerminen. Zum Einsatz kommt dabei der Themis von Milrem Robotics aus Estland. 14 Themis-Roboter sind in der Ukraine bereits im Einsatz, wobei sieben Stück so konfiguriert wurden, dass sie Fracht transportieren und Verletzte evakuieren können.

"Die Evakuierung von Verletzten und die Räumung von Wegen sind zwei arbeitsintensive Tätigkeiten, bei denen die Soldaten, die diese Aufgaben ausführen, sofort zur Zielscheibe für den Feind werden. UGVs hingegen können aus der Ferne bedient werden, sodass die Soldaten an einem sicheren Ort bleiben", so Jüri Pajuste von Milrem Robotics.


Themis kann Nachschub an die Front liefern und Verwundete evakuieren.
Milrem Robotics

Mehr noch: Die Roboter haben sich während der Schlammsaison der "Besdorischschja" bewährt. Herkömmliche Nachschubfahrzeuge, also Lkws oder Geländefahrzeuge, blieben zu oft stecken, während die Roboter keine Probleme hatten, durch den Schlamm zu kommen. Wo und wie genau die Roboter aktuell eingesetzt werden, ist geheim.

Die ukrainische Armee hat eine Vereinbarung mit Milrem Robotics getroffen, wonach Themis auch für Kampfeinsätze zur Verfügung stehen soll. So wird der Roboter mit schweren Maschinengewehren und Lenkwaffen zur Panzerabwehr ausgestattet.

Drohnenkrieg wörtlich genommen
Kurz vor Ostern ging ein Video einer bemerkenswerten Szene durch die einschlägigen Militärkanäle: Eine russische Bodendrohne, ein Kettenfahrzeug mit einem Maschinengewehr, wird von einer ukrainischen Flugdrohne zerstört. Man hat zwar schon Gefechte zwischen Flugdrohnen gesehen, aber nicht zwischen einem Roboter am Boden und einem in der Luft.

Derartige Szenen werden in Zukunft noch häufiger zu beobachten sein, so der Militärexperte Mick Ryan auf X, vormals Twitter. Der pensionierte General der australischen Armee ist davon überzeugt, dass unbemannte Bodenfahrzeuge bald schon eine deutlich wichtigere Rolle im Krieg spielen werden, das sei der "natürliche Anpassungszyklus des Gefechtsfelds".

UGVs werden künftig nicht nur deutlich geringere visuelle und elektronische Signaturen aufweisen, sondern auch in deutlich größerer Zahl eingesetzt werden, ist Ryan überzeugt. Und zwar auf beiden Seiten: Russland könnte mit Bodendrohnen die enorm verlustreichen Angriffswellen seiner Soldaten verstärken. Die Ukraine könnte mit derartigen Robotern den Personalmangel der eigenen Streitkräfte zumindest zum Teil ausgleichen.

"Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass es zu einer größeren autonomen Zusammenarbeit zwischen UAVs (Unmanned Aerial Vehicles, Flugdrohnen, Anm.) und UGVs kommen könnte. Ich kann mir vorstellen, dass sowohl UGVs als auch UAVs als 'Mutterschiffe' für den jeweils anderen in verschiedenen Einsatzbereichen eingesetzt werden", so Ryan. Das wiederum setze aber voraus, dass sich die Armeen der Welt immer schneller an die technologische Entwicklung anpassen müssen, so die Schlussfolgerung des Australiers.

Ziel: Menschen rausnehmen
Ähnlich sieht das auch Samuel Bendett, Sicherheitsforscher und Militäranalyst aus den USA. Entwicklungen wie den russischen Marker-Roboter hält er für verfehlt. Zu groß, zu schwer, zu teuer sind derartige autonome Panzer. Man werde eher Massen von kleinen, billigen und womöglich selbstgebauten Bodendrohnen sehen, ganz so, wie es beim Drohnenkrieg in der Luft gerade passiert. "Die Schlüsseltaktik wird darin bestehen, diese Kampffahrzeuge vor oder anstelle von Soldaten einzusetzen, um Menschen weniger gefährlichen Situationen aussetzen zu müssen – das ist der Sinn der Entwicklung solcher Systeme."

Dass solche Systeme bald völlig autonom agieren können, glaub Bendett nicht: Noch sind KI-Anwendungen für ein modernes Kriegsgebiet ungeeignet, außerdem fehle es an Trainingsdaten über komplexe Schlachtfeldoperationen. Die Betonung liegt aber auf "noch".
(Peter Zellinger, 4.4.2024)
Mutterschiffe und Roboter: Der nächste Evolutionssprung im Ukrainekrieg
 

josef

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GPS-JAMMING
Warum westliche Waffen im Ukrainekrieg unpräzise werden
Die russische Blockade von Satellitensignalen sorgt für deutliche sinkende Trefferquoten. Ein Wettlauf um Gegen-Gegenmaßnahmen hat begonnen
10. Mai 2024, 15:00

Ukrainische Soldaten feuern mit M777-Haubitzen aus US-Fertigung auf russische Stellungen. Die verwendete Excalibur-Munition wird durch russisches GPS-Jamming stark beeinflusst.
APA/AFP/ARIS MESSINIS

Die russische elektronische Kriegsführung im Ukrainekrieg wird zunehmend zum Problem für den Westen. Russland stört GPS-Signale in weiten Teilen Osteuropas und der Ostsee, was zu erheblichen Schwierigkeiten im Flugverkehr führt. Das eigentlich Ziel, die Präzision westlicher Waffen zu senken, dürften die russischen Streitkräfte ebenfalls erreichen. In den USA arbeitet man bereits an Waffen, die GPS-Jammer gezielt anvisieren können.

Waffen wie ATACMS oder durch den Nachrüstsatz JDAM "smart" gemachte Bomben verlassen sich auf Satellitensignale, um ihre Ziele zu finden. Jedoch dürfte deren Präzision durch die russischen Störmaßnahmen deutlich gesunken sein, wie Business Insider unter Berufung auf geleakte Dokumente des US-Pentagons berichtet. Demnach sind vier Fälle dokumentiert, in denen JDAMs mit erhöhter Reichweite ihr Ziel aufgrund von russischer elektronischer Kriegsführung verfehlten.

Relativ einfache Technik
Elektronische Kriegsführung hat einen enormen Vorteil: Die Technologie ist relativ simpel, billig und sehr effektiv. Diese Taktiken werden nicht nur eingesetzt, um präzisionsgelenkte Munition zu stören. Sie können auch eingesetzt werden, um die Verbindung zwischen einem Operator und einer Aufklärungs- oder Kampfdrohne zu unterbrechen. Dem setzt die Ukraine unter anderem Drohnen entgegen, die ihr Ziel auch dann treffen können, wenn das Signal zum Piloten abreißt.

Gerade Satellitensignale sind relativ einfach zu manipulieren, wird in dem Bericht Thomas Withington, ein Experte für elektronische Kriegsführung und Luftverteidigung und Associate Fellow am Royal United Services Institute, zitiert. Beim Jamming wird der Empfänger, also die Munition, so lange mit Rauschen beschossen, bis dieser das Positions-, Navigations- und Zeitsignal verliert, das er vom Satelliten empfangen hat.


Eine Excalibur-Granate (oben). Die Trefferquote der gelenkten Artilleriemunition sank auf nur sechs Prozent.
REUTERS

Beim Spoofing hingegen werden falsche GNSS-Informationen an das Navigationssystem der Waffe gesendet, sodass diese vom Kurs abweicht. Jamming ist einfacher und kann mit billigeren Geräten durchgeführt werden, während Spoofing laut dem Bericht im Ukrainekrieg in spezielleren Fällen eingesetzt wird, etwa um Standorte vor dem Feind zu verbergen.

Geringe Präzision von Artilleriemunition
Die smarte Artilleriemunition Excalibur und GMLRS weisen aufgrund von russischen Störmaßnahmen eine deutlich gesunkene Präzision auf. Das Ausmaß sei "erschreckend", wird ein Experte zitiert. So soll die GPS-gelenkte Excalibur-155-mm-Artilleriegranate zu Beginn ihres Einsatzes in der Ukraine eine Genauigkeit von 70 Prozent gehabt haben.

Nach sechs Wochen und intensiven russischen Störmaßnahmen sank die Trefferquote auf sechs Prozent, wie Dan Patt, ein Militäranalyst des Hudson Institute, bei einer Anhörung im US-Kongress erklärte. Kein Wunder: "Die maximale Effizienz eines neuen Waffensystems beträgt nur etwa zwei Wochen, bevor Gegenmaßnahmen entwickelt werden", so Patt.

Ist also das Ende von derartiger Präzisionsmunition gekommen? Nein, denn wie die US-Airforce ankündigte, arbeitet man einer Variante von JDAMs, die nicht nur immun gegen Störversuche sein soll, sondern auch gezielt die Quelle des Signals anvisieren kann. Denn je stärker die Störsignale ist, umso besser sind die Chancen, dessen Quelle zu orten.

"Das Schema von Maßnahme, Gegenmaßnahme, Gegen-Gegenmaßnahme, das wir in der Ukraine sehen, ist typisch für einen Krieg", sagte Mark Cancian, Oberst des Marine-Corps im Ruhestand und leitender Berater am Center for Strategic and International Studies. Und er warnt davor, an "Gamechanger" zu glauben: Denn es gebe keine Technologie, die einer Seite den ultimativen Vorteil biete.
(pez, 10.5.2024)

Nachlese
Russland stört GPS-Signale und verursacht massive Probleme im Flugverkehr
GPS-Störung durch Russland: Finnair stellt Flüge nach Estland ein

Warum westliche Waffen im Ukrainekrieg unpräzise werden
 
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