"Blitzabwehrtest" mittels Laser am Gipfel des Säntis

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Laser am Säntis kann Blitze abwehren
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Mit einem in den Himmel gerichteten Superlaser können Blitze abgewehrt werden. Das zeigt eine neue Studie im Fachblatt „Nature Photonics“. Getestet wurde der Laser auf dem Gipfel des Säntis.
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Der Säntis ist einer der beliebtesten Ausflugsberge im Bodenseeraum. Nur rund 20 Kilometer von Feldkirch entfernt bietet sich auf 2.502 Metern Seehöhe bei klarem Himmel ein sechs Länder umfassendes Panorama. Bei Gewitter hingegen ist der 120 Meter hohe Telekommunikationsturm auf dem Gipfel ein regelrechter Blitz-Magnet – ideal für die Experimente, die im Sommer 2021 begannen.

Der Laserstrahl ist so stark, dass er die Luftmoleküle ionisiert. „Diese ionisierte Luft, Plasma genannt, wird zu einem elektrischen Leiter“, erklärt Physikprofessor Jean-Pierre Wolf. Der Blitz wird so direkt von der Gewitterwolke aus abgeleitet.

Drei Tonnen schwerer Laser
Der drei Tonnen schwere „Laser Lightning Rod“ (LLR) wurde dafür mit dem Helikopter auf den Säntis gebracht. Er ist acht Meter lang und eineinhalb Meter breit. Installiert wurde der LLR in der Nähe des Fernmeldeturms, der von bis zu 400 Blitzen im Jahr getroffen wird. Der Luftraum um den Säntis musste während des Experiments gesperrt werden. Es dauerte fast ein Jahr, um die riesige Menge an gesammelten Daten zu analysieren, heißt es in einer Mitteilung der Universität Genf. Diese Analyse konnte nun zeigen, dass der Laser Blitze effektiv lenken kann. „Beim ersten Blitzeinschlag, bei dem der Laser zum Einsatz kam, konnten wir feststellen, dass die Entladung dem Strahl fast 60 Meter folgen konnte“, sagte der Leiter der internationalen Forschungsgruppe, Jean-Pierre Wolf von der Universität Genf.

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Auch bei schwierigen Wetterbedingungen
Die Datenanalyse zeigt auch, dass der LLR im Gegensatz zu anderen Lasern auch bei schwierigen Wetterbedingungen wie Nebel funktioniert, da er die Wolken buchstäblich durchdringt. Dieses Ergebnis wurde bisher nur im Labor beobachtet.
Außerdem sei der Energieverbrauch des Geräts „vernünftig“, sagte Wolf. Er brauche ungefähr so viel Energie wie ein Elektroherd. Da es sich um sehr kurze Laserblitze handelt, könne man mit wenig Energie sehr hohe Spitzenleistungen erreichen.

Hochgeschwindigkeitskameras zeichneten auf
Der Säntis-Turm ist mit Sensoren ausgestattet, die den Blitzstrom, elektromagnetische Felder in verschiedenen Entfernungen, Röntgenstrahlen und Strahlungsquellen der Blitzentladungen aufzeichnen. Die Forscher installierten weitere Messgeräte und zwei Hochgeschwindigkeitskameras, die Blitzeinschläge mit bis zu 24.000 Bildern pro Sekunde aufzeichneten.

Diese Kameras waren 1,4 und fünf Kilometer von der Turmspitze entfernt und lieferten nur bei guter Sicht brauchbare Ergebnisse. Dies war bei einem der vier aufgezeichneten Blitze, bei denen der Laser eingeschaltet war, der Fall. Die Kamerabilder zeigen, dass sich der Blitz mehr als 50 Meter lang um den Laserstrahl herumwindet und dann in den Blitzableiter des Turms einschlägt. Der leicht geneigte Laserstrahl war so ausgerichtet, dass er der Turmspitze nahekam. Vergleiche mit aufgezeichneten Blitzen ohne Laser zeigen, dass der Blitz durch die Führung des Lasers sehr viel zielgenauer den Blitzableiter des Turms trifft.

Wirkungshöhe soll wachsen
Der nächste Schritt des Forschungsteams wird darin bestehen, die Wirkungshöhe des Lasers noch weiter zu erhöhen. Langfristiges Ziel ist es, mit dem LLR einen 10 Meter langen Blitzableiter um 500 Meter zu verlängern. Künftig könnten solche Laser sensible Einrichtungen wie Atomkraftwerke oder Flughäfen vor Blitzen schützen, wie die Forschenden in der am Montag erschienenen Studie schreiben.

Experimenteller Durchbruch" für Blitzschutz
„Wir glauben, dass dieser experimentelle Durchbruch zu Fortschritten im Blitzschutz und in der Blitzphysik führen wird“, schrieben die Autoren in der Studie. Bislang wurde zum Schutz vor Blitzen auf eine vor fast 300 Jahren von Benjamin Franklin erfundene Technik gesetzt – ein geerdeter Metallstab. Dieser hat aber nur eine sehr beschränkte Reichweite.
17.01.2023, sda/red, vorarlberg.ORF.at/Agenturen

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ELEKTRISIERENDE EXPERIMENTE
Gewitterblitze lassen sich per Laser in gewünschte Richtung lenken
Entladungen wurden zu Blitzableitern umgelenkt. Die Technik könnte einmal Flughäfen und Startrampen vor Unwettern schützen
1551 haben die Bürger von Wien einem gewissen Erasmus von Liechtenstein zu Karnaydt, seines Zeichens oberster Jägermeister von Niederösterreich, "ein Dreyling guten Most in drein Vaslein" im Tausch gegen acht Hirschgeweihe abgetreten. Die Geweihe wurden an den höchsten Ecken des Stephansdoms angebracht und sollten gegen "Einschlagung des wilden Feuers und Donners dienstlich sein". Was damals mit magischen Mitteln versucht wurde (die Geweihe blieben übrigens bis weit ins 19. Jahrhundert dort oben), gelang 200 Jahre später Benjamin Franklin mit Physik. Doch trotz aller moderner Schutztechnik bleiben Blitze bis heute eine unberechenbare und zerstörerische Naturgewalt.


Erst aus der Distanz offenbaren sich die enormen Dimensionen eines ordentlichen Gewitterblitzes. Einem internationalen Team ist es nun gelungen, diese Naturgewalt umzuleiten.
Foto: APA/AFP/AZWAR IPANK

Nun aber ist es einer internationalen Forschungsgruppe gelungen, Blitze einer gewissen Kontrolle zu unterwerfen: Die Experimente demonstrierten, dass man die elektrischen Entladungen eines Gewitters mithilfe eines Lasers zu einem Blitzableiter führen kann. Die zum Teil auf einem 124 Meter hohen Telekommunikationsturm auf dem Schweizer Berg Säntis gewonnenen Erkenntnisse könnten zu einem besseren Blitzschutz für Flughäfen, Startrampen und große Infrastruktureinrichtungen führen, schreibt das Team um Aurélien Houard vom Laboratoire d'Optique Appliquée in Palaiseau bei Paris im Fachmagazin "Nature Photonics".

Frühere Fehlschläge
Laser für den Blitzschutz einzusetzen wurde bereits 1974 vorgeschlagen. Im Labor wurde die Führung von Blitzen durch Laser Ende der 1990er-Jahre nachgewiesen. Doch Versuche im Freien scheiterten 2004 im US-Bundesstaat New Mexico und 2011 in Singapur. Dass die Experimente am Berg Säntis erfolgreich verliefen, führen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf die um zwei Größenordnungen höhere Laserpulswiederholungsrate als bei den früheren Versuchen zurück. Der eingesetzte Laser strahlte Licht von etwa einem Mikrometer (Tausendstelmillimeter) Wellenlänge und mit einer Wiederholungsrate von 1.000 Hertz aus.



Auf der Spitze des Säntis lenkte man Blitze mit Laserstrahlen um.
Illustr.: Trumpf/Martin Stollberg

Die Forscher profitierten davon, dass der Turm auf dem Säntis in den vergangenen Jahren immer wieder für Messungen an Blitzen genutzt wurde. "Dieser Turm, der etwa 100-mal im Jahr vom Blitz getroffen wird, ist mit mehreren Sensoren ausgestattet, die den Blitzstrom, elektromagnetische Felder in verschiedenen Entfernungen, Röntgenstrahlen und Strahlungsquellen der Blitzentladungen aufzeichnen", schreiben die Studienautorinnen und -autoren. Sie installierten weitere Messgeräte und zwei Hochgeschwindigkeitskameras, die Blitzeinschläge mit bis zu 24.000 Bildern pro Sekunde aufzeichneten.

Umleitung per Filament
Diese Kameras waren 1,4 und fünf Kilometer von der Turmspitze entfernt und lieferten nur bei guter Sicht brauchbare Ergebnisse. Dies war bei einem der vier aufgezeichneten Blitze, bei denen der Laser eingeschaltet war, der Fall. Die Kamerabilder zeigen, dass sich der Blitz mehr als 50 Meter lang um den Laserstrahl herumwindet und dann in den Blitzableiter des Turms einschlägt. Der leicht geneigte Laserstrahl war so ausgerichtet, dass er der Turmspitze nahe kam.

Video: Das Laser Lightning Project.EPFL
School of Engineering

Physikalisch gesehen passiert wahrscheinlich Folgendes: Die intensiven Laserpulse heizen die Luft stark auf, sodass viele Luftmoleküle in die kühlere Umgebung entweichen; es entsteht entlang des Laserstrahls eine Art Kanal mit sehr geringer Luftdichte, ein sogenanntes Filament. In diesem Filament ist die Luft erheblich leitfähiger als in der Umgebung, weshalb sie Blitzableitungen erleichtert. Vergleiche mit aufgezeichneten Blitzen ohne Laser zeigen, dass der Blitz durch die Führung des Lasers sehr viel zielgenauer den Blitzableiter des Turms trifft.

Weitere Versuche nötig
"Die Ergebnisse der Säntis-Versuchskampagne im Sommer 2021 liefern Indizienbeweise dafür, dass Filamente, die durch kurze und intensive Laserpulse gebildet werden, Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen leiten können", lautet das Fazit der Studienautoren. Diese vorläufigen Ergebnisse sollten jedoch durch weitere Versuchsreihen mit neuen Konfigurationen bestätigt werden. (red, APA, 17.1.2023)

Studie und Links
Nature Photonics: "Laser-guided lightning"
Laser Lightning Rod Project
Gewitterblitze lassen sich per Laser in gewünschte Richtung lenken
 

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Weiterer Erfolg für Blitz-Forschungen auf dem Säntis
Schweizer Forschende haben erstmals Röntgenstrahlen eines speziellen nach oben gerichteten Blitzes eingefangen. Mit dieser Technik könne man das Risiko mindern, dass solche gefährlichen Blitze in Gebäude einschlagen, hieß es von der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL). Der Blitz wurde auf dem Säntis nahe der Grenze zu Vorarlberg eingefangen.
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„Diese Beobachtungen tragen zu einem besseren Verständnis von aufwärts gerichteten Blitzen bei“, schrieben die Forscherinnen und Forscher um Farhad Rachidi zu der Studie, die im Fachblatt „Scientific Reports“ veröffentlicht wurde. Solche aufwärts gerichteten Blitze seien eine der Hauptursachen für Schäden an hohen Gebäuden wie Windkraftanlagen und Telekommunikationstürmen sowie an Flugzeugen bei Start und Landung sind.

EMC EPFL CC BY SA
Blitz am Säntis eingefangen

Besonders gefährliche Blitze
Aufwärts gerichtete positive Blitze sind relativ selten. Im Gegensatz zu den häufigeren Abwärtsblitzen, die von den Wolken zur Erde zucken, gehen sie von einem hoch gelegenen Objekt wie einem Gebäude oder einer Bergspitze aus und breiten sich in Richtung der Wolken aus. Wenn sich die Tentakel eines solchen Blitzes mit den Gewitterwolken verbinden, überträgt sich die positive Ladung der Wolken auf das hoch gelegene Objekt.
Diese Art von Blitz kann besonders gefährlich sein, da der Blitz länger mit einem Gebäude oder einer Struktur in Kontakt bleibt als ein abwärts gerichteter Blitz, wie die Forscher erklärten. Dadurch steht mehr Zeit für die Übertragung der elektrischen Ladung zur Verfügung, was zu größeren Schäden führen kann.

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Forschungsstation auf dem Säntis: Hier wurden nun erstmals spezielle Blitze mit Röntgenstrahlen gemessen
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Mit einem Laser können auf dem Säntis Blitze abgewehrt werden – diese Forschungen sind schon länger geglückt

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Mit einem Laser können auf dem Säntis Blitze abgewehrt werden

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124 Meter hoher Turm am Säntis
Die Messung der Röntgenstrahlen solcher Blitze führten die Forschenden auf dem Säntis durch. Auf dem Berggipfel im Appenzell steht ein 124 Meter hoher Turm, der laut den Forschenden ideale Messbedingungen liefert.
Der Säntis ist einer der beliebtesten Ausflugsberge im Bodenseeraum. Nur rund 20 Kilometer von Feldkirch entfernt, bietet sich auf 2.502 Metern Seehöhe bei klarem Himmel ein sechs Länder umfassendes Panorama. Bei Gewitter hingegen ist der 124 Meter hohe Telekommunikationsturm auf dem Gipfel ein regelrechter Blitz-Magnet – ideal für die Experimente, die im Sommer 2021 begannen. Dabei stellten die Forscher bereits fest, dass mit einem in den Himmel gerichteten Superlaser Blitze abgewehrt werden können.

Forschungen am Säntis gehen weiter
Der eigentliche Mechanismus, durch den Blitze ausgelöst werden und sich ausbreiten, sei nach wie vor ein Rätsel, so die Forscher. Die Messung der Röntgenstrahlen dieser Blitze trage aber zum Verständnis dieses Mechanismus bei. Die Beobachtungen am Säntis sind noch nicht abgeschlossen. Als Nächstes planen die Wissenschafter, einen Mikrowellensensor zu der Ausrüstung des Turms hinzuzufügen, um weitere Messungen durchzuführen.
26.04.2024, red, vorarlberg.ORF.at/Agenturen

Link:
Eidgenössisch Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL)

Weiterer Erfolg für Blitz-Forschungen auf dem Säntis
 
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